Chamberlain
(engl., spr. tschämberlen), Kammerherr;
Lord Chamberlain (Oberkammerherr), hoher Würdenträger in England, Vorsteher des königlichen Hofstaats.
(engl., spr. tschämberlen), Kammerherr;
Lord Chamberlain (Oberkammerherr), hoher Würdenträger in England, Vorsteher des königlichen Hofstaats.
(spr. tschamberlen), 1) Sir Deville Bowles, brit. General, geb. zu Rio de Janeiro, [* 2] wo sein Vater englischer Generalkonsul und Geschäftsträger war, trat 1836 in die indische Armee ein, machte als Subalternoffizier den ersten Krieg gegen Afghanistan [* 3] mit, ward 1842 zur Leibgarde des Generalgouverneurs von Indien versetzt und 1843 einer der Stellvertreter des Generalquartiermeisters. 1848 wurde er Adjutant des Lords Dalhousie und kommandierte ein irreguläres Kavallerieregiment im Pandschab.
Während des indischen Aufstandes fungierte Chamberlain, inzwischen zum Obersten avanciert, als Generaladjutant der bengalischen Armee und wurde beim Ausfall aus Dehli schwer verwundet. Er zeichnete sich dann in den Kämpfen gegen die Bergstämme aus, ward 1872 Generalleutnant, 1875 Mitglied des Regierungsrats von Madras [* 4] und erhielt in demselben Jahr das Kommando der Armee von Madras. 1878 wurde er zum Chef der englischen Gesandtschaft nach Kabul ernannt, die 21. Sept. von einem Offizier des Emirs Schir Ali zur Umkehr genötigt wurde.
2) Joseph, engl. Staatsmann, geb. 1836 zu London, [* 5] erzogen in der University College School daselbst, war anfangs in einem von seinem Vater begründeten großartigen Fabrikgeschäft in Birmingham [* 6] thätig, zog sich aber 1874 nach dem Tod seines Vaters von den Geschäften zurück und widmete sich der politischen Laufbahn. In Birmingham war er schon früh wegen seiner radikalen Gesinnungen und seiner fließenden Beredsamkeit zu lokaler Berühmtheit gelangt; seit 1868 war er Mitglied des Stadtrats, später Alderman und 1874-76 drei Jahre hintereinander Bürgermeister (Mayor) der Stadt.
Namentlich in Unterrichtsfragen war er thätig und verfocht seine Ansichten, die auf Entstaatlichung der Kirche und gesetzliche Einführung des Schulzwanges und des Laienunterrichts hinausgingen, sowohl schriftstellerisch in mehreren Aufsätzen in der »Fortnightly Review« wie in der Schulbehörde seiner Vaterstadt und als Präsident der Nationalen Erziehungsliga. 1874 trat er in Sheffield [* 7] als Bewerber um einen Parlamentssitz auf, wurde aber von Roebuck geschlagen. Im Juni 1876 aber ward er in Birmingham ins Unterhaus gewählt und wurde hier bald einer der Führer der radikalen Partei. Nach dem Wahlsieg der Liberalen im April 1880, welchen Chamberlain an der Spitze des »Caucus« besonders betrieben hatte, wurde er von Gladstone als Präsident des Handelsamts in das neugebildete Ministerium berufen. In demselben vertrat Chamberlain die am meisten nach links gehenden Anschauungen und verlangte insbesondere die Aufhebung der Zwangsmaßregeln gegen Irland. Im Juni 1885 trat er mit Gladstone von seinem Amt zurück.
(spr. schehmbers), 1) Ephraim, Herausgeber und größtenteils auch Verfasser eines der ersten encyklopädischen Wörterbuchs der Künste und Wissenschaften, geboren um 1680-85 zu Kendal in Westmoreland, faßte als Handwerkslehrling den Plan zu seiner »Cyclopaedia, or universal dictionary of arts and sciences«, die zuerst zu London in 2 Bänden erschien und Geographie und Geschichte ausschloß. Chambers' Streben fand Anerkennung, man ernannte ihn zum Mitglied der Royal Society, und er erlebte noch drei Auflagen des Buches.
Mit der siebenten erschienen zwei Supplementbände. Die beste Ausgabe kam 1778-85 und 1786 in 5 Bänden heraus. Außerdem hatte Chambers an dem »Litterary Magazine« teil und an der abgekürzten Übersetzung der Memoiren der Akademie der Wissenschaften zu Paris: [* 8] »Philosophical history and memoirs of the Royal Academy of Sciences at Paris« (1742, 5 Bde.). Er starb um 1740 in Canonbury House bei Islington. In anbetracht der Schwierigkeiten, welche Chambers damals bei der alphabetischen Zusammenstellung aller Gegenstände des menschlichen Wissens zu überwinden hatte, ist sein Verdienst nicht gering anzuschlagen.
2) Sir William, engl. Architekt und Gartenkünstler, aus dem alten schottischen Geschlecht der Chalmers oder Chambers, geboren um 1726 zu Stockholm, [* 9] kam 1728 nach England, wo er in Ripon (Yorkshire) erzogen wurde. Mit 16 Jahren trat er in den Dienst der Schwedisch-Ostindischen Kompanie und kam so nach China. [* 10] Hier studierte er die chinesische Bau- und Gartenkunst und ward nach seiner Heimkehr für lange Zeit in beiden Tonangeber in England. Er wurde Zeichenlehrer des Prinzen von Wales, des nachmaligen Königs Georg III., und bethätigte seine eigentümliche Geschmacksrichtung in der Umgestaltung der königlichen Gärten von Kew.
Die Zeitgenossen erhoben allerdings ihre Stimme gegen den »Pagodengeschmack«, der Hof [* 11] dagegen huldigte ihm, und die berühmtesten Akademien Europas ernannten Chambers zu ihrem Mitglied. Mit Ehren überhäuft, starb er als Generalkontrolleur in Bausachen und wurde im Poetenwinkel der Westminsterabtei beigesetzt. Chambers' litterarische und Kunstprachtwerke sind: »Designs for chinese buildings« (Lond. 1757; franz., Par. 1776);
»Treatise on civil architecture« (Lond. 1759, 1768);
»Plans, elevations, section and perspectives of the garden and building of Kew in Surrey« (das. 1763, 2. Aufl. 1769);
»Dissertation on oriental gardening, dissertation sur le jardinage de l'Orient« (das. 1772; deutsch von S. F. Ewald, Gotha [* 12] 1775);
»Treatise on the decorative part of architecture« (3. Aufl., Lond. 1791).
Zu den bedeutendsten Bauwerken Chambers' gehört das Somerset House, einer der großartigsten Paläste Londons.
3) William, schott. Buchhändler und Schriftsteller, geb. zu Peebles, begann, vom Glück anfangs keineswegs begünstigt, 1819 einen Buchhandel in Edinburg, [* 13] dem er später eine Druckerei hinzufügte, gab 1827 das »Book of Scotland«, eine Schilderung der öffentlichen Einrichtungen Schottlands, 1828 den »Gazetteer of Scotland« heraus und gründete darauf (1832) das seiner Zeit sehr berühmte und jetzt noch erscheinende »Chambers' Edinburgh Journal«, womit er 1832 als Pionier jenes großen Zweigs englischen Schriftentums auftrat, welcher in wohlfeilen, dem Parteitreiben fern stehenden Zeitschriften allgemeine Bildung zu verbreiten bezweckt.
Der Erfolg des Unternehmens wurde durch die zahlreichen moralphilosophischen und humoristischen Beiträge seines Bruders Robert wesentlich gefördert, und von dieser Zeit an verband sich Chambers mit dem letztern zu gemeinsamer Thätigkeit als Verleger und Schriftsteller (s. unten). Durch seine geschäftlichen Erfolge allmählich auch mit Glücksgütern gesegnet, erwarb er sich 1849 ein Landgut (Glenormistan) in der Nähe von Peebles und gründete daselbst 1859, ebenfalls zu dem Zweck der Volksbildung, eine Anstalt, die »Chambers Institution« (mit umfangreicher Bibliothek, Lesezimmer, Museum, Bildergalerie und Vortragshalle),
die er in der Folge seiner Vaterstadt zum Geschenk machte. Seine spätern Werke sind: »Things as they are in America« (1853), welches Buch, gegenüber den von Dickens nach ¶
seiner frühern Reise verbreiteten ungünstigen Ansichten über die Vereinigten Staaten, [* 15] eine freundlichere Anschauung entwickelte, die seither mehr und mehr Eingang fand;
»American slavery and colour« (1859);
»History of Peeblesshire« (1864);
»France, its history and revolutions« (1871);
»Memoir of Robert Chambers« (1872) und eine schottische Novelle: »Ailie Gilroy« (1872).
Chambers war zweimal Lord-Provost (Oberbürgermeister) von Edinburg und erhielt 1872 von der Universität Edinburg den Doktorgrad. Er starb
4) Robert, Bruder des vorigen, geb. zu Peebles, widmete sich gleich jenem dem Buchhandel in Edinburg und veröffentlichte: »Traditions of Edinburg« (1824, neue Ausg. 1868),
die ihm die Freundschaft W. Scotts verschafften;
»Popular rhymes of Scotland« (1826, neue Ausg. 1870);
»Picture of Scotland« (1827, 2 Bde.);
»History of the rebellions in Scotland and life of James I.« (1828-1830, 5 Bde.; neue Ausg. 1870).
Dann gab er heraus: »Scottish ballads and songs« (3 Bde.) und das »Biographical dictionary of eminent Scotchmen« (1832-35, 4 Bde.). Als sein Bruder William 1832 sein »Journal« gegründet, förderte er das Unternehmen durch schriftstellerische Beiträge, und beide verbanden sich dann zu gemeinsamer Thätigkeit. Spätere Publikationen von Chambers sind: »On ancient sea margins«, eine Frucht seiner geologischen Studien (1848);
die Reiseschilderung »Tracings of Iceland and the Faroe Islands« (1855) und die historisch-archäologischen Untersuchungen: »Domestic annals of Scotland« (1858-61, 3 Bde.) und »Book of days« (1862-63, 2 Bde.).
Außerdem gab er die Werke Robert Burns' mit vorzüglicher Biographie des Dichters (1857, 4 Bde.) neu heraus und sammelte eine Auswahl seiner eignen Schriften: »Select writings of R. Chambers« (1860-61, 7 Bde.). Chambers gilt auch für den Verfasser des Buches »The vestiges of creation« (anonym 1844, 12. Aufl. 1884),
welches, ein Vorläufer von Darwins »Origin of species«, für die Annahme der Entwickelungslehre die Bahn einigermaßen ebnete und von Vogt (2. Aufl., Braunschw. 1858) ins Deutsche [* 16] übersetzt wurde. Die Universität St. Andrews ernannte Chambers 1863 zum Ehrendoktor. Er starb in St. Andrews. Sein Bruder William beschrieb sein Leben: »Memoir of Robert Chambers, with autobiographic reminiscences« (12. Aufl. 1883.)
Die von beiden Brüdern gegründete, noch jetzt bestehende Verlagshandlung »William and Robert Chambers« in Edinburg und London verfolgt den bestimmten Zweck, in Verbindung mit zahlreichen befähigten Mitarbeitern Wissen auf allen Gebieten zu verbreiten, allgemeine Bildung und Veredelung des Volkscharakters anzustreben und zwar durch das Mittel wohlfeiler Zeitschriften und Sammelwerke. Außer der bereits erwähnten Wochenschrift, dem »Journal« (jetzt über 60 Bde.),
veröffentlichte die Firma: »Chambers' Information for the people« (2 Bde.);
»Educational course« (150 Bde.);
die vortreffliche »Cyclopaedia of English literature« (3. Aufl. 1876, 2 Bde.);
»Miscellany of useful and entertaining tracts« (20 Bde.);
»Papers for the people« (12 Bde.);
»Chambers' Encyclopaedia«, eine Nachbildung der deutschen Konversationslexika (neue Ausg. 1874, 10 Bde.) u. a.