so verstand man unter Charta auch alles, worauf etwas geschrieben oder gezeichnet war. In dieser Bedeutung ist das
Wort auch in die
deutsche Sprache übergegangen
(Karte, Visitenkarte,
Spielkarte,
Landkarte). Auch bei den alten
Römerngab es
schon sehr verschiedene Papierarten, die man nach hochgestellten
Personen,
Fürsten etc. nannte, ChartaClaudia,
ChartaLivia. Die Charta hieratica ward für geistliche
Bücher verbraucht; die Charta emporetica, von Kaufleuten zum Verpacken von
Gütern
benutzt, war zum Schreiben unbrauchbar. Im
Mittelalter hieß Charta oder Diploma jede
Urkunde.
partita (Charta partita indentata, lat.), eine im
Mittelalter, besonders in
England, als noch die
Siegel
selten waren, gebräuchliche geteilte
Urkunde. Von zwei oder mehreren
Parteien erhielt jede ein gleichlautendes
Exemplar (charta partita paricola)
des rechtskräftigen
Aufsatzes. Sämtliche
Exemplare waren aber ursprünglich auf Ein
Blatt
[* 3] geschrieben, an dessen oberstem
Teil ein
Wort (meist Chirographum), ein
Denkspruch oder Ähnliches stand. Wurden nun die einzelnenExemplare
abgeschnitten, so wurde auch das ganze
Wort oder der Spruch in gerader
Linie (dann charta partita) oder im Zickzack (dann charta partita indentata)
durchschnitten; bei späterer Ineinanderfügung der Teile zeigte sich dann die Echtheit oder
Verfälschung der
Schrift.
(Certepartie, ital.
Carta partita, franz. Charte partie,
Police d'affrétement, engl.
Charter-party), im
Seehandel der schriftliche
Vertrag, welcher über die Befrachtung eines
Schiffs oder auch eines Teils desselben
zwischen dem
Eigentümer des
Schiffs, d. h. dem
Reeder oder dem
Kapitän, und dem Versender der
Waren, dem Befrachter, abgeschlossen
wird. Die darüber ausgestellte
Urkunde hat ihren
Namen von der alten
Gewohnheit, mehrere
Exemplare derselben
auf Einen
Bogen
[* 4] zu schreiben und sodann mit gezacktem
Schnitt zu trennen, so daß man an ihrem Zusammenpassen ihr Zusammengehören
erkennen kann.
Diese
Methode ist nur in
England noch gebräuchlich, wo solche Verschnittene
Urkunden Intendures heißen. Nur wenn ein
Schiff
[* 5] als
Ganzes befruchtet (»gechartert«),
d. h. dessen ganzer
Raum von einem Mann oder Handlungshaus oder von
mehreren auf gemeinschaftliche Rechnung für die zu verschiffende
Ware gemietet wird, ist die Aufsetzung einer Chartepartie gewöhnlich.
Über
Stückgut pflegt nur ein
Recief,
Ladeschein, gegeben zu werden, wonach das
Konnossement ausgefertigt wird. Von der Chartepartie pflegen
drei
Exemplare ausgestellt zu werden, wovon eins der
Schiffer behält und zwei der Befrachter
an sich nimmt,
um das eine dem Empfänger der
Ware zuzusenden.
Das deutsche
Handelsgesetzbuch bestimmt Art. 558: »Wird das
Schiff im ganzen oder zu einem verhältnismäßigen
Teil oder wird ein bestimmt bezeichneter
Raum des
Schiffs verpachtet, so kann jede
Partei verlangen, daß über den
Vertrag eine
schriftliche
Urkunde (Chartepartie) errichtet werde«. Die Gültigkeit des
Vertrags ist indes nach deutschem, englischem und nordamerikanische
Seerecht von der schriftlichen Form nicht abhängig. Nach französischem, portugiesischem und spanischem
Seerecht soll der
Befrachtungsvertrag allerdings schriftlich abgeschlossen werden. Die
Praxis hält jedoch auch den mündlichen
Vertrag für gültig.
(spr. schartjeh),Alain, franz. Schriftsteller, geboren um 1390 zu
Bayeux
(Normandie), war
Sekretär
[* 6]
Karls VII. und genoß so hohen litterarischen
Ruhm, daß die
DauphineMargarete von
Schottland ihn einst öffentlich
auf den
Mund küßte. Philosophisch gebildet, wußte er seine
Ideen in klarer, edler
Sprache
[* 7] wiederzugeben; seine
Verse zeigen
eine für jene Zeit ungewöhnliche rhythmische Vollendung, sind aber sehr eintönig. Die meisten seiner
Lieder sind Liebesgedichte in allen
Variationen, das Unglück seines Vaterlandes begeisterte ihn aber auch zu tief empfundenen,
patriotischen Gedichten (»Le
[* 8] lay de paix«, »La
ballade de
Fougères«, 1448) und zu einigen prosaischen
Schriften, meist in lateinischer
Sprache. Die GeschichteKarls
VI. und VII. wird ihm fälschlich zugeschrieben. Er starb 1458. Eine gute
Ausgabe seiner Werke ist die von
Duchesne (Par. 1617).
Das Haupt des Chartismus wurde jetzt und blieb während der ganzen Dauer des Chartismus O'Connor. Die energische Agitation der Chartisten für
die Wiedereinführung des 1834 aufgehobenen Elisabethschen Armengesetzes und die Zehnstundenbewegung führten dem Chartismus die
Arbeiter in großen Massen zu. Zahlreiche Zeitschriften mit grobem Absatz entstanden, von denen das OrganO'Connors mit einer Auflage
von 50,000 das populärste war, ungeheure Volksversammlungen (nicht wenige mit über 200,000 Teilnehmern) wurden überall
abgehalten, und eine Massenpetition an das Parlament um Einführung der Charte wurde vorbereitet.
Die Chartisten spalteten sich aber sofort in zwei Parteien, in die der physischen Gewalt unter O'Connor,
Stephens u. a. und die der moralischen Gewalt unter Lovett. Der Gegensatz der Parteien kam zum heftigen Ausbruch in dem am in
London zusammengetretenen »nationalen Konvent« der Chartisten, der als Arbeiterparlament neben dem Parlament tagte.
O'Connor und seine Partei siegten über die Partei der moralischen Gewalt. Die Versammlungen der Chartisten nahmen schon seit
dem Spätherbst 1839 einen bedrohlichen Charakter an, sie wurden abends und nachts gehalten, man kam bewaffnet zu ihnen und
predigte offen die Rebellion.
Als das Parlament es mit 237 gegen 148 Stimmen ablehnte, die Petition, welche 1,280,000 Unterschriften
erhalten hatte, in Erwägung zu ziehen, kam es zu blutigen Zusammenstößen, namentlich 15. JuliBirmingham,
[* 12] dem damaligen Hauptsitz
der Bewegung, zu einem Aufstand, bei dem über 30 Häuser in Brand gesteckt wurden, der aber bald unterdrückt ward. Die Regierung
ging energisch gegen die Führer vor, gegen 380 wurden im Land verhaftet und mit wenigen Ausnahmen zu
Gefängnis von 1 Monat bis zu 2 Jahren verurteilt. Der Versuch der Chartisten, die Gefangenen in Newport zu befreien,
mißglückte. Die Gefahr des Chartismus war durch die Energie der Regierung beseitigt.
Bei Beginn 1840 schien die Chartistenbewegung, deren Führer sämtlich im Gefängnis saßen, zu Ende. Aber sie begann bald
von neuem. Am wurden alle lokalen Vereine zu einer großen Association, »Nationale Chartistenassociation von Großbritannien«,
[* 13] vereinigt. In ihr gelangte zunächst
die gemäßigte Partei ans Ruder. Es wurde ausdrücklich beschlossen,
nur friedliche und konstitutionelle Mittel anzuwenden, um die Charte zum Landesgesetz zu machen.
Eine neue Petition, angeblich mit 3,300,000 Unterschriften, wurde dem Parlament überreicht, aber mit 287 gegen 89 Stimmen verworfen.
Das hatte zur Folge, daß die radikale Partei der Chartisten wieder die Oberhand bekam. Die Hauptthätigkeit der Chartisten
bestand jetzt längere Zeit darin, Streiks zu veranlassen, um Forderungen gegen die Fabrikanten durchzusetzen.
Aber die Erfolge waren meist gering. Infolgedessen ließ die öffentliche und politische Chartistenbewegung allmählich nach,
und man beschäftigte sich mehr mit den phantastischen Landplänen O'Connors, die den Arbeitern zu Landbesitz verhelfen wollten.
Als aber die Regierung die energischten Vorkehrungen traf, um den ungesetzlichen Zug
zu verhindern, scheute O'Connor vor dem unvermeidlichen
blutigen Zusammenstoß zurück. Der Zug
unterblieb, O'Connor verteidigte in der Volksversammlung10. April, in der
statt der erwarteten 100,000 Männer nur ca. 30,000 erschienen, selber die Unterlassung desselben. Die Petition, die nach der
Angabe O'Connors von 5,700,000 Personen unterschrieben sein sollte, wurde in gewöhnlicher Weise dem Parlament überreicht.
Bei näherer Prüfung derselben wurde festgestellt, daß dieselbe noch nicht 2 Mill. Unterschriften hatte und von
diesen viele teils gefälscht waren, teils von Frauen herrührten. Diese Petition war die letzte That der Chartisten. O'Connors
Einfluß auf die Massen war durch seinen Rückzug gebrochen, und der Chartismus hörte auf, ein Gegenstand des Schreckens zu sein. Die
nationale Chartistenassociation bestand zwar noch eine Reihe von Jahren fort, verlor aber mehr und mehr
an Bedeutung. Die Arbeiter wandten sich mit der zunehmenden Erstarkung der Trades' Unions und mit der steten Verbesserung ihrer
Lage infolge der Fabrikgesetzgebung vom ab; O'Connor selbst starb im Irrenhaus, eine Chartistenpartei existiert heute nicht
mehr.