2) Helmina Christiane von, deutsche Schriftstellerin, Gattin des vorigen, geborne von Klencke, Enkelin der Karschin, geb. zu
Berlin, erhielt eine sorgfältige Erziehung und verheiratete sich nach einer zu früh geschlossenen, unglücklichen und bald
getrennten Ehe mit Chézy, den sie zu Paris im Kreis Fr. v. Schlegels kennen gelernt hatte. Als auch dies eheliche
Verhältnis dasselbe Schicksal hatte, kehrte sie nach Deutschland zurück und widmete sich litterarischen Arbeiten.
Nach dem Ausbruch des Befreiungskriegs 1813 gab sie sich der Pflege verwundete vaterländischer Krieger mit Eifer hin und lebte
später abwechselnd in Heidelberg, Berlin, Dresden, Wien, München und Genf,
wo sie, erblindet, starb.
In ihren Dichtungen schloß sie sich äußerlich an die romantische Schule an. Wir nennen: »Gedichte« (Aschaffenb.
1812, 2 Bde.);
»Herzenstöne auf Pilgerwegen« (Sulzbach 1833);
das Rittergedicht »Die drei weißen Rosen« (in der »Urania« 1821);
den Roman »Emmas Prüfungen« (Heidelb. 1827);
»Erzählungen und Novellen« (Leipz. 1822, 2 Bde.)
und »Stundenblumen« (Wien 1824-27, 4 Bdchn.).
Auch verfaßte sie den verworrenen, schwächlich romantischen Text zu Webers Oper
»Euryanthe« (Wien 1824). Ihre Memoiren gab B. Borngräber unter dem Titel »Unvergessenes« (Leipz. 1859) heraus.
3) Wilhelm von, Schriftsteller, Sohn der vorigen, geb. zu Paris, studierte in München die Rechte
und ließ sich nach öfters gewechseltem Aufenthalt 1850 in Wien nieder, wo er sich bei der Redaktion der »Österreichischen
Reichszeitung« beteiligte und starb. Er schrieb eine Reihe von Romanen und Erzählungen, wie: »Der fahrende Schüler«
(Zürich
1835),
»Die Martinsvögel« (das. 1837),
»Die sechs noblen Passionen« (Stuttg. 1842),
»Der fromme Jude« (das.
1845),
»Das große Malefizbuch« (Landshut 1847),
»Der letzte Janitschar« (1853) u. a. ferner erschienen von ihm: »Der Ehrenhold«,
eine Übersicht des Wissenswertesten aus der Wappenkunst (Stuttg. 1848);
»Das Rittertums Bild und Wort« (das. 1848) und »Erinnerungen
aus meinem Leben« (Schaffh. 1863-64, 2 Bde.).
(spr. kja-), Gabriello, berühmter ital. Dichter,
geb. zu Savona im Genuesischen, verwaiste früh, erhielt aber durch die Fürsorge eines Oheims in Rom eine ausgezeichnete
wissenschaftliche Bildung, trat daselbst auch in regen Verkehr mit den berühmten Humanisten Paulus Manutius und Muret. Nach dem
Tod seines Oheims trat er in die Dienste des Kardinals Cornaro, mußte jedoch infolge eines blutigen Racheaktes
an einem römischen Edelmann, der ihn beleidigt hatte, nach seiner Vaterstadt fliehen.
Hier bekam er neue Händel, die ihm eine halbjährige Haft zuzogen. Er lebte seitdem von den Einkünften seines mäßigen Vermögens
ruhig in seiner Vaterstadt den Wissenschaften und der schonen Litteratur und erwarb sich sehr bald als
Dichter einen so berühmten Namen, daß verschiedene italienische Fürsten, insbesondere die Großherzöge Ferdinand I. und Cosmo
II. von Toscana, Karl Emanuel von Savoyen sowie Papst Urban VIII., ihn mit Gunstbezeigungen überhäuften.
Allen Versuchen aber, ihn an irgend einen Hof zu fesseln, wich er aus und bewahrte seine Unabhängigkeit
bis zu seinem Tod. Er starb in Savona. Chiabrera war ein sehr fruchtbarer Dichter, der sich in fast allen Gattungen der
Poesie versuchte, aber nur in einer derselben Ruhm erworben hat. Seine fünf epischen Gedichte sowie seine Dramen erheben
sich nicht über die Mittelmäßigkeit und sind mit Recht jetzt vergessen. Als Lyriker aber nimmt er
unter den italienischen
Dichtern einen vorzüglichen Platz ein.
Durch das Studium der Griechen, namentlich des Pindar und Anakreon, gebildet, verließ er die schwächliche Manier der Petrarchisten
und eiferte seinen griechischen Mustern nach. So gelang es ihm, für die italienische Lyrik einen neuen,
durch Neuheit und Großartigkeit der Bilder, Erhabenheit des Ausdrucks und kühnern Schwung der Phantasie ausgezeichneten Stil
zu schaffen und zugleich die poetische Form durch Anwendung neuer Versarten und mannigfaltigerer Strophenformen sowie durch
freiere Behandlung des Reims zu erweitern. Seine Reformen erfreuten sich allgemeinsten Beifalls, und die
Italiener nennen ihn ihren Pindar und Anakreon. Chiabreras zu seinen Lebzeiten oftmals unter verschiedenen Titeln gedruckte lyrische
Gedichte sind am vollständigsten gesammelt unter dem Titel »Rime«
(Rom 1718, 3. Bde.;
Venedig 1757, 5 Bde.; Mailand 1807, 3 Bde.). Eine Auswahl gab Polidori heraus (Flor. 1865), eine andre Francesia
(Turin 1873).
(spr. kjä-), Vincenzo, ital. Maler, geb. zu Città di Castello, war anfangs zum Uhrmacher bestimmt,
kam dann zu einem Maler in seiner Vaterstadt in die Lehre und 1804 nach Rom in Camuccinis Schule. Granets Bild:
das Chor der Kapuziner, und die Ermunterung seiner Gönner veranlaßten ihn, sich in einer Gattung der Malerei zu versuchen, die
man das historisch-perspektivische Genre genannt hat. Seine gründlichen Studien der großen Reste altrömischer Bauten kamen
ihm hierbei sehr zu statten. Er lieferte eine Menge Darstellungen von Refektorien, Friedhöfen, Chören etc.,
besonders aus Kapuzinerklöstern. Zwei der schönsten aus den Jahren 1823-24, Friedhof und Messe darstellend, im Palazzo Pitti
zu Florenz, sind durch die Wahrheit der Darstellung, die geschickte Verteilung von Licht und Schatten, die treffende Charakterisierung
und Berücksichtigung der Lokalitäten und der Kostüme von besonderm Interesse. Er starb als
Direktor der Malerschule in Cortona.
(ital., spr. kjä-, Clanis), Wasserlauf in Mittelitalien, Abfluß einer lange versumpften, jetzt
trocken gelegten Senke, welche sich von dem Knie des Arno bei Arezzo bis zum Tiber (96 km lang und 3-9 km breit) erstreckt und
ihr Wasser in zwei Armen beiden Strömen zugleich zusendet, eins der interessantesten Beispiele von der Wirkung der Flußablagerung
und der dadurch allmählich herbeigeführten Bodenerhebung. Ursprünglich gehörte nämlich die Chiana nur
dem Tiber an, und ihr Bett bildete ein üppig blühendes Thal.
Die vielen kleinen hineinfallenden Apenninenbäche erhöhten jedoch durch Ablagerung ihres Schuttes nach und nach das kaum
geneigte Bett so, daß das stagnierende Wasser, Sümpfe bildend, die Ebene verödete und seit dem 10. Jahrh. ein trüber
Wasserarm von selbst zum Arno lief. Erst 1789-1816 gelang es durch Vertiefung des Chianabettes, namentlich aber 1823 (Graf
Fossombroni) durch Ableitungsgräben und dadurch, daß man die Bergströme nötigte, ihren Schutt anderswo abzulagern (Kolmation),
die Trockenlegung des Sumpfes zu bewirken und durch Kanalisierung das Wasser zugleich dem Arno und dem Tiber
zuzuführen. Der Scheidepunkt (argine di separazione, 250 m ü. M.) befindet sich
zwischen
mehr
den beiden kleinen Seen von Chiusi und Montepulciano. Der nördliche Arm, Chiana Toscana oder Canale Maestro, größtenteils kanalisiert
und schiffbar, fließt gegen N. und mündet nordwestlich von Arezzo in den Arno; der andre, Chiana Romana, hat südliche Richtung,
und gegenwärtig ist das Chianathal wieder eine der fruchtbarsten und bevölkertsten Gegenden Italiens.
Vgl. Fossombroni, Memorie idraulico-storiche sopra la val di Chiana (3. Aufl., Montepulciano 1835).