endlich im April 1849 Staatsrat, mußte aber wegen Teilnahme an dem Protest gegen den Staatsstreich zurücktreten und wandte
sich nun wieder der litterarischen Thätigkeit zu. Nach Napoleons III. Sturz war er kurze Zeit Präfekt des Departements Seine-et-Oise
und wurde 1871 abermals in die Nationalversammlung gewählt, in der er der republikanischen Minorität
beitrat. Die Ernennung zum lebenslänglichen Senator schlug er aus, ließ sich dagegen 1878 von seinem alten Wahlkreis (Yonne)
in den Senat wählen, dem er dann als Präsident vorstand.
Seit 1876 ist er Mitglied der Akademie der moralischen Wissenschaften. Außer der genannten hat Charton noch andre illustrierte Zeitschriften
gegründet, so: die »Illustration« (1843),
den weitverbreiteten »Tour du monde« und die »Bibliothèque
des merveilles«. Sonst sind von ihm zu nennen: »Dictionnaire des professions« (1842);
»Doutes d'un pauvre citoyen« (1847);
»Voyageurs anciens et modernes« (1855-1857, 4 Bde.),
wofür er einen Preis der Akademie erhielt, und »Histoire de France d'après les documents originaux et les
monuments de l'art de chaque époque« (mit H. Bordier, 1863, 2 Bde.).
(spr. schartr), Hauptstadt des franz. Departements Eure-et-Loir, an der Eure und an den Eisenbahnen von Paris
nach Brest und von Orléans nach Rouen, in getreidereicher Gegend (Chartrain) gelegen, ist von Promenaden (le
tour de ville) an Stelle der frühern Befestigungen umgeben und besteht aus der Oberstadt mit steilen, unregelmäßigen Straßen
und Holzhäusern mit vorspringenden Giebeln, der gut gebauten Unterstadt mit dem schönen Waffenplatz und der Vorstadt St.-Maurice,
wo sich die Heilquelle von Petit Près befindet.
Auf dem höchsten Punkte der Stadt steht die fünfschiffige gotische Kathedrale (1020 gegründet, dann
1194-1260 nach einem Brand neu aufgebaut), 130,5 m lang, im Chor 46 m breit, das Hauptschiff 36,5 m hoch, mit zwei herrlichen, 106 und 115 m
hohen Türmen, imposanter Fassade mit drei Thoren und zahllosen Statuen, auch im Innern von ernstem, streng feierlichem
Eindruck; darunter eine Krypte und die Kapelle Notre Dame sous Terre. Von den übrigen Gebäuden sind erwähnenswert: die alte
Abteikirche St.-Pierre (12. Jahrh., mit berühmten Emailarbeiten), der bischöfliche Palast (1253 erbaut), das Stadthaus (17.
Jahrh.), die Porte Guillaume (14. Jahrh.), ehemals zur Befestigung der Stadt gehörend, das Theater (von 1861).
Chartres zählt (1881) 20,692 Einw., welche Gerberei, Fabrikation von Maschinen und Wirkwaren, dann Bereitung von berühmten Rebhühnerpasteten
und Lebkuchen sowie lebhaften Handel und Marktverkehr mit Getreide, Vieh, Wolle etc. mit der Umgegend (Beauce, Perche) betreiben.
Die Stadt ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs und eines Handelsgerichts und hat ein Collège, eine Normalschule, 2 Seminare,
eine öffentliche Bibliothek (50,000 Bände und 1100 Manuskripte), einen botanischen Garten, ein naturhistorisches Kabinett, ein
Kunst- und Altertumsmuseum. Chartres ist der Geburtsort von Mathurin Regnier, der Revolutionsmänner Brissot und Péthion sowie des
Generals Marceau, dem 1851 hier eine Bronzestatue errichtet wurde. - Chartres hieß zur Römerzeit
Autricum und war Hauptort der Karnuten (Carnutes) in Gallia Lugdunensis; daher der Name Carnutum civitas, im Mittelalter Carnotum.
Erst im 12. Jahrh. kommt die Stadt unter ihrem jetzigen Namen vor. Sie war frühzeitig Bischofsitz und im Mittelalter die Hauptstadt
der Landschaft Beauce. Heinrich IV. eroberte sie 1591 und ließ sich
hier 1594 krönen. - Die Grafschaft
Chartres bestand seit dem 10. Jahrh., und die Grafen von Chartres besaßen auch Blois und die Champagne. 1218 ward sie durch Heirat Eigentum
des Grafen Walter von Avesnes und dann Hugos von Châtillon, dessen Nachkommen sie 1286 an König Philipp den Schönen verkauften.
Franz I. erhob sie 1528 zu einem Herzogtum, und seitdem ward sie eine Apanage königlicher Prinzen und Prinzessinnen,
seit Ludwig XIV. der Herzöge von Orléans, deren ältester Sohn den Titel »Herzog von Chartres« führte.
Vgl. L'Epinois, Histoire de
Chartres (Chartres 1854-58, 2 Bde.);
Souchet, Histoire du diocèse et de la ville de Chartres (das, 1873-76, 4 Bde.).
(spr. schartr), Herzog von, Titel jüngerer Prinzen des Hauses Orléans (s. d.).
Jetziger Träger desselben ist
der zweite Sohn des 1842 verstorbenen Herzogs von Orléans, Bruder des Grafen von Paris, Robert, Herzog von Chartres, geb. 9. Nov. 1840 zu
Paris.
(spr. schartröhs'), ein aus Gemüsen und Wurzelwerk bereitetes Gericht mit Trüffeln,
Krebsschwänzen, Hühnerfilets, welches mit einem feinen Ragout in einer Form gebacken und als Entree serviert wird.
Auch heißt
Chartreuse ein bekannter Kräuterlikör, der ursprünglich von den Mönchen der Grande Chartreuse bei Grenoble fabriziert wurde (s.
den folgenden Artikel).
La grande (spr. schartröhs', die große Kartause), das älteste Kloster des 1084 vom
heil. Bruno gestifteten Kartäuserordens, im französischen Departement Isère, 22 km nördlich von Grenoble in enger Thalschlucht
gelegen, von Wäldern und den steil abfallenden Felswänden des Grand Som (2033 m) umgeben, ein großes Gebäude mit Kirche,
Kapitelsaal, Bibliothek (6000 Bände), Arkaden und 60 Zellen, das während der Revolution (1793) aufgehoben
ward, seit 1816 aber wieder von Mönchen bewohnt ist. 2 km davon befindet sich eine 1820 restaurierte Kapelle, angeblich an der
Stelle der Einsiedelei des heil. Bruno. Die Mönche der Chartreuse bereiten allerlei Medikamente gegen Zahnschmerzen, Quetschungen etc.
Die Fabrikation des berühmten (grünen, gelben und weißen) Kräuterlikörs, welche ihnen früher jährlich
ca. 500,000 Frank eingebracht haben soll, wurde ihnen jedoch seit einigen Jahren untersagt.
(Chartaria, auch Diplomataria, lat.), die Kopialbücher der Klöster und
Stifter, worin die Urkunden über Schenkungen, Verträge, Käufe etc. in Abschrift gesammelt sind.
Um den Besitzstand
der Klöster und Stifter zu sichern und einen Überblick über denselben zu ermöglichen, verordneten die Päpste schon vor
dem 10. Jahrh. die Anlage von Chartularien.
Dieselben sind für die Geschichtsforschung von wesentlicher Bedeutung.
(Khartum), Hauptstadt des ägypt. Sudân, am Blauen Nil, nahe an dessen Zusammenfluß mit
dem Weißen Nil, unter 15° 37' nördl. Br. und 32° 40' östl. L. v. Gr. in ungefähr 378 m
Meereshöhe gelegen, besteht zumeist aus elenden Lehmhäusern mit engen, krummen und schmutzigen Gassen. Aus Ziegeln erbaut
sind nur das große, schmucke Haus des Gouverneurs, das einen weiten, mit Dattelpalmen geschmückten Vorplatz
hat, die österreichisch-apostolische Mission, die Moschee (die einzige), die koptische Kirche und einige Häuser der handeltreibenden
Griechen und andrer Europäer, Levantiner und Araber. Vor der Eroberung der Stadt durch den Mahdi (s. unten) unterhielten Österreich-Ungarn
und Großbritannien hier Konsulate; das erste gründete
mehr
schon 1847 hier die genannte Mission. Die Bevölkerung, ca. 50,000 Köpfe, bestand zum allergrößten Teil aus Arabern aus den
verschiedensten Gegenden, aus Eingebornen Innerafrikas, die hierher als Sklaven geschleppt wurden, aus Levantinern, Griechen,
Italienern, Franzosen u. a. Die Europäer waren Missionäre, Konsulatsbeamte, Ärzte, Apotheker, Kaufleute. Die Stadt hatte wohlversorgte
Bazare, europäische Magazine, Märkte voll von Lebensmitteln, Früchten u. a., eine Anzahl zum Teil durch
Griechen gehaltener Materialwarenbuden (Bakal), Likör- oder Kaffeebutiken u. a. Der Blaue Nil war erfüllt von größern und
kleinern Barken; selbst Dampfboote ankerten hier.
Übrigens ist Chartum ein ganz besonders ungesunder Ort, so daß die europäische Kolonie mehrmals fast ganz
ausstarb. Die Stadt hat sich aus dem Lager entwickelt, welches Mehemed Alis Generale auf der Landzunge zwischen den beiden Flüssen
aufschlugen, und um das sich die Eingebornen des Handels wegen bald ansiedelten. Nach dem Sturz des alten Handelszentrums Schendy
konzentrierte sich der Handel des Sudân in Chartum, das nun den gesamten Handel mit Elfenbein, Gummi, Tamarinden,
Straußfedern und Sklaven aus Zentralafrika mit dem Roten Meer vermittelte. Unter Ismail Pascha wurde die Stadt zur Hauptstadt
des Sudân und zum Sitz des Generalgouverneurs (Baker, dann Gordon u. a.) erhoben. Gegen die Anhänger des Mahdi wurde sie durch
Gordon lange tapfer verteidigt, bis sie 26. Jan. 1885 durch Verrat in die Hände der Mahdisten fiel, wobei
Gordon selber sein Ende fand.