Gerichtshof der Common Pleas und 1613 zum Oberrichter der King's Bench ernannt wurde. Als aber Coke die richterliche Unabhängigkeit
und die Hoheit des Gesetzes gegenüber den Wünschen des Hofes zu wahren strebte, wurde er 1616 abgesetzt. Im Parlament fuhr er
fort, im freisinnigen Sinn zu wirken, und ließ sich in dieser Wirksamkeit auch durch eine Haft im Tower,
die der König 1621-22 über ihn verhängte, nicht behindern. Er starb Cokes Hauptwerk ist: »Institutes of the laws
of England« (Lond. 1628, 1788 u. öfter). Seine Biographie schrieb G. W. Johnson (Lond. 1837, 2 Bde.).
2) Thomas William Coke, Graf von Leicester, Landwirt, geb. vertrat von 1774 bis 1832 die Grafschaft
Norfolk fast ohne Unterbrechung im Parlament und erwarb sich durch seine Musterwirtschaft zu Holkham in Norfolk große Verdienste
um Einführung des sogen. Norfolker Fruchtwechsels in vier Feldern, des Mais- und Turnipsbaues, der verbesserten Rindviehzucht
und einer auf wissenschaftlichen Prinzipien beruhenden Bodenkultur. Auch erfand er eine nach ihm benannte
Säemaschine. Er brachte im Verlauf von 36 Jahren den Reinertrag seiner Güter von 7000 auf 90,000 Pfd. Sterl. Er starb, nachdem
er 1837 als Graf Leicester von Holkham zur Peerage erhoben worden war,
Vgl. Rigby, Holkham, its
agriculture etc. (Lond. 1821);
Molard, Système d'agriculture, suivi par M. Coke (Par. 1820).
(franz.), in den Alpen, Pyrenäen, im Jura etc. ein schmaler Einschnitt eines Gebirgskammes, durch welchen ein Paß
gebildet wird. Am bekanntesten sind in den Alpen der Col de St.-Théodul oder Cervin und Matterjoch am Montblanc
(3322 m) nebst Col de Balme (2204 m) und Col de la Seigne (2538 m);
Col Longet am Monte Viso (3155 m), Col di Tenda (1873 m) mit der
Straße von Cuneo nach Nizza, durch welchen seit 1881 ein Tunnel gelegt wird;
in den Pyrenäen der nur 250 m
hohe, fahrbare Col de Perthus, ferner der Col de Jeganne (2826 m), der Col de Canfranc (1632 m) u. a.;
im Jura der Col des Roches.
In den Deutschen Alpen dient für Col gewöhnlich der Ausdruck Joch oder Furke, in den Pyrenäen auch port,
spanisch puerto und in den Italienischen Alpen colle, forcella, bocchetta.
Endl., Gattung aus der Familie der Sterkuliaceen, mittelhohe Bäume mit ungeteilten oder gelappten Blättern, in Rispen
stehenden Blüten und vielsamigen, großen Früchten.
Cola acuminata R. Br. (s. Tafel »Genußmittelpflanzen«)
ist ein 12 m hoher Baum mit 16-20 cm langen Blättern, gelben, rotgefleckten Blüten und fünffächeriger Kapsel von der Größe
einer Zitrone, deren Fächer je einen rötlichvioletten, innen blassen Samen von der Größe einer Kastanie und fleischig-kerniger
Konsistenz enthalten. Diese Nüsse, Kola- oder Gurunüsse, schmecken schwach bitter, nicht unangenehm und
nicht adstringierend; sie enthalten 2 Proz. Kaffein und stehen als Kaumittel bei den Negerstämmen Westafrikas von Senegambien
bis einschließlich Angola in hohem Ansehen.
Ihr Gebrauch hat sich in den letzten Jahrhunderten stets vermehrt, und so veranlaßten sie einen lebhaften Handelsverkehr zwischen
den Küstendistrikten und Zentralafrika, selbst bis zu den Küstenplätzen des Mittelmeers. Die Kolanuß
vermehrt und regelt den Appetit, läßt die schädlichen klimatischen Einflüsse leichter ertragen, verbessert das
Trinkwasser
und wirkt schlafverscheuchend, so daß die Eingebornen nach ihrem Genuß die Gelage zu verlängern vermögen. An die Darreichung
von Kolanüssen knüpft sich in Afrika die Zusicherung von Gastfreundschaft und Schutz, und ohne dieselbe
ist kein Geschäft anzubahnen. Sie werden auch als Münze benutzt. Wegen der günstigen Wirkungen, welche der Genuß der Kolanüsse
auf die Neger ausübt, hat man den Baum auch auf Mauritius, in Westindien, Brasilien, Mexiko und in andern ausgedehnten Strecken
des amerikanischen Kontinents, wo viele Neger leben, angepflanzt. Eine geringere Sorte, die weiße Kolanuß,
stammt von Cola macrocarpa R. Br.
Timothée, theolog. Führer der liberalen Partei innerhalb der reformierten Kirche Frankreichs, geb. 1824 zu Lemé,
wurde 1847 Lizentiat und 1864 Doktor der Theologie und seit 1851 einer der beliebtesten Prediger in Straßburg,
er gab von 1850 bis 1869 die »Revue de théologie« in Verbindung mit der Straßburger Fakultät heraus, wurde 1861 zum Professor
der französischen Litteratur am protestantischen Seminar, 1864 zum Professor der praktischen Theologie an der theologischen
Fakultät ernannt. Der Widerstand, welchen die orthodoxe Partei bei den Ernennungen entgegensetzte, rief 1861 die
Union protestante libérale ins Leben. Nachdem er durch seine Predigten (deutsch von Richard, Dresd. 1858) und sein Werk »Jésus-Christ
et les croyances messianiques de son temps« (1. und 2. Aufl. 1864) sowie durch zahlreiche
Beiträge zur »Revue des Deux Mondes« sich bekannt gemacht, legte er 1870 seine Stelle nieder und zog sich
nach Frankreich ins Privatleben zurück. Seitdem war er, aus dem geistlichen Stand ausgetreten, als Führer der liberalen Partei
auf der im Juni u. Juli 1872 zu Paris tagenden Generalsynode der reformierten Kirche Frankreichs thätig.
Marie, geborne Schmidt, norweg. Dichterin, geb. verheiratete sich
sehr jung, ward aber schon mit 30 Jahren Witwe. Durch die Umstände zur Schriftstellerei gedrängt, übersetzte sie gelehrte
Werke ins Französische und kam auf diese Weise nach Paris, wo eine Dame aus der vornehmen Welt die Briefe, welche Colban ihr ins Bad
schrieb, ohne Wissen derselben als »Lettres d'une barbare« drucken ließ, die so großes Aufsehen machten, daß sie von nun
an für französische Journale schrieb und in die erste Gesellschaft kam.
So den Winter meist in Paris oder Italien, den Sommer in Norwegen zubringend, trat sie bald auch mit selbständigen Werken
in der Sprache der Heimat auf. Es erschienen die Novellen: »Lärerinden« (1870);
»Tre Noveller« (Christ. 1873);
»Tre nye Noveller«
(Kopenh. 1875);
»Jeg lever« (das. 1877, vielleicht ihre bedeutendste
Arbeit);
Colban verbindet mit dem fein geistigen, scharf sondierenden Wesen des Nordens die Wärme und Weltgewandtheit
des Südens: Norwegen und Frankreich in harmonischer Verschmelzung. Fast ihre sämtlichen Arbeiten wurden ins Deutsche übersetzt.
Sie starb in Rom.
(spr. -bär), Jean Baptiste, franz. Finanzminister, geb. zu Reims, Sohn eines mäßig
begüterten Kaufmanns, ward Kommis in einem Pariser Bankhaus, bildete sich durch Reisen, arbeitete dann im Büreau des Staatssekretärs
Letellier und bewies so große Einsicht im
mehr
Verwaltungsfach, daß ihn Letellier dem ersten Minister, Mazarin, empfahl. Dieser übertrug ihm die Verwaltung seines Vermögens
und erhob ihn 1654 vom Finanzintendanten zum Staatsrat und Sekretär der Königin. Von Mazarin noch auf dem Sterbebett dem König
empfohlen, wurde er von Ludwig XIV., den er freimütig mit dem traurigen Stande der Finanzen bekannt machte, 1661 zunächst
als Kommis eines Finanzrats, erst 1669 als Generalkontrolleur der Finanzen (Finanzminister) an die Spitze der Verwaltung gestellt.
Streng rechtlich, von unermüdlicher Arbeitskraft und umfassendem Blick, freilich auch eigensinnig, hart und habgierig, widmete
alle seine Zeit und Kraft dem Dienste des Königs. Nach genauen vierjährigen Untersuchungen über den finanziellen
Stand des Staats zeigte sich, daß das Steuer- und Abgabensystem in der vollkommensten Verwirrung sich befand, und daß in den
vorhergehenden unruhigen Zeiten eine greuliche Unordnung eingerissen war. Daher schuf Colbert zuerst einen Finanzrat, der dem König
jährlich ein Verzeichnis der Ausgaben und Einnahmen vorlegen mußte, was der Verschwendung ein Ziel setzte.
Eine Justizkammer überwachte die Pachter und Beamten, gleichmäßige Besteuerung und einfachere Erhebung der Steuern traten
ein. Während Colbert die Steuern verminderte und die Rückstände bis 1656 erließ, deckte er den Ausfall durch Herabsetzung der
Renten und Verminderung der Beamten und Pensionäre. Dabei wurde aber das Interesse der Krone aufs eifrigste
gewahrt, die Domänen wurden für die Krone zurückgenommen, und da die Prachtliebe Ludwigs XIV. ungeheure Summen in Anspruch
nahm, so trat Colberts Thätigkeit nicht selten in einseitiger Weise in den persönlichen Dienst des Königs; vollends die steten
Kriege nötigten Colbert, durch Mittel, welche bisweilen das Interesse des Landes verletzten, Geldquellen zu eröffnen;
dahin gehörten: Vorschuß auf künftige Einnahme, Errichtung neuer Renten gegen Kapitalzahlungen, Verkauf neugeschaffener Ämter,
Verpfändung von Domänen, Erhöhung der Steuern.
Die Staatseinnahmen stiegen zwar, namentlich durch die Einführung neuer Steuern, von 84 Mill. auf 116 Mill.;
aber das Wohl der niedern Klassen, besonders des Bauernstandes, wurde vernachlässigt. Das System, die Steuern
zu verpachten, führte zu furchtbaren Erpressungen seitens der Pachter. Indessen hat Colbert doch Großes geschaffen. Vor allem förderte
er die Industrie, baute den Kanal von Languedoc und ein Netz von Kunststraßen, erhob Marseille und Dünkirchen zu Freihäfen, stiftete
Ausfuhrprämien und Assekuranzkammern, hob den Kolonialhandel, errichtete Handelsgesellschaften, kaufte
Niederlassungen auf den westindischen Inseln Martinique, Guadeloupe, Santa Lucia, Grenada etc., sandte Kolonisten nach Cayenne,
brachte durch Besiegung der Flibustier die Besitztümer dieser Seeräuber auf Santo Domingo an Frankreich und hob den Handelstraktat
mit den Holländern auf, wodurch der französischen Nation alle bis dahin jenen zugestandenen Einfuhrbegünstigungen
zugewendet wurden.
Die Verbesserung des französischen Seewesens ging mit diesen Schöpfungen Hand in Hand. Colbert scheute keine Opfer, der französischen
Flagge gegen die Seeräuber des Mittelländischen Meers Sicherheit zu verschaffen; er legte den Hafen von Rochefort an und errichtete
zu Brest, Toulon, Dünkirchen und Havre Seearsenale, um die zum Teil verfaulte Kriegsflotte herzustellen,
kaufte er im Ausland mehrere Kriegsschiffe, brachte es aber bald dahin, daß in Frankreich selbst die besten Fahrzeuge gebaut
wurden, und hatte 1662 die französische Flotte
auf 60 Linienschiffe und 40 Fregatten, 20 Jahre später auf das Doppelte gebracht.
Für die Bemannung führte er die Konskription in der Küstenbevölkerung ein. Die französische Handelsflotte
wurde die dritte der Welt. Handel und Industrie nahmen durch Zollschutz und Staatsunterstützung (Merkantilsystem) einen mächtigen
Aufschwung. Dagegen litt der Ackerbau durch Ausfuhrverbote, hohe Steuern u. a. sehr, und der Bauernstand befand sich in so
elender Lage, daß wiederholt Aufstände ausbrachen und Colbert furchtbar gehaßt wurde. Auch die bürgerliche
und peinliche Gesetzgebung ward durch ihn verbessert, die Religionsfreiheit beschützt.
Die Zahl der Festtage und der Klöster wurde vermindert. Außer für materielle Interessen, sorgte Colbert auch für Kunst und Wissenschaft;
er stiftete 1663 die Akademie der Inschriften und 1666 die der Wissenschaften, errichtete 1671 die Bauakademie,
reformierte die Malerakademie, stiftete für sie in Rom eine französische Schule, unterstützte Gelehrte und Astronomen, gründete
den botanischen Garten und die Sternwarte zu Paris, ließ unter Cassinis Leitung die große Vermessung Frankreichs vornehmen, sammelte
Kunstschätze, bereicherte die königliche Bibliothek und ließ prächtige Gebäude aufführen. Er war endlich
der eifrigste Gehilfe des Königs in der Errichtung eines unbeschränkten Absolutismus.
Als er aber sich endlich wiederholt genötigt sah, der Verschwendung und Prachtliebe des Königs entgegenzutreten und zur Sparsamkeit
zu mahnen, fiel er bei demselben in Ungnade, so daß Ludwig XIV. ihn nicht einmal auf seinem Sterbelager besuchte. Das Volk
war durch die Höhe der Abgaben und die empörende Härte bei ihrer Eintreibung gegen Colbert so erbittert, daß, als er starb,
sein Leichenzug durch Militär gegen die Menge geschützt werden mußte. Dennoch waren die äußern Erfolge des Systems so glänzend,
daß es viele Nachahmer fand. Colbert hinterließ ein Vermögen von 10 Mill. und den Titel eines Marquis de Seignelay,
der auf seinen ältesten Sohn überging, welcher später die Verwaltung der Marine erhielt. Interessant ist das von Colbert eigenhändig
entworfene »Mémoire pour son fils, sur ce qu'il doit observer pendant le voyage qu'il va faire à Rochefort«.
Vgl.
Clément, Lettres, instructions et mémoires de Colbert (Par. 1862-73, 7 Bde.;
Nachtrag 1882);
Derselbe, Histoire de Colbert et de son administrativ (das. 1874, 2 Bde.);
Neymarck, Colbert et son temps (das. 1877, 2 Bde.);
Gourdault, Colbert, ministre de Louis XIV (6. Aufl., Tours 1885). -
Sein jüngerer Bruder, Charles, Marquis von Colbert-Croissy, trat in den diplomatischen Dienst, war Gesandter
in England und auf dem Nimwegener Friedenskongreß und erhielt später durch die Gunst der Maintenon das auswärtige Ministerium.