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wird beim vorsichtigen Rütteln der Retorte leicht vom Wasser absorbiert. Aus dem Chlorwasser scheidet sich bei 0° blaßgelbes kristallinisches Chlorhydrat ab, eine Verbindung von Chlor mit Wasser, welche beim Erwärmen wieder zerfällt. Am Licht [* 2] zersetzt sich Chlorwasser, indem Chlorwasserstoff [* 3] und Sauerstoff entstehen; man muß es daher in schwarzen Gläsern aufbewahren. Chlor ist nicht brennbar und verbindet sich nicht direkt mit Sauerstoff, Stickstoff und Kohlenstoff, sonst aber mit allen übrigen Elementen und bisweilen unter Feuererscheinung.
Sein Vereinigungsstreben ist ungemein stark, und besonders zeigt es große Neigung, sich mit Wasserstoff zu verbinden. Mischt;
man beide Gase, [* 4] so findet im Dunkeln keine Vereinigung statt;
wenn aber ein Sonnenstrahl die Mischung trifft, so erfolgt sofort Explosion;
im zerstreuten Tageslicht vereinigen sich die Gase allmählich.
Auf dieser Verwandtschaft des Chlors mit dem Wasserstoff beruhen sehr viele Erscheinungen. Wasser, Schwefelwasserstoff, Ammoniak werden durch Chlor zersetzt, indem es deren Wasserstoff an sich reißt; Terpentinöl, welches aus Kohlenstoff und Wasserstoff besteht, entflammt sogar im C., wobei sich der Kohlenstoff als Ruß ausscheidet. Trifft Chlor bei Gegenwart von Wasser mit oxydierbaren Körpern zusammen, so zersetzt es das Wasser, dessen Sauerstoff an jene Körper tritt; daher wirkt das Chlor kräftig oxydierend und zwar nicht allein auf anorganische, sondern auch auf organische Stoffe, die meist völlig zerstört werden.
Wirkt Chlor auf Alkalien oder alkalische Erden bei Gegenwart von Wasser, so entstehen ein Chlorid und das Salz [* 5] einer Chlorsäure; so gibt Kalihydrat mit Chlor je nach den Verhältnissen Kaliumchlorid und unterchlorigsaures oder chlorsaures Kali; bei sehr hoher Temperatur aber entsteht ein Chlorid, und Sauerstoff wird frei. Die Verbindungen des Chlors mit Sauerstoff und Wasserstoff sind sämtlich Säuren; die wichtigsten sind: unterchlorige Säure HClO, chlorige Säure HClO2 , Chlorsäure HClO3 und Überchlorsäure HClO4 aber auch die Verbindung mit Wasserstoff HCl verhält sich wie eine Säure und heißt, weil sie gewöhnlich aus Kochsalz bereitet wird, Salzsäure. Dies Verhalten, mit Wasserstoff eine Säure zu bilden, teilt das Chlor mit Brom, Jod, Fluor, welche deshalb eine natürliche Gruppe bilden; sie liefern mit den Metallen direkt ohne Mithilfe von Sauerstoff salzähnliche Körper (Chloride, Bromide, Jodide, Fluoride) und heißen daher Salzbildner oder Halogene (s. d.).
Man benutzt Chlor zum Bleichen und Desinfizieren, zur Darstellung von Aluminiumchlorid, Zinnchlorid, Chlorschwefel, Chlorphosphor, Chloral, Chlorkalk [* 6] und andern Bleichmitteln, chlorsaurem Kali, übermangansaurem Kali, Kaliumeisencyanid etc., ferner zur Extraktion von Gold [* 7] aus kiesigen Erzen, zum Scheiden des Goldes vom Silber, zur Entzinnung von Weißblechabfällen und als Arzneimittel bei Typhus, torpiden Geschwüren, Augenkatarrh etc. Es wurde 1774 von Scheele entdeckt und dephlogistisierte Salzsäure genannt; später hielt man es für eine Sauerstoffverbindung des hypothetischen Muriums oder Muriatums und nannte es Muriumsuperoxyd, während Salzsäure als Muriumoxyd betrachtet wurde.
Davy wies 1810 nach, daß Chlor ein einfacher Körper sei, und als solcher gilt es auch noch heute. Berthollet lehrte 1785 das Bleichen mit Chlor und entdeckte 1792 das unterchlorigsaure Kali, während Tennant 1798 zuerst den Chlorkalk darstellte. Die Chlorkalkindustrie entwickelte sich dann in innigster Verbindung mit der Sodaindustrie, da es auf diese Weise möglich wurde, die massenhaft als Nebenprodukt auftretende, bis dahin sehr lästig gewesene Salzsäure vorteilhaft zu verwerten. 1868 tauchte das von Deacon und Hurter angegebene Verfahren der Chlorbereitung auf, und zwei Jahre früher hatte Weldon sein erstes Patent auf Regeneration von Braunstein genommen.
Vgl. Lunge, [* 8] Handbuch der Sodaindustrie (Braunschw. 1879, 2 Bde.).