werden, später ersticken sie alles Unkraut. Die
Ernte
[* 2] erfolgt im
Oktober; doch kann man die
Wurzeln auch über
Winter in der
Erde lassen, da sie nicht erfrieren. Man gewinnt etwa 400 Ztr.
Wurzeln und 80 kg grüne
Blätter von 1
Hektar. Die
Zichorie nimmt
die Bodenkraft sehr stark in Anspruch, und gewöhnlich muß der
Boden für die Nachfrucht wieder gedüngt
werden. Die kultivierte
Wurzel
[* 3] ist stärker als die wild gewachsene, fleischig, mit verhältnismäßig breiterer
Rinde. In
beiden finden sich nur
Spuren von
Gerbstoff und ätherischem
Öl, wenig
Eiweiß,
Fett,
Harz und organische
Säuren.
Die kultivierte
Wurzel enthält 3-4 Proz.Zucker,
[* 4] 16-23 Proz. stickstofffreie, 2-4 Proz. stickstoffhaltige
organische
Substanz, 2-5 Proz.
Holzfaser und Mineralstoffe und 70-80 Proz.
Wasser. Zur Bereitung des Kaffeesurrogats
(deutscher Kaffee),
zu welchem sich die
Wurzel eigentlich durch nichts empfiehlt, werden dieselben getrocknet (3,6-4 Ztr.
frische geben 1 Ztr. gedarrte
Wurzeln), in
Stücke geschnitten, in rotierenden großenTrommeln von
Eisenblech
ähnlich wie
Kaffee geröstet, dann fein gemahlen und in Pakete von 60-120 g gepackt. In feuchten
Lokalen oder auf
Horden in
Kammern, in welche
Dampf
[* 5] geleitet wird, zieht das
Pulver sehr viel
Wasser an und bildet dann die feste, bröckelige, bisweilen
etwas schmierige
Masse, wie sie imHandel vorkommt.
Diese ist braun oder braunschwarz und gibt an
Wasser 13 Proz. lösliche
Bestandteile ab, die dasselbe dunkel färben und ihm
einen bittern, zugleich süßlichen
Geschmack mitteilen. Von den wirksamen
Bestandteilen des
Kaffees enthält die
Zichorie nichts,
und nur das brenzlige, durch das
Rösten entwickelte
Öl ist allenfalls entfernt mit dem
Aroma des
Kaffees
zu vergleichen. Man darf daher auch nicht die
Wirkungen des
Kaffees von der
Zichorie erwarten; dagegen soll sie bei anhaltender
Benutzung auf die
Verdauung nachteilig einwirken.
Der Zichorienkaffee ist vielfachen
Verfälschungen (namentlich mit gerösteten Runkelrübenpreßlingen) unterworfen, und nicht
selten enthält er 20-40 Proz. erdige Beimengungen, als Ziegelmehl,
Ocker,
Thon,
Beinschwarz aus Zuckerfabriken
etc. Zichorienwurzeln wurden seit mehr als hundert
Jahren in Haushaltungen am Nordrand des
Harzes geröstet, um sie als
Kaffeesurrogat
zu benutzen. Um 1763 lenkten
Förster und
Major v.
Heine die
Aufmerksamkeit auf dies
Präparat, und nach 1790 begannen
Braunschweiger
und
Magdeburger Kaufleute Zichorienkaffee für den
Handel herzustellen. Zu Anfang des 19. Jahrh. wurde
die erste
Fabrik errichtet, welche besonders während der
Kontinentalsperre ihr
Fabrikat bei der armen
Bevölkerung
[* 6] einzubürgern
vermochte.
Gegenwärtig besitzt das
Deutsche Reich
[* 7] 123,
Europa
[* 8] 450 Zichorienfabriken. 1881 waren im
DeutschenReich 10,118
Hektar mit
Zichorie
bebaut, und es wurden geerntet 4,364,100 Ztr.
Wurzeln. Davon entfielen auf die
ProvinzSachsen
[* 9] 2,602,700
Ztr. Die
Produktion an gedarrter
Zichorie betrug 1,173,400 Ztr. Die Ausfuhr an Zichorienfabrikat aus
Deutschland
[* 10] betrug 1880:
178,382 Ztr. im Wert von 2,5 Mill. Mk. In
neuerer Zeit wurde die Zichorienwurzel der
Aufmerksamkeit der Spiritusfabrikanten empfohlen.
(spr. tschītschis-), die früher in
Italien
[* 12] unter den höhern
Ständen herrschende
Sitte, daß sich eine
verheiratete
Dame stets von einem Hausfreund (Cicisbeo) in
Gesellschaften, zu öffentlichen Vergnügungen, in die
Kirche etc.
begleiten ließ. Der gute
Ton verlangte nämlich, daß der Ehemann mit seiner
Frau nur im
Haus umging. Der
Cicisbeo erschien daher morgens bei der
Frau, um sich für den
Tag Verhaltungsmaßregeln geben zu lassen, und sein
Name wäre
nach Wilh.
Müller vonFlüstern abzuleiten,
weil er bei
Festen und im
Theater
[* 13] hinter dem
Stuhl seiner Herrin stand und mit ihr flüsterte.
Bei aller scheinbaren Anstößigkeit war das
Verhältnis zwischen dem Cicisbeo und der
Dame meist kein
unsittliches, und die
Damen bedangen im Heiratskontrakt die Erlaubnis, einen Cicisbeat halten zu dürfen. Die
Sitte entstammt der
Zeit der
Galanterie und
Minnehöfe, ist jedoch im Abnehmen begriffen und in Mißkredit geraten, so daß heute in
Italien wie
in
DeutschlandCicisbeo einen Hausfreund mit verdächtigen Nebenabsichten und Cicisbea einfach eine Buhlerin bedeutet.
(spr. tschikonnja),EmanueleAntonio, ital. Geschichtsforscher und Archäolog, geb. zu
Venedig,
[* 14] trat, nachdem er seine
Studien am adligen
Kollegium zu
Udine gemacht, in den
Staatsdienst und bekleidete die
Stelle eines
Generalprokurators zu
Venedig, später die eines k. k. Appellationssekretärs. Seine ersten
Arbeiten veröffentlichte
er 1808-10 unter dem
PseudonymAngelo Eugenio Mentice
Mantovano.
Sein berühmtes Hauptwerk betitelt sich
»Delle iscrizioni veneziane,
raccolte ed illustrate« (Vened. 1824-53, 7 Bde.
mit Tafeln).
Cicognas kleinere
Arbeiten betrafen ebenfalls meist die heimische venezianische Geschichte und
Altertumskunde, zum Teil
auch die
Kunstgeschichte, insbesondere die Geschichte venezianischer
Kirchen und
Denkmäler.
Ferner lieferte er biographische
Arbeiten über venezianische
Geschlechter (»Vite di
N. e di J. Tiepoli«, 1828, u. a.). Auch gab er bis dahin ungedruckte
Novellen
alter italienischer
Autoren
(»Novelle inedite«, Vened. 1822, 2 Bde.),
ein »Saggio di bibliografia veneziana« (das.
1847) und ein in vielen
Auflagen verbreitetes
»Ristretto di ortografia da saccoccia« (das. 1816) heraus.
Cicogna starb in
Venedig. Seine bedeutende
Bibliothek (darunter über 3000
Manuskripte) und seine Sammlungen vermachte
er dem städtischen
Museum zu
Venedig.
(spr. tschikonj-),Leopoldo,Graf von, ital. Kunstschriftsteller, geb. zu
Ferrara,
[* 15] zeigte schon in früher
Jugend Vorliebe für die schönen
Künste, beschäftigte sich später in
Rom
[* 16] eifrig mit denselben
sowie im
UmgangmitMonti, Cancellieri u. a. mit der schönen Litteratur und ging sodann nach
Neapel
[* 17] und
Sizilien,
[* 18] wo er ein
Gedicht: »Le
[* 19] ore del giorno«, herausgab. Er ließ sich 1795 in
Modena nieder, wo er bis 1807 verschiedene diplomatische und administrative
Stellungen innehatte und endlich
Staatsrat wurde.
Im J. 1808 schied er aus dem
Staatsdienst und erhielt bald darauf die
Stelle eines
Präsidenten der
Akademie der schönen
Künste
in
Venedig.
Auf seinen
Reisen sammelte er viele Kunstgegenstände und namentlich
Niellos, auf die er zuerst die
Aufmerksamkeit
hinlenkte. Er starb Die bedeutendsten seiner
Schriften sind: »Memorie storiche dei letterati ed artisti ferraresi«
(Ferrara 1811);
»Storia della scultura dal suo risorgimento in
Italia« (Vened. 1813-18, 3 Bde.
mit
Kupfern, sein Hauptwerk; 2. Aufl.,
Prato 1823-24, 7 Bde. mit
Atlas);
[* 20]
»Le fabriche più cospicue di Venezia«
(Vened. 1815-20; 2. Aufl. 1833-42, 2 Bde.).