Christentumsgesellschaft, Deutsche - Christenverfolgungen
mehr
aller
Christen der
Erde beträgt etwa 446 Mill. (vgl. die statistische Übersicht zur
Karte
»Religionen der
[* 2]
Erde« bei
Artikel
»Bevölkerung«).
[* 3] Weiteres bezüglich der äußern Ausbreitung, welche das hier aus einigen wesentlichen
Motiven seiner Entstehung charakterisierte
Christentum im
Laufe von beinahe zwei Jahrtausenden gefunden hat, s.
Mission und
Religion.
Deutsche,
[* 4] religiöser
Verein der evangelischen
Kirche, ward 1780 durch
Johann Urlsperger (gest.
zu Basel
[* 5] gegründet (ursprünglich Deutsche
Gesellschaft zur Beförderung reiner
Lehre
[* 6] und wahrer Gottseligkeit). Zusammenkünfte
zur erbaulichen Betrachtung und eine umfassende
Korrespondenz sollten den
Zweck der Vereinigung aller lebendigen und bibelgläubigen
Christen fördern. Seit 1784 erschienen als
Organ die monatlichen »Sammlungen für
Liebhaber christlicher
Wahrheit«, und es zog die
Gesellschaft fast alle Bethätigungen der äußern und innern
Mission in ihren Bereich; aus ihr sind
im
Lauf der Zeit mehrere selbständige
Vereine hervorgegangen, z. B. die
BaselerBibelgesellschaft (1804), die
Evangelische Missionsgesellschaft
daselbst (1816), die Anstalt in Beuggen zur
Bildung von Armenschullehrern und zur Rettung verwahrloster
Kinder (1820), der
Verein fürFreundeIsraels, der Traktatverein, die
Taubstummenanstalt zu Riehen, die Pilgermission auf Krischona
u. a., fast sämtlich von Christentumsgesellschaft, F.
Spittler in das
Leben gerufen.
die notwendige Gegenwirkung des
Heidentums auf das innerhalb seines Gebiets sich ausbreitende
Christentum. Den
Römern war bekanntlich die
Religion vorzugsweise Staatsangelegenheit. Lediglich aus Staatsklugheit
hatte man den unterjochten Völkern ihre
Götter gelassen, auch den
Juden die Ausübung ihrer
Religion erlaubt. Je mehr sich
aber das
Christentum vom
Judentum loslöste, desto mehr verlor es das
Recht einer erlaubten
Religion (religio licita); die Ausnahme
und Verbreitung einer unerlaubten (religio illicita) aber galt, zumal in der gegen alle Neuerungen und
Vereine so argwöhnischen Kaiserzeit, als
Verbrechen gegen die Staatsgesetze.
Überdies mußte gerade diese
Religion, um welche es sich in dem besondern
Fall handelte, neu und gewissermaßen unfaßbar,
weil ohne Volkstümlichkeit, ohne Götterbilder, ohne
Tempel,
[* 7]
Altäre undOpfer, dazu in ihren gottesdienstlichen
Verrichtungen bald vom
Schleier des Geheimnisses umgeben, als ganz besonders verdächtig erscheinen, zumal da ihre Anhänger
sich weigerten, die
Zeremonien der römischen Staatsreligion als allgemeine Bürgerpflicht zu verrichten, der
Büste des
Kaisers
als
Ausdruck der Unterthanenehrfurcht
Weihrauch zu streuen
oder an kaiserlichen
Geburtstagen, bei Siegesfesten u.
dgl. an den heidnischen öffentlichen Lustbarkeiten teilzunehmen.
Nun sollten aber die Teilnehmer an unerlaubten und geheimen Versammlungen (collegia illicita) sowie die der Ehrfurchtsverletzung
gegen die
Kaiser (impietas in principes) Angeklagten nach römischem
Gesetz gefoltert, die Geringern (humiliores) unter ihnen
den
Bestien vorgeworfen oder lebendig verbrannt, die Vornehmern (honestiores) zumTod verurteilt werden.
Speziell wurde der
Dienst eines unsichtbaren, nicht abzubildenden
Gottes als
Atheismus betrachtet; das die
Götter,
Tempel,
Opfer
etc. entwertende
Christentum erschien als »sacrilegium«; die sacrilegi aber verdammte
das römische
Gesetz zum
Kampf mit wilden
Tieren oder zum Kreuzestod.
Wirkliche oder angebliche
Heilungen, der von den
Christen
ausgeübteExorzismus, gaben
Anlaß zur Beschuldigung
der
Magie, die den erwiesenen Zauberern den Flammentod, den übrigen an der magischen
Handlung Beteiligten die
Strafe der
Kreuzigung
etc. nach römischem
Gesetz zuzog. Hatte in dem religiösen Verhalten der
Christen der
Staat somit eine gewisse Veranlassung,
dieselben der Auflehnung gegen seine Einrichtungen und
Gesetze zu beschuldigen und zu bestrafen, so gingen
doch die Verfolgungen noch häufiger vom heidnischen
Volk aus, das im
Götzendienst den
Quell seines
Erwerbs (heidnische
Priester,
Goeten, Götzenbildverfertiger und
Händler) verteidigte und voll
Haß jede
Handlung eines
Christen mit Argwohn betrachtete; so
ward von ihm der
Genuß des geheiligten Leibes als ein thyestisches
Gastmahl, die allgemeine Bruderliebe
als Vorwand der Unzucht verdächtigt.
Alle öffentlichen Unglücksfälle wurden sofort als Strafgerichte der über ihre Verachtung erzürnten
Götter dargestellt.
Den Vornehmen und im
Geiste der alten
Welt Gebildeten endlich war das
Christentum der finstere
Aberglaube eines bethörten
Pöbels.
Zu diesen eigentlichen und planmäßigen Verfolgungen sind die
Vorfälle des 1. Jahrh. noch nicht zu zählen,
wie wenn bald auf dem
BodenPalästinas in der
Nachfolge des
Meisters selbst zahlreiche
Opfer dem pharisäischen
Haß fallen, bald
in
Rom
[* 8] (64
n. Chr.) die tyrannische
Laune eines
Nero die
Schuld an dem
Brande der Stadt auf die
Christen wälztund sie
kreuzigen oder in die
Felle wilder
Tiere einnähen und den
Hunden zur Zerfleischung vorwerfen oder, mit brennbaren
Stoffen überzogen,
gleich
Fackeln anbrennen läßt.
Auch unter Domitian (81-96) wurde die
Anklage auf
Christentum als eine Art
Hochverrat nur benutzt, um einzelne
Konfiskationen,
Verbannungen und
Hinrichtungen, wie es scheint selbst gegen zwei Mitglieder der kaiserlichen
Familie, T.
FlaviusClemens und Flavia Domitilla, durchzusetzen. Erst seit den
Zeiten des
Kaisers Trajan beginnt der eigentliche Christenprozeß
und zwar zunächst in der Form der Einzelanklage. Das
Edikt Trajans vom Jahr 112, welches den Christenprozeß in der angegebenen
Weise instruiert hatte, blieb
Reichsgesetz und wurde unter Trajans Nachfolgern bald laxer, bald strenger
gehandhabt.
Ersteres gilt namentlich von
Hadrian (117-138), unter welchem jedoch eine um so grausamere Verfolgung die
Christen seitens
der rebellischen
Juden in
Palästina
[* 9] unter
Bar-Kochba (s. d.) betroffen hat. Aber auch die Wut des heidnischen
Volkes hat sich
unter dem
Eindruck gehäufter öffentlicher Unglücksfälle öfters gegen die Götterfeinde entladen.
Eine etwas härtere
Praxis begann unter
AntoninusPius (138-161), unter dessen
Regierung wohl die Verfolgung in
Smyrna, die dem
BischofPolykarp das
Martyrium bereitete (155-156), fällt, und noch mehr
Ernst war es damit dem
Marcus Aurelius (161-180), unter
dessen
Regierung namentlich die blutige Verfolgung in
Lugdunum
(Lyon)
[* 10] und Vienna
(Vienne) im südlichen
Gallien
(177) stattfand.
entgegengesetzter Praxis. Eine nur kurze Zeit der Ruhe kam unter Philippus Arabs (244-249), welcher der Sage nach selbst ein
Christ gewesen sein soll. Dagegen erging unter Decius (249-251) die erste planmäßige Verfolgung aus national-religiösen
Motiven über die Christenheit des ganzen Reichs. Unter Gallus (251-253) und Valerianus (253-260) dauerten, mit besonderer
Heftigkeit seit 257, diese Leiden
[* 14] fort; man suchte die Kirche hauptsächlich durch Verfolgung der Kirchenbeamten zu Grunde zu
richten.
Erst Gallienus hob 260 die Verfolgungen auf und gab dadurch auf mehr als 40 Jahre Frieden. Der KaiserDiocletianus (284-305)
zeigte sich anfangs aus politischer Klugheit den Christen gewogen, begann dann aber teils infolge seines
Bestrebens, die alte Herrlichkeit des Reichs, somit auch die alte Staatsreligion wiederherzustellen, teils auch angereizt von
seinem Schwiegersohn, dem CäsarGalerius, gegen die Christen einen Kampf auf Leben und Tod. Letzterer hob an mit der Zerstörung
der Kirche von Nikomedia (303). Ein sogleich folgendes kaiserliches Edikt gebot, alle Tempel der Christen
zu zerstören und ihre heiligen Bücher zu verbrennen; christlichen Staatsbeamten sollten ihre Würden genommen, römische
Bürger zu Sklaven degradiert werden, Sklaven die Hoffnung auf Freiheit verlieren; gegen alle Christen sollte bei der gerichtlichen
Untersuchung die Folter angewandt werden.