Die feste
Haltung Chiles führte dann zur förmlichen
Kriegserklärung. Indessen hatte der
Krieg einen für
Spanien kläglichen
Verlauf. Zwar waren die
Vorstellungen der fremden Mächte erfolglos; aber ein kräftigeres Auftreten wurde durch die
ErhebungPrims 1866 vereitelt, und als ein
Gefecht zur
See für
Pareja unglücklich ausfiel und
Peru unter dem
PräsidentenPrado sich gegen
Spanien erklärte, erschoß sich
AdmiralPareja, und sein Nachfolger Mendez
Nunez konnte sich nur durch die ebenso
feige wie grausame Beschießung von
Valparaiso und Caliao rächen.
Nach diesen Heldenthaten verließ die spanische
Flotte die chilenischen Gewässer. Durch Vermittelung
der
Vereinigten Staaten
[* 6] wurde im Juli 1869, unter Festsetzung eines
Schadenersatzes für das
Bombardement von
Valparaiso, zwischen
Chile und
Spanien ein
Waffenstillstand und nach einigen
Jahren auch
Friede geschlossen. Chile aber brachte diese auswärtige Verwickelung
den großen Vorteil, daß über ihr alle innern Streitigkeiten und Mißstimmungen in Vergessenheit kamen.
Die innere
Entwickelung schritt stetig voran, die Zunahme der
Bevölkerung
[* 7] war eine befriedigende, und die fremde
Einwanderung
steigerte sich. Auf die Erweiterung der Verkehrsmittel nahm man unausgesetzt Bedacht; Ende 1866 konnte die wichtige
Eisenbahn
von
San Fernando nach
Curico dem
Verkehr übergeben werden. Die teilweise Umgestaltung und Kodifizierung
der
Gesetze ward mit
Eifer betrieben und namentlich an einem
Handelsgesetzbuch gearbeitet. Der überseeische
Handel wie auch
der Küstenhandel ließen eine beträchtliche
Steigerung erkennen.
Die Tüchtigkeit und Solidität des chilenischen Staatswesens sollte bald eine schwierige Probe bestehen. 1879 geriet nämlich
Chile in einen neuen Streit mit
Bolivia über die Atacamaküste. Ersteres beanspruchte eigentlich deren
Besitz bis zum 23. Breitengrad,
hatte sich aber in einem
Vertrag von 1874 dazu verstanden, auf den Küstenstrich von
Caracoles und
Antofagasta
zu verzichten, wogegen
Bolivia die Ausbeutung der dortigen
Guano- und Salpeterlager und Silberbergwerke durch Chilenen gestattete
und versprach, innerhalb 25
Jahren keine neuen
Steuern aufzulegen.
Als
Peru und
Bolivia nun ein
Bündnis schlossen, erklärte ihnen Chile den
Krieg. Derselbe wurde anfangs zur
See geführt
und nicht glücklich für Chile, da es die
Blockade der südperuanischen Häfen wieder aufgeben mußte und durch das peruanische
Panzerschiff
[* 11] Huascar empfindliche Verluste erlitt. Erst nach dessen Wegnahme (8. Okt.) konnte Chile, das
nun die
See beherrschte,
Truppen im südlichen
Peru ausschiffen, welche die peru-bolivianische
Armee19. Nov. bei
Dolores schlugen
und die reiche Salpeterprovinz
Tarapaca einnahmen. 1880 siegten die Chilenen 27. Mai bei
Tacna, erstürmten 7. JuniArica und rückten
nach den
Siegen
[* 12] von
Chorillos und
Miraflores(15. Jan.)17. Jan. in
Lima
[* 13] ein. Der 21monatliche
Krieg
endete also mit der völligen Überwindung der Gegner. Zwar konnten dieselben zunächst nicht zum
Frieden gezwungen werden,
da es sowohl in
Peru als in
Bolivia infolge innerer Umwälzungen an einer regelmäßigen anerkannten
Regierung
fehlte. Doch genoß Chile einstweilen die reichen Einkünfte der besetzten Küstenprovinzen und ihrer
Guano- und Salpeterlager.
Der neue
PräsidentSanta Maria schloß auch einen
Vertrag mit der
Argentinischen Republik ab, der die Grenzstreitigkeiten
in
Patagonien schlichtete. Erst 1884 hatte sich in
Peru eine
Regierung gebildet, mit der Chile einen Friedensvertrag
abschließen konnte. Derselbe wurde zu
Lima unterzeichnet; Chile erhielt die
ProvinzTarapaca für immer,
Tacna und
Arica
auf zehn Jahre abgetreten; dasjenige der beiden
Länder, zu dessen gunsten die Bewohner sich dann entscheiden, zahlt dem andern 10 Mill.
Doll. Mit
Bolivia wurde ein
Waffenstillstand vereinbart. Im
Süden besetzten die Chilenen das Araukanergebiet
ohne
Widerstand. Was die innere
Politik betrifft, schritt Chile auf der
Bahn der freiheitlichen
Entwickelung vor und beschränkte
die Macht der
Kirche.
Zur Geschichte des
Landes vgl.
Molina, Geschichte der
Eroberung von Chile (deutsch, Leipz. 1791);
Merandez,
Manual de historia y
cronologia de Chile (Par. 1860);
der Nation sich auch durch äußern Wohlstand und Frieden der verklärten Natur kundgeben werde. Aus dieser prophetischen Perspektive
griff das spätere Judentum mit Vorliebe die politische Seite heraus. Neben blutiger Rache an den Unterdrückern forderte man
auch für die inzwischen verstorbenen Israeliten Anteil an dem Heil des Messiasreichs. So entstand der
jüdische Volkstraum von einem theokratischen Weltreich, in welchem unter der sichtbaren Herrschaft des Messias das aus der
Zerstreuung gesammelte und vom Tod erweckte Israel nach Zerstörung der Weltreiche, im alleinigen Dienst Jahves, über die Heiden
herrschen werde. Es war eine psychologische Unvermeidlichkeit, daß, als sich die alttestamentliche Messiasidee im
Christentum vollendete und verwirklichte, auch der chiliastische Volksglaube mit in die judenchristliche Zukunftshoffnung
überging.
Daher lehrt die Offenbarung des Johannes (20, 4), daß nach der Wiederkunft Christi seine standhaften Bekenner mit ihm auferstehen
und 1000 Jahre herrschen werden. Der Bestimmung der Dauer liegt eine bereits den Juden geläufige Projektion
[* 15] der
Schöpfungswoche in sechs oder sieben Jahrtausenden, näher eine Kombination des sogen. Hexaemeron mit
Psalm 90, 4. (vgl.
2. Petr.
3, 8). zu Grunde, so daß die 1000 Jahre der Herrschaft der Heiligen dem Sabbat entsprechen. Gleichfalls aus der Johanneischen
Offenbarung (20, 7 ff.) stammt die Vorstellung, daß am Ende der 1000 Jahre der Satan wieder los werden
und seine letzten Kräfte gegen das Gottesreich aufbieten werde; erst nach seiner Vernichtung beginnt dann die ewige Seligkeit,
das reine Jenseits, »ein neuer Himmel
[* 16] und eine neue Erde«.
In der Ausmalung der dieser letzten Katastrophe vorangehenden paradiesischen Glückseligkeit gab die urchristliche Phantasie,
welche sich mit ihren Zukunftsahnungen jahrhundertelang in dem beschriebenen Rahmen bewegte, der jüdischen
nichts nach. Noch bei Papias, dem bis in die Mitte des 2. Jahrh. lebenden Bischof von Hierapolis, finden wir angebliche Aussprüche
Jesu über die monströse Fruchtbarkeit der Natur im Tausendjährigen Reich, über die Vortrefflichkeit seiner Weinstöcke etc.
und innerhalb der ersten Hälfte desselben Jahrhunderts ist der dem Apostelschüler Barnabas zugeschriebene
Brief entstanden, welcher jene Herleitung des aus dem Sechstagewerk ausdrücklich enthält (Kap. 15). Nicht minder begegnen
uns die Grundzüge der chiliastischen Weltanschauung auch bei Cerinth und sämtlichen Richtungen der Ebioniten, im »Hirten des
Hermas« und in den SibyllinischenBüchern, welche wenn auch nicht den Namen, doch die Sache enthalten und
zwar vermischt mit heidnischen Bildern aus dem Idyll des goldenen Weltalters.
Justin der Märtyrer sieht im C. den Schlußstein der orthodoxen Lehre;
[* 17] der 190 schreibende BischofIrenäus erweist Recht und Wahrheit
des aus Schrift und Tradition, Tertullian aus der neuen Prophetie des Montanismus. Gerade diese Richtung aber
führte durch ihre schwärmerische Übertreibung eine Ernüchterung innerhalb der Kirche herbei, und um 200 tritt in dem römischen
PresbyterCajus der erste Bekämpfer des Chiliasmus auf. Mit noch größerm Erfolg trat Origenes von seinen spiritualistischen Voraussetzungen
aus gegen die sinnliche Zukunftserwartung auf.
Tauchen seither auch noch von Nepos und Korakion bis auf Methodius und Lactantius einzelne Anhänger des Chiliasmus in der Kirche auf,
so war doch dessen unaufhaltsame Niederlage durch die seit Konstantin politisch veränderte Stellung der Kirche besiegelt. Sobald
die siegreiche Kirche sich auf dem Boden dieser Erde es wohnlich gemacht hatte,
machte sie sich mit dem
Gedanken vertraut, das Tausendjährige Reich sei schon mit dem Christentum selbst gekommen, und Augustin erhob diese Auffassung
zur herrschenden.
Seitdem sehen wir chiliastische Meinungen in der Kirche nur sporadisch auftauchen, wie gegen das Ende des ersten christlichen
Jahrtausends. Um so mehr gaben sich unter den mit der päpstlichen Hierarchie unzufriedenen Sekten, die
durch Verfolgungen zu fanatischen Hoffnungen aufgeregt wurden, jeweilig auch chiliastische Anschauungen kund. S. Evangelium,
ewiges. Zur Zeit der Reformation aber standen neue Propheten des Tausendjährigen Reichs auf, welche durch radikale Wiedergeburt
der verderbten Welt dem Kommen Christi die Bahn brechen wollten. Die Reformatoren selbst teilten zwar den
Glauben an die Nähe des Weltendes, verwarfen jedoch schon in der Augsburgischen Konfession (Art. 17) die Zurüstungen der Anabaptisten
auf die nahe OffenbarungChristi und deren Errichtung eines neuen Zion als jüdische Träumerei.