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Kruppschen Kanonen armiert. Das Riesenbollwerk der Chinesischen Mauer (s. d.) hat jetzt seine Bedeutung verloren.
Die Entdeckungsgeschichte Chinas ist im Artikel »Asien« [* 2] (S. 928 ff.) übersichtlich dargestellt.
[Litteratur.]
Außer den unter den betreffenden Rubriken (Kultur, Religionen, Unterricht u. a.) oben bereits aufgeführten Spezialwerken und den Berichten der Forschungsreisenden (s. Asien, Entdeckungsgeschichte) besitzen wir eine große Zahl Land und Volk im allgemeinen behandelnder Werke.
Das älteste derselben ist die 1477 in Nürnberg [* 3] herausgegebene Übersetzung der Reisen von Marco Polo, dann die Berichte der zwischen 1794 und 1865 von England und Holland nach China [* 4] abgeordneten Gesandtschaften. Unter den neuern sind besonders hervorzuheben: der Bericht der »Reise der österreichischen Fregatte Novara«, enthaltend einen beschreibenden, linguistischen und anthropologischen Teil (Wien [* 5] 1861-68);
Scherzers »Fachmännische Berichte über die österreichisch-ungarische Expedition nach Siam, China und Japan« (Stuttg. 1872);
das offizielle Werk »Die preußische Expedition nach Ostasien« (Berl. 1864-73, 4 Bde.) und der von Kreitner herausgegebene Bericht der Reise des Grafen Széchényi (Wien 1881).
Zusammenfassende Werke sind namentlich: Hippisley, China A geographical, statistical and political sketch (Schanghai [* 6] 1876);
Eden, China, historical and descriptive (2. Aufl., Lond. 1880);
Playfair, Cities and towns of a dictionary (das. 1880);
Douglas, China (das. 1882), und vor allen v. Richthofens großes, noch nicht vollendetes Werk »China, Ergebnisse eigner Reisen und darauf gegründeter Studien« (Berl. 1877-84),
mit wichtigen orographischen und geologischen Karten.
Zeitschriften: »China: returns of trade at the treaty ports« und »Reports on trade at the treaty ports«, alljährlich in Schanghai erscheinend.
Geschichte.
Die Aufzeichnungen der chinesischen Schriftsteller gehen zurück bis 2597 v. Chr., doch reicht eine sichere Chronologie nicht höher hinauf als bis 841. Die Geschichte der ersten großen Dynastien Hia (2205-1766) und Schang (1766-1123) ist noch unsicher und halb mythisch. Erst von der dritten Dynastie, der der Tscheu (1123-246), haben wir genauere und zuverlässigere Nachrichten. In die Periode dieser Dynastie fällt die Entwickelung des Feudalwesens. In der Mitte des Reichs (daher der Name »Reich der Mitte«, Tschungkue) lag die kaiserliche Domäne von 1000 Lis (444 km) im Umfang; daran reihten sich die Lehnsgüter der dem Kaiser zu Diensten und Abgaben verpflichteten Vasallenfürsten in Abstufungen von 45-15 km im Umfang.
Alle Regenten dieser Dynastie haben das Prädikat Wang, wie denn der Begründer der Dynastie, der sich als Gesetzgeber verdient machte, Wuwang genannt wird. Unter Singwang wurden 552 Konfutse und dessen berühmter Schüler Mengtse geboren. Schihoangti von der (4). Dynastie Tsin (246-206) setzte seine Alleinherrschaft an Stelle des Willens der Feudalherren, dehnte das Reich bis ans Meer aus, widerstand siegreich den Tataren und vollendete zur Abwehr ihrer Einfälle die bekannte Chinesische Mauer.
Unter den Herrschern dieser Dynastie wurden die Einzelstaaten zu einer politischen Einheit verschmolzen; nun brachen aber überall Unruhen aus, und nach mehr als siebenjährigem Kampf gründete Lieu Pang, Fürst des Distrikts Han, die (5.) Dynastie der Han (202 v. Chr. bis 223 n. Chr.). Die Han werden in die westlichen und östlichen unterschieden; jene residierten in Singan, der Hauptstadt von Schensi, diese in Honan in der Provinz Honan. Das Feudalwesen wurde beschränkt, die Südprovinzen samt der Insel Hainan mit dem Reich vereinigt, Nordkorea 109 v. Chr. erobert und die Herrschaft nach Besiegung der Hiungnu in der heutigen Mongolei über Zentralasien [* 7] bis zum heutigen Russisch-Turkistan ausgedehnt.
Unter Hiao-Mingti kam 65 n. Chr. der Buddhapriester Hoschang aus Hindostan nach China, wo sich seitdem die Buddhareligion neben jener des Konfutse ausbreitete. Unter dieser Dynastie lernten die Chinesen das römische Reich kennen; 166 soll Kaiser Mark Aurel (Antun bei den chinesischen Historiographen) zur See eine Gesandtschaft nach China gesandt haben. In den letzten Zeiten der Han nahm die Kaisermacht ab, Empörungen brachen aus, und China zerfiel in die drei unabhängigen Reiche (223-265) der Heuhan, der Wei und der Wu, die sich gegenseitig bekriegten, bis der Stifter der Dynastie Tsin (265-419), Ssemayen mit dem geschichtlichen Namen Wuti, mit Waffengewalt das ganze chinesische Reich wieder vereinigte und den Kaisertitel annahm.
Seine Macht war aber nur von kurzer Dauer; seit 281 tauchten neben- und nacheinander 17 Nebendynastien auf. Mehrere Kaiser wurden ermordet. Als rechtmäßige Kaiser wurden jene der drei im Süden des Reichs von 420 bis 589 regierenden Dynastien angesehen. Jangkian, Fürst von Sui, mit dem geschichtlichen Namen Kaotsuwenti, der im Norden [* 8] des Großen Flusses den Kaisertitel annahm, 588 im Süden dieses Flusses vordrang und 590 Nanking eroberte, vereinigte wieder ganz China unter seinem Zepter. Sein Sohn wurde wegen Ausschweifungen ermordet, worauf die (II.) Dynastie der Thang (618-906) folgte.
Die Zeit bis 756 ward eine glänzende für China, ganz Zentralasien wurde wieder botmäßig, das Reich blieb unter Einem Fürsten geeinigt. Nun folgte aber eine Periode innerer Kriege, durch welche Tataren ins Land gezogen wurden und das südliche Tongking, [* 9] heute französische Kolonie, dem Reich verloren ging; 757 kamen Araber nach Südchina. Die Wissenschaften blühten jedoch in dieser Zeit; die Erfindung des Holzdrucks wurde der Verbreitung der Litteratur unendlich förderlich.
Ein ausgezeichneter Monarch war Tschaskuangjin, als Gründer der 18. Dynastie (Sung II.) Taitsu genannt. Auf den Thron [* 10] führten ihn seine Siege über die tatarischen Khitan, die im Norden des Reichs selbständige Fürstentümer errichtet hatten. Diese Fürsten sowie das in Schensi von Tibetern gegründete Reich Hia blieben zwar nicht auf die Dauer zurückgedrängt; die Kämpfe mit ihnen waren jedoch im ganzen glücklich bis 1127, wo Kintsung samt seiner Familie von dem tungusischen Volk der Kin, den Vorfahren der heutigen Mandschu, fortgeführt wurde, so daß Kaotsung die Residenz nach Süden, zuerst nach Nanking, dann nach Hangtschou, verlegen mußte. Für Geschichtschreibung geschah in der Zeit dieser Dynastie viel; Ssemakuang (1018-86) schrieb seine Geschichte, Matualin (1245-1325) seine große Encyklopädie (s. die Inhaltsangabe von Plath in den Sitzungsberichten der bayrischen Akademie der Wissenschaften 1871, S. 83-154).
Die Mongolen.
Die Mongolen treten als eroberndes Volk zuerst 1206 unter Dschengischan auf. Sie machten unter diesem Krieger wie unter seinem Sohn Ogdaichan und seinen Enkeln Mangu (genauer Möngke) und Kubilaichan reißende Fortschritte gegen die Kin, im Norden ¶
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und Nordosten von China, und die Dynastie Sung, die sie allmählich weiter gegen Süden drängten. Schon 1260 war Kublai faktisch der Herrscher von China; von 1280 datieren die chinesischen Geschichtschreiber den Beginn der (19.) mongolischen Dynastie Juan (1280-1367). Kublai nahm seine Residenz in Chanbaligh (»königliche Stadt«),
dem heutigen Peking [* 12] (»Hof [* 13] des Nordens«); hier traf ihn der berühmte Reisende Marco Polo. Die Eroberer eigneten sich die Institutionen des unterjochten Volkes an; erst gegen Ende ihrer Herrschaft gelangten auch Chinesen wieder zu Ämtern und Würden. Zwistigkeiten unter dem Kaiser Schünti (1333-67) veranlaßten den Bonzen (buddhistischen Priester) Tschujuantschang, 1355 als Parteigänger aufzutreten; er fand Anhang, stellte sich an die Spitze einer Empörung in Kiangnan, unterwarf sich einige südliche Provinzen, siegte über die unter sich uneinig gewordenen Rebellen und Mongolenhäuptlinge, die inzwischen den Kaiser abgesetzt hatten, überschritt den Gelben Strom, nahm Peking ein, vertrieb die Mongolen nach der Tatarei, wo sie das Reich der Chalka gründeten, und erwarb sich durch Klugheit und Mäßigung die allgemeine Achtung und Liebe in dem Maß, daß er selbst den Thron besteigen konnte. Er nahm als Kaiser den Namen Taitsu an und ward Stifter der (20.) Dynastie der Ming (1368-1644). Unter ihrer meist kräftigen Regierung beschränkte sich das Reich auf das eigentliche China; in der Mongolei behaupteten sich die mongolischen Fürsten. Damals wurde die im wesentlichen noch jetzt geltende Regierungsform ausgebildet; Portugiesen kamen nach Macao, katholische Missionäre, zuerst M. Ricci 1583, erlangten Zutritt. Unter Hoaitoung (1628-44) ward das Reich von beutelustigen Mandschu-Tataren bedroht und im Innern von Rebellen erschüttert; erstere hatten sich der Hauptstadt genähert, letztere sie erobert, als die Dynastie Ming durch des Kaisers freiwilligen Tod ihr Ende erreichte.
Die Mandschu. Mit Schuntschi beginnt die (21.) Dynastie der Mandschu oder Tsing (1644), die noch jetzt den Thron von China innehat. Schuntschi hatte den Unterricht des berühmten deutschen Jesuiten Adam Schall [* 14] genossen und räumte diesem einen großen Einfluß auf sich und die Regierungsangelegenheiten ein. Unter Schuntschi, seinem Sohn Schingtsu mit dem Prädikat Khanghi und dem Herrscher Kaotsungschün mit dem Namen Khianlung erhob sich China zu großer Macht. Alle Aufstände im Land wurden niedergeschlagen, Formosa mit China vereinigt und kolonisiert, der größte Teil der Dsungarei, ganz Turkistan (die Gebiete Kaschgar, Jarkand etc.) und Tibet unterworfen, ein Krieg gegen Rußland, der wegen Grenzstreitigkeiten 1684 entstand, 1689 beigelegt.
Die Christen, welche längere Zeit geduldet worden waren, wurden aus politischen Gründen von Khianlung seit 1735 hart verfolgt. Unerbittlich gerecht, war dieser doch auch rücksichtslos grausam; im übrigen beförderte er die Wissenschaften und legte vier Bibliotheken der schätzbarsten Bücher an; auch war er selbst Dichter. Im J. 1796 legte er zu gunsten seines fünften Sohns, Kiakhing, die Regierung nieder und starb 1799. Von dieser Zeit an war die Macht der Mandschu im Abnehmen begriffen.
Kiakhings Gewaltthätigkeit und Grausamkeit erregten bald allgemeine Unzufriedenheit;
immer neue Verschwörungen wurden angezettelt, Räuberbanden durchzogen verheerend das Land;
Seeräuber, die sich in Hainan und Formosa festsetzten, beherrschten nicht allein das Meer und bekämpften hier die chinesischen Flotten mit wechselndem Glück;
sondern drangen auch von den Flußmündungen aus in das Innere des Landes plündernd und verwüstend ein, bis ihre Macht endlich durch innern Zwiespalt zu Grunde gerichtet ward. Im J. 1807 kam der erste protestantische Missionär, Morrison, nach China;
1815 wurden alle Katholiken aus China verbannt.
Kiakhing starb 1820, wie man vermutet, durch einige Mißvergnügte ermordet. Ihm folgte sein zweiter Sohn, Mianning (1820-50), geb. 1794, als Kaiser Taokuang (»Glanz des Verstandes«) genannt. Die Unruhen im Innern des Reichs dauerten unter ihm fort; dazu kamen Konflikte mit den an der Grenze nomadisierenden Buräten und Kirgisen wie dem Chan von Chokand, die aber mit Unterwerfung des Chodschas Dschehangir endeten, sowie mit dem kriegerischen Bergvolk an den Grenzen [* 15] der Provinzen Kuangtung, Kuangsi und Honan, mit dem ein Vertrag abgeschlossen ward, der dahin lautete, daß sie in ihren Bergen [* 16] bleiben, die Chinesen ihr Gebiet nicht betreten und die kaiserlichen Truppen entlassen werden sollten. Taokuang zeigte Abneigung gegen das Christentum, namentlich gegen die Katholiken, die daher mehrfachen Verfolgungen ausgesetzt waren.
Verhältnisse des Reichs der Mitte zu Europa.
Schon um Christi Geburt hatten die Chinesen nicht bloß Handelsverbindungen, sondern auch diplomatische Beziehungen mit den Römern angeknüpft; chinesischen Schriftstellern des Altertums ist die römische Zivilisation nicht unbekannt. Unter Mark Aurel kamen, wie schon erwähnt, römische Gesandte über Tongking nach China. Im 6. Jahrh. drangen Christen, wahrscheinlich Nestorianer, bis zu Chinas Ostküsten vor, ihre Schiffe [* 17] fuhren bis in das 5. Jahrh. regelmäßig nach Mailapur (bei Madras) [* 18] an Vorderindiens Ostküste, einem Wallfahrtsort für die asiatischen Christen als Ort des Märtyrertodes des Apostels Thomas. Im 13. Jahrh. führten katholische Missionäre, an der Spitze Ruysboeck, bekannter unter dem Namen Rubruquis, und die Gesandten Ludwigs des Heiligen und des Papstes Innocenz IV. die beschwerliche Landreise nach aus. 1274 begann der Venezianer Marco Polo (s. d.) seine Fahrten an den Hof der Mongolenkaiser, von wo er 1295 nach Venedig [* 19] zurückkehrte. Zu einem ununterbrochenen Verkehr mit China kam es im 16. Jahrh. nach Entdeckung des Seewegs nach Indien. 1517-45 hatten die Portugiesen einen Handelsplatz zu Ningpo; vertrieben, setzten sie sich in Macao fest. 1651 wurden die Bewohner dieser Kolonie als chinesische Unterthanen aufgezeichnet und durften ohne Erlaubnis weder neue Kirchen noch neue Häuser bauen.
Die Spanier genossen ebenfalls das Recht, nach Macao, nach Kanton [* 20] und Amoy Handel zu treiben. Die Holländer erschienen 1607 zum erstenmal vor Macao, ließen sich 1620 auf Formosa nieder und erhielten Handelsfreiheit gegen das Versprechen, sich auf diese Insel zu beschränken, mußten sie aber 1662 wieder räumen. Spätere Gesandtschaften erreichten wenigstens Wiederanknüpfung der Handelsverbindungen. Den Russen, den unmittelbaren Grenznachbarn der Chinesen, wurde 1646 der Handelsverkehr unter erschwerenden Bedingungen gestattet. Eine Gesandtschaft beglich 1688 unter Peter d. Gr. Grenzstreitigkeiten. Rußland erlangte die Erlaubnis, jährlich einmal eine Karawane nach Peking zu senden, sowohl des Handels wegen, als auch um den schuldigen Tribut in Geschenken zu entrichten. Seit dieser Zeit unterhält Rußland in Peking eine »geistliche Mission«, bestehend aus zehn Mitgliedern, durch deren fleißige Arbeiten Rußland über chinesische Verhältnisse früher genauer ¶