erging unter dem 3. März von
Petersburg
[* 2] aus der Befehl, das bisherige Chanat Chokand als Gebiet
Ferghana dem Generalgouvernement
Turkistan
einzuverleiben.
(nach einigen v. hebr. cholé-ra, »die
böse
Krankheit«, nach andern v. griech. cholé; »die
Galle«),
ursprünglich und lange Zeit Bezeichnung sehr verschiedener
Krankheiten des
Darms, welche unter
stürmischen
Durchfällen und
Erbrechen verlaufen; allmählich sind einzelne bestimmte Krankheitsgruppen; z. B. die
Arsenikvergiftung, welche die gleichen
Erscheinungen hervorbringt, ausgeschieden worden, und man hat den
Namen Cholera für zwei
Formen übrig behalten, deren eine als einheimische Cholera (Cholera nostras), deren andre als asiatische
Cholera bekannt ist. Ob die einheimische Cholera wirklich als eine einheitliche
Krankheit anzusehen ist, erscheint
zweifelhaft,
da man ihre
Ursache noch nicht genügend kennt; von der asiatischen Cholera dagegen steht es fest daß sie nach
Ursache,
epidemischer Verbreitung und Verlauf eine ganz einheitliche Infektionskrankheit ist.
Beide sind in ihren Krankheitserscheinungen ungemein ähnlich, bei beiden sind schnell aufeinander folgende
reichliche, anfangs dünne, später geradezu wässerige
Stühle das Hauptsymptom, bei beiden kommen
Erbrechen,
Wadenkrämpfe,
starke Erschöpfung vor, und dennoch sind sie durchaus verschiedene
Formen: die einheimische ist gutartig, sie tritt sporadisch
auf, ist nicht ansteckend;
die asiatische dagegen ist eminent bösartig, tritt als verheerende
Seuche auf, welche
aufs leichteste übertragbar ist, und kommt niemals sporadisch vor, ohne daß eine
Übertragung des Cholerakeims stattgefunden
hätte.
Da es ungemein wichtig ist, trotz der
Ähnlichkeit
[* 3] in den
Symptomen beide
Krankheiten aufs bestimmteste voneinander zu
unterscheiden, selbst wenn die
Ansteckung nicht nachgewiesen werden kann, so werden wir späterhin gerade hierüber genaueste
Angaben machen.
Die einheimische Cholera.
Die einheimische Cholera
(Brechdurchfall, Brechkolik,
Cholerine, Cholera nostras s. europaea, sporadica) tritt in der
Regel in den heißen
Sommermonaten auf, nach Diätfehlern, besonders nach unvorsichtigem
Genuß rohen und unreifen
Obstes, schlechten
Biers, bei
Kindern nach
Genuß sauer gewordener
Milch und andrer
Speisen, welche dieVerdauung
stören. Es ist höchst
wahrscheinlich, daß in allen
Fällen abnorme
Gärungen oder
Zersetzungen des
Magen- und Darminhalts vorliegen, welche zuweilen
durch
Erkältungen des
Bauches mit starker Darmbewegung eingeleitet oder kompliziert werden; allein es ist sehr zweifelhaft,
ob die
Natur dieser
Zersetzungen allemal die gleiche ist.
Wahrscheinlich gibt es eine ganze
Reihe säurebildender und andrer
Bakterien und Sproßpilze, welche die
Nahrung gerade im warmen
Sommer befallen, und es ist sehr wohl möglich, daß solche abnorme
Gärungen nur deshalb so heftige
Krankheitserscheinungen bewirken, weil der
Magen
[* 4] und
Darm
[* 5] durch schwerverdauliche
Speisen, unmäßiges Trinken von
Wasser oder
Bier und die erschlaffende
Wirkung der
Hitze auf den ganzen
Körper besonders empfindlich geworden ist. Zuweilen
gehen der
Krankheit Vorboten voraus, die mehrere
Tage anhalten können und in Unbehaglichkeit, Leibschneiden,
Kollern im Leib,
Appetitlosigkeit, leichten
Diarrhöen und
Übelkeit bestehen.
Häufig stellt sich die
Krankheit plötzlich, oft während der
Nacht ein, indem reichliche Stuhlausleerungen erfolgen, welche
anfänglich aus den gewöhnlichen Kotmassen bestehen, später aber eine schleimige, gelbliche oder bräunliche
Flüssigkeit darstellen. Seltener sind dieselben ganz ungefärbt, reiswasserähnlich.
DiesenDiarrhöen geht zuweilen heftiges
Erbrechen voraus, oder dieses tritt ein, nachdem schon einigemal Stuhlentleerungen erfolgt waren.
Das Erbrochene besteht anfänglich aus den genossenen
Nahrungsmitteln, wird später schleimig-wässerig, grünlich gefärbt
und von saurem
Geschmack. Die Kranken fühlen sich dabei äußerst matt und hinfällig, klagen über brennenden
Durst, eingenommenen
Kopf, bittern
Geschmack. Der Leib ist weich, dabei gegen
Druck meist unempfindlich. Jedes Trinken erregt von neuem
Erbrechen.
Die Kranken sehen blaß aus, hohläugig, zusammengefallen, sind sehr unruhig;
Füße und
Hände sind kalt,
oft durch schmerzhafte
Krämpfe der
Muskeln
[* 6] der
Waden etc. zusammengezogen.
Der
Puls ist sehr beschleunigt, fadenförmig klein, kaum fühlbar, der
Urin äußerst sparsam, oft fehlend, die
Zunge trocken;
kalter, klebriger
Schweiß bedeckt den ganzen
Körper.
Fast immer geht der Anfall vorüber, die
Haut
[* 7] wird wieder warm, ein leichter
Schweiß erscheint, die Urinabsonderung stellt sich wieder ein, die Entleerungen werden seltener, die
Kranken verfallen in einen ruhigen
Schlaf, aus dem sie mit besserm Aussehen und kräftiger erwachen. Doch bleibt in den meisten
Fällen noch eine Zeitlang ein mehr oder weniger hoher
Grad von Hinfälligkeit und
Empfindlichkeit der Verdauungsorgane zurück.
Die einheimische Cholera verläuft in der
Regel in 8-24
Stunden und tötet nur geschwächte Individuen, namentlich
Kinder und
Greise.
In der Behandlung empfiehlt es sich anfangs, d. h. solange noch Speiseinhalt des
Magens entleert wird, das
Erbrechen durch
warme Theeaufgüsse, etwa von
Kamillen, zu unterstützen und erst dann, wenn die Ausleerungen gallig und
flüssig werden, diese zu hemmen. Man gebe dem Kranken Eisstückchen in den
Mund, kohlensäurehaltiges
Wasser in kleinen
Mengen
zum
Getränk oder
Brausepulver in
Wasser während des
Aufbrausens zu trinken. Auf den Leib lege man warme
Tücher oder warme
Breiumschläge
von Leinsamenmehlabkochungen. Innerlich dient als sicherstes
Mittel das
Opium (5-10
Tropfen der
Tinktur).
Droht der Kranke zu schwach zu werden, und verfällt derselbe sichtlich, so reiche man einige Eßlöffel voll
Wein, am besten
moussierenden, oder einige
TropfenÄther und reibe den
Körper mit gewärmten Tüchern.
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mehr
In der ersten Zeit nach dem Anfall muß noch strenge Diät eingehalten werden: der Kranke muß sich auf flüssige Nahrung,
Fleischbrühe mit Schleim, Milch etc., beschränken, sich sorgfältig vor Erkältung, besonders des Unterleibes, hüten und kann
erst allmählich zur frühern Lebensweise zurückkehren. - Auch die sogen. Cholera der
Kinder (Cholera infantum), welche im Sommer in großen Städten geradezu ungeheure Sterblichkeitsziffern erreicht,
ist auf abnorme Zersetzung der Nahrung zurückzuführen. Am häufigsten betrifft diese KrankheitSäuglinge jeden Alters, welche
künstlich aufgefüttert werden, sowie Kinder, welche schnell von der Mutterbrust entwöhnt worden sind.
Die Kinder erbrechen bei dieser Krankheit alles, was in ihren Magen kommt. Die etwa genossene Milch kommt
nicht verkäst, wie bei gesunden Kindern, sondern ungeronnen wieder zum Vorschein. Gleichzeitig mit dem Erbrechen werden auch
die Ausleerungen abnorm. Dieselben bestehen aus einer sauer riechenden, grünlichen oder gelblichen Masse, vermischt mit weißlichen
Klumpen, später aus wässerigen Ausscheidungen. Die Kinder verfallen dabei sehr schnell, magern ab, das
Gesicht
[* 9] wird faltig und greisenhaft, Lippen und Hände sind bläulich und fühlen sich kühl an, es treten krampfhafte Zuckungen
ein, und bald folgt der Tod durch Erschöpfung.
Der ganze Verlauf der Krankheit drängt sich oft auf wenige Stunden zusammen. Manchmal geht der choleraähnliche Anfall vorüber,
und es schließt sich eine leichtere Form des Darmkatarrhs an. Die Behandlung der Cholera der Kinder hat die
doppelte Aufgabe, 1) die einmal eingeleiteten sauren oder sonst schädlichen Gärungen zu hemmen und 2) der Wiederholung solcher
Zersetzungen vorzubeugen. Den ersten Zweck erreicht man zuweilen durch das Erbrechen und die Durchfällean sich,
zuweilen empfiehlt sich die Entleerung mittels der Magenpumpe oder bei kräftigen Kindern durch Abführmittel.
Unterstützt wird das Verfahren durch Darreichung von Wein und Mitteln, welche die Zersetzung hemmen, Kreosotwasser, Kalomel etc.
in vorsichtigen Gaben, die nur der Arzt bestimmen kann. Die Verhütung fernerer Zersetzungen verlangt sorgfältiges Überwachen
der Nahrung; wenn keine Mutter- oder Ammenmilch gegeben werden kann, so muß die Kuhmilch, oder was sonst
gegeben wird, jedesmal vor dem Genuß aufgekocht, Gläser, Pfropfen
[* 10] etc. müssen aufs sauberste gereinigt werden. Selbstverständlich
sucht man das Kind durch Baden,
[* 11] gute Luft und aufmerksame Pflege möglichst zu kräftigen.
Die asiatische Cholera.
Die asiatische Cholera (Cholera morbus, Cholera orientalis, asiatica, indica, epidemica)
hat ihre Heimat in Ostindien.
[* 12] Hier ist sie, wie es scheint, von jeher sowohl in vereinzelten Fällen als auch in kurz dauernden
und wenig verbreiteten Epidemien aufgetreten. Aber erst 1817 trat die Cholera in Indien in größerer, seuchenartiger Ausbreitung
auf und fing an, sich auf die Nachbarländer auszudehnen. Am Schluß des Jahrs 1818 war schon die ganze
ostindische Halbinsel von der Krankheit durchzogen und furchtbar verheert worden.
Die Seuche, deren eigentliche Ursache unbekannt war und blieb, begann fast an jedem Ort, wo sie sich zeigte, mit der äußersten
Bösartigkeit, nahm dann an Heftigkeit ab und dauerte meist nur 2-3 Wochen; an einzelnen Orten freilich,
z. B. in Kalkutta,
[* 13] hatte sie einen jahrelangen Bestand. Schon damals bemerkte man, daß die Seuche sich vorzugsweise im Verlauf
der großen Verkehrswege, der Flüsse
[* 14] und Landstraßen, verbreitete. Von 1817 bis jetzt ist die Cholera in Indien nie mehr
ganz erloschen; sie trat vielmehr
bald an diesem, bald an jenem Punkt in großer Ausbreitung auf.
In das Jahr 1831 fallen auch die ersten deutschen Epidemien, namentlich die von Berlin,
[* 24] Wien
[* 25] etc. Die Verbreitung
der Krankheit in diesem Jahr war eine ungeheure: im Norden reichte sie bis Archangel, im Süden bis Ägypten,
[* 26] über die Türkei
[* 27] und einen Teil von Griechenland.
[* 28] Im J. 1832 kam die Cholera zum erstenmal nach London
[* 29] und über Calais
[* 30] nach Paris,
[* 31] auch erschien sie
damals zuerst von England aus importiert in Amerika
[* 32] (Quebec). Nun folgten sich in Europa bis 1838 viele bald
mehr zerstreute, bald in offenbarem Zusammenhang stehende Epidemien von denen teils bisher verschonte Strecken (wie z. B. Spanien
[* 33] 1833-34, Schweden
[* 34] 1834, Oberitalien
[* 35] 1836, München
[* 36] 1836), bald schon früher durchseuchte Orte befallen wurden (wie z. B. Berlin 1832 und
1837). Vom Jahr 1838 an aber blieb Europa fast zehn Jahre lang frei von der Cholera. - Im J. 1846 begann ein neuer Zug
der Cholera von Indien
aus.
Auch in Deutschland
[* 41] gewann die Cholera in den Jahren 1849 und 1850 große Verbreitung. Das Jahr 1851 war für
Deutschland cholerafrei; dagegen brach sie im folgenden Jahr von Polen her in den östlichen Teilen Deutschlands
[* 42] aus, kam aber
diesmal nicht über Berlin hinaus. Bis zum Jahr 1859 traten in den verschiedensten Ländern innerhalb und außerhalb Europas
größere Seuchen auf. In diesem Jahr aber schien die Krankheit ihren zweiten großen Verheerungszug im
wesentlichen beendigt zu haben. Ihren dritten großen Zug
über den asiatischen und europäischen Kontinent trat sie 1865 an. Namentlich
wurden 1866 viele Opfer durch die Cholera hinweggerafft, z. B. während des Kriegs in Böhmen,
[* 43] in Leipzig,
[* 44] Berlin, an den Küsten der
Ostsee etc. Die Krankheit ist seitdem in
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