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Bereitung von Palmhonig; auch sind die Früchte einiger Myrtenarten eßbar. Eine Bambusart, Coligue genannt, wird zum Dachdecken gebraucht. Was endlich die Tierwelt betrifft, so ist dieselbe durch auffallend wenige Arten vertreten; nur die Vögel [* 2] und die Krustaceen sind sehr zahlreich. Auf den Kordilleren findet man, doch selten, Guanakos und Vicunnas; in den Wäldern leben Pumas (der amerikanische Löwe, das einzige größere Raubtier [* 3] Chiles und der gefährlichste Feind der Herden), Hirsche [* 4] (Cervus chilensis und humilis), Guinnakatzen, Füchse, Wiesel, [* 5] Waschbären, Gürtel- und Beuteltiere. [* 6]
Von wertvollen Pelztieren sind fast nur die Chinchilla, der Coypú (eine Wasserratte) und der Guillin (ein Fischotter) [* 7] zu nennen. Von Landvögeln zählt Molina 135 Arten, von denen aber nur die Kolibris [* 8] und ein Star (Sturnus militaris) durch Schönheit glänzen. Unter ihnen findet sich auch der Kondor; am zahlreichsten aber sind Enten, [* 9] der chilenische Schwan (schneeweiß mit schwarzem Kopf und Hals), Reiher, Ibisse, Flamingos, Papageien, Drosseln, viele Arten kleiner Singvögel und Tauben. [* 10] Im S. finden sich patagonische Strauße. An Amphibien ist Chile [* 11] arm; von Schlangen [* 12] gibt es nur eine einzige, unschädliche Art, auch keine Alligatoren, nur wenige Frösche [* 13] und Eidechsen [* 14] (darunter die Iguana, welche über ½ m lang wird), an der Küste mehrere Schildkrötenarten und große Mengen von Chonos, einer Auster, [* 15] die eine Lieblingsspeise der Eingebornen abgibt. Eßbare Fischarten, darunter mehrere Karpfen, Forellen und der Bagre, eine Welsart von ausgezeichnetem Geschmack, zählt man mehr als 200; doch hat der früher stark betriebene Fischfang sehr abgenommen. Die Insektenwelt ist nur spärlich vertreten; giftige Arten fehlen ganz, auch Moskitos und Heuschrecken. [* 16] Nur eine einheimische Spinnenart (Latrodectus formidabilis) soll durch ihren Biß gefährlich sein.
Bevölkerung.
Die Bevölkerung (ohne Antofagasta, Tarapacá, Tacna-Arica) betrug 1865: 1,819,223, 1875: 2,075,971 Seelen und wurde 1882 zu 2,237,949 Seelen geschätzt. Einschließlich von 50,000 wilden Indianern im äußersten Süden dürfte Chile Anfang 1885: 2,500,000 Einw. gehabt haben, so daß also nur 3,8 Einw. auf das QKilometer kämen. Am dichtesten ist die Bevölkerung [* 17] in den Provinzen Valparaiso, [* 18] Santiago, Concepcion und Máule, am dünnsten in Magallanes, Atacama und den von Bolivia und Peru [* 19] erworbenen Gebietsteilen.
Nach der Zählung von 1875 kamen auf 1000 männliche Bewohner nur 1009 weibliche; 35 Proz. der Bevölkerung lebten in den Städten. Die jährliche Zunahme belief sich 1865-75 auf nur 1,4 Proz., trotzdem daß auf 1000 Lebende 46 Geburten und nur 28,4 Todesfälle kommen. Jedenfalls würde der Zuwachs bedeutender sein, wenn nicht die traurigen landwirtschaftlichen Verhältnisse jährlich Tausende von Chilenen ins Ausland trieben und gleichzeitig der Einwanderung aus Europa [* 20] enge Grenzen [* 21] setzten.
Ob der in jüngerer Zeit von der chilenischen Regierung gemachte Versuch, durch Landschenkungen Einwanderer heranzuziehen, von Erfolg gekrönt sein wird, muß die Zukunft lehren. Nach 1875 zählte man im ganzen Staat nur 26,635 Ausländer, und von ihnen stammten nur 17,807 aus Europa und Nordamerika [* 22] (4678 Deutsche, [* 23] 4267 Engländer, 3314 Franzosen). Unter diesen Ausländern nehmen zwar die Engländer im Handel und Bergbau [* 24] die vornehmste Stelle ein, aber der Einfluß der Deutschen ist trotzdem wohl ein für das Land ersprießlicherer, indem ihre in den Provinzen Valdivia und Llanquihue gegründeten Kolonien sehr wesentlich zur Entwickelung der Hilfsquellen des Landes beitragen. Auch sollen (nach Fonck) die Deutschen unter allen Fremden die beliebtesten sein, weil sie sich rasch in die Sprache, [* 25] Sitten und Lebensweise des Landes einzugewöhnen wissen. Ihre Kolonien (meist von Lutheranern aus Württemberg [* 26] gegründet) blühen, und deutsche Kirchen, Schulen und Vereine sind zahlreich.
Abgesehen von den Indianern (deren Zahl indes nicht sehr bedeutend ist) sowie den wenigen Negern und ihren Mischlingen, besteht die einheimische Bevölkerung aus etwa 400,000 Abkömmlingen von eingewanderten Europäern (Spaniern) reinen Bluts und den aus der Mischung von Europäern und Indianern hervorgegangenen Mestizen. Als Hauptcharakterzug der Chilenen bezeichnet man Gutmütigkeit, Sanftheit, Fröhlichkeit, Vorliebe für Poesie und Musik, aber auch Spiel- und Prozeßsucht. Dem Fremden kommt man mit Herzlichkeit entgegen. Die Frauen reinen Bluts zeichnen sich durch Schönheit sowohl als anmutiges und doch würdevolles Benehmen aus. Arbeitsamkeit und wahre Vaterlandsliebe sind Tugenden, die der Chilene in höherm Grad besitzt als andre Abkömmlinge der Spanier in Südamerika. [* 27]
Die Zahl der Indianer, welche in Chile noch in Stämmen lebt, war schon zur Zeit der Befreiung des Landes vom spanischen Joche gering und beschränkt sich jetzt auf den Süden des Landes. Die Changos, im N. des Landes, die auf ihren zerbrechlichen, aus zwei mit Luft gefüllten Schläuchen von Seehundsfell gebildeten Balsas auf den Fischfang ausfahren, das Guanako jagen oder in den Bergwerken arbeiten, haben schon längst die spanische Sprache angenommen. Alle übrigen Indianer, von Copiapo bis zur Magelhaensstraße, gehören zum großen Stamm der Aucaes oder Araukaner (s. d. und Tafel »Amerikanische Völker«),
deren letzte Reste auf dem Festland sich 1883 freiwillig der chilenischen Regierung unterwarfen. Desselben Stammes sind die Huilli-che (»Südvolk«) auf Chiloe und die Chonos, Poyyas und Key-yas an der Küste von Magallanes. Im äußersten Süden endlich wohnen die Anacaluf (s. Feuerland).
Für die Erziehung ist in Chile mehr geschehen als in irgend einem andern Staat Südamerikas. Der Unterricht in sämtlichen vom Staat unterhaltenen Lehranstalten ist unentgeltlich. An der Spitze dieser Anstalten steht die wohlausgestattete Universität von Santiago, 1883 mit 912 Studenten. An Fachschulen gibt es eine landwirtschaftliche Schule (mit Musterwirtschaft), eine Kunstschule, eine Gewerbeschule, mehrere Bergbauschulen, ein Konservatorium für Musik, eine See- und Militärschule und 2 Lehrerseminare unter deutscher Leitung (102 Studenten).
Den Sekundärunterricht erteilen das Nationalinstitut in Santiago und 18 Provinziallyceen (1883: 4130 Schüler). An Volksschulen gab es 1883: 1198 (wovon 472 von Vereinen unterhalten wurden) mit 78,941 Schülern. Insgesamt widmeten der Staat und die Gemeinden dem Schulwesen 1883 die beträchtliche Summe von 1,907,850 Pesos. In den größern Städten findet man außerdem von Privatunternehmern geleitete Colegios. Unter den wissenschaftlichen Anstalten ragen die Nationalbibliothek und die Sternwarte [* 28] in Santiago hervor.
Erwerbszweige.
Landwirtschaft und Bergbau bilden die Hauptwerbszweige. Im J. 1875 beschäftigten sich von je 1000 Personen, deren Beschäftigung angegeben war, 414 mit Landwirtschaft, 259 in Gewerben, 154 als ¶
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Dienstboten, 34 mit Handel, 33 mit Bergbau. Die Landwirtschaft hat wohl in jüngerer Zeit bedeutende Fortschritte gemacht, leidet aber noch immer unter dem Fluch des Großgrundbesitzes, der allerdings für den mittlern Teil des Landes, wo der Feldbau großartige Bewässerungsanstalten bedingt, einige Berechtigung hat. Aber auch in den jüngst erworbenen Bezirken Araucanias hat die Regierung den größten Teil des Landes abermals an große Kapitalisten verkauft und nur kleinere Bezirke für kleinere Landwirte reserviert.
Die Majorate, auf denen die Wirtschaft durch Fronbauern (Inquilinos) betrieben wurde, sind bereits 1828 aufgehoben worden, und während es 1832 nur 12,028 ländliche Grundbesitzer gab, zählte man deren 1875 bereits 121,055. Die größern Güter werden jetzt vielfach durch Pachter bewirtschaftet, die einen Teil des Ertrags als Pacht zahlen. Angebaut werden namentlich: Weizen, Mais, Gerste, [* 30] Hafer [* 31] und Roggen;
Bohnen, Linsen und Erbsen, und als Futter Luzerne.
Der Anbau von Runkelrüben ist 1883 mit Erfolg eingeführt worden. Kartoffeln und die verschiedensten Gemüse werden namentlich von kleinen Leuten gebaut. Unsre europäischen Obstbäume gedeihen vorzüglich. Der Tabaksbau hat sich seit Beseitigung des Monopols (1880) bereits bedeutend entwickelt. Außerdem baut man Flachs, Hanf, Hopfen, [* 32] spanischen Pfeffer, und in der That gedeihen alle Gewächse der gemäßigten und subtropischen Zonen, ja in den neuerworbenen Provinzen des Nordens sogar Baumwolle [* 33] und Kakao. Der Wein kommt dem besten spanischen gleich. Im J. 1882 gewann man 31,894,724 Lit. Wein, 6,017,562 L. Branntwein und 22,042,239 L. Chicha.
Die Gräser [* 34] der Ebene wie die Gebirgswiesen geben vortreffliche Futterkräuter und begünstigen die Viehzucht. [* 35] Die Pferde, [* 36] von andalusischer Rasse, sind lebhaft, gelehrig und unermüdlich, aber als Zugtiere nicht schwer genug. Man hat daher englische und französische Rassen eingeführt. Die Rinder, [* 37] spanische Rasse, sind von Mittelgröße und stark, geben aber nur wenig Fleisch. Für die Milchwirtschaft, die übrigens, namentlich was die Käsebereitung betrifft, noch wenig entwickelt ist, hat man daher englisches Vieh importiert.
Von Rindvieh kommt auch viel aus Argentinien, um auf den fetten Weiden gemästet zu werden. Für Verbesserung der Schafzucht durch Kreuzung ist bereits viel geschehen. Im ganzen zählte man 1875: 586,073 Rinder, 1,183,591 Schafe [* 38] und Ziegen, 196,174 Pferde. An der Sonne [* 39] getrocknetes Rindfleisch (Charqui) bildet einen wichtigen Artikel der Ausfuhr. Außerdem liefert die Viehzucht zum Export Horn, Häute, Knochen, [* 40] gesalzenes Fleisch, Fett, geräucherte Zungen und Schinken. Die Bienenzucht [* 41] ist erst seit 1844 eingeführt. Die Fischerei [* 42] ist von ganz untergeordneter Bedeutung. Die Wälder des Südens liefern neben Nutzholz noch wertvolle Rinden, wie die des Quillaybaums, die zum Waschen von Wolle benutzt wird, und verschiedene Gerberrinden. Alles in allem schätzte man 1883 den Wert der ausgeführten Produkte der Landwirtschaft und der Wälder auf 11,864,524 Pesos.
Ungemein reich ist Chile an nutzbaren Metallen und Mineralien, [* 43] und schon 1875, ehe noch Tarapacá in Besitz genommen war, beschäftigte der Bergbau 29,000 Menschen. Der regenlose Norden [* 44] liefert namentlich Salpeter, Jod und Borax, [* 45] der mittlere Landstrich Kupfer [* 46] und Silber, der Süden Steinkohlen, Eisen [* 47] und Gold. [* 48] Sämtliche Produkte des Bergbaues und Hüttenbetriebes, die ausgeführt wurden, schätzte man 1882 auf 56,051,845 Pesos, 1883 auf 57,679,240 Pesos, wovon 30 Mill. auf salpetersaures Natron, 16,5 Mill. auf Kupfer, 5 Mill. auf Silber, 3 Mill. auf Jod und 1 Mill. auf Borax kamen.
Die ergiebigsten Kupfergruben liegen in den Provinzen Coquimbo (Tamaya) und Aconcagua (Manatiel). Der größte Teil des Kupfers wird im Land selbst verschmolzen und in Gestalt von Stangen ausgeführt. 1884 soll die Kupferausbeute Chiles 41,148 Ton. betragen haben, wogegen in den Vereinigten Staaten [* 49] 63,950 T., in der ganzen Welt aber 211,613 T. gefördert wurden. Für Silber bildet Copiapo den wichtigsten Zentralpunkt, und Chanarcillo und Caracoles sind die ergiebigsten Minenreviere.
Gold findet sich sowohl im Alluvium als eingesprengt und wurde bald nach der Eroberung bei Osorno, Villarica etc. mit Erfolg ausgebeutet, spielt aber jetzt eine sehr untergeordnete Rolle. Eisen kommt an vielen Stellen vor, ist aber bisher wenig beachtet worden. Dagegen sind die ungeheuern Lager [* 50] an Natron, Salzen etc., in deren Besitz Chile durch seine jüngsten Eroberungen gelangt ist, von großer Bedeutung. Ebendort finden sich auch noch reiche Lager von Guano; Steinkohle wird namentlich an der Araucobai bei Lota gewonnen, wo auch die wichtigsten Hüttenwerke liegen, sowie zu Punta Arenas im Territorium Magallanes. Die Gesamtausbeute von jährlich 500,000 Ton. dient fast ausschließlich zur Versorgung der vielen Schmelzwerke an der Küste und der verschiedenen Dampfschiffahrtsgesellschaften.
Die Industrie, abgesehen von den Hüttenwerken und der Gerberei, ist noch ziemlich unbedeutend, obschon sich ein Aufschwung darin nicht verkennen läßt. Von Wichtigkeit sind namentlich die Kornmühlen, die Stärkefabriken, die Sägemühlen (im S.), die Seifensiedereien und Kerzenfabriken, die Brauereien und Brennereien. Auch ist die häusliche Industrie von Bedeutung. Sie liefert namentlich Gewebe, [* 51] Stickereien, Teppiche, Körbe und irdene Waren.
Für den Handel liegt Chile mit seiner langgestreckten Küste und seinen zahlreichen guten Häfen, unter denen Arica, Iquique, Antofagasta, Caldera, Coquimbo, Valparaiso, La Concepcion und Valdivia die bedeutendsten sind, ungemein günstig. Dampferlinien, unter denen eine chilenische Gesellschaft, die englische Pacific Steam Navigation Company und die deutsche Kosmoslinie die wichtigsten sind, verbinden diese Häfen mit Panama [* 52] einerseits und durch die Magelhaensstraße direkt mit Europa. 1883 liefen vom Ausland 1736 Schiffe [* 53] von 1,816,072 Ton. ein (davon 778 Dampfer von 1,136,974 T.), darunter 937 englische von 985,357 T. und 221 deutsche von 211,503 T. Im Küstenhandel liefen 6391 Fahrzeuge von 5,300,680 T. ein, davon 252 deutsche von 202,265 T. Eisenbahnen führen von den Häfen ins Innere des Landes.
Die wichtigste dieser Bahnen verbindet Valparaiso mit der Hauptstadt Santiago und führt von dort südlich bis nach Ancud. Ihre Verlängerung, [* 54] bis nach Valdivia, ist im Bau. Im J. 1883 waren bereits 2217 km Eisenbahnen im Betrieb, wovon 965 km Staatseigentum waren. Die Landstraßen sollen eine Länge von 40,000 km haben. Unter den Pässen ist der besuchteste der von Uspallata oder der Cumbrepaß (s. d.), über den eine Eisenbahn nach Mendoza in Argentinien projektiert ist. Die Handelsmarine zählte 1883: 131 Schiffe von 53,071 T. Gehalt (einschließlich von 27 Dampfern von 12,512 T.). Die bedeutende Entwickelung des auswärtigen chilenischen Handels seit 1844 geht aus folgender Tabelle hervor: ¶