(spr. schátell), 1)
Jean,
Pariser Jesuitenzögling, der, um ein lasterhaftes
Leben durch eine gottgefällige
That zu sühnen, einen Mordversuch auf
Heinrich IV., König von
Frankreich, machte, aber ihn
nur an der Oberlippe verwundete, und deshalb, 19 Jahre alt, gevierteilt wurde.
Folge des
Attentats war die Vertreibung der
Jesuiten aus
Frankreich.
2)
FerdinandToussaintFrançois, franz. Kirchenreformer, geb. 1795 zu
Gannat
(Allier), wurde 1818 zum
Priester geweiht und machte
sich seit 1823 als
Feldprediger bei der königlichen
Garde in
Paris
[* 8] durch freisinnige
Predigten bemerklich.
Nach der
Julirevolution 1830 sammelte er mehrere unzufriedene
Geistliche um sich, forderte
Reformen in
Kultus und
Verfassung,
Aufhebung der
Ohrenbeichte, Gestattung der Priesterehe etc. und richtete einen
Gottesdienst der
»Église unitaire française«
ein. Chatel selbst ernannte sich zum
»Primas von
Gallien« und verkündigte: »La loi naturelle, toute la loi
naturelle, rien que la loi naturelle« (»das
Naturgesetz, das reine
Naturgesetz, nichts als das
Naturgesetz«) als
Fundament der
neuen
Kirche. Am schloß die
Polizei die
Tempel
[* 9] der neuen
Kirche, und man gab Chatel eineAnstellung
im Postfach. Er starb in
Paris. Unter seinen schriftstellerischen
Produkten ist das »Le
[* 10] code de l'humanité, ou
l'humanité ramené
à la connaissance du vrai
Dieu et au véritable socialisme« (Par. 1838) betitelte
Buch hervorzuheben, worin
er
Dogmatik und
Moral auf naturalistische Prinzipien zurückzuführen suchte. Außerdem schrieb er: »Profession
de foi de l'église catholique française« (Par. 1831),
auch ein aus zahlreichen verzierten Metallgliedern zusammengesetzter
Frauengürtel, der seit dem frühen
Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrh. getragen wurde und neuerdings
wieder in
Aufnahme gekommen ist. An demselben wurden
Gebetbücher,
Schlüssel,
Fächer,
[* 11] Toilettengeräte u. dgl. befestigt.
(spr. schat'lä, aus dem lat. castellum gebildet),
Name der zwei
Türme, durch welche das alte
Paris befestigt war, als es sich noch auf den
Umfang der alten Stadt, der
Cité, beschränkte.
Der kleinere, nach der Stadt zu gelegene
Turm
[* 12] hieß
Petit-Châtelet, der größere, nach dem
Feld zu gelegene
Grand-Châtelet.
Letzterer soll von
Julius Cäsar erbaut worden sein, wenigstens stand er schon 885 zur Zeit der Belagerung der Stadt
Paris durch
die
Normannen.
Später wurde er in das
Schloß des
Grafen von
Paris umgewandelt und war als solches der Sitz
aller königlichen
Gerichte der Stadt und
GrafschaftParis sowie des
Lehnshofs; daher nannte man später diesen
Gerichtshof selbst
Châtelet. Die
Geschäfte desselben wurden durch fünf Amtsverweser (lieutenants) geleitet. Einer davon, der
Lieutenant général de
la police, war seit
Ludwig XIV. einer der mächtigsten Staatsbeamten, obgleich er im C. nur die vierte
Stelle einnahm. Der gesamte
Gerichtshof bestand aus 57
Räten mit 13
Staatsanwalten und einer großen Anzahl
Greffiers,
Notaren,
Prokuratoren etc.
Alle diese
Stellen waren käuflich: so kostete die des ersten Ziviloberamtmanns 500,000, ein
Notariat 40,000
Livres.
(spr. schatäl'roh),Arrondissementshauptstadt im franz.
DepartementVienne, an der hier schiffbar werdenden
Vienne und an der Orléansbahn in einer sehr fruchtbaren Gegend gelegen,
durch eine 144 m lange steinerne
Brücke mit der Vorstadt
Châteauneuf verbunden, hat mehrere
Kirchen (darunter
die 1863 restaurierte
KircheSt.-Jacques aus dem 11. Jahrh.), einen modernen Justizpalast und (1881)
14,864 Einw. Châtellerault ist eine der hervorragendsten Industriestädte
Frankreichs und die einzige des
¶
mehr
Departements. Besonders wichtig ist die Waffenfabrikation von Châtellerault, welche in 7 Eisenwerken und 12 Werkstätten
durchschnittlich 1800 Arbeiter beschäftigt und jährlich 60,000 Gewehre zu liefern vermag. Von Bedeutung sind außerdem die
Messerindustrie, die Erzeugung von Stahlkurzwaren, Gold- und Silberwaren, falschen Diamanten, Spitzen, Kerzen etc. Der Handel
mit Wein- und Branntwein, Getreide, Spargel, Eisen
[* 15] und Stahl ist gleichfalls ansehnlich. Châtellerault hat ein Collège,
eine Bibliothek und ein Waffenmuseum und ist Sitz eines Handelsgerichts; es bildete ehemals mit der Umgegend die Vizegrafschaft
Châtelleraudois, deren Dynasten im 14. Jahrh. ausstarben, worauf sie nach und nach an verschiedene Häuser, zuletzt an das
HausBourbon, fiel. König Franz I. erhob sie zum Herzogtum für den ConnetableFranz vonBourbon; 1538 ward
sie wieder mit der Krone vereinigt, ging aber unter Heinrich III. an das Haus La Trémouille über.
Vgl. Lalanne, Histoire de
Châtellerault (Chât. 1859).