Maßstab 1:18.500.000.
Die den Europäern und Amerikanern geöffneten Handelhäfen sind unterstrichen. Die Abkürzung: ts. bedeutet in China: tschou. Jap. S. = franz. j.
Dampferlinien
(E.) = Englische, (D.) = Deutsche, (F.) = Französ., (A.) = Amerikan. (J.) = Japan.
Kabel
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umfaßt mit der zu Kuangtung gehörigen Insel Hainan (36,195 qkm) und dem zu Fukian gehörigen Formosa (38,803 qkm) ein Areal von 4,024,690 qkm mit 350 Mill. Einw., welche sich auf die 18 Provinzen des Reichs wie folgt verteilen:
Provinzen | QKil. | Bewohner |
---|---|---|
Petschili | 148357 | 28000000 |
Schantung | 139282 | 29000000 |
Schansi | 170853 | 14000000 |
Honan | 173350 | 23000000 |
Kiangsu | 103959 | 37800000 |
Nganhui | 139875 | 34200000 |
Kiangsi | 177656 | 23000000 |
Fukian | 157320 | 14800000 |
Tschekiang | 92383 | 8100000 |
Hupei | 179946 | 27400000 |
Hunan | 215555 | 18700000 |
Schensi | 210340 | 10200000 |
Kansu | 674923 | 9285377 |
Setschuan | 479268 | 35000000 |
Kuangtung | 269923 | 19200000 |
Kuangsi | 201640 | 7300000 |
Jünnan | 317162 | 5600000 |
Kueitschou | 172898 | 5300000 |
Die Bevölkerungszahlen beziehen sich, mit Ausnahme der für Tschekiang und Setschuan auf v. Richthofens Schätzungen fußenden, auf den Zensus von 1812. Schätzungen der Bevölkerung wurden schon in den allerfrühsten Zeiten vorgenommen, als Grundlage diente die Zahl der Familien, der Steuerpflichtigen u. a.; die erste Zählung nach Individuen geschah auf Anregung der französischen Missionäre 1749 und ergab 177 Mill. Einw., es folgten noch acht, deren letzte (1794) 333 Mill. Seelen ergab.
Bis 1852 sollte die Bevölkerung auf 420 Mill. angewachsen sein, danach haben aber Hungersnot und die Taiping-Rebellion viele Millionen dahingerafft. Da die Bevölkerungsstatistik hauptsächlich von solchen Beamten beeinflußt wird, die von ihren Unterbeamten eine nach der Einwohnerzahl der Distrikte bemessene Steuer erheben, da ferner in den sehr häufigen Fällen der Unterstützungsbedürftigkeit notleidender Provinzen die von der Zentralregierung auszusetzenden Fonds nach der Bevölkerungszahl bemessen werden, so liegt es im Interesse gewisser Parteien, die Bevölkerung größer zu machen, als sie in Wirklichkeit ist. China ist noch immer unvollkommen bekannt; die Ufer des Jantsekiangflusses und die Küstenprovinzen sind allein ausführlicher beschrieben. v. Richthofen ist 1868-71 allerdings bis tief in das Innere vorgedrungen, und die Ergebnisse seiner Reisen liegen bis jetzt in vier Bänden vor, die eine außerordentliche Bereicherung unsrer Kenntnis Chinas enthalten, die aber auch durch die Anregung unzähliger neuer Fragen und Einführung neuer Gesichtspunkte beweisen, wie gering unser jetziges Wissen ist.
Bodengestaltung. Bewässerung. Klima.
Der Oberflächengestaltung nach zerfällt das Reich in ein Hochgebirgsland (im W. und NW.) und in ein Stufen- und Tiefland (im SO. und O.). Man nimmt an, daß das südliche Gebirge mit dem Himalaja zusammenhänge. Diese Südkette (Nanling, Nantschang) streicht unterm 26.° nördl. Br. und trennt die südlichen Provinzen von den nördlichen. In der Mitte von Kueitschou sollen noch Gipfel von Schnee und Gletscher sein; das Gebirge, das nur von wenigen Pässen durchschnitten wird, bildet die Sprachgrenze zwischen den nördlichen und südlichen Dialekten. Das zweite Parallelgebirge, von Richthofen unter dem Namen Funiuschan (statt Peling) eingeführt, scheint der östliche Ausläufer des mächtigen Kuenlün in Zentralasien zu sein und erhebt sich 1220-1520 m Höhe, während die Pässe in 300 und 450 m Höhe liegen. Zwei Dritteile der ganzen Fläche des eigentlichen China sind Bergland. Nach den Verhältnissen der Höhe können wir drei große Regionen unterscheiden:
1) Das Alpenland im W. und NW. begreift die Provinzen Schensi, Kansu, Schansi, Setschuan, Jünnan und Kueitschou.
2) Die Stufenländer der Südkette (Nanling, Nantschang) fallen nach S. dem Meer zu terrassenförmig ab und ebenso nördlich. Dieser oft kahlen und unfruchtbaren Region gehören an die Provinzen Kuangsi, Kuangtung, Fukian, Tschekiang; die Binnenprovinzen Honan, Kiangsi und Nganhui, welche zum Teil den zweiten innern Terrassenabfall bilden, nehmen am Bergcharakter teil, gehören aber der größern Fläche nach zur nächsten Abteilung.
3) Das Tiefland, die große Alluvialebene zu beiden Seiten des untern Jantsekiang, des Huangho und Peihoflusses, nach O. dem Meer zu sich öffnend, auf den übrigen Seiten von den Abhängen des Alpenlandes begrenzt, ist ein weites seenreiches, oft sumpfiges Kulturland, meist aus Löß bestehend, auf welchem die Dichtigkeit der Bevölkerung und die sorgfältige Bodenbearbeitung eine Höhe erreicht haben wie wohl nirgends sonst. Zu dieser Region gehören die Hauptproduktionsgebiete von China, die Provinzen Hupei, Teile von Hunan, Kiangsi und Nganhui, Kiangsu, Schantung und Petschili.
Die Bewässerung ist in China reichlicher, sowohl durch Flüsse wie durch Kanäle, als wohl in irgend einem andern Lande; die Kanäle fangen aber bei der schlechten Wirtschaft der Regierung zu verfallen an und sind teilweise schon unbenutzbar. China hat zwei große Flußsysteme, das des Huangho und des Jantsekiang. Der Huangho (»gelber Fluß«) mündet in den Golf von Petschili, etwas südlich des 38.° nördl. Br. Seine Länge wird auf 4000-4200 km geschätzt, sein Stromgebiet auf 1,850,000 qkm (33,600 QM.). Mit Dampfern kann er nur stellenweise im Mittellauf befahren werden, vom Meer aus ist er nicht schiffbar. An einer Stelle an seinem Ausfluß setzt der Strom über eine seichte Barre.
Sein Wasser dient vor allem der Bewässerung; weithin verheerend wirkt er durch seine Überschwemmungen, gegen welche riesige Erdwerke angelegt sind (vgl. Huangho). Der zweite große Strom Chinas, der Jantsekiang (von den Chinesen auch Takiang, »großer Fluß«, oder Tschangkiang, »langer Fluß«, genannt), hat eine Länge von etwa 5300 km (mit den Krümmungen) und ein Stromgebiet von über 1,870,000 qkm (34,000 QM.). Er vereinigt sich mit dem Jalungkiang unter 26° 30' nördl. Br. und 101° 52' östl. L. v. Gr.; die Quellen beider Flüsse liegen in Tibet.
Der Strom ist für Dampfer kaum über Itschang (Provinz Hupei) hinaus schiffbar, für Barken noch über Sutschou in Setschuan hinaus. Er ist die Hauptverkehrsader mit dem Innern des Landes; die größten Handelsstädte liegen an ihm, und die Hauptsumme des chinesischen Kapitals ist hier aufgehäuft. Zerstörend wirkt er durch den außerordentlich starken Wechsel im Wasserstand. Von Itschang ab beträgt sein Gefälle 17 cm auf 1000 m, d. h. es ist fast doppelt so stark als das des Nils und Amazonenstroms, dreimal so groß als das des Ganges.
Auch er überschwemmt und verheert im Sommer große Strecken der obern Provinzen, insbesondere von Hupei und Nganhui. Um einen Begriff von den riesigen Dimensionen zu ermöglichen, in welchen sein Steigen stattfindet, sei erwähnt, daß in Hankeou die Differenz zwischen dem damaligen und dem mittlern Wasserstand während des Winters 11,6 m betrug; 103 Tage lang (bis 4. Okt.) war die europäische Ansiedelung der Überschwemmung preisgegeben, über 40,000 Einwohner der Chinesenstadt flüchteten sich nach den Hügeln. Der Strom wird seit Eröffnung des Hafens Itschang an der Grenze von Setschuan 1877 bis zu diesem Punkt
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Dampfschiffen befahren. Die Mündung des Flusses bildet jetzt einen einzigen großen Arm, etwas südlich vom 32.° nördl. Br.; früher waren es drei Arme, von denen einer sich in die Hangtschoubai ergoß. Er erfährt auch in Tiefe und Fahrwasser so große Veränderungen, daß sich die 1842 für das Delta aufgenommenen englischen Admiralitätskarten bereits 1858 unbrauchbar erwiesen (vgl. Jantsekiang). Von den übrigen Flüssen ist der längste der Sikiang, der im südöstlichen Jünnan entspringt und südlich von Kanton mündet; seine Länge beträgt einschließlich der Krümmungen 1700 km und läßt sich mit der des Don und Tigris vergleichen.
Für größere Fahrzeuge schiffbar ist er nur bis zur Grenze von Kuangsi, sein Oberlauf ist selbst kleinen Schiffen unzugänglich. Schiffbar ist dagegen bis über Nanning hinaus ein südlicher Nebenfluß, der Jükiang (beschrieben von Moß, Narrative, etc., of an exploration of the West River, Hongkong 1870). Der Peiho oder Nordfluß, welcher an Peking vorbei strömt, hat seinen Ursprung im südlichen Randgebirge der Mongolei;
er hat bei Tiëntsin, dem Hafenort von Peking, 54-73 m Breite;
seine durchschnittliche Tiefe zwischen hier und Taku beträgt 3,6-5,5 m. Der Fluß wird mit Barken bis Tungtscheu befahren;
das Einlaufen in seine Mündung erschwert eine Barre.
Mit Landseen ist die Ebene übersäet;
der größte, der Tungting, liegt südlich am Jantsekiang;
der zweitgrößte, ebendort, ist der Pojangsee;
im N. des Flusses liegt der Kaojusee.
Ein Netz von Kanälen, das an Ausdehnung und vielfachster Verzweigung seinesgleichen nicht hat, bedeckt das Tiefland; sie dienen statt der sehr seltenen Kunststraßen in ergiebiger Weise dem Transport von Personen wie Waren und sind zugleich für die Bewässerung von höchster Wichtigkeit. Der größte und wichtigste, zu dem sich die andern wie Äste und Zweige verhalten, ist der 1100 km lange und 80-330 m breite Kaiserkanal (meist Jünho, »Beförderungsfluß«, genannt), der, seit dem 7. Jahrh. n. Chr. nicht durch Ausgrabung, sondern durch Aufdämmung angelegt, aber erst unter der Mongolenherrschaft vollendet, mit dem Peiho in Verbindung steht, den Huangho wie Jantsekiang quer durchschneidet und bis vor kurzem die große Kommunikationslinie des Reichs bildete; jetzt gibt dieser Riesenbau nur noch Zeugnis von einstiger Größe und gegenwärtigem Verfall.
Der veränderte Lauf, den der Huangho nahm, verursachte den ersten großen Schaden am Kanalbau; da Reparaturen unterblieben, so befindet sich der Teil nordwärts vom alten Bette des Stroms in einem ganz verwahrlosten Zustand. Der südliche Teil hat bisher noch einen regelmäßigen Verkehr gestattet; aber wenn der Erhaltung dieses Werkes von seiten der Regierung keine Aufmerksamkeit geschenkt wird und die Vorschläge der fremden Ingenieure wie bisher mit Geringschätzung zurückgewiesen werden, so ist nicht nur der Einsturz eines Teils des Dammes, der den Kanal vom Kaojusee trennt, in Bälde zu befürchten, sondern auch einer der fruchtbarsten Landstriche Chinas der Überschwemmung preisgegeben. Einen großen Teil seiner Wichtigkeit wird der Kaiserkanal durch die projektierte Eisenbahn von Schanghai nach Tiëntsin verlieren.
Die Küste ist durch eine Menge von Buchten und Baien, von Vorsprüngen und kleinen Halbinseln in hohem Maß gegliedert; so besonders auf der Strecke von Hainan bis zur Mündung des Jantsekiang. Von da bis nördlich von Liaotung hin ist das Ufer bedeutend flacher und wegen seiner Untiefen für die Schiffer gefährlich. Das Lotsenwesen ist von den unter der Leitung des fremden Zolldienstes stehenden Hafenbehörden geordnet. Für die Beleuchtung der Meeresküste sowie des Jantseflusses ist durch (1885) 75 Leuchtstationen und eine große Zahl von Bojen und andern Warnungszeichen gesorgt (s. »List of Chinese Lighthouses, Buoys and Beacons«, Schanghai, jährlich erscheinend).
Zwischen den Mündungen der beiden großen Ströme gibt es nur wenige gute Häfen, dagegen bietet die aus lehmfarbigen Klippen bestehende Küstenstrecke von Ningpo bis Hongkong gute und sichere Ankergründe. Große Gefahren bringen die Cyklone oder Taifuns (»Wirbelstürme«),
welche in ihrem Bereich alle Schiffe, Häuser etc. vernichten. Größere Golfe sind der von Liaotung und von Petschili im N., der von Tschekiang an der Ostküste und die Busen von Kanton und Tongking an der Südseite. Unter den zahlreichen Inseln, welche die Küste umsäumen, sind außer Hainan und Formosa die Inselgruppen im Golf von Kanton und im Golf von Hangtschou (worunter die größte Tschouschan) hervorzuheben.
Das Klima eines Landes von solcher Ausdehnung wie China ist begreiflicherweise sehr verschieden. Seine Jahrestemperatur wechselt zwischen der von Unteritalien oder des nördlichen Afrika und jener von Stockholm; die Wintertemperatur seines nördlichen Strichs kommt ungefähr jener der nördlichen Länder Österreichs gleich. Die jährliche Durchschnittstemperatur wechselt von 10° C. in Peking (40° nördl. Br.) bis 21° in Kanton (23° 12' nördl. Br.). Die Sommertemperatur ist fast in ganz China sehr hoch, so daß sie im Schatten bis auf 38° steigt;
das Mittel ist für Peking 25,6,° in Kanton 34,8° C.;
am mittlern Jantsekiang wird die Wärme schon im Mai drückend bei mittlern Tagestemperaturen von 27-30° C. Die Wintertemperatur wechselt in den nördlichen Provinzen im Mittel zwischen 2 und 14° C.;
der Winter beginnt hier im November und Dezember und endet im März und April. Im mittlern China dauert der Winter von Anfang Dezember bis Ende Februar. Im südlichen China beträgt die Wintertemperatur in den Niederungen meist 15°;
im Januar und Februar sinkt sie auf 10°, auch noch tiefer;
es fällt nur in den höchst gelegenen Orten Schnee, und es bildet sich selten eine Eiskruste von ½ cm Dicke.
Das Charakteristische im Klima Ostasiens ist die Herrschaft des Monsuns. Im Winter weht fast ausschließlich der Nordostmonsun, dabei klarer Himmel, wenig Niederschlag, hoher Barometerstand;
im Sommer wird der südwestliche Seewind weit in das Land hineingezogen, Niederschläge finden periodisch statt und nicht in kleinen, unregelmäßigen Zwischenräumen, wie in Europa;
die Regenzeiten wiegen im Sommer vor, dagegen ist in den innern Provinzen, wie Setschuan, die Verteilung des Regens auf die Jahreszeiten fast genau umgekehrt;
auch hier ist das Klima aber noch mild, die kühlsten Sommer hat im S. die Provinz Jünnan.
Naturprodukte.
Die mineralischen Schätze Chinas sind sehr bedeutend. Gold kommt teils im Quarz, teils im Sande der Anschwemmungen des Jantsekiang, Schantung, Schengking, des Minflusses, auf der Insel Hainan, in Kuangtung, Jünnan und Kueitschou vor; von dort und aus den Bergwerken der Mandschurei stammt der größte Teil des auf die chinesischen Märkte und nach Indien gelangenden Goldes. Silber kommt aus Kuangtung, von Hainan, aus Kuangsi, Jünnan, Honan, Schensi und Kansu; die Verhüttung der reichen silberhaltigen Bleierze von Schantung ist aber
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untersagt. Salz wird aus dem Seewasser an den Küsten und aus Solquellen, Steinsalz im W., besonders in Setschuan und Jünnan, gewonnen; die Salzgewinnung aus Seewasser ist bedeutend. Das Salz ist kaiserliches Monopol, von 600 g wird durchschnittlich eine Abgabe von 2½ Pf. erhoben. Steinkohlen sind über ein Areal von über 200,000 QM. verbreitet; v. Richthofen hat nachgewiesen, daß keiner der 18 Provinzen Kohlenfelder fehlen. Auch der Norden der Insel Formosa hat Steinkohlenlager. In größter Ausdehnung hat man Kohle im nördlichen China aufgefunden.
Den ersten Rang nehmen die Südhälfte von Schansi (83,000 qm), das südliche Hunan (600,000 Ton. jährlich), ferner Kuangtung und Kiangsi ein. Aber obwohl der Abbau sehr leicht und jedem freigegeben ist, wird der Preis doch durch Zwischenhändler so hoch hinaufgetrieben, daß in den Seestädten englische Kohle billiger ist als einheimische; neuerdings macht japanische und australische Kohle Konkurrenz. Der Gebrauch der Steinkohle läßt sich schon im 3. Jahrh. v. Chr. nachweisen; gegenwärtig wird dieselbe in der Haushaltung als Brennmaterial vorwiegend im N., ungern in den weiter südlich gelegenen Provinzen verwandt, wo sie oft durch Holzkohle ersetzt wird.
Eisen ist sehr verbreitet, die mächtigsten Lager kommen zusammen mit Steinkohle vor; nach Plinius bezog bereits der römische Markt das beste Eisen von den Serern. Eine große Menge Menschen findet jetzt wie im Altertum in den Eisenwerken von Schansi Beschäftigung, aber die bergmännische Bearbeitung der Felder wie die Verarbeitung des Erzes ist noch eine höchst primitive; auch Kuangtung und Kuangsi erzeugen Eisen, das hauptsächlich in den Kurzwarenwerkstätten der großen Fabrikstadt Fuschan bei Kanton zur Verwendung kommt. Reiche Lager von Kupfer (Jünnan und Kueitschou), Quecksilber, Zinn, Nickel sowie von wertvollen Steinen finden sich an vielen Stellen.
Die Pflanzenwelt wechselt nach den verschiedenen Teilen. Im südlichen Küstengebiet gedeihen Palmen, Zuckerrohr (besonders in Formosa), Bananen, Bataten, Yams und andre Gewächse warmer Länder. Zwischen dem 25. und 35.° nördl. Br., im Tiefland (besonders in den Niederungen der großen Flüsse), wird Reis gebaut; auch gibt es hier Orangen, Zitronen, auch wohl noch Zuckerrohr. Wichtige Ausfuhrprodukte sind: der vegetabilische Talg vom Talgbaum (Stillingia sebifera), der in der Umgebung von Ningpo in großer Menge kultiviert wird;
Kampfer aus dem östlichen China und besonders von Formosa;
Zimt vom Cassia oder Zimtbaum in Jünnan, Kuangtung und Kuangsi (der chinesische Zimt ist weniger aromatisch, aber billiger als jener von Ceylon und Malabar).
Die eigentliche Charakterpflanze Chinas sowie sein Welthandelsartikel ist die Theepflanze: ihr Anbau zieht sich über 28 Breiten und 30 Längengrade hin, sie gedeiht aber am besten im mittlern China zwischen 27 und 30° nördl. Br., wo die mittlere Jahrestemperatur zwischen 16,7 und 20° C. schwankt, und wo auf starken Regenfall heiteres Wetter und Hitze folgen, das eine ebenso nötig zum üppigen und raschen Wachstum der Blätter wie das andre für den Wohlgeruch und die Güte der Qualität.
Die Baumwollstaude wird vorzüglich im mittlern China gebaut; ihr Produkt ist kürzer als das der amerikanischen und ägyptischen, auch nicht reinlich bereitet und fand nur zur Zeit des nordamerikanischen Kriegs Absatz nach Europa. An Arzneipflanzen ist China reich; der Rhabarber ist vorzüglich, eine Menge andrer sind erst in den letzten Jahrzehnten bekannt geworden (vgl. den offiziellen Katalog der von der chinesischen Zollbehörde ausgestellten Handelsprodukte bei der Wiener Weltausstellung von 1873). Der Mohnbau zum Zweck der Gewinnung von Opium, der bereits während der ersten Hälfte des 18. Jahrh. über Tibet von Indien aus in China eingeführt sein soll, nimmt jetzt einen bedeutenden Teil der Ackerfläche von Setschuan und Jünnan ein und verbreitet sich allmählich über alle Provinzen des Reichs; an Stärke steht aber das chinesische Produkt dem indischen bedeutend nach.
Hirse und Weizen sind die Hauptcerealien, Roggen scheint nicht gebaut zu werden; an Gemüsearten ist ein großer Reichtum. Die Weinrebe, die im 2. Jahrh. v. Chr. vom General Tschangkhien aus Zentralasien in China eingeführt wurde, kommt wild vor, wird jedoch auch gezogen; die Trauben werden aber nur in frischem Zustand genossen. Der Maulbeerbaum wird bei der großen Seidenkultur überaus häufig angebaut, der nützliche Bambus findet sich in allen Dörfern; die Wälder sind im Rückgang begriffen.
Was das Tierreich betrifft, so hat sich aus den kultivierten und dicht bevölkerten Provinzen längst alles Wild in die entlegenern Landstriche zurückgezogen. Von reißenden Tieren zeigt sich noch am häufigsten der Tiger, der in der Nähe von Amoy noch in den letzten Jahren gejagt wurde; Bären kommen im W. vor, Affen im SW. und auf der Insel Hainan. Der Riesensalamander, von dem man bisher nur die Sieboldia maxima Japans kannte, wurde neuerdings auch in China entdeckt. Jagdbare Tiere sind: Hirsche, wovon einige Arten China eigentümlich sind, auch Rehe, Hasen, sehr schöne Fasanen, zahllose wilde Enten etc. Elefanten und der Schabrackentapir (Tapirus indicus) werden in Jünnan angetroffen, das Moschustier in den westlichen Provinzen.
Geflügel ist zahlreich, ebenso Hunde und Katzen. Zu den Haustieren gehört im N. das zweihöckerige Kamel; eine Art Pony, das kleine mongolische Pferd, bildet dort Steppenherden oder wird als Haustier in Ställen gehalten. Sonst wird Viehzucht im großen nur im nordwestlichen China getrieben, wo die Tataren große Schaf und Rinderherden halten. Büffel und Ochsen, von denen es zwei Varietäten gibt, mit und ohne einen kleinen Schulterhöcker, werden nur zum Ackerbau gezogen; sie nähren sich im Sommer vom Gras zwischen den Feldern oder auf den an den Kanälen noch übriggelassenen Bodenflächen, auf welchen sie an einer Schnur herumgeführt werden; im Winter bildet Reis und Weizenstroh, Ölkuchen etc. ihr Futter.
Esel und Maultiere sind in der Provinz Schantung und in andern hügeligen nördlichen Provinzen vielfach im Gebrauch. Überall findet man kleine, kurzbeinige, leicht Fett ansetzende Schweine von runder Körperform mit eingebogenem Rücken und sparsamer schwarzer Haarbedeckung; man gibt ihnen grob gemahlene oder zerstampfte Bohnen in einer mit verschiedenen Küchenabfällen vermischten Flüssigkeit. Schafe sind im südlichen China ziemlich selten, doch sind die mongolischen Hämmel berühmt.
Enten werden im mittlern und südlichen China in enormen Quantitäten gezogen, und der Kormoran wird in den Gewässern der mittlern Provinzen zum Fischfang abgerichtet. Die Bienenzucht ist namhaft nur in Hunan und Hupei; Baumwachs kommt von einem Insekt (Coccus pela), welches auf Eschen lebt. Die Seidenraupe wird im ganzen Reiche gezogen (s. unten). Fische finden sich in unermeßlicher Menge und bilden einen Hauptartikel der Nahrung; zu den China eigentümlichen Arten gehören die 1611 nach Europa gebrachten Goldfische. Die künstliche Fischzucht ist den Chinesen schon
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seit den frühsten Zeiten bekannt (vgl. die Kataloge und Spezialschriften, betreffend die von der chinesischen Zollbehörde veranstaltete Ausstellung chinesischer Fischereiartikel bei Gelegenheit der ersten internationalen Fischereiausstellung in Berlin 1880). An den Südküsten sind Austern sehr gewöhnlich. An Schmetterlingen und Käfern sind China viele Arten eigentümlich. Heuschreckenschwärme sind selten; der erste, den die Geschichte verzeichnet, fand 706 v. Chr. im nördlichen China statt. Jährlich richten dagegen die wilden Schweine große Verheerungen an, die besonders im W. der großen Ebene sehr zahlreich sind und ungestört sich vermehren können, da die Chinesen keine Jagdliebhaber sind.
Bevölkerung. Kulturverhältnisse.
Die Bevölkerung Chinas (vgl. S. 1 und 2) bestand ursprünglich aus tibetischen, birmanischen und siamesischen Stämmen, deren Überreste, die Sisan, Lolo und Miaotse, wir heute in Jünnan, Kueitschou und im NW. der Provinz Kuangtung sehen. Sie wurden in ihre jetzigen Wohnsitze zurückgedrängt durch ein von NW. (nach der chinesischen Mythologie vom Kuenlün) einwanderndes Volk, welches gegenwärtig den Grundstock der mit allerlei andern mongolischen Elementen vermischten eigentlichen Chinesen bildet.
Später kamen als Eroberer die Mandschu hinzu, ein zum tungusischen Zweig der Altaier gehöriger Stamm, welche sich des Throns bemächtigten und heute in den wichtigern Städten, wo sie die sogen. Tatarenstadt bewohnen, die Besatzung bilden. Außer diesen sämtlich der großen mongolischen Rasse und, mit Ausnahme der Mandschu, den Völkern mit einsilbigen Sprachen angehörigen Stämmen wohnen einige Tausende von Nichtchinesen in den dem fremden Handel geöffneten Traktatshäfen (s. unten). Die Zahl dieser letzten belief sich im Januar 1885 auf nur 6364 (2704 Engländer, 554 Deutsche, 790 Japaner, 21 Amerikaner, 424 Franzosen, 286 Spanier u. a.).
Die eigentlichen Chinesen (s. Tafel »Asiatische Völker«, [* ] Fig. 17) sind selten über 1,52 m groß, die Frauen meistens noch kleiner. Das Gesicht ist rund;
die Augen sind klein, eng geschlitzt, weit voneinander abstehend, stets schwarz, häufig schief gestellt und mit dicken Augenbrauen überzogen;
die Backenknochen sind hervorstehend;
die Nase ist klein und gedrückt, die Stirn niedrig und unbedeutend;
die Lippen sind dicker als bei den Europäern;
selten bedeckt ein meist dünner Bart Kinn und Oberlippe;
das Haar ist straff und schwarz.
Das Haupthaar wird seit der Eroberung Chinas durch die Mandschu (1744) geschoren bis auf einen Büschel am Scheitel, der in einen Zopf gebunden wird und über den Rücken frei herabhängt. In der Muskelbildung stehen die Chinesen den kaukasischen Rassen nach; eine gewisse Schlaffheit der Gesichtsmuskeln verleiht dem Mann einen weibischen Typus. Die Bewohner des nördlichen China sind im allgemeinen stärker gebaut als jene der mittlern und südlichen Provinzen; die letztern sind auch dunkler als die mehr rötlichen Bewohner des Nordens, während die des mittlern China blaßgelb sind.
Die Bewohner der Gebirge zeichnen sich unvorteilhaft durch Roheit und Unzugänglichkeit aus. Der gesellschaftlichen Stellung nach werden vier Volksklassen unterschieden: Gelehrte, Ackerbauer, Handwerker und Kaufleute. Geburtsadel spielt gegenüber dem Einfluß des Beamtenstandes eine geringe Rolle. Nicht die Prinzen, sondern die mit öffentlichen Ämtern bekleideten Männer bilden die Aristokratie; kaiserliche Prinzen ohne ein Amt sind Nullen, um die sich niemand kümmert.
Würden und Titel sind nicht erblich. Der Gelehrtenstand, der geachtetste unter allen Ständen, ergänzt sich aus allen Schichten der Bevölkerung, aus Armen und Reichen. Nur Gelehrte und die aus ihnen hervorgegangenen Regierungsbeamten gelten als höhere Klassen. Da aber alle Klassen dem Geld nachstreben und sich viele Gelegenheiten finden, die fehlenden Vorbedingungen zum Regierungsamt durch Geschenke etc., statt durch Wissen, sich zu verschaffen, so fehlt es dem Wohlhabenden nicht an Stützen zur Erklimmung der Stufe eines angesehenen Mannes.
Die niedern Grade sind mit zeitlichen Gütern nicht reichlich bedacht und neigen in ihrem Leben wie in ihren Bestrebungen mehr zur Einfachheit hin. Die Sklaverei, wenn auch nicht im Sinn der Negersklaverei, ist eine hergebrachte Einrichtung des chinesischen Haushalts; der als Kind gekaufte Sklave wird, wie der servus der Römer, als Glied der Familie betrachtet, kann aber auch weiter verkauft werden. Der zum Frondienst verurteilte Verbrecher wird dauernd seiner persönlichen Freiheit beraubt. Im 3. Jahrh. n. Chr. wurde den Armen erlaubt, ihre Kinder zu verkaufen; hieraus entstand die Privatsklaverei.
Diese Kaufsklaven werden meist wie Kinder behandelt und sind gegen Mißhandlung durch Gesetze geschützt. Die weiblichen Haussklaven gehen mit der Verheiratung in die Gewalt des Mannes über. Beschränkungen im Genuß des vollen Bürgerrechts erleiden die Schauspieler und Prostituierten, die Scharfrichter, Gefängniswärter und unter den Dienern der Großen diejenigen, welche ihren Herren auf der Straße vorausgehen, um ihnen die gebührende Achtung zu verschaffen. Ihre und ihrer Kinder Ehre gilt bis in die dritte Generation als gemindert und zwar bei Schauspielern und Prostituierten, weil sie schamlosen Herzens seien, bei den übrigen, weil sie ein hartes Herz zeigen.
Die Sprache der Chinesen besteht aus einsilbigen Wörtern. Bildung der Wörter aus den Wurzeln derselben, wie in unsern Sprachen, ist dem Chinesischen vollkommen fremd; die bestimmte Bedeutung der Wörter im Satz wird durch ihre Stellung hervorgebracht, welche strengen Gesetzen unterworfen ist. Diese im Prinzip überall gleiche Sprache zerfällt in die Schriftsprache und die Umgangssprache. Die Umgangssprache besteht aus zahlreichen Dialekten, welche in Aussprache und Artikulation so sehr voneinander abweichen, daß die Angehörigen einer Provinz die einer andern oft kaum verstehen.
Dies ist namentlich in den südlichen Provinzen der Fall. Allgemein verbreitet ist das sogen. Kuānhoá (»gemeinsame Verkehrssprache«); sie ist das Idiom der nördlichen Provinzen und als solches die Sprache des Hofes, der Beamten und der gebildeten Klassen. Die chinesische Schrift, deren Erfindung in ein hohes Altertum zurückverlegt wird, ist aus einer Bilderschrift, aus der unmittelbaren Wiedergabe der Anschauungen der Gegenstände selbst, hervorgegangen.
In der ältesten Zeit schrieb man mit einem Bambusgriffel, der in schwarzen Firnis getaucht wurde;
später trat an Stelle des Firnisses eine dicke Flüssigkeit, in welche fein geriebene Teile eines schwarzen Minerals eingemengt waren;
endlich seit 220 n. Chr. begann man Tusche zu verfertigen und zwar aus Rückständen einer unvollkommenen Verbrennung von Firnis und Fichtenzweigen, während jetzt die beste aus dem Ruß von Schweinefett gewonnen wird;
der Pinsel ersetzt den Bambus.
Die geistige Befähigung der Chinesen ist nicht gering: sie haben ganz selbständig auf eignem Boden, ohne anregende Berührungen mit fremden
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Völkern, eine Reihe überraschender Erfindungen gemacht, eine umfassende, besonders encyklopädische, Litteratur hervorgerufen sowie in staatlichen Einrichtungen Größeres geschaffen als alle andern asiatischen Nationen. Diese Kultur darf uns aber doch keine besonders hohe Meinung von ihren Anlagen geben. Sie sind nicht umsichtig, orientieren sich schwer und erhalten ihre Ideen immer ausschließlich auf bestimmte Zwecke konzentriert; sie vergessen bei Verfolgung einer Aufgabe, deren Lösung im allgemeinen oder in einem gewissen Sinn sie sich vorgenommen haben, alles andre, führen dafür aber das Begonnene oft bis in die kleinsten Details mit staunenswerter Genauigkeit und unermüdlicher Geduld aus.
Alles in China bewegt sich in bestimmten Geleisen. Den Charakter der Chinesen kennzeichnet Gleichgültigkeit. Fleißig, nüchtern und mäßig in Speise wie Trank, im Sinn auf das Praktische gerichtet, machen sie als Kaufleute den Europäern auch aus Nationalgefühl erfolgreiche Konkurrenz. Feine und gefällige Umgangsformen findet man durchgehends in den östlichen Provinzen und im mittlern China; Zudringlichkeit und Unfreundlichkeit treten bei den Bewohnern des Südens hervor; geistig tief stehen und roh in Manieren sind die Bewohner des Westens. Diese Verschiedenheit spricht sich auch im Benehmen gegen die Europäer aus, die bald artiger, bald grober Behandlung ausgesetzt sind. Die Gebildeten sind den Europäern oft übelwollend. Treubruch und Verschmitztheit sind im Verkehr mit Europäern Grundzüge aller Chinesen.
Die Kleidung ist nach den Provinzen verschieden, doch hat sie einen durchaus ständigen Zuschnitt und ständige Bestandteile. Der gemeine Mann trägt Jacke und Beinkleid, der Reichere während des Sommers Beinkleid und ein langes, weites Obergewand von Seide oder Leinwand ohne Kragen, mit weiten Ärmeln, das für gewöhnlich frei herunterhängt, aber auch durch einen seidenen Gürtel zusammengehalten wird. An letzterm werden der Fächer in seidener Scheide, ein gestickter Tabaksbeutel, eine Taschenuhr in einem gestickten Beutel, eine Dose mit Feuerstein und Stahl getragen, zuweilen auch ein Messer in einer Scheide und ein Paar Eßstöckchen.
Als Kopfbedeckung tragen die Beamten im Sommer kegelförmige Kappen aus Bambusgefäde, auf der Spitze mit einem Knopfe versehen, der den Rang des Trägers anzeigt, und von dem ein Büschel von karmesinroter Seide oder roten Pferdehaaren herunterhängt. Die Landleute tragen im Sommer große, schirmartige Bambushüte, gegen regnerische Witterung eine Art Rohrgestell, an welchem das Wasser abläuft. Der Stoff ist meist Baumwollzeug. Der komplette Anzug eines Arbeiters kommt auf 4-5 Mk. zu stehen und hält sechs Monate aus.
Tuch wird nur von Wohlhabenden getragen. Um der Kälte zu begegnen, tragen die niedern Volksklassen im Winter drei oder mehr baumwollene Kleider übereinander oder wattieren sie mit Baumwollabfall; Reichere kleiden sich in Tuch und Pelz. Die Feier- und Staatsanzüge sind außerordentlich kostbar und möglichst reich mit Seide und Gold bestickt, die Tressen sind jedoch vielfach falsch. Strümpfe, meist aus Baumwolle oder aus Seide gewebt oder auch aus Baumwollzeug zusammengenäht, werden allgemein getragen, schmiegen sich jedoch in der Form nicht dem Bein an und werden unter dem Knie mit farbigem Strumpfband befestigt.
Die Schuhe sind aus baumwollenem oder seidenem Oberzeug gefertigt und mit papierener oder lederner Sohle versehen; Reiche tragen im Winter Schuhe von Tuch, Atlas oder Samt. Der Landmann geht großenteils barfuß, die Lastträger pflegen Sandalen von Stroh anzulegen. Vom Tragen weißer Wäsche, ebenso von Tisch und Betttüchern wissen die Chinesen nichts, wie denn überhaupt Reinlichkeit weder in der Kleidung noch am Körper den Chinesen nachzurühmen ist. Die Frauentracht ist ähnlich wie die der Männer, nur von größerer Länge und Weite;
ein Schleier wird nie getragen, Augenbrauen, Wange und Lippen werden geschminkt;
das Haar wird, je nach dem Geschmack;
bei Verheirateten in allerlei künstlichen Gestalten zusammengeordnet, mit Gold und Silbernadeln, mit Goldplättchen und Perlen sowie mit natürlichen und künstlichen Blumen aufgeschmückt;
die Unverheirateten lassen es in langen Zöpfen herabhängen.
Die Männer scheren das Haar am Vorder- und Hinterkopf kahl ab, während es um den Scheitel in einen Zopf zusammengebracht wird, der lang über den Rücken herabhängt. Dieser Zopf, der jetzt als wesentlicher Bestandteil eines echten Chinesen angesehen wird, ist übrigens keine uralte Kleidungssitte, sondern erst durch das jetzige Herrscherhaus eingeführt worden. Vor dem 40. Lebensjahr einen Schnurrbart, vor dem 60. weitern Bart zu tragen, ist gegen die Sitte. Neben dem Zopf gehören zu den Seltsamkeiten der Chinesen noch die lang gezogenen Nägel an der linken Hand und die verkrüppelten Füße der Frauen, indem man bei den Mädchen das Wachstum des Fußes durch Einzwängung dergestalt erstickt, daß er, mit dem Schuh bekleidet, wie eine Art Huf erscheint und zum ordentlichen Gang seine Fähigkeit verliert.
Die Wohnungen der Chinesen sind sehr verschiedener Art. Auf den Flüssen und in den großen Häfen leben viele ganz auf Schiffen, neben dem Wohnschiff befinden sich oft andre als Schweinestall oder Gemüsegarten. Andre leben auf festgelegten Flößen. Die Häuser sind einstöckig, höchstens zweistöckig und der Mehrzahl nach entweder bloß in ihrer Hinterwand oder in zwei Seitenwänden aus gebrannten oder ungebrannten Ziegelsteinen gebaut, sonst teils aus Brettern, teils aus mit Lehm angestrichenem Flechtwerk oder aus Matten zusammengefügt und sehen meist ärmlich und schmutzig aus.
Der Boden ist nicht gedielt und uneben; statt Glas bedeckt Papier die Fensteröffnungen, und die Stuben sind stets ungenügend beleuchtet und gelüftet. Der Hausrat besteht aus wenigen Stühlen und Tischchen; als Bettstelle dienen im südlichen und mittlern China gewöhnlich zwei Schemel und einige daraufgelegte Bretter, auf welche zu unterst Stroh oder eine Strohmatte und darüber eine feine Binsenmatte zu liegen kommt; Federbetten sind unbekannt. Das Gebäude ist im Viereck um einen Hof in der Mitte aufgeführt.
Das nächste Zimmer am Eingang dient zur Aufnahme von Besuchen und als Eßzimmer; weiter hineinwärts liegen die Gemächer für das weniger öffentliche Leben, deren Zugänge durch Vorhänge geschlossen sind. Diese Häuser haben bei Vornehmen eine besondere Ahnenhalle, wo die Stammtafeln des Hausstandes hängen, Weihrauch brennt und auf Tischchen zierliche Schälchen mit Thee und Schüsselchen mit gesottenem Reis stehen. Auch in den Städten sind die Häuser nur selten aus Stein gebaut, mitunter aber zweistöckig; die öffentlichen Gebäude weisen mehr Umfang als Pracht auf. Die mit den Wohnungen der Reichern verbundenen Parke und Gärten sind geschmackvoll angelegt. Die Angaben der Reisenden über die Bevölkerung der großen Städte weichen oft außerordentlich voneinander ab und sind ganz unzuverlässig. Als größere Städte sind bekannt: Peking, Kanton, Siantan, Singan, Tschangtschou, Tiëntsin, Tschingtu, Hankeou, Wutschang, Futschou,
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Hangtschou, Schoahing, Sutschou, Wentschou und Nanking. Alle chinesischen Städte sehen einander sehr ähnlich. Sie enthalten gewöhnlich einen viereckigen Kern, von hohen Mauern, zuweilen auch von Gräben umgeben, die in gehöriger Entfernung von Türmen flankiert sind. Das Innere dieser Städte dient nur den Beamten zur Wohnung; die Plätze sind daher öde, und Verkehr fehlt. Sitz des Handels dagegen sind die Vorstädte, hier herrscht Leben und reges Treiben. Die Straßen sind auch hier meist krumm und eng, selten breiter als 3-4 m, ja im S. vielfach noch enger und für Wagen nicht passierbar. Daher fehlt es sehr an Lüftung; Wasserabzüge sind nur teilweise vorhanden, und gewöhnlich verpestet noch Unrat die Straßen. Selten entstehen aber bei dem Gedränge Unfriede und Unordnung, und des Nachts herrscht eine merkwürdige Ruhe. Bei Feuersbrünsten zeigen die Regierungsbeamten große Thätigkeit.
Ein Grundzug für das häusliche und gesellige Leben in China liegt in der Gestaltung des Familienlebens. Der Hausvater ist im vollsten Sinn des Wortes Hausherr, mit unumschränkter Gewalt über alle Glieder seiner Familie bekleidet; er ist aber auch mitverantwortlich für ihre Vergehungen und wird gestraft, wenn ein Familienglied sich eines Verbrechens schuldig macht. Natürlich liegt auch die Verheiratung der Kinder ganz in den Händen des Vaters. Die Mutter teilt alle Ehrerbietung, welche dem Vater zu teil wird, und muß, wenn sie Witwe wird, vom Sohn zeitlebens erhalten werden.
Man wünscht sich Söhne; der Unsitte der Tötung (Ertränkung) und Aussetzung neugeborner Mädchen, welche nach frühern Berichten unter den untern und mittlern Ständen fast Regel sein sollte, ist durch Errichtung von Findelhäusern, die als Wohlthätigkeitsanstalten durch Subskription seitens der Wohlhabenden erhalten werden, einigermaßen entgegengearbeitet worden. Die Mädchen erhalten jedoch eine schlechte Erziehung, wenige können lesen und schreiben; bei den Ärmern hilft die Frau tüchtig in der Wirtschaft mit.
Die Verheiratung findet schon in frühen Lebensjahren des Mannes statt, weil er, um eine Frau zu erhalten, keinen selbständigen hinlänglichen Erwerb zu haben braucht, indem die Frau mit ihm in das Hauswesen seiner Eltern eintritt. Die Verlobungen erfolgen sehr häufig schon im zarten Kindesalter; ja man hat Beispiele kennen gelernt, daß wenige Tage alte Mädchen mit noch Ungebornen feierlich verlobt wurden. Die Verlobungen werden ganz allein durch Unterhändler zwischen den beiderseitigen Eltern abgemacht.
Nach der Hochzeit kehrt die junge Frau auf einige Tage ins elterliche Haus zurück. Der Gehorsam, welchen die Frau ihrem Mann und zugleich dem Vater und der Mutter desselben schuldig ist, kennt keine Ausnahmen. Scheidung ist zugelassen; die Sitte erlaubt selbst, daß der Mann seine Frau mit ihrer Zustimmung einem andern Mann als Weib verkauft. Die reichern Klassen leben oft in Vielweiberei, namentlich wenn die erste Frau kinderlos geblieben ist. Indes steht die zweite nur im Verhältnis einer Magd, bis sie nach der Geburt eines Sohns der ersten Frau mehr zur Seite tritt.
Wiederverheiratung ist nur den Männern gestattet; Frauen geben sich zuweilen beim Tode des Mannes unter großen Zeremonien durch Gift u. dgl. den Tod. Der Eintritt in das Jünglingsalter wird bei Knaben (vom 12.-15. Jahr) durch die Mützenverleihung gefeiert; bei Mädchen gilt als entsprechendes Zeichen die Schmückung mit der Nadel, dem Kopfputz der Frauen. Sehr zahlreich sind die Zeremonien bei der Leichenbestattung wohlhabender Personen; Arme werden ohne Pomp bestattet und meist am dritten Tag.
Bei Reichen steht die Leiche im wohlverkitteten Sarg oft 40 Tage und länger über der Erde; Männer werden in kostbare Seidenstoffe gekleidet, Frauen in Weiß und Silber und in einen hölzernen Sarg gelegt, der in feierlichem Zug zum Begräbnisplatz geleitet und in die Erde versenkt wird, nachdem die bösen Geister ausgetrieben sind. Die Gräber werden öfters im Jahr geziert, wobei Opfer dargebracht werden. Die Trauerzeit für Vater und Mutter, eigentlich drei Jahre, wird gewöhnlich auf 27 Monate abgekürzt; doch dürfen Kinder des Trauerhauses nicht vor Ablauf von drei Jahren heiraten. Trauerfarben sind weiß, blau und aschgrau. Der Nachlaß gehört den Söhnen gemeinsam, die Ahnentafel bleibt aber im Gewahrsam des ältesten, der oft auch doppelten Anteil hat.
Die Nahrung der Chinesen ist sehr mannigfach; der gewöhnliche Mann ißt so ziemlich alles, was genießbar ist. Man ißt dreimal des Tags, um 8, 12 und 5 Uhr, zur Zeit der Reispflanzung vier bis fünfmal; Ärmere lassen es bei nur zwei Mahlzeiten, um 10 und 5 Uhr, bewenden. Im mittlern und südlichen China genießt der Arbeiter in den niedern fischreichen Gegenden fast täglich Fische und ein- bis viermal im Monat Schweinefleisch, dazu Reis; morgens nimmt er Thee, zur Hauptmahlzeit Reisbranntwein.
Zur Kost der Wohlhabenden gehören alle Fleischsorten, besonders das gebratene und gesalzene Fleisch der Schweine, Hühner und Enten. Im nördlichen China sind Hirse, Mais, Weizen, Rind- und Schöpsenfleisch Hauptnahrungsmittel. Die Fleischspeisen sind schmackhaft zubereitet, beliebt sind besonders Schinken, doch halten die strenggläubigen Buddhisten das Fleisch essen für zu sinnlich und insbesondere das Rindfleischessen für undankbar gegen die guten Dienste, welche Büffel und Ochsen in der Landwirtschaft leisten.
Eine Spezialität sind Bohnenkäse und Fadennudeln aus Weizenmehl. Der Theekonsum ist nach v. Richthofen zwar enorm, der ärmere Mann betrachtet ihn jedoch als Luxus und begnügt sich mit Aufguß über Blätter von Artemisia- und Ribes-Arten, die wild auf den Feldern wachsen, und selbst mit heißem Wasser allein. Dies ist sogar in Theedistrikten zu beobachten; der Gebrauch des Thees scheint daher durch die Schädlichkeit des Wassers hervorgerufen worden zu sein, da es meist kein andres Trinkwasser gibt als solches, das über Reisfelder gelaufen ist.
Theehäuser sind an den Landstraßen vielfach aus Mildthätigkeit erbaut, ein meist altes Weib reicht den Reisenden unentgeltlich Thee. Die Gasthäuser sind billig, aber widerlich schmutzig. Abweichend von allen übrigen Asiaten, genießt der Chinese seine Mahlzeit auf einem Stuhl sitzend; statt einer Gabel bedient er sich zweier kleinen Stäbchen von Bambus oder Elfenbein, mit denen er aus den suppenartig bereiteten Gerichten alle festen Stücke geschickt herauszufischen versteht.
Aus Reis und Hirse wird eine Art Branntwein hergestellt, die in allen Schichten der Bevölkerung beliebt ist und warm in kleinen Tassen gereicht wird, um die Stelle des Weins zu vertreten. Trunksucht ist im allgemeinen kein Laster der Chinesen; dagegen herrscht das verderbliche Opiumrauchen unter allen Klassen trotz der ernstlichen Gegenanstrengungen der Regierung; Opium, geraucht, entnervt gleich Absinth. Tabakrauchen und Schnupfen sind verbreitet, aber der chinesische Tabak sagt in der landesüblichen Zubereitung dem europäischen Geschmack nicht zu. - Bewegung von einem Ort zum andern findet, wenn immer möglich, zu Wasser statt, sonst zu Fuß oder in Tragsesseln aus
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Bambus; im N. sind zweiräderige Karren im Gebrauch. Alle Anstalten zur Beförderung sind Unternehmungen einzelner; das gut organisierte Regierungspostwesen dient nur zur Beförderung amtlicher Depeschen und Korrespondenzen. Die Warenbeförderung wird auf dem Landweg, im S. mittels Schiebkarren, im N. mittels zweiräderiger, von Pferden oder Ochsen gezogener Karren bewerkstelligt. Träger, Esel und Maultiere, im W. Kamele, sind jedoch die meist benutzten Transportmittel.
Öffentliche Schaugepränge sind beliebt; alle öffentlichen Feste (der Neujahrstag, das Fest der Drachenboote, gestiftet zu Ehren des im 4. Jahrh. v. Chr. lebenden Kinjuen, das Laternenfest am 15. des ersten Monats, das Fischerfest) geben Veranlassung zu allgemeiner Freude und Heiterkeit. Das Spazierengehen ist den Chinesen kein Bedürfnis, dagegen sieht man häufig Erwachsene einen Lieblingsvogel im Käfig stundenlang spazieren tragen. Leibliche Übungen werden nur vom Militär vorgenommen; doch ist das Ballspiel beliebt, wobei der Ball an der Erde mit den Füßen hin- und hergestoßen wird.
Die Neigung zum Hasardspiel ist allgemein. Das Schachspiel ist bei den Chinesen seit undenklichen Zeiten üblich, weicht aber vom indischen und abendländischen bedeutend ab (»Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 24, S. 172). Kinder und Erwachsene vertreiben sich die Zeit gern mit Spielzeug; mechanische Spielereien mit überraschendem Effekt sind sehr gesucht, einen lohnenden Einfuhrartikel bilden Spieldosen. Theatervorstellungen sind überall ein Hauptvergnügen, auch Gaukler aller Art sieht man sehr gern.
Eine besondere Belustigung für groß und klein ist ferner das Steigenlassen von Papierdrachen in allerlei Gestalt, die nach den chinesischen Berichten der berühmte General Hansi 206 v. Chr. erfunden haben soll. Bewunderungswürdiges, zuweilen Unerklärliches leisten endlich die Chinesen in der Kunst der Feuerwerke. Als Eigentümlichkeit in der Sitte und Anschauung der Chinesen sei noch erwähnt, daß sie beim Schreiben die Wörter nicht in wagerechten, sondern in senkrechten Linien aneinander fügen, dabei aber rechts anfangen; daß sie nicht den Nordpol des Magnets, sondern dessen Südpol gelten lassen etc.
Obschon die Liebe zur Heimat der Auswanderung aus China entgegenwirkt, so treibt doch die Übervölkerung mancher Gegenden des Landes und die häufig dort auftretende Hungersnot alljährlich Tausende von Chinesen in die Fremde; sie verlassen jedoch ihr Vaterland nur in der Absicht, nach einigen Jahren dahin zurückzukehren. Begräbnis in der Fremde gilt als Unglück; man sucht es dadurch zu beseitigen, daß man den Toten wenigstens in heimatliche Erde legt, deren Import sich nach allen Punkten lohnt, wo chinesische Arbeiter sind.
Nach Hinterindien und dem Ostindischen Archipel waren Auswanderungen schon lange im Gang, bereits 1832 schätzte man die Zahl der Chinesen außer Landes zu 3 Mill. Die Entdeckung des Goldes führte Ende 1848 die ersten Chinesen nach Kalifornien, 1850 wurde der Zuzug bedeutend; von 1821 bis 1883 sind 288,643 Chinesen in die Vereinigten Staaten eingewandert, von denen jedoch viele wieder in ihre Heimat zurückkehrten; nach dem Zensus von 1880 befanden sich 104,541 in China. Geborne in der Union, der größte Teil (90,149) in den pazifischen Staaten. In Kanada befanden sich 1881 nur 4383 Chinesen.
Hier machte sich zuerst eine Bewegung gegen die chinesische Einwanderung geltend, die 1876 in Britisch-Columbia verboten wurde; 1879 geschah dasselbe in den Vereinigten Staaten, doch erhielt das Verbot auf die Drohung Chinas, amerikanischen Waren den chinesischen Markt zu sperren, bisher nicht Gesetzeskraft. Nach Australien war die chinesische Auswanderung zur Zeit der großen Goldfunde eine sehr starke, auch hier hat man durch eine Kopfsteuer und andre Maßregeln die chinesische Einwanderung zu beschränken gesucht; 1881 zählte man nur 43,706 Chinesen auf dem Australkontinent und in Neuseeland. Dem Inselreich Hawai, wo man 1883: 15,993 Chinesen zählte, hat diese Einwanderung den schrecklichen Aussatz gebracht. In neuester Zeit suchen Peru und im Hinblick auf die bevorstehende Emanzipation seiner Sklaven auch Brasilien die chinesische Auswanderung zu sich zu lenken.
Religionen.
Was die Religion und ihre Stellung zum Staat betrifft, so entspricht auf den ersten Blick China den Wünschen eines modernen Staatsbürgers, da es kein Glaubensbekenntnis, keine feierliche Verpflichtung fordert, sich zu irgend einer bestimmten Religion zu bekennen. Praktisch genießt aber der Bekenner des Konfutsianismus politisch höheres Ansehen. Das Christentum ist der chinesischen Regierung deswegen besonders anstößig, weil es die Mitglieder mittels eines feierlichen Ritus, eines Sakraments, aufnimmt, als sollte man einer Art geheimer Gesellschaft angehören (vgl. Friedr. Müller, Reise der österreichischen Fregatte Novara, ethnographischer Teil, Wien 1868). Im einzelnen sind zu trennen: die alte Religion, die Lehren des Konfutse, die Lehren des Laotse, der Buddhismus und die durch gegenseitige Einwirkung dieser Religionssysteme aufeinander entstandene gegenwärtige Volksreligion.
Die alte Religion des einzelnen war fast ausschließlich Ahnenkultus, der noch heute charakteristisch für chinesische Verhältnisse ist. Menschen und Naturgeister werden nicht gänzlich getrennt gedacht; die ganze Natur ist von Geistern (Schin) belebt. Der Himmel (Thian) ist das Höhere, die Erde (Ti) das Niedrigere. An der Spitze aller Geister steht der Himmel oder, wie man auch sagt, der Schangti, der »höchste Herrscher« oder Gott; in der philosophischen Sprache werden diese beiden Gegensätze durch Yang und Yin, etwa das männliche und weibliche oder das lichte und dunkle Prinzip, ausgedrückt.
Durch die Zusammenwirkung von Himmel und Erde entstehen alle Wesen und das vorzüglichste derselben, der Mensch. Beim Tod erfolgt die Auflösung des Menschen in einen himmlischen und irdischen Teil; die Vorstellungen über diesen Unterschied sind zahlreich, doch herrscht in allen Äußerungen darüber wenig Klarheit. Auch über die Vorstellungen, welche sich die alten Chinesen von dem Zustand der Toten machten, finden sich nur wenige bestimmte Angaben. Die verstorbenen Herrscher werden als dem obern Kaiser (Gott) im Himmel zur Seite stehend gedacht; an andern Stellen wird der Aufenthaltsort der Toten unter die Erde verlegt, und dies ist jedenfalls später die herrschende Meinung geworden.
Der Kaiser und die Ahnen aller werden noch als wirksam in Bezug auf das Schicksal ihrer Nachkommen auf Erden gedacht. Von Belohnung oder Bestrafung ist nirgends die Rede, die Gestorbenen bleiben in demselben Verhältnis zu ihren Fürsten etc. wie auf Erden; noch 621 v. Chr. wurden Menschen mit dem Fürsten begraben, um ihn in der andern Welt zu bedienen; auch gab man zu demselben Zweck hölzerne Menschengestalten ins Grab mit. Im einzelnen durchgebildet ist die Lehre von der Fortdauer nach dem Tod nicht, die Annahme einer Seelenwanderung findet sich nirgends. Ein Priesterstand fehlte;
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der Kaiser, die Vasallenfürsten, zuletzt der Hausvater versahen die religiösen Zeremonien.
Vgl. Plath, Religion und Kultus der alten Chinesen (Münch. 1862-63);
»Zeitschrift der Morgenländischen Gesellschaft«, Bd. 21. - Die Religion, zu welcher sich jetzt der Kaiser, alle Staatsbeamten und die Gelehrten bekennen, und neben der alles andre Religionswesen als ketzerisch gilt, da das Staatsgebäude darauf aufgebaut wurde, ist die Lehre Konfutses (Confucius'), der 551-478 v. Chr. lebte und aus der Familie Kung entsprossen war, die ihren Stammbaum bis 1121 zurückzuführen vermochte; seine Geburtsstadt ist Kiufu in der Provinz Schantung, sein Geburtsort eine Höhle.
Konfutse nimmt in seinen Schriften nirgends auf eine Schöpfung, einen Schöpfer oder auf eine sittliche Weltordnung Bezug und gibt nur durchaus weltliche Sittenlehren; sein Moralgebäude entbehrt jedes idealen Strebens, es läßt uns kalt (s. Konfutse).
Er hat die Volksanschauungen richtig wiedergegeben, denn es fehlte, wie bereits gezeigt, auch der alten Religion das Bewußtsein einer Vergeltung der gerechten und ungerechten Handlungen. Die Pietät war und blieb der Grundzug des chinesischen Lebens, die Ahnentafel das Familienheiligtum. Die Gewalthaber, voran Kaiser, Fürsten, Staatsbeamte, sind wie in der alten Religion, so noch jetzt die vornehmsten Priester. Den Göttern bringt der gemeine Mann selbst die Opfer dar, doch gibt es auch Berufspriester, die vom Geschäft des Opferns etc. leben; indes lauten die Nachrichten über sie nicht günstig, und man muß sie als Schwarzkünstler qualifizieren.
Die Opfergaben bestehen in Ochsen, Schafen, Schweinen, Seidenzeugen. Für die Tötung der Tiere bestehen keine Vorschriften. Sie werden alle gekocht, um nach dem Segen zum Verzehren bereit zu sein. Die Opferhandlung ist stets ein Fest und wird im Tempel, bei besondern Anlässen auch im Freien vorgenommen. Die Andächtigen vereinigen sich dabei unter mancherlei Zeremonien. Wallfahrten wird ein großer Wert beigelegt; jeder größere Ort hat seinen Confuciustempel.
Vgl. J. ^[James] Legge, The life and teachings of Confucius (Lond. 1867). -
Das dritte China eigentümliche Religionssystem ist das des Laotse, Ehrenname des gelehrten Lipejang, der im 7. Jahrh. v. Chr. lebte und der Stifter der Taossesekte wurde, die auch in Japan und Hinterindien Verbreitung fand. Die gegenwärtigen Taosselehren haben sich jedoch von ihrem Original bedeutend entfernt. Laotse hat im Taoteking seine Lehren niedergelegt; er will die höchste sittliche Vollkommenheit in jedem schaffen durch wahre Erkenntnis eines höchsten Wesens, die nur durch Intelligenz und durch das Bewahren dieses Gottes im Herzen erreicht wird, was allein durch Herzensreinheit, Geistesruhe und Herrschaft über die Begierden möglich ist.
Die Anhänger der Taossesekte haben aber die ursprünglichen erhabenen Lehren ihres Stifters praktisch zu einem wahren Zerrbild umgebildet. Schon im 13. Jahrh. sind sie berühmt als Adepten der »geistigen Alchimie«, welche die in der physischen Welt waltenden Geheimnisse des lange dauernden sowie des ewigen Lebens und andrer Gaben zu erforschen strebten; jetzt sind sie einem groben Mystizismus ergeben. Ihre Hauptsitze sind in der Provinz Kiangsi; sie stehen übrigens in geringem Ansehen.
Der Buddhismus (hier Religion des Fo genannt) kam 65 n. Chr. von Indien nach China. Er ist in der ihm zu teil gewordenen Verunstaltung rohes Heidentum und Götzendienst. Die Indolenz und das Cölibat der Priester machen diese den Anhängern des Confucius verächtlich, wie nicht minder ihre freiwillige Armut und ihr lästiges Betteln. Ihr Gottesdienst ist aber prunkhaft, der Klerus und die Bettelmönche sind überaus zahlreich vertreten (weiteres s. Buddhismus). Über das Zahlenverhältnis der Anhänger dieser drei Hauptreligionen, die in viele Sekten gespalten sind, lassen sich noch keine bestimmten Angaben machen. Nach der großen Menge buddhistischer Klöster zu schließen, mit denen das Land übersäet ist, und bei der übereinstimmenden Angabe, daß die untern Volksklassen sich durchgehends zum Buddhismus bekennen, kann die Mehrzahl des Volkes als Buddhisten gelten; vom Reste darf nur eine verhältnismäßig geringe Zahl als Laotse-Anhänger gerechnet werden. -
Man würde aber die Zustände in China falsch beurteilen, wenn man annehmen wollte, daß die Chinesen in scharfem und bewußtem Gegensatz hinsichtlich ihrer religiösen Anschauungen leben: auf der Basis des für China typischen Ahnenkultus hat sich eine Volksreligion gebildet, die im ganzen überall die gleiche ist, wenn sie auch aus verschiedenen Quellen entsprungen ist. Bei den niedern Klassen zeigt sich diese Volksreligion als Aberglaube, bei den Gebildeten hat sie einer flachen Aufklärung mit allerlei nach Religion und Sekte wechselnder Tugendschwätzerei Platz gemacht.
Die Opfer für Ahnen und Geister sind allgemein; der Glaube an Seelenwanderung, eine der alten Religion, wie erwähnt, ganz fremde und entgegengesetzte Vorstellung, kam mit dem Buddhismus ins Land und beherrscht die Anhänger aller Sekten und Religionen. Der Islam zählt in den westlichen Landesteilen etwa 3-4 Mill. Anhänger, nicht 30-40 Mill., wie fälschlich meist angegeben wird (vgl. Palladius in den Arbeiten der Mitglieder der russischen geistlichen Mission zu Peking, Bd. 4), und eine noch nicht näher zu bestimmende Zahl in Jünnan.
Von Juden findet sich eine kleine Gemeinde zu Kaifungfu in Honan. Das Christentum endlich, das bereits um 636 durch nestorianische Christen, 1294 durch Franziskaner, später (seit 1556) besonders durch die Jesuiten in China verbreitet wurde, zählt trotz aller Verfolgungen, die 1722 begannen, zwischen 1746 und 1773 besonders heftig waren und als Insulten, wie Verweigerung der Genugthuung für Unbilden, noch jetzt nicht selten sind, nach dem Baseler »Evangelischen Missionsmagazin« 1881: 1,094,000 Katholiken (41 Bischöfe, 664 europäische und 559 eingeborne Priester) und 19,000 evangelische Christen (2237 deutsch-evangelische, die übrigen englische).
Vgl. J. ^[James] Legge, The religions of China (Lond. 1880);
Pitou, La Chine, sa religion, ses mœurs, ses missions (Genf 1880).
Unterrichtswesen. Bildung.
So eigentümlich wie die Religion ist das Unterrichtswesen in China. Allgemeine Schulbildung für das männliche Geschlecht ist nicht, wie vielfach angenommen, Reichsordnung, daher es auch keine staatlichen Elementarschulen gibt und kein Schulzwang stattfindet. Es geschieht aber von den Privaten viel für den Unterricht; gewöhnlich vereinigen sich mehrere Familien, oder es nimmt der »Stamm« einen Lehrer an, dem die Knaben, nicht auch die Mädchen, im Alter von 5-6 Jahren so lange anvertraut werden, bis sie lesen und schreiben können; es wird weder Mathematik noch Naturgeschichte gelehrt. Etwa 10 Proz. der Landbevölkerung sollen lesen und schreiben können, eine Kenntnis, die bei der Schwierigkeit der chinesischen Sprache selbst bei großem Fleiß gegen fünf Jahre in Anspruch nimmt und den Verstand in hohem Grad schärft. Erst bei der Erwerbung der litterarischen Grade spricht die Regierung ein
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gewichtiges Wort mit. Es gibt drei Grade: Ssiutsai (»Kandidat«),
Tschüjen (etwa »Doktor«) und Tschinschih (etwa »Professor«). Hauptaufgabe der Schüler ist Aneignung sämtlicher Schriftsammlungen des Konfutse;
der zweite und dritte Grad befähigen zu Staatsämtern;
man bereitet sich zum Studium vor in den vom Staat und von Stiftungen unterhaltenen Seminaren zur Unterstützung junger Gelehrten;
die Prüfungsarbeiten sind in Klausur zu fertigen, worüber, wie über die Notenerteilung, ins Kleinliche gehende Bestimmungen bestehen.
Geld, Verwandtschaft und Empfehlung verhelfen jedoch vielen Unwissenden zur Auszeichnung durch diese drei Grade; überhaupt laufen dabei die gröbsten Betrügereien unter. Die Graduaten sind infolge davon vielfach ziemlich ungebildet. Die zu Tausenden durchfallenden Kandidaten werden Schullehrer, Notare, Schreiber etc. Einziges Ziel des Unterrichts ist, das bestimmte überkommene Maß von Kenntnissen und Wissenschaften dem nachwachsenden Geschlecht zu übermitteln; Schulbesuch der Mädchen ist Ausnahme. Das Wissen auch der Gebildetsten geht über den Bereich ihres Landes selten hinaus. Neuerdings bereitet sich darin eine Änderung vor, 1867 erfolgte die Errichtung eines Kollegiums für fremde Wissenschaften (Tungwenkuan) in Peking, einer Art Universität mit europäischen und amerikanischen Professoren. 1872 war 1 Mill. Doll. zur Ausbildung junger Chinesen im Ausland (Amerika und Europa) angewiesen.
In der Zeitrechnung bedient man sich eines 60-jährigen Cyklus, der aus einer sechsmaligen Kombination des Dezimalcyklus mit der fünfmaligen des Duodezimalcyklus gebildet ist. Die Tage, von Mitternacht zu Mitternacht, werden in zwölf Stunden geteilt; eine Einteilung der Monate in Wochen ist nicht gebräuchlich. Geometrie und Algebra sind dem Chinesen etwas Fremdes. Im gemeinen Leben hilft man sich mit einem Rechenwerkzeug. Beruf für die Kunst verraten die Chinesen nicht.
Sie besitzen Geschick in Bildungen aus weicher Masse, dabei kann aber von einer ausdrucksvollen plastischen Darstellung des Körpers nicht die Rede sein, weil man von nackten Bildern nichts weiß, sondern das Ganze auf gefällige Herstellung der Kleiderhülle hinausläuft. Die Gebilde ihrer Malerei treten schattenspielartig vor das Auge; alles wird mit ängstlichster Treue dargestellt, aber von perspektivischer Darstellung haben sie meist keinen Begriff. In besonderer Schätzung stehen leicht in Wasserfarbe und indischer Tusche hingeworfene Bilder auf feinem Papier oder auf Seide.
Als Meister zeigt sich der Chinese in der Gartenkunst, indem er die anmutigsten und geschmackvollsten Gruppierungen von Bäumen und Rasen zu stande zu bringen weiß, obschon seine Vorliebe für das Zwerghafte auch hier störend eingreift. Die Baukunst der Chinesen steht ganz im Dienste des Bedürfnisses und trägt den Charakter der Einförmigkeit. Keine Religionsgemeinschaft hat architektonisch bedeutsame Tempel aufzuweisen. Die Musik der Chinesen ist unharmonisch, wiewohl ihre Instrumente zahlreich sind und aus Laute, Guitarre, Flöte und andern Blasinstrumenten, dreisaitigen Geigen, einer Drahtharmonika, die mit zwei Bambusstäbchen geschlagen wird, Glocken, Trommeln, Pauken etc. bestehen (vgl. Plath in den Sitzungsberichten der bayrischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1, S. 116 ff.); für Akkorde, Melodie oder Harmonie haben sie gar kein Verständnis.
Daß man selbst tanze, statt sich vortanzen zu lassen, ist ihnen unbegreiflich. Sehr beliebt sind Schauspiele, doch geht es dabei nicht ohne Gemeinheiten und Obscönitäten ab. Die Frauenrollen dürfen, seitdem der Kaiser Kienlung im 18. Jahrh. eine Schauspielerin geheiratet hat; nur von Jünglingen gespielt werden. Die Schauspieler selbst aber sind nicht geachtet (s. oben). Über die dramatischen Dichtungen der Chinesen sowie über die Litteratur derselben überhaupt s. Chinesische Sprache und Litteratur. Über die Kulturverhältnisse der Chinesen vgl. Doolittle, The social life of the Chinese (Lond. 1866, 2 Bde.); Gray, a history of the laws, manners and customs of the people (das. 1878); Katscher, Bilder aus dem chinesischen Leben (Leipz. 1881). Der Sinologie gewidmete periodische Publikationen sind: »The China Review« (zweimonatlich, Hongkong);
»The Chinese Recorder« (Schanghai);
»Journal of the China branch of the R. Asiatic Society«.
Landwirtschaft. Industrie.
Die vorzüglichste und zugleich in höchsten Ehren stehende Beschäftigung der Chinesen ist der Landbau. Das Land wird als dem Kaiser gehörend betrachtet; seit dem Ende der dritten Dynastie (4. Jahrh. v. Chr.) erhebt jedoch der Staat nur noch eine Abgabe, während früher ein Teil für den Landesfürsten bebaut wurde, und der Grundbesitzer ist jetzt nicht weiter beschränkt, als daß er des Landes bei Nichtanbau verlustig wird. (Über Grundeigentum vgl. v. Sacharow, Arbeiten der russischen Gesandtschaft in Peking über China, Bd. 1.) In der Ebene ist das Land sehr parzelliert, hier kann eine Familie von fünf Mitgliedern sich von 1-2 Hektar Ackerbodens ernähren; ein Pachter würde aber mindestens 2 Hektar haben müssen, da der Pachtzins durchschnittlich ein Dritteil des Ertrags ausmacht.
Ein Besitzer von 6 und mehr Hektar gilt als ein vermögender Mann; man findet übrigens Besitzungen von 600 und, in hügeligen Gegenden, von 12-1800 Hektar. Bei Bearbeitung des Bodens werden am meisten Hauen und Rechen verschiedenster Konstruktion verwendet; Pflüge und Eggen sind nur auf größern Gütern im Gebrauch. Das Getreide wird entkörnt durch Ausschlagen, durch Austreten von Tieren oder mit Dreschflegeln. Zum Enthülsen von Reis oder Mahlen von Getreide dienen Mühlen, welche durch Menschenhände, Büffel oder Wasser bewegt werden, zur Entkörnung und Reinigung der Baumwolle einfache, unsern Anforderungen nicht genügende Geräte.
Charakteristisch für die Chinesen sind die sorgfältige Sammlung allen Düngers, seine Anwendungsweise (Überrieselung mit flüssigem oder pulverisiertem Dünger nach der Aussaat) und die ergiebige Düngung. Fruchtwechselwirtschaft ist Regel; man läßt jedoch nicht die Pflanzen »den Boden sich gegenseitig vorbereiten«, sondern man bereitet ihnen den Standort durch zusagende Düngung. Der Ackerboden besteht meist aus jüngstem Alluvium; mit Ausnahme des nördlichen China kann überall das ganze Jahr hindurch im Feld gearbeitet, ja im südlichen China auch gesäet, gepflanzt und geerntet werden; namentlich sind es die verschiedenen Gemüsearten, die man auch mitten im Winter für die Nahrung einsammelt.
Die Hauptarbeiten beginnen im März und enden im November. Es wird meist in Drillen gesäet und gepflanzt; Gewinnung von Unterfrüchten wird allgemein angestrebt. Die Düngerarten werden hinsichtlich ihrer Dungkraft meist klassifiziert wie folgt: Ölkuchen;
menschliche Exkremente (nur verdünnt angewandt);
Schweinedünger (getrocknet und im zerkleinerten Zustand ausgestreut);
Büffel- und Ochsendünger sowie Ziegen- und Pferdedünger (selten, meist in flüssigem Zustand verwandt);
Wasserpflanzen (sehr zahlreich angewandt);
Asche (meist mit anderm Stoffe
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vermischt); gebrannter Kalk; in Fäulnis übergegangene Fische. Das wichtigste Bodenprodukt des südlichen und mittlern China ist Reis, in zweiter Reihe Zuckerrohr und in der Nähe der Küste Baumwolle; im nördlichen China werden statt Reis Hirsearten (Kaoliang), dann Weizen und Hülsenfrüchte gebaut. Von Gemüse, Wurzel- und Knollengewächsen werden enorme Quantitäten gewonnen. Von der Kultur des Theestrauchs wurde bereits oben gehandelt; er erfordert kräftige Düngung, fleißige Bodenbearbeitung und wird im siebenten Jahr seines Wachstums nahe am Boden abgeschnitten, damit die Stümpfe neue Schößlinge treiben und zartere Blätter liefern.
Die Theeblätter werden für den eignen Gebrauch sehr einfach zubereitet. Man läßt sie an einem luftigen Ort oder an der Sonne verwelken (aber nicht austrocknen), erhitzt sie dann unter beständigem Mischen auf einem seichten Bambusgeflecht über Kohlenfeuer, rollt sie, indem man über sie, während sie noch warm sind, die flach aufgelegten Hände im Kreis herumführt, und trocknet sie dann an einem luftigen Orte. Der zum Export bestimmte Thee wird von den Händlern in eignen Öfen wiederholt (bis viermal) stark erhitzt, geröstet, mit wohlriechenden teuern Blüten vermischt und an der Luft ausgetrocknet.
Auch Öl gebende Pflanzen werden vielfach angebaut; unter den Gespinst- und Faserpflanzen sind neben der Baumwollstaude Hanf, darunter das sogen. chinesische Gras (Boehmeria nivea), und Jute die wichtigsten. Blauer Farbstoff wird aus Indigofera tinctoria, Polygonum tinctorium etc. im südlichen und mittlern China gewonnen. Die Kunstgärtnerei wird sowohl im Freien als in geschlossenen Räumen mit vieler Sachkenntnis und Sorgfalt betrieben. Die Forstwirtschaft wird dagegen ganz vernachlässigt; auch der eigentliche Wiesenbau, verbunden mit Heugewinnung, wie die Viehzucht (s. oben) sind den Chinesen fremd.
Eine besondere Wichtigkeit hat für China der Seidenbau, der auf einer hohen Stufe der Entwickelung steht; die meiste und beste Seide liefern die mittlern Provinzen und die Umgegend von Kanton. Der Maulbeerbaum erfreut sich einer sachkundigen und sorgfältigen Pflege, die Seidenraupenzucht ist aber weniger fortgeschritten. Eine Besonderheit ist hier wie in Japan der Eichenspinner. Alle Zweige der Landwirtschaft leiden unter mancherlei vermeintlichen Erfahrungsregeln. Die Fischerei und zwar das Fischen von Pflanzen wie von Süßwassertieren und einigen Seetieren beschäftigt eine große Menge von Leuten und liefert für die Nahrung der Menschen wie für Düngung der Felder enorme Massen; die Fischerei wird häufig mittels eines abgerichteten Kormorans (Seeraben) ausgeübt. - Zu den Landplagen, welche oft Mißwachs und Hungersnot zur Folge haben, gehören vor allen die Überschwemmungen, weil der Reis meist in den Flußthälern angebaut wird; aber auch Dürre verdirbt die Ernten auf weite Strecken, da jahrhundertelang fortgesetztes Abholzen, ohne für Nachwuchs zu sorgen, dem Lande die regenbildenden Einflüsse der Wälder entzogen hat. Für Zeiten der Hungersnot hat die Regierung wie die Privatwohlthätigkeit Speicher angelegt, wo ein Teil der in Reis entrichteten Grundsteuer oder angekaufte Frucht aufbewahrt wird, bis Mißernte unentgeltliche Abgabe oder Verkauf unter dem Marktpreis nötig macht.
Vgl. Plath, Die Landwirtschaft der Chinesen (Münch. 1874).
Die technischen Fertigkeiten der Chinesen sind seit 1873 auf den verschiedenen Weltausstellungen durch ausgestellte Gegenstände und eingehende Kataloge (meist durch Arbeiten der Mitglieder des chinesischen Seezolldienstes entstanden) der europäischen Welt näher gerückt worden. Die Papierbereitung geht zurück bis 153 n. Chr.; man verwendet jetzt dazu Hanffasern, junge Bambussprosse und Bambusfaser, die Rinde des Papierbaums (Broussonetia papyrifera), Baumwolle, Maulbeerbaumrinde, Rotang (sogen. Spanisches Rohr), Meeralgen, Reis-, Weizenstroh u. dgl. Die sehr dauerhaften Sorten werden zu Fenstern und Regenschirmüberzügen verarbeitet, dienen auch, mit Harz bestrichen, als Zunder etc. Der Gebrauch des Holzstockdrucks reicht bis ins 6. Jahrh. unsrer Zeitrechnung zurück; 992 wurden zum erstenmal Schriften durch Steindruck vervielfältigt.
Letterndruck wurde im 11. Jahrh. erfunden, kam aber bei den großen Schwierigkeiten, welche die chinesische Sprache dem Druck mit beweglichen Typen entgegenstellt, erst seit 1662 in Anwendung, als unter dem aufgeklärten Kaiser Khanghi europäische Missionäre es dahin brachten, daß 250,000 bewegliche Letternstücke in Kupfer gestochen wurden; doch konnten nur wenige Abzüge gemacht werden, da die Typen bald darauf von unehrlichen Beamten veruntreut wurden.
Neuerdings werden in Hongkong, Schanghai und andern Küstenplätzen chinesische Zeitungen sowie in deren Offizinen herausgegebene andre Werke, auch Bibelübersetzungen, Missionsschriften etc. mit beweglichen Lettern gedruckt. Eine bedeutende Zukunft hat für China wegen der eigentümlichen Schrift- und Litteraturverhältnisse die Photolithographie, die schon jetzt dazu dient, die seltenen, teuern Palastausgaben der hauptsächlichsten historischen und andrer Werke fehlerlos zu vervielfältigen.
Schießpulver wurde von den Chinesen zwar lange vor Berthold Schwarz erfunden; es ward jedoch nicht zum Schießen, sondern als Material zu Feuerwerkskörpern verwendet, bis das Beispiel der Europäer seinen Nutzen zu Kriegszwecken lehrte. Feuerwerkskörper werden fabrikmäßig in der Nähe von Kanton produziert und bilden einen bedeutenden Ausfuhrartikel nach den Vereinigten Staaten. Unter den Metallwaren der Chinesen sind ihre weittönenden Gongs zu erwähnen.
Chinesisches Email hat jetzt noch seinen besondern Wert; an Porzellan wird heutzutage wenig mehr als Fabrikware geliefert; Form und Ornamentation sind bei den Japanern in dieser Branche viel vorzüglicher, wenigstens was die im Handel vorkommenden Fabrikate betrifft, wenn auch für eigentliche Articles de vertu China immer noch der klassische Boden ist. Besondere Aufmerksamkeit erregen die Lackwaren, die an Zierlichkeit und Sauberkeit nichts zu wünschen übriglassen und in solcher Vollendung nur durch mühsames, wiederholtes Abhobeln, Abschaben und Glätten dargestellt werden können.
Alle diese Industrien, wozu unter andern auch die Elfenbeinschnitzereien gehören, werden nicht so geheimnisvoll betrieben, daß ein intelligenter Europäer nicht in das Wesen ihres Betriebs eindringen könnte; das Geheimnis der chinesischen Überlegenheit scheint vielmehr darauf zu beruhen, daß bei diesen Artikeln viel geduldige Handarbeit erfordert wird, wie z. B. beim Schnitzen der bekannten Elfenbeinkugeln, und daß die beispiellos niedrigen Lohnverhältnisse in China europäische Konkurrenz bei dem jetzt so leichten Warenverkehr nicht aufkommen lassen. Die Schiffbaukunst hat nur in den kaiserlichen Werften unter europäischen Lehrern Fortschritte gemacht. Die Schiffe für den Handel zur See wie auf den Flüssen, die Dschonken, sind lange Kuffe ohne Kiel, mit Mattensegeln aus Bambus und plumpen, ungeschickten Steuerrudern, die sich auf der offenen See nicht gut zu halten vermögen. Die chinesischen Händler selbst befrachten jetzt mit Vorliebe
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europäische Fahrzeuge, deren größere Sicherheit und Seetüchtigkeit, verglichen mit den gebrechlichen Dschonken, die im Jahr nur eine vom Monsun abhängige Reise zu vollführen befähigt sind, sie bald erkannten. Der Bestand der chinesischen Dschonkenflotte ist gänzlich unbekannt, von Schiffen europäischer Bauart besaß die große China Merchants' Steam-Navigation Company 1877: 33 Dampfer mit 22,910 Ton., welche indes während des Kriegs mit Frankreich in amerikanische Hände übergingen.
Handel und Verkehr.
Der Handel, für welchen der verschmitzte, ausdauernde und genügsame Chinese, der im Verkehr mit Fremden seinen Landsleuten nicht Konkurrenz macht, sondern einmütig mit ihnen gegen jene vorgeht, vorzüglich paßt, ist auf dem Land als Kleinhandel sehr belebt; Märkte sind in jeder kleinen Stadt mehrere im Monat, in großen Städten öfters unter großem Zudrang von Händlern und Käufern. Die Höhe für den Wert dieses Binnenhandels ist nicht zu bestimmen; die willkürlichen Zölle der Mandarinen sind ein bedeutendes Hindernis seiner vollen Entwickelung.
Der Handel mit dem Ausland war bisher mit wenigen Ausnahmen ausschließlich in den Händen europäischer und amerikanischer Handelshäuser; der Verkehr darf aber bloß an bestimmten Plätzen stattfinden und ist nur unter starker Beiziehung der eingebornen Händler möglich. Bis zum Frieden von Nanking (1842) war für den Landweg nur Maimatschin, Kiachta gegenüber an der Nordgrenze der Mongolei, für den Seeweg nur Kanton Ausfuhrstation unter hemmenden Bedingungen. Im genannten Frieden wurden außer Kanton noch Amoy, Futschou, Ningpo, Schanghai zu Freihäfen erklärt u. neuerdings im Frieden von Tiëntsin (1858) und später eine Anzahl noch andrer Häfen (Swatau, Takao, Tamsui, Tschingkiang, Kiukiang, Hankeou, Tschifu, Niutschuang, Tiëntsin, Kiungtschau, Itschang, Wuhu, Wentschou und Pakhoi) dem europäischen Handel geöffnet (s. unten, Geschichte), so daß jetzt im ganzen 19 Vertragshäfen dem Verkehr offen stehen.
Infolge des kürzlich (1885) mit Frankreich abgeschlossenen Friedensvertrags steht die Eröffnung von zwei Handelsplätzen an der Grenze von Anam in Aussicht. Der auswärtige Handel hat sich mit der allmählichen Eröffnung des Landes für Fremde erstaunlich gehoben. Im J. 1814 wertete der Gesamthandel erst 3,75 und 1827: 5 Mill. Pfd. Sterl.; 1833 erlosch das Privilegium der Ostindischen Kompanie, und die Handelsumsätze hoben sich bis 1856 auf 17,5 Mill. und erreichten 1869: 42,6 Mill. Pfd. Sterl. In den letzten Jahren hat der Wert des ausländischen Handels betragen in Haikuan Taels:
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr | Zusammen |
---|---|---|---|
1881 | 91910877 | 71452974 | 163363851 |
1882 | 77715228 | 67336846 | 145052074 |
1883 | 73567702 | 70197693 | 143765395 |
1884 | 72760758 | 67147680 | 139908438 |
Im J. 1884 stellte sich der Wert des Handels mit den wichtigsten Verkehrsgebieten in Tausenden von Haikuan Taels wie folgt:
Einfuhr | Ausfuhr | Zusammen | |
---|---|---|---|
England und seine Kolonien | 65709 | 40240 | 105949 |
Europa ohne England u. Rußland | 1752 | 10071 | 11823 |
Rußland inkl. Sibirien | 258 | 5488 | 5746 |
Vereinigte Staaten | 2418 | 8280 | 10698 |
Japan | 3655 | 1795 | 5451 |
Die Hauptartikel der Einfuhr bilden Opium (1884: 26,2 Mill.), Baumwollwaren (22,1 Mill.), Wollwaren (3,7 Mill.), Metalle (4,1 Mill.), wogegen auf diverse andre Waren 16,5 Mill. fallen. Von der Ausfuhr entfallen etwa 80 Proz. auf Thee und Seide; 1884 betrug die Ausfuhr von schwarzem, grünem und Ziegelthee 29,1, von Rohseide und Seidenwaren 23,2 Mill. Haikuan Taels; nächstwichtig sind Zucker, Häute, Felle, Baumwolle, Matten und einige Droguen. Weit über die Hälfte des ganzen Verkehrs nimmt seinen Weg über Schanghai. In Bezug auf die Opiumeinfuhr ist England bekanntlich in zwei Lager geteilt: die philanthropische Partei, von welcher die Einfuhr indischen Opiums in China als eine Versündigung am Geiste des Christentums angesehen wird, und die Partei der praktischen Politiker, die in den Einnahmen, welche der indischen Regierung aus der Mohnkultur zufließen, ein Bedürfnis des Landes erblicken, dessen Abschaffung der Kolonie unersetzlichen Schaden thun würde. Die chinesische Regierung ist im Begriff, diese geteilte Stimmung zu benutzen, indem sie dem von Jahr zu Jahr wachsenden Konsum durch Erhöhung der Einfuhrsteuer sowie durch außerordentliche Belastung der einheimischen Produktion steuern will, ohne dadurch die auch für China unentbehrliche Opiumsteuer, die 1880 an Einfuhrzoll allein 13½ Mill. Mk. einbrachte, zu verlieren.
Im J. 1884 liefen in den Vertragshäfen ein und aus: 23,755 Schiffe mit einem Gehalt von 18,806,788 Ton.;
hiervon waren 14,141 englische, 1758 deutsche, 2381 amerikanische Schiffe;
4625 fielen auf die chinesische Flagge, die seit einer Reihe von Jahren in Gestalt einer sich alljährlich weiter ausdehnenden Dampfschiffahrtsgesellschaft, der China Merchants' Steam-Navigation Company, den fremden Reedereien Konkurrenz machte, jedoch bei Ausbruch des französischen Kriegs ihre Dampferflotte an eine amerikanische Firma verkaufte.
Man nimmt an, daß demnächst, da der Friede geschlossen, ein Rückkauf stattfinden wird, wodurch sich die oben für amerikanischen Verkehr mitgeteilten Ziffern auf etwa 600 Schiffe reduzieren, während auf die chinesische Flagge über 6000 zu rechnen sein würden. Diese Dampfer, die vor Ausbruch des Kriegs als chinesisches Eigentum von europäischen Kapitänen kommandiert wurden, haben ihre Fahrten bereits auf amerikanische und englische Häfen ausgedehnt, und es will scheinen, als ob von dieser Seite her dem Handel der Europäer ein größerer Feind erstehen wird, als es seiner Zeit die Abgeschlossenheit des chinesischen Innern gewesen ist.
Sollte es chinesischen Kaufleuten gelingen, auf dem Markt von London mit Thee und Seide festen Fuß zu fassen, so würde ein Umschwung bevorstehen, der für viele in diesem Handel interessierte Häuser leicht verhängnisvoll werden könnte. Der allgemeine Zug der Verdrängung der Segelschiffe durch größere Dampfer macht sich auch hier und zwar seit der Eröffnung des Suezkanals in besonders hohem Maß geltend. Scheinbar leidet darunter augenblicklich die deutsche Schiffahrt, deren Fahrzeuge hauptsächlich der Klasse der Segelschiffe angehören; doch hat man neuerdings allerorten Dampfer für den fernen Osten wie Australien gebaut, welchem Zug ja auch die deutsche Reichsregierung durch subventionierte Dampferlinien gerecht geworden ist.
Gegen Eisenbahnen hat sich China lange hartnäckig verschlossen; eine 1876 eröffnete Linie von Schanghai nach Kangwan (9 km) mußte schon nach wenigen Monaten wieder beseitigt werden. Aber 1881 wurde die Herstellung von Schienenwegen für
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Truppentransporte seitens der Regierung in Aussicht genommen und 1884 entsprechende Pläne vorbereitet. Vor zwei Jahren erlangten englische Ingenieure die Erlaubnis zum Bau einer Eisenbahn von Schukautschung bei Tiëntsin zu den Kohlenminen von Kaiping (13 km), die auch gelegentlich zur Personenbeförderung benutzt wird. Die erste Telegraphenlinie wurde 1874 eröffnet, dieselbe diente aber, wie einige kleinere darauf folgende, nur dem lokalen Bedürfnis. Die erste Linie für den internationalen Dienst (Schanghai-Tiëntsin, 1510 km) datiert von 1881, darauf folgten rasch die Linien Tiëntsin-Taku und Tiëntsin-Peking; augenblicklich (1885) steht Schanghai mit den wichtigsten Vertragshäfen in Verbindung, und ein Drahtnetz über alle Teile des Reichs dürfte nicht lange aus sich warten lassen. Die Insel Formosa hat gleichfalls eine Telegraphenlinie. Die unterseeischen Linien an den Küsten befinden sich sämtlich im Besitz fremder Gesellschaften.
Münz- und Währungsverhältnisse. Die einzigen Münzen, welche in China selbst geprägt werden, sind die Käsch oder Tungtsin aus Kupfer von verschiedenem Werte; durchschnittlich gehen 1120 auf einen mexikanischen Dollar. Der Haikuan Tael ist eine Rechnungsmünze, deren Wertverhältnis zum mexikanischen Dollar durch Verträge festgestellt ist. Der Haikuan Tael, in dem die Zölle bezahlt werden und die Werte der Zollstatistik berechnet sind, gilt etwas über 1½ mexikan. Dollar, was im Durchschnitt der Kursschwankungen für 1884: 5 Shill. 7 P. = 5,60 Mk. = 7,06 Frank ergibt.
Mexikanische Dollars zirkulieren vorwiegend in den südlichen Vertragshäfen, in Schanghai nur für den Kleinverkehr. Größere Zahlungen erfolgen in Silberbarren (engl. shoes), die von einer Bank nach ihrem Gehalt gestempelt sind; solche Barren wiegen gewöhnlich 50 Taels à 37,783 g. Kleinere Zahlungen macht man mittels kleiner Stücke ungestempelten Silbers, die bei jeder Zahlung gewogen werden; doch sind die Handelsusancen in diesem Punkt sehr verschieden. Im Innern sind Silberbarren und Kupferkäsch (oder Sapeken) noch immer die Hauptzahlmittel.
Geldtransaktionen mit London und Paris vermitteln nach dem Kurs des Schanghai Tael (5 Shill. = 6,38 Fr.) die in den Vertragshäfen etablierten sechs englischen Banken und eine französische (Comptoir d'Escompte de Paris). Einheimische Banken bestehen in sehr großer Zahl; von der Regierung zur Erhebung der Taxen und Steuern verwendet, ist es ihnen gestattet, gegen einige Sicherheit für den Ankauf von Landesprodukten Noten auszugeben, die auf starkes, grobes Papier gedruckt und, um der Fälschung vorzubeugen, mit einer Menge Stempel versehen sind.
Dies Papiergeld zirkuliert in Abschnitten von 100 bis zu 1000 Käsch und ist außerordentlichen Schwankungen unterworfen. Regierungspapiergeld gab es früher gleichfalls, schon seit der Dynastie Thang (7.-10. Jahrh.); es kam aber durch die betrügerischen Manipulationen der Mongolenkaiser (1280-1333) in Mißkredit und wurde abgeschafft. Das chinesische Banksystem datiert bis ins 1. Jahrh. v. Chr. zurück, und die chinesischen Bankiers, die meist zugleich Pfandleiher sind, bilden eine einflußreiche Gilde.
Maße und Gewichte. Längenmaß ist das Tschih (3,55 m) = 10 Tsuns = 100 Fens, Wegmaß das Li = 360 Pus = 556,5 m, Landmaß das Mou = 6,13 Ar, Hohlmaß das Scheng = 10,51 Lit. Einheitsgewicht ist für gewöhnliche Ware das Tschin oder Katti = 604,53 g = 16 Liangs oder Taels (100 Tschin = 1 Tan oder Pikul), für wertvollere der Liang oder Tael = 37,783 g.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Die Staatsverfassung Chinas ist monarchisch und den Staatsgrundgesetzen nach, wie sie in den ersten vier Büchern des Konfutse enthalten sind, patriarchalisch; in Wirklichkeit ist die Regierung jedoch in eine Willkürherrschaft der Provinzvorstände ausgeartet. An der Spitze steht der Kaiser, er wird als der Vater seines Volkes betrachtet und besitzt über alle seine Unterthanen unumschränkte Gewalt. Er ist ein geistliches Oberhaupt, wie viele europäische Herrscher es sind, zugleich höchster Richter und Anführer im Krieg.
Man verehrt den Kaiser in abgöttischer Weise, indem man sich in den Staub wirft, sobald er erscheint, ja sogar vor dem leeren Thron. Nie läßt er sich öffentlich sehen, ohne daß Scharen von Polizeidienern voraufgehen und eine ungeheure Leibgarde folgt. Das Recht der Nachfolge beruht nicht auf der Erstgeburt, sondern der Kaiser wählt sich seinen Nachfolger unter den Söhnen seiner ersten drei Gemahlinnen; jedoch wird seine Wahl erst bei seinem Tod bekannt gemacht.
Die Mitglieder der kaiserlichen Familie genießen als solche nur geringe Auszeichnung von seiten des Staats. Die Regierung des Landes ist eine ziemlich verwickelte. Ein umfassendes Staatshandbuch in 920 Bänden, das Tatsing Huitien, ist ausschließlich der Darstellung der Regierungsverhältnisse gewidmet. Staats- und Hofämter, auch Zivil- und Militäranstellungen sind oft in Eine Hand gelegt; für die Kultus- und Unterrichtsanstalten bestehen besondere Behörden.
Seit Beginn des 18. Jahrh. werden die wichtigsten Staatsangelegenheiten von einem Kabinett von Ministern unter dem Titel Künkitschu in Gegenwart des Kaisers meist in den frühen Morgenstunden (von 5 bis 6 Uhr) verhandelt. Nächst diesem, dem »hohen Rat«, steht nominell die oberste Leitung der Verwaltung bei der »innern Ratskammer« (Nuiko) von vier Mitgliedern (zwei von tatarischer und zwei von chinesischer Abkunft). Unter den Befehlen dieser Mitglieder arbeiten die sechs Regierungsabteilungen, welche die innern Angelegenheiten besorgen. Es sind dies folgende sechs Tribunale (Liupu): für Zivilbeamte, deren Ernennung etc.;
für Finanzen (das fremde Seezollwesen untersteht dem auswärtigen Amt);
für Gebräuche und Zeremonien;
für Kriegswesen;
für Strafsachen;
für öffentliche Arbeiten.
Für die Nebenländer (Mongolei etc.) besteht das Fremdenamt (Lifanjuan). Im J. 1860 wurde das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (Tsunglijamen) eingesetzt, dem die von Europäern geleiteten Anstalten unterstellt sind. An die Zentralverwaltung berichtet der »Rat der öffentlichen Zensoren« (Tutschajuen). Diese höchst merkwürdige Institution zählt etwa 60 Mitglieder unter 2 Präsidenten (der eine von chinesischer, der andre von tatarischer Abkunft).
Ihre Mitglieder besitzen das Vorrecht, gegen jede Regierungsmaßregel auf politischem wie wirtschaftlichem Gebiet zu remonstrieren und dem Kaiser Gegenvorstellungen zu machen. Dieser Rat hat seine Vertreter in jeder Provinz, die teils den Sitzungen der Provinzialbehörden anwohnen, teils die Provinz bereisen und über ihre Wahrnehmungen an den Rat berichten. Zu den Instituten der Zentralverwaltung gehört noch eine Art kaiserlicher Akademie der Wissenschaften, das Kollegium der Hanlin, bestehend aus den ersten wissenschaftlichen Autoritäten des Landes.
Die Mandschurei ist administrativ in drei Teile geteilt: einen südlichen (Schingking), einen mittlern (Kirin) und einen nördlichen (das chinesische Amurgebiet), jeder unter einem Gouverneur. Die