Signallicht, welches je nach der
Entfernung, auf welche es sichtbar sein soll, durch Einblasen von Kohlenpulver,
Harz oder einem
Gemenge von
Harz und Magnesiumpulver in eine
Flamme
[* 9] erhalten wird;
dient zu telegraphischen
Zwecken und wurde
zuerst von den Engländern im abessinischen
Krieg angewandt.
Küstenfluß in
Sibirien, zwischen dem
Jenissei und der Anabara, empfängt zur
Linken die Cheta und fällt
nach einem
Laufe von 740 km in das
NördlicheEismeer, wo
er den 260 km langen Chatangabusen bildet. An seinem
Ufer liegt, an der
Chetamündung, die russische AnsiedelungChatanskoje.
Hier im
Urwald unter den Indianerstämmen fühlte er sich bald so heimisch, daß er jenen
Zweck vergaß. Dafür befruchteten
großartige
Anschauungen sein Dichtergenie und gaben ihm einen reichen
Stoff an die
Hand,
[* 14] den er später in den
Erzählungen:
»Atala«,
»René« und »LesNatchez« erfolgreich bearbeitete. Erst die
Kunde von der
Flucht seines
Königs rief
ihn 1792 zurück. Nach seiner schleunigen Vermählung mit einer reichen Erbin trat er in das Emigrantenheer, wurde bei
Thionville
schwer verwundet und floh nach
London,
[* 15] wo er in großer
Not lebte.
Hier entstand sein »Essai historique, politique et moral sur
les révolutions, etc.« (Lond. 1797, 2 Bde.),
ein unreifes Gemisch von
Vorurteilen, religiösen
Zweifeln und philosophischen Betrachtungen nach J. J.
Rousseau, noch bizarrer
in der Form als in den
Ideen. Die Nachricht von dem
Tod seiner
Mutter bewirkte in ihm eine vollständige Umkehr, er war von
nun an eifriger Anhänger des positiven
Christentums. In dieser
Stimmung verfaßte er sein
»Génie du christianisme«
(1802, 5 Bde.; deutsch von
Schneller, Freiburg
[* 16] 1856-57), eine vom
Feuer der glänzendsten
Beredsamkeit getragene
Apologie des
Christentums,
die weder historisch noch dogmatisch, sondern lediglich poetisch und ästhetisch ist und sich nur an die
Phantasie und an
das
Gefühl der
Leser wendet. Um
die
Stimmung des
Publikums zu erproben, hatte er ein Jahr vorher im »Mercure de
France« den
Roman
»Atala«, eine
Episode des
»Génie du christianisme«, veröffentlicht, welcher die majestätische
Schönheit der amerikanischen
Natur mit der herben, entsagungsvollen Strenge des
Christentums vereinigte und zwar mit solcher Pracht
und Üppigkeit der
Diktion, daß alle
Welt entzückt war.
Ähnlichen Erfolg hatte
»René, ou les effets des passions«, eine
Episode, welche Chateaubriand erst 1807 aus dem Hauptwerk loslöste,
eine Art christlichen
Werthers mit Byronschem
Weltschmerz und Faustscher Genußsucht, das Abbild der Persönlichkeit des
Autors
selbst. Den
Schluß zu
»René«, der selbst eine Fortsetzung von »Atala« sein sollte,
bildeten »Les
Natchez«, die aber erst 1825 im
Druck erschienen. Diese
Dichtungen haben unzählige
Nachahmungen hervorgerufen
und sind in fast alle
SprachenEuropas übersetzt worden.
Früchte derselben waren das große religiöse
Epos in
Prosa: »Les
Martyrs, ou le triomphe de la religion chrétienne« (1809, 2 Bde.;
deutsch von Fesenmair,
Münch. 1864),
eine
Reihe von interessanten poetischen Schilderungen
der Örtlichkeiten, auf denen die
»Martyrs« sich abspielen, beides Meisterwerke sorgfältiger Ausführung und harmonischen
Stils. 1811 wurde Chateaubriand in die
Akademie gewählt an die
Stelle M. J.
^[MarieJoseph]
Chéniers, des
Revolutionärs
und scharfen Kritikers seines
»Genie du christianisme«.
Da er aber statt der üblichen
Lobrede eine höchst abfällige Beurteilung
seines Vorgängers vorlegte, so verbot der
Kaiser, die
Rede zu halten.
Dieser Vorgang wurde entscheidend für sein ferneres Verhalten: Chateaubriand tritt in
Opposition zu
Napoleon und
wird nun eine politische Persönlichkeit.
SeinHaß gegen den
Kaiser macht sich am schärfsten geltend in dem unwürdigen
Pamphlet
»De Buonaparte, des
Bourbons et de la nécessité de se rallier à nos princes légitimes
pour le bonheur de la
France et de
l'Europe«, das 1814 nach dem
Sturz des
Kaisers erschien und für
Ludwig XVIII. »eine
Armee wert« gewesen
ist. Während der
Hundert Tage wurde er
Minister, dann Pair von
Frankreich; als solcher saß er auf der äußersten
Rechten und
war royalistischer als der König selbst, wie seine
Schriften: »Réflexions politiques sur quelques écrits du jour
et sur les intérèts de tous les
Français« (1814),
»De la monarchie selon la charte«
(1816) beweisen. Seine Unbesonnenheit erregte den heftigsten Unwillen des
Königs; erst seine
»Mémoires, lettres et pièces
authentiques touchant la vie et la mort du duc de
Berri« (1820) brachten eine
Versöhnung zu stande. Chateaubriand wurde 1820 Gesandter
in
Berlin,
[* 21] dann
Minister, Gesandter in
London,
Bevollmächtigter auf dem
Kongreß zu
Verona
[* 22] und Minister des
Auswärtigen
und als
¶
mehr
solcher Haupturheber des spanischen Kriegs, welcher dieses unglückliche Land härter als je in Fesseln schlug. Seine unermeßliche
Eitelkeit brachte ihn jedoch bald in Differenzen mit Villèle; er wurde ungnädigst entlassen und trat nun, voll Wut über den
ihm angethanen Schimpf, in die liberale Opposition und bekämpfte als Pair mit allen Mitteln der entfesselten
Presse
[* 24] die Villèleschen Institutionen. Seine meisterhaft geschriebene Flugschrift nach Ludwigs XVIII.
Ferner erschienen
in diesem Zeitraum die schon erwähnten »Natchez« (1825) und »Les aventures du dernier des Abencérages«,
die Erzählung eines Abenteuers in der Alhambra aus seiner Reise durch Spanien, vielleicht sein vollendetstes
Werk (mit »Atala« und »René« übersetzt von M. v. Andechs, Hildburgh. 1866);
ȃtudes ou discours historiques sur la chute
de l'empire romain, etc.« (1831, 4 Bde.);
»Vie de Rancé« (1844)
u. a. Am meisten jedoch beschäftigte ihn in dieser Zeit die Vollendung seiner »Mémoires d'outre-tombe«, an denen er 1811-33
geschrieben hat.
Wegen der vielen persönlichen Anspielungen, welche das Werk enthielt, sollte es erst lange nach seinem
Tod veröffentlicht werden; aber die Geldnot, in der sich Chateaubriand immer befand, zwang ihn, das Manuskript um einen hohen Preis zu
verkaufen, und kaum hatte er die Augen geschlossen, da begann der Verleger unter dem Druck der ungeheuern Erwartung die Publikation
als Feuilleton in der »Presse«, dann in 12 Bänden (1849-50). Die Enttäuschung aber war eine allgemeine;
man fand nur einen Wust von Gedanken und Gefühlen, von einander widersprechenden Urteilen und falschen Behauptungen, und man
ärgerte sich über die lächerliche Eitelkeit und naive Selbstüberschätzung
des Autors und über die bittern und ungerechten
Urteile gegen seine Zeitgenossen.
Wie die »Memoiren« aber trotzdem von großer Wichtigkeit sind für die Kenntnis der Zeitgeschichte,
so haben sie auch am meisten dazu beigetragen, die ungeheure Überschätzung Chateaubriands auf das richtige Maß zurückzuführen.
Ein Schriftsteller ersten Ranges in der Behandlung der Sprache,
[* 25] ein Dichter durch seinen Reichtum an schöpferischer Phantasie,
obwohl er nie einen Vers geschrieben, als Naturmaler von einer Kraft
[* 26] und Üppigkeit, an welche selbst Bernardin
de Saint-Pierre nicht heranreicht, durch und durch Original, steht er mit Recht an der Spitze dieses Jahrhunderts. Er ist zugleich
Vorkämpfer und oberstes Haupt der Romantik in Frankreich und der Hauptvertreter der poetischen Prosa, über deren Fundgruben
er mit mächtigem Zauberstab gebietet, und deren funkelnde Schätze er mit solcher Virtuosität zu bearbeiten
versteht, daß das trunkene Auge
[* 27] neben dem blendenden Schein die Fehler der Gattung kaum gewahr wird.
Der Höhepunkt seiner litterarischen Wirksamkeit sind die »Martyrs« und das »Itinéraire«, seiner politischen die Polemik gegen
Villèle im »Journal des Débats« (1824 bis 1827). Und wenn in einer großen Menge seiner Schriften, besonders
in seinen »Mémoires«, sich bedeutende Mängel finden in der Komposition, in Geschmack und Urteil, so darf man nicht vergessen,
daß in seiner besten Zeit zwei treue Berater ihm zur Seite standen und helfend und bessernd auf seine Schriften
einwirkten: für die litterarischen Werke Fontanes, für die politischen der ältere Bertin, deren Hilfe er bei den »Mémoires«
entbehren mußte.