Stimmen (Tonreihen) komponiert ist. Nach der Anzahl dieser
Stimmen sind die
Chöre weniger- oder mehrstimmig; dieselben können
vom einstimmigen bis zum achtstimmigen, ja zuweilen noch weiter fortschreiten. Sind die vielstimmigen
Chöre so eingerichtet,
daß dieselben in selbständigen
Gruppen sich darstellen, so entstehen die
Doppelchöre, die dreifachen, vierfachen etc.
Chöre.
Am gewöhnlichsten sind die vierstimmigen
Chöre, weil der vierstimmige
Satz den vier
Gattungen der menschlichen
Stimme am natürlichsten entspricht, und
weil er für die Vollständigkeit der
Harmonie der geeignetste ist. Zu den
Chören kann
Instrumentalbegleitung hinzutreten, welche entweder eine bloß die einzelnen
Stimmen verstärkende oder eine selbständige
ist; doch muß auch im letztern
Fall die
Begleitung als dem
Gesang untergeordnet betrachtet werden.
Beethoven
führt in seiner 9.
Symphonie (Op. 125) den Chor (mit
Soli) als
Steigerung der Orchesterwirkung ein. Da ein Chor immer in
Massen,
im
Gegensatz zu der im Sologesang mehr hervortretenden
Individualität, wirkt, so verlangt er darum auch weniger
fein detaillierte
Züge und möglichst wenig Schwierigkeiten für die Ausführung, weshalb feinere
Züge da, wo sie in einen
Chor eingewebt werden sollen, am füglichsten durch Zwischensätze von Solostimmen ausgesprochen
werden. - Von dem kirchlichen
Sängerchor ging der
Name Chor auch auf den Platz
vor derOrgel über, wo derselbe aufgestellt wurde.
Ebenso heißt eine Vereinigung von Instrumentenspielern ein Chor, wie man z. B. ein
kleines
Orchester ein Musikchor (oder Musikkorps) nennt. Innerhalb des
Orchesters werden wieder die Hauptabteilungen der
Instrumente
nach ihren Gattungsbegriffen
Chöre genannt, und man spricht z. B. vom Chor der
Streich- und dem der
Blasinstrumente, welch letztere
wieder in den Chor der
Holz- und
den derBlechinstrumente zerfallen. Bei Militärmusikchören
(-korps) spricht
man von Hoboistenchören, wenn die
Zusammensetzung zumeist aus Holzblasinstrumenten besteht, und von Trompeter- und Hornistenchören,
wenn ausschließlich
Blechinstrumente zusammengestellt sind.
Ferner heißt Chor bei Klavierinstrumenten der Inbegriff gleichgestimmter
Saiten, welche durch eine einzige
Taste angeschlagen
werden. Man nennt solche
Instrumente zwei-, drei- oder mehrchörig, je nachdem zwei, drei oder mehr
Saiten
zur Hervorbringung eines und desselben
Tons bestimmt sind und mit einem
Hammer
[* 2] angeschlagen werden. In demselben
Sinne nennt
man auch im allgemeinen sämtliche zu einer und derselben
Taste gehörende
Pfeifen der Orgelregister ein Chor (Pfeifenchor);
insbesondere werden die zu einer
Taste gehörenden
Pfeifen der Orgelmixturen
Chöre genannt.
(das oder der), in der kirchlichen
Baukunst
[* 3] derjenige Teil eines Kirchengebäudes, wo der Hauptaltar steht, und
der für die
Priester bestimmt ist, im
Gegensatz zum
Schiff,
[* 4] das der
Gemeinde zur Versammlung dient und von jenem durch den sogen.
Triumphbogen und eine aufsteigende Stufenreihe (daher auch hohes Chor genannt), bisweilen auch durch
Schranken
(Kanzellen) abgesondert
ist (s.
Chorschranken). Ein bedeutend erhöhtes Chor läßt stets auf das Vorhandensein einer darunter befindlichen
Krypte (s. d.)
schließen.
Mit der
Anlage des
Chors begannen in der
Regel die mittelalterlichen Kirchenbauten. In
Dom- und Stiftskirchen
sind an den Seiten des
Chors die meist aus
Holz
[* 5] geschnitzten Sitze für die vornehme
Geistlichkeit (s.
Chorstühle) angebracht.
An allen Kirchenbauten aus dem
Mittelalter erscheint das Chor als ein besonderer, an der
östlichen Seite des Hauptbaues angebrachter,
bei romanischen
Kirchen gewöhnlich halbrunder, bei gotischen
Kirchen fünf-, sieben- oder mehreckiger,
bisweilen noch mit einem Chorumgang oder Kapellenkranz umgebener Anbau, der sich meist schon äußerlich durch reichere
Formen
auszeichnet. Den
Namen Chor führt außerdem in katholischen wie in protestantischen
Kirchen auch der für
Sänger und
Musiker
bestimmte
Raumvor derOrgel, welcher gewöhnlich dem
Altar
[* 6] gegenüberliegt.
(Cantus choralis, lat.), der beim christlichen
Gottesdienst übliche
»Chorgesang«. Derselbe besteht in der katholischen
Kirche ursprünglich indem aus den ersten
Jahrhunderten desChristentums stammenden sogen. Gregorianischen
Gesang (s. d.) und wird als
Concentus unterschieden von dem mehr bloß rentierenden
Accentus (s. d.) der von einem einzelnen
Priester vorgetragenen
Lektionen etc. Der Choralgesang begreift die Hallelujagesänge,
Antiphonien,
Responsorien,
Hymnen,
Sequenzen
etc.; er entbehrt des
Rhythmus (daher auch
Cantus non mensuratus oder
Cantus planus genannt) und ist, wie
er heute geübt wird, eine
Folge gleichlanger
Töne von ermüdender Monotonie; doch
ist er dies erst im
Lauf der Zeit, besonders
seit Aufkommen des
Discantus im 12. Jahrh., geworden.
Ursprünglich war er sogar sehr lebendig bewegt, und besonders der
Halleluja- und Psalmengesang wird von den frühmittelalterlichen
Schriftstellern einem Jauchzen und
Jubilieren verglichen. Leider ist der
Schlüssel für die
Rhythmik der
alten Notierungen
(Neumen)
[* 7] verloren gegangen, und es scheint keine
Hoffnung vorhanden zu sein, daß man den Choralgesang in
seiner ursprünglichen Gestalt wiederherstellen könnte. Mit dem Aufkommen der mehrstimmigen
Musik gesellte sich zu dem als
Cantus firmus oder
Tenor unantastbaren Choralgesang zunächst eine parallel in
Oktaven oder
Quinten
(Quarten)
mitgehende
Stimme
(Organum), der
man in der
Folge die stete
Gegenbewegung zur
Norm machte
(Discantus), und die bald freier gestaltet
wurde und einen verzierten
Gesang über den Choral ausführte
(Cantus figuratus). So gewöhnte man sich allmählich, den Choral als
ein starres
Gerippe zu behandeln, welches die Kontrapunktisten mit dem
Fleisch und
Blut belebter
Stimmen
umkleideten. Der größte Teil der reichen Musiklitteratur des 12.-16. Jahrh.
(Motetten, Magnifikats,
Messen) ist auf
Tenore
aus dem
Cantus planus aufgebaut, und noch heute legen die Kirchenkomponisten vielfach ihren Werken Choralmotive zu
Grunde.
Die ältesten
Bestandteile des katholischen Choralgesangs sind der von den
Juden übernommene
Halleluja-
und Psalmengesang, sodann kam zuerst in der griechischen
Kirche der Antiphonengesang, der von
Ambrosius (gest. 397) in die
abendländische Kirche eingeführt wurde; eine
Abart desselben, der Gradualgesang, entwickelte sich in der römischen
Kirche
wohl nur wenig später. Der Hymnengesang ist wahrscheinlich heidnischen Ursprungs und wurde besonders
von
Ambrosius kultiviert, die
Sequenzen brachte das 9. Jahrh. (vgl.
Kirchenmusik). Der neuere
Kirchengesang bewahrt den Gregorianischen
Choral im
Gesang der
Priester, während der
Chor mehrstimmig gesetzte, ausgeführte
Kompositionen derselben
Texte mit oder ohne Zugrundelegung
alter Choralmotive
¶
Der protestantische Choral hat eine ganz ähnliche Geschichte wie der katholische. Als es galt,
für die junge reformierte Kirche auch frische, nicht an die Erstarrung des römischen Dogmas erinnernde Gesänge zu schaffen,
griff Luther zum Volkslied und der damals in hoher Blüte
[* 16] stehenden Komposition mehrstimmiger volksmäßiger Gesänge und nahm
dieselben direkt herüber, indem er ihnen geistlichen Text unterlegte. Manche Choräle, z. B. »Ein'
feste Burg«, sind freilich gleich zuerst für die Kirche komponiert worden, aber doch in derselben Form und auch die Dichtung
an das einfache Strophenlied von zwei Stollen und Abgesang anlehnend.
Auch wurden einzelne katholische Hymnen ähnlichen Charakters mit herübergenommen. Alle diese Choräle waren von einer prägnanten
Rhythmik, sind aber wie der Gregorianische Gesang mit der Zeit zu einer Folge gleichlanger Töne erstarrt.
Die Versuche, den ursprünglichen rhythmischen Choral wieder aufleben zu lassen, sind bis jetzt gescheitert. Es scheint,
daß an der Zerstörung des Rhythmus der Choräle wiederum die Kontrapunktisten schuld sind, diesmal die deutschen Organisten,
welche, wie früher die Kapellsänger, die Hauptvertreter der Komposition wurden.
Auch mag der Umstand, daß noch im Lauf des 16. Jahrh. die Gemeinde anfing, den Choral mitzusingen, wesentlich mit darauf hingedrängt
haben, die Melodie so zu gestalten, daß sie sich für den gemeinschaftlichen Gesang einer Menge eignete. In demMaß, wie die
Melodie selbst verlangsamte und des Rhythmus verlustig ging, wurde aber eine belebtere Begleitung Bedürfnissache,
und die Figuration der Choräle (s. Choralbearbeitung) entwickelte sich daher bereits im 17. Jahrh. zu großer Künstlichkeit.
Eine andre, noch wirkungsvollere, in manchen Kirchen eingeführte Abwechselung bringt der strophenweise Wechselgesang in den
Choralgesang, wobei je eine Strophe von der gesamten Gemeinde in der gewöhnlichen einfachen Weise und unter
Begleitung der Orgel abgesungen, die folgende aber von einem kleinern musikalisch gebildeten mehrstimmigen Chor, oder auch von
Solostimmen mit nur leiser Orgelbegleitung, oder auch ohne alle Begleitung vorgetragen wird. Es ist außerdem zur Gewohnheit
geworden, nach jeder Verszeile einen Halt (Fermate) zu machen und eine längere Pause eintreten zu lassen,
welchen die Organisten durch Zwischenspiele ausfüllen.
Die geschichtliche Entwickelung des protestantischen Chorals war eine verhältnismäßig schnelle. Luther, selbst Kenner der
Tonsetzkunst, verdeutschte und verbesserte mit Hilfe seiner FreundeWalter und Senfl
alte lateinische und deutsche Gesänge, dichtete
neue und setzte sie in Musik. Diese Lieder wurden zuerst nur von Gesangskundigen in der Kirche vorgetragen;
nach und nach aber lernte auch das Volk in den Kirchengesang einstimmen. Schon 1524 erschien zu Wittenberg
[* 17] eine Sammlung von
Kirchenliedern im Druck.
Der Vorrat von Chorälen wurde namentlich durch das »Cantional der Böhmischen und MährischenBrüder«
(hrsg. von Wylmschweerer, Jungbunzlau 1531 und Ulm
[* 18] 1538 u. 1539, enthaltend 136 Lieder mit 111 beigedruckten Melodien) sowie
durch die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. von A. Lobwasser in Königsberg
[* 19] nachgedichteten französischen PsalmenClémentMarots und TheodorBezas, die ebenfalls meist nach Volksweisen gesungen wurden, bereichert. Die eigentliche
Blüte des evangelischen Choralgesangs datiert von der zweiten Hälfte des 16. Jahrh.
und dauert bis in die ersten Jahrzehnte des 17., wo der französische Geschmack und die Opernmusik einigermaßen Einfluß
auf denselben gewannen und ihn eines Teils seiner alten kirchlichen Würde entkleideten. Zur neuen, wenn auch nur vorübergehenden
Hebung
[* 20] desselben hat Seb. Bach wesentlich beigetragen.
Als Tonsetzer und Förderer des Choralgesangs seit der Reformation sind außer Luther, von dem drei Originalmelodien: »Jesaia,
dem Propheten«, »Wir glauben all' an Einen Gott« und »Ein' feste Burg«, herrühren, zu nennen: Arnold vonBruck (kaiserlicher
Kapellmeister 1534);
Dieser kam in der schweizerisch-reformierten Kirche erst zu Calvins Zeit auf, besonders infolge der trefflichen
Leistungen ClaudeGoudimels, der 16 Psalmen, vierstimmig und motettenartig nach Volksmelodien komponiert, herausgab (1562).
In der deutsch-reformierten Kirche ward der Choralgesang vonAndr. Lobwasser eingeführt und zwar durch Herübernahme französischer
Psalmodien, zu denen später auch Lieder aus der lutherischen Kirche hinzukamen. In der reformierten KircheFrankreichs
erlitten GoudimelsPsalmen durch Courart und La Bastide 1679 eine
¶