Bergkollegium berufen. Zuletzt (1778-1802) war er
Kurator der
Universität zu
Moskau,
[* 2] wo er starb. Die Zeitgenossen
haben nach der
Mode jener Zeit Cheraskow den »russischen
Homer« genannt,
weil er das französische pseudoklassische
Epos auf russischem
Boden kultiviert und nach den
Regeln Boileaus zwei große epische Gedichte zum
Ruhm Rußlands verfaßt hat:
»Die Rossiade« (»Rossiàda«),
und
»Wladimir«, in 18
Gesängen (1785). Im erstern besingt er die
EroberungKasans durch
Iwan den Schrecklichen,
im letztern die
Erleuchtung Rußlands durch das
Christentum. Außer diesen beiden schwerfällig und schwülstig geschriebenen
Hauptwerken hat Cheraskow noch
Dramen,
Romane, Fabeln, epische Gedichte,
Lieder etc. geschrieben.
Sein Hauptverdienst
besteht darin, daß er zuerst dem
Epos und dem Kunstroman in Rußland
Bahn gebrochen hat. Von poetischer
Schönheit, die den
Leser noch jetzt zu fesseln vermochte, sind bei Cheraskow nur die
Naturbeschreibungen, in denen zuweilen ein großer, majestätischer
Zug
waltet. Eine Gesamtausgabe seiner Werke ist nicht erschienen.
Eins seiner Werke, das Poem »Die
Schlacht
bei Tschesme«, ist auch ins Deutsche
[* 3]
übertragen worden (Petersb. 1773).
[* 1] (spr. schärbuhr),Arrondissementshauptstadt und Kriegsplatz ersten
Ranges im franz.
DepartementManche, liegt
an der Mündung der Divette in den
Kanal,
[* 4] an einer flachen
Bucht der
HalbinselCotentin, 115 km südlich
von
Portsmouth,
[* 5] dem nächstgelegenen
Hafen der englischen
Küste, am Ausgangspunkt der von
Paris
[* 6] kommenden
Eisenbahn, und ist
besonders wichtig als der stärkste der fünf großen Kriegshäfen
Frankreichs, der, 1858 nach mehr als 60jähriger
Arbeit
und einem Kostenaufwand von 200 Mill.
Frank vollendet, mit seinen
Molen und
Docks zu den großartigsten
Werken der neuern
Hydrotechnik gehört.
Die Stadt zerfällt in die alte bürgerliche und die neue militärische Stadt. Jene war bis in die neueste Zeit eine teilweise
noch ziemlich altmodische normännische Stadt mit weißen
Häusern, schmutzigen und schlecht gepflasterten
Gassen; sie liegt
auf völlig flachem, vom
Meer angeschwemmteBoden, gruppiert sich um den »Handelshafen« und hat hinter
sich eine
Reihe schöner, teils felsiger, teils mit
Wald bedeckter
Hügel und Thalmulden. An ihrer Westseite liegt der kleine
»Winterhafen«.
Jenseit desselben, im
NW., erstreckt sich die militärische Stadt, auf der Landseite von einem
Graben und einer 5 km langen
Linie von
Befestigungen umgeben, auf der Seeseite von breiten
Kais eingeschlossen; diese umfaßt den »Kriegshafen«
(s. unten). Unter den bürgerlichen Gebäuden Cherbourgs sind hervorzuheben: die
Kirche Ste.-Trinité (um 1450 erbaut, neuerlich
restauriert, mit verschiedenen Kunstwerken), die ehemalige
Abtei du Voeu, die neue
KircheSt.-Clément (1850-63 erbaut), das
Stadthaus (mit der reichhaltigen Gemäldesammlung
MuséeHenri, nebst einem
Münzkabinett, einer
Naturaliensammlung
und einer
Bibliothek), das neue
Hospital (von 1862), die
Hallen auf dem Platz des ehemaligen
Schlosses u. a. Auf dem Platz vor
dem Stadthaus steht die kolossale Reiterstatue
Napoleons I. (von Le
[* 7] Veel). Cherbourg hat (1881) 35,691 Einw.,
welche vorzugsweise
Schiffbau, Fabrikation von Wirkwaren,
Spitzen,
Chemikalien, Spinnerei und
Gerberei sowie
regen
Handel treiben. Cherbourg hat ein
Collège, eine hydrographische
Schule, eine
Börse, ein
Theater,
[* 8] eine städtische
Bibliothek von
62,000
Bänden, eine wertvolle Marinebibliothek von 25,000
Bänden und die bereits
oben erwähnten sonstigen Sammlungen; es
ist Sitz eines Marinepräfekten, eines
Handels- und eines Seegerichts, einer
Handelskammer und zahlreicher
Konsuln. Cherbourg ist auch ein besuchtes
Seebad, dessen Etablissements 1829 gegründet und 1864 prachtvoll restauriert wurden.
Der berühmte Kriegshafen besteht aus drei großen, miteinander in
Verbindung stehenden
Bassins, welche zusammen eine Flache
von 22
Hektar bedecken und 40 der größten
Schiffe
[* 9] aufnehmen können. Der äußern
Reede zunächst und
mit derselben durch einen
Kanal verbunden liegt der Vorhafen, nördlich von diesem und mit demselben durch eine
Schleuse verbunden
befindet sich das Flutbassin, und daneben im W. erstreckt sich der Hinterhafen, der sowohl mit dem Flutbassin als mit dem
Vorhafen durch
Schleusen verbunden ist. Um sie, besonders aber um den Hinterhafen, gruppieren sich die
Wasserdocks,
Werften,
Zeughäuser,
Magazine und
Depots, riesenhafte Werkstätten, Maschinenbauanstalten,
Ketten- und Ankerschmieden
und alle sonstigen Etablissements, die zum Neubau, zur
Ausrüstung und zur Verproviantierung von
Kriegsschiffen dienen.
Die französische
Regierung hat übrigens beschlossen, noch ein viertes, in den
Felsen auszusprengendes
Bassin zur Ausnahme
der größten
Panzerschiffe
[* 10] herzustellen, dessen
Kosten mit 40 Mill.
Fr. veranschlagt sind. Die
Reede oder
der Außenhafen, der zur Ebbezeit fast 14 m
Wasser hat, aber in hohem
Grade der Versandung unterliegt, ist im N. durch einen
riesigen
Damm oder
Wellenbrecher gegen den Andrang des
Meers geschützt und hat eine fläche von 1000
Hektar.
Der Steindamm, gebildet von angeschütteten
Quadern, die
oben mit behauenen
Steinen übermauert sind, ist 3712 m lang, an der
Basis 200, an der
Krone 9 m breit und zerfällt seiner Gestalt nach in zwei ungleich lange, gerade
Linien, welche gegen die
See hinaus einen sehr stumpfen
Winkel
[* 11] bilden. Das kolossale Bauwerk hat allein 67 Mill.
Fr. gekostet.
SechsLeuchttürme erhellen
Hafen und
Reede. Cherbourg ist sehr stark befestigt. Auf dem
Damm der
Reede stehen drei mit den schwersten
Geschützen
ausgestattete
Forts, ein zentrales, ein
Ost- und ein Westfort, zwischen welchen fortlaufende
Reihen von
Batterien angebracht
sind. Die Osteinfahrt in die
Reede wird außer durch das Ostfort des
Dammes durch die gegenüberliegende
stark befestigte
¶
mehr
InselPelée, die westliche Einfahrt durch das in ihrer Mitte auf einer Klippe gelegene FortBasse Chavagnac und durch das Fort
Querqueville beherrscht. Eine zweite Reihe von Befestigungswerken liegt im Hintergrund der Reede in und um den Kriegshafen und
die Stadt, darunter das Fort Homet, das Fort Galet und das Fort des Flamands. Auf den Höhen hinter der Stadt
endlich liegt eine Reihe von Festungswerken, welche Cherbourg gegen die Landseite verteidigen, aber auch die Reede beherrschen, darunter
die Forts des Fourches, d'Octeville und du Roule.
Diese Forts haben großenteils zugleich die Bestimmung von Kasernen, und das letztgenannte, das, auf einem
malerischen Granitfelsen gelegen, das Ostende
[* 13] der Kette bildet und auch den zu seinen Füßen liegenden Bahnhof beherrscht, ist
im stande, gegen 10,000 Mann aufzunehmen. Der Handelshafen, an der Mündung der Divette, besteht aus einem Außenhafen und
einem 408 m langen und 127 m breiten Bassin; ersterer kommuniziert mit dem Meer durch einen 600 m langen,
von Granitdämmen eingefaßten Kanal.
In den letzten Jahren hat der Handelshafen wichtige Verbesserungen erfahren, wozu namentlich die Verlängerung
[* 14] der östlichen
Linie, die Ausbaggerung des Bassins, die Herrichtung eines Stapels im W. des Außenhafens u. a. gehören. Der Hafen wurde 1883 von 1530 Schiffen
mit 356,729 Ton. angelaufen, wovon 931 Schiffe mit 311,946 T. aus fremden (meist englischen) Häfen kamen.
Der gesamte Warenverkehr belief sich auf 187,918 metr. T. Einfuhrartikel sind: Holz,
[* 15] Getreide,
[* 16] Mehl,
[* 17] Kohle und Kolonialwaren;
Geschichte. Die Sage läßt Cherbourg schon von CäsarsLegatenSabinus angelegt und danach Caesaris Burgum genannt
sein, während andre das alte Coriallum für Cherbourg halten. In der Geschichte erscheint es zuerst als Carusbur
unter Wilhelm dem Eroberer, durch den es an die englische Krone kam, die es bis um 1200 behauptete. 1418 eroberten es die Engländer
von neuem. Nach der Schlacht bei Formigny wurde Cherbourg zuletzt 14 Tage lang von Karl VII. von Frankreich belagert, und ergab
es sich den Franzosen, um fortan in ihrem Besitz zu bleiben.
Karl VII. erkannte die Wichtigkeit der Stadt und verstärkte ihre Festungswerke bedeutend. Ludwig XI. bewilligte
ihr große Privilegien, ebenso Franz I. und Heinrich IV. Eine neue Ära begann für Cherbourg im 17. Jahrh. unter Ludwig XIV., der zuerst
die Idee faßte, Cherbourg zu einem sichern Kriegshafen und zum Schlüssel des Kanals, England gegenüber, zu machen. Unter Vaubans Leitung
wurden 1687 die Arbeiten begonnen und mit einigen Unterbrechungen bis zur Einnahme der Stadt durch den englischen
AdmiralHowe 1758 fortgesetzt, der sämtliche Befestigungen von Grund auf zerstören ließ.
Ludwig XVI. nahm den Befestigungsplan wieder aus und erweiterte ihn. Das Hauptaugenmerk richtete man nun auf die Schaffung
eines Kriegshafens. Zu diesem Zweck ward unter Aufwendung gewaltiger Mittel auf der Nordseite ein 3,7 km
langer Damm errichtet, der aber in einer einzigen stürmischen Nacht mit Besatzung, Arbeitern und Batterien von den Wellen
[* 20] hinweggefegt
wurde. Als Napoleon I. die Arbeiten 1803 wieder aufnahm, zeichnete er dem Hafen seine jetzige Gestalt vor, indem er bestimmte,
daß derselbe aus drei gesonderten Bassins bestehen solle.
Das erste derselben, der Vorhafen, wurde 1813 unter ihm, das zweite, das Flutbassin, 1829 unter Karl X. vollendet. Den Bau
des Dammes begann man unter LudwigPhilipp nach einer verbesserten Methode,
dennoch richtete 1836 ein Sturm große Verwüstungen
an; Ende 1853 stand das Werk endlich vollendet da. Gleichzeitig wurde eifrig an den Fortifikationen gearbeitet,
so daß die ganze Anlage in Gegenwart der KöniginViktoria von England durch Napoleon III. eingeweiht werden konnte,
bei welcher Gelegenheit auch die erwähnte BildsäuleNapoleons I. enthüllt wurde.