mehr
und Nordosten von China, [* 2] und die Dynastie Sung, die sie allmählich weiter gegen Süden drängten. Schon 1260 war Kublai faktisch der Herrscher von China; von 1280 datieren die chinesischen Geschichtschreiber den Beginn der (19.) mongolischen Dynastie Juan (1280-1367). Kublai nahm seine Residenz in Chanbaligh (»königliche Stadt«),
dem heutigen Peking [* 3] (»Hof [* 4] des Nordens«); hier traf ihn der berühmte Reisende Marco Polo. Die Eroberer eigneten sich die Institutionen des unterjochten Volkes an; erst gegen Ende ihrer Herrschaft gelangten auch Chinesen wieder zu Ämtern und Würden. Zwistigkeiten unter dem Kaiser Schünti (1333-67) veranlaßten den Bonzen (buddhistischen Priester) Tschujuantschang, 1355 als Parteigänger aufzutreten; er fand Anhang, stellte sich an die Spitze einer Empörung in Kiangnan, unterwarf sich einige südliche Provinzen, siegte über die unter sich uneinig gewordenen Rebellen und Mongolenhäuptlinge, die inzwischen den Kaiser abgesetzt hatten, überschritt den Gelben Strom, nahm Peking ein, vertrieb die Mongolen nach der Tatarei, wo sie das Reich der Chalka gründeten, und erwarb sich durch Klugheit und Mäßigung die allgemeine Achtung und Liebe in dem Maß, daß er selbst den Thron [* 5] besteigen konnte. Er nahm als Kaiser den Namen Taitsu an und ward Stifter der (20.) Dynastie der Ming (1368-1644). Unter ihrer meist kräftigen Regierung beschränkte sich das Reich auf das eigentliche China; in der Mongolei behaupteten sich die mongolischen Fürsten. Damals wurde die im wesentlichen noch jetzt geltende Regierungsform ausgebildet; Portugiesen kamen nach Macao, katholische Missionäre, zuerst M. Ricci 1583, erlangten Zutritt. Unter Hoaitoung (1628-44) ward das Reich von beutelustigen Mandschu-Tataren bedroht und im Innern von Rebellen erschüttert; erstere hatten sich der Hauptstadt genähert, letztere sie erobert, als die Dynastie Ming durch des Kaisers freiwilligen Tod ihr Ende erreichte.
Die Mandschu. Mit Schuntschi beginnt die (21.) Dynastie der Mandschu oder Tsing (1644), die noch jetzt den Thron von China innehat. Schuntschi hatte den Unterricht des berühmten deutschen Jesuiten Adam Schall [* 6] genossen und räumte diesem einen großen Einfluß auf sich und die Regierungsangelegenheiten ein. Unter Schuntschi, seinem Sohn Schingtsu mit dem Prädikat Khanghi und dem Herrscher Kaotsungschün mit dem Namen Khianlung erhob sich China zu großer Macht. Alle Aufstände im Land wurden niedergeschlagen, Formosa mit China vereinigt und kolonisiert, der größte Teil der Dsungarei, ganz Turkistan (die Gebiete Kaschgar, Jarkand etc.) und Tibet unterworfen, ein Krieg gegen Rußland, der wegen Grenzstreitigkeiten 1684 entstand, 1689 beigelegt.
Die Christen, welche längere Zeit geduldet worden waren, wurden aus politischen Gründen von Khianlung seit 1735 hart verfolgt. Unerbittlich gerecht, war dieser doch auch rücksichtslos grausam; im übrigen beförderte er die Wissenschaften und legte vier Bibliotheken der schätzbarsten Bücher an; auch war er selbst Dichter. Im J. 1796 legte er zu gunsten seines fünften Sohns, Kiakhing, die Regierung nieder und starb 1799. Von dieser Zeit an war die Macht der Mandschu im Abnehmen begriffen.
Kiakhings Gewaltthätigkeit und Grausamkeit erregten bald allgemeine Unzufriedenheit;
immer neue Verschwörungen wurden angezettelt, Räuberbanden durchzogen verheerend das Land;
Seeräuber, die sich in Hainan und Formosa festsetzten, beherrschten nicht allein das Meer und bekämpften hier die chinesischen Flotten mit wechselndem Glück;
sondern drangen auch von den Flußmündungen aus in das Innere des Landes plündernd und verwüstend ein, bis ihre Macht endlich durch innern Zwiespalt zu Grunde gerichtet ward. Im J. 1807 kam der erste protestantische Missionär, Morrison, nach China;
1815 wurden alle Katholiken aus China verbannt.
Kiakhing starb 1820, wie man vermutet, durch einige Mißvergnügte ermordet. Ihm folgte sein zweiter Sohn, Mianning (1820-50), geb. 1794, als Kaiser Taokuang (»Glanz des Verstandes«) genannt. Die Unruhen im Innern des Reichs dauerten unter ihm fort; dazu kamen Konflikte mit den an der Grenze nomadisierenden Buräten und Kirgisen wie dem Chan von Chokand, die aber mit Unterwerfung des Chodschas Dschehangir endeten, sowie mit dem kriegerischen Bergvolk an den Grenzen [* 7] der Provinzen Kuangtung, Kuangsi und Honan, mit dem ein Vertrag abgeschlossen ward, der dahin lautete, daß sie in ihren Bergen [* 8] bleiben, die Chinesen ihr Gebiet nicht betreten und die kaiserlichen Truppen entlassen werden sollten. Taokuang zeigte Abneigung gegen das Christentum, namentlich gegen die Katholiken, die daher mehrfachen Verfolgungen ausgesetzt waren.
Verhältnisse des Reichs der Mitte zu Europa.
Schon um Christi Geburt hatten die Chinesen nicht bloß Handelsverbindungen, sondern auch diplomatische Beziehungen mit den Römern angeknüpft; chinesischen Schriftstellern des Altertums ist die römische Zivilisation nicht unbekannt. Unter Mark Aurel kamen, wie schon erwähnt, römische Gesandte über Tongking [* 9] nach China. Im 6. Jahrh. drangen Christen, wahrscheinlich Nestorianer, bis zu Chinas Ostküsten vor, ihre Schiffe [* 10] fuhren bis in das 5. Jahrh. regelmäßig nach Mailapur (bei Madras) [* 11] an Vorderindiens Ostküste, einem Wallfahrtsort für die asiatischen Christen als Ort des Märtyrertodes des Apostels Thomas. Im 13. Jahrh. führten katholische Missionäre, an der Spitze Ruysboeck, bekannter unter dem Namen Rubruquis, und die Gesandten Ludwigs des Heiligen und des Papstes Innocenz IV. die beschwerliche Landreise nach aus. 1274 begann der Venezianer Marco Polo (s. d.) seine Fahrten an den Hof der Mongolenkaiser, von wo er 1295 nach Venedig [* 12] zurückkehrte. Zu einem ununterbrochenen Verkehr mit China kam es im 16. Jahrh. nach Entdeckung des Seewegs nach Indien. 1517-45 hatten die Portugiesen einen Handelsplatz zu Ningpo; vertrieben, setzten sie sich in Macao fest. 1651 wurden die Bewohner dieser Kolonie als chinesische Unterthanen aufgezeichnet und durften ohne Erlaubnis weder neue Kirchen noch neue Häuser bauen.
Die Spanier genossen ebenfalls das Recht, nach Macao, nach Kanton [* 13] und Amoy Handel zu treiben. Die Holländer erschienen 1607 zum erstenmal vor Macao, ließen sich 1620 auf Formosa nieder und erhielten Handelsfreiheit gegen das Versprechen, sich auf diese Insel zu beschränken, mußten sie aber 1662 wieder räumen. Spätere Gesandtschaften erreichten wenigstens Wiederanknüpfung der Handelsverbindungen. Den Russen, den unmittelbaren Grenznachbarn der Chinesen, wurde 1646 der Handelsverkehr unter erschwerenden Bedingungen gestattet. Eine Gesandtschaft beglich 1688 unter Peter d. Gr. Grenzstreitigkeiten. Rußland erlangte die Erlaubnis, jährlich einmal eine Karawane nach Peking zu senden, sowohl des Handels wegen, als auch um den schuldigen Tribut in Geschenken zu entrichten. Seit dieser Zeit unterhält Rußland in Peking eine »geistliche Mission«, bestehend aus zehn Mitgliedern, durch deren fleißige Arbeiten Rußland über chinesische Verhältnisse früher genauer ¶
mehr
unterrichtet war als die Westmächte. Einen größern Druck auf China erreichte es durch Erwerbung seiner Amurbesitzungen (s. d.) mit dem Vertrag von Aigun Frankreich trieb seit 1660 einen lebhaften und ergiebigen Handel nach China, der jedoch infolge der Revolutionskriege eine längere Unterbrechung erlitt. Über die Deutschen gibt uns die Geschichte Kantons von dem ehemaligen Gouverneur Juen folgende Notizen: »Die Bewohner des Reichs des Adlerpaars (Österreich) [* 15] fuhren zum erstenmal durch die Tigrismündung im 45. Jahr Kienlung (1781) und heißen Taschen oder Deutsche. [* 16] Sie haben die Religion des Herrn des Himmels angenommen. In Sitten und Gewohnheiten sind sie von den Portugiesen nicht verschieden. Die Preußen [* 17] (die Bewohner des Reichs des einfachen Adlers) fuhren zum erstenmal durch die Tigrismündung im 52. Jahr Kienlung (1788).« Die Engländer konnten längere Zeit keine Aufnahme finden; erst 1670 wurde ein für sie nicht ungünstiger Vertrag abgeschlossen.
Schon 1687 gaben sie jedoch ihre Niederlassungen auf Formosa wieder auf, und seit 1693 waren sie auf Kanton beschränkt, durften aber auch hier mit Chinesen nicht in direkten Verkehr treten, sondern mußten sich der privilegierten chinesischen Kompanie der Hong als Vermittler bedienen. Die Gesandtschaften von 1792 und 1816 suchten vergeblich Aufhebung dieser Beschränkung und Eröffnung andrer Häfen zu erwirken. Als 1834 die Ostindische Kompanie ihr Monopol verlor und der Handel mit China allen Bewohnern Großbritanniens freigegeben wurde, mußte der stärkere Zuzug neuer Firmen die Schwierigkeiten vermehren und Zwiste hervorrufen; die von China verbotene, von der britisch-indischen Regierung dagegen begünstigte Einfuhr von Opium führte sodann zum sogen. Opiumkrieg. 1834 ward von der englischen Regierung Lord Napier mit entschiedenen Instruktionen nach Kanton abgesandt. Am landete Napier in Macao, verfügte aber ganz über den Kopf der chinesischen Regierung hinweg; am 2. Sept. erließ der Gouverneur dagegen ein Edikt, worin die vorläufige Einstellung des britischen Handels verfügt wurde.
Napier ließ hierauf zwei Kriegsschiffe in den Fluß einlaufen, um die englischen Unterthanen und ihr Eigentum zu schützen, fand sich aber schließlich veranlaßt, nachzugeben, und reiste nach Macao ab, wo er 11. Okt. starb. Unter seinen Nachfolgern Francis Davis und Robinson stellte sich ein leidliches Verhältnis her, 1836 wurde Kapitän Elliot zum Oberaufseher des Chinahandels ernannt. Der Opiumschmuggel wurde immer offener betrieben, hingegen erschien ein kaiserliches Edikt, daß alles an Bord der Schiffe befindliche Opium auszuliefern sei.
Der britische Bevollmächtigte konnte nicht hindern, daß der Faktoreibezirk Kanton von allem Verkehr abgeschnitten und förmlich in Blockadezustand versetzt wurde; er forderte daher 27. Mai die in Kanton befindlichen Kaufleute auf, alles in ihrem Besitz befindliche Opium ihm sogleich behufs der Auslieferung an die chinesische Regierung zu übergeben. Demgemäß wurden 20,263 Kisten Opium im Wert von 2,500,000 Pfd. Sterl. den chinesischen Behörden ausgeliefert und die Opiumeinfuhr für alle Zukunft mit dem Tod bedroht.
Die englischen Kaufleute flüchteten nach Macao. Aus Anlaß der Tötung eines Chinesen durch englische Matrosen verlangte der kaiserliche Kommissar die Auslieferung des Schuldigen; infolge davon kam es 2. Nov. in der Hongkongbai zu einem Seegefecht, in welchem die Chinesen unterlagen. Ein kaiserliches Edikt vom 5. Jan. erklärte darauf die Engländer für außerhalb des Gesetzes, hob allen Handel mit ihnen für immer auf und bedrohte auch jedes andre Volk, welches sich der Einführung ihrer Waren unterziehen wollte, mit den härtesten Strafen.
Nun schritt das englische Ministerium zu ernsten Maßregeln; ein Krieg sollte vermieden werden, und so wurden vorerst 3000 Mann unter dem Admiral Sir George Elliot abgeschickt. Am 21. Juni ward die Blockade der Stadt Kanton und des Stroms verfügt, am 23. die Insel Tschouschan besetzt und an der Küste von Tschekiang gekreuzt. Vor Tinghai, der Hauptstadt der Insel Tschouschan, fand man nur schwachen Widerstand, vor Amoy wurde eine Anzahl Kriegsdschonken in den Grund gebohrt, die Bocca-Tigris (s. d.) fortwährend blockiert.
Ein Schreiben Lord Palmerstons an den Kaiser wurde offen zurückgegeben, dafür aber wurden Ningpo und Schanghai [* 18] nebst allen Häfen bis an den Ausfluß [* 19] des Jantsekiang in Blockadezustand erklärt. Die Einnahme eines Forts von Macao und die Einfahrt eines Dampfers samt den Booten aller Kriegsschiffe in den Peihofluß schüchterte dann die Chinesen so ein, daß sie sich zur Annahme des Schreibens bequemten. Die Chinesen knüpften jetzt Unterhandlungen an, welche sie jedoch nicht ernstlich meinten; sobald dies feststand, begab sich der Admiral Elliot von der Insel Tschouschan nach dem Kantonfluß.
Als ein kaiserliches Edikt die Ausrottung der Barbaren befahl, griffen die Engländer die beiden Forts an der Tigrismündung an und eroberten sie nach kurzem Kampf. Schon bereiteten sie sich vor, auch die andern Forts am Einfluß des Tschukian (Perlenflusses) und das Fort auf der Tigrisinsel anzugreifen, als chinesischerseits Waffenstillstand erbeten wurde. Die Unterhandlungen führten zu einem Präliminarvertrag, zufolge dessen der Kaiser die Insel Hongkong an die Engländer abtrat, sich zu einer Geldentschädigung von 6 Mill. Doll., in sechs Jahren zahlbar, verpflichtete und die beiden Staatsregierungen auf den Fuß einer vollkommenen Gleichheit stellte, wogegen England die Insel Tschouschan räumte.
Unter nichtigen Vorwänden zog China die Ratifikation des Vertrags hin; daher eröffnete Elliot 24. Febr. die Feindseligkeiten von neuem, griff die Forts im Perlenfluß an, und nach kurzer Zeit wehte auf allen die britische Flagge; der Strom bis Kanton befand sich in der Gewalt der Engländer. Der kaiserliche Kommissar erbat und erhielt 20. März einen Waffenstillstand bewilligt; aber die chinesische Regierung erließ eine neue kaiserliche Proklamation gegen die Engländer in Kanton, wonach aller Verkehr mit denselben abgebrochen werden und einem Korps von 8000 Mann der besten Truppen die Wiedereroberung der Stadt Kanton und die Vertreibung der Barbaren von der Küste befohlen, auch auf die Köpfe der englischen Befehlshaber hohe Preise gesetzt wurden.
Wieder segelte die Flotte mit den Landungstruppen den Strom hinauf, die beiden im Westen der Stadt Kanton gelegenen Forts wurden genommen, und es sollte zum Angriff der Stadt geschritten werden, als sich die geängstigte chinesische Regierung anheischig machte, an England binnen einer Woche 6 Mill. Doll. zu zahlen. Die englischen Truppen sollten in ihrer Stellung bleiben; alle auf dem Fluß weggenommenen chinesischen Fahrzeuge sollten zurückgegeben, aber entwaffnet werden, desgleichen die Forts; die durch die Plünderung der Faktoreien etc. entstandenen Verluste sollten binnen 6 Wochen erstattet sein. Bis zum 1. Juni wurden 5 Mill. gezahlt, das Benehmen der chinesischen Behörden war ¶