(eigentlich Keller), Christoph, Gelehrter und verdienter Schulmann, geb. 22. Nov. 1638 zu Schmalkalden, studierte
seit 1656 in Jena und Gießen, verweilte dann längere Zeit in Gotha, Halle und Jena, ward 1667 Lehrer am Gymnasium zu Weißenfels,
sodann Rektor zu Weimar (1673), zu Zeitz (1676), zu Merseburg (1689), endlich 1693 Professor der Geschichte
und Beredsamkeit an der neugegründeten Universität in Halle, wo er 4. Juni 1707 starb. Cellarius hat nicht bloß durch seine Lehrthätigkeit,
sondern auch durch seine zahlreichen Ausgaben lateinischer Schriftsteller und seine Lehrbücher viel zur Hebung der klassischen
Studien beigetragen.
Von letztern nennen wir: »Antibarbarus latinus s. de latinitate mediae et infimae aetatis«
(Zeitz 1677; neue Ausg., Celle 1765);
»Orthographia latina« (Halle 1700; neue Ausg., Altenb. 1768);
»Breviarium antiquitatum
romanarum« (Halle 1710; umgearbeitet von Walch, das. 1748, 1774).
Seine »Dissertationes academicae« gab Walch heraus (mit Biographie,
Leipz. 1712). Auch war Cellarius einer der ersten, welche das Studium der Geographie und Geschichte anempfahlen
und zu beleben suchten, so namentlich durch seine »Geographia antiqua«
(Jena 1691 u. öfter); »Notitia orbis antiqui«
(Leipz. 1701-1706, 2 Bde.; neue Ausg.,
das. 1773) etc.
Vgl. Keil, Oratio de Chr.
Cellarii vita et studiis (Programm, Halle 1875).
(veraltet Zelle), Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regierungsbezirk Lüneburg, 38 m ü. M., am
Einfluß der Fuse und Lachte in die schiffbare Aller und an der Lehrte-Harburger Eisenbahn, besteht aus der Altstadt und den
seit 1869 damit vereinigten Vorstädten. Die Stadt hat ein Schloß, dessen Bau 1485 begann, und in dem die Königin Karoline
Mathilde von Dänemark nach ihrer Verbannung von 1772 bis 1775 lebte, 3 evangelische und 1 kath. Pfarrkirche,
unter jenen die Stadtkirche mit der Gruft der celleschen Herzöge, ein Oberlandesgerichtsgebäude (mit einer Bibliothek von
60,000 Bänden und wertvollen Handschriften des »Sachsenspiegels«) und ein Landschaftshaus. Celle hat (1880) 18,800 Einw.,
darunter 1136 Katholiken und 117 Juden.
Die Industrie liefert Wollgarn, Zigarren, Schirme, Isoliermörtel, Schirmstoffe, physikalische Instrumente,
Buchdruckerschwärze; ferner gibt es Wachsbleiche, Handelsgärtnereien und Baumschulen, eine Dampfsägemühle, Ziegelbrennerei,
ein Landgestüt, eine Gasleitung und lebhaften Handel mit Holz, Wolle, Honig, Wachs und Preißelbeeren. Celle hat an öffentlichen
Anstalten ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Waisenhaus, mehrere Hospitäler und eine Strafanstalt und
ist Sitz eines Oberlandesgerichts für die neun Landgerichtsbezirke: Aurich, Detmold, Göttingen, Hannover, Hildesheim, Lüneburg,
Osnabrück, Stade und Verden, ferner eines Amtsgerichts nebst einer Strafkammer, eines Hauptsteueramts, eines Landratsamts für
den Landkreis Celle und eines Ritterschaftlichen Kreditvereins. Der Magistrat besteht aus sieben, das Bürgervorsteherkollegium
aus zwölf Mitgliedern, die Garnison aus dem Infanterieregiment Nr. 77 und Artillerie. In der Nähe die
Dörfer Lachendorf an der Lachte, mit großer Papierfabrik, und Wietze an der Wietze, mit Erdölquellen. Celle ist
Geburtsort des Dichters Ernst Schulze (1789) und des Landwirts Thaer (1752). - Die jetzige Stadt Celle (ursprünglich Neu-Celle) entstand
aus dem 1 km entfernt liegenden, jetzt nur noch ein Dorf bildenden Altencelle und erhielt 1292 städtische
Privilegien. Seit dem 14. Jahrh. war Celle Residenz der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg Cellescher Linie bis zum Erlöschen
derselben (1705). Die Reformation wurde hier
1527 eingeführt. Die Befestigungen der Stadt wurden vom Herzog Georg (gest. 1641)
verstärkt und diese die bedeutendste der lüneburgischen Städte. 1757 ward sie von den Franzosen unter
Richelieu besetzt und die Vorstädte niedergebrannt. Im Hausvertrag von Celle (3. Dez. 1610) wurde die Unteilbarkeit
des Fürstentums Lüneburg festgesetzt. Der Friede von Celle, 5. Febr. 1679, erklärte den Beitritt Schwedens zum Frieden von Nimwegen;
dasselbe erhielt gegen Abtretung des Amtes Thedinghausen und der Vogtei Dörverden das Herzogtum Bremen und
das Fürstentum Verden zurück.
Vgl. »Historisch-topographische Beschreibung der Stadt Celle« (Celle 1826).
(spr. tschell-), Benvenuto, ital. Goldschmied und Bildhauer, geb. 3. Nov. 1500 zu
Florenz als Sohn des Architekten Giovanni Cellini, sollte sich der Musik widmen, zeigte aber mehr Neigung für
die Plastik und kam in seinem 15. Jahr zu dem Goldschmied Antonio di Sandro in die Lehre. Er studierte eifrig nach Michelangelo
und begab sich dann nach Rom, wo Firenzuola di Lombardia sein Lehrer war. Nach zwei Jahren kehrte er auf kurze Zeit
nach Florenz zurück und ging dann wieder nach Rom.
Clemens VII. nahm ihn wegen seiner doppelten Fähigkeit als Goldschmied und Musikus in seine Dienste. In dieser Zeit übte
sich Cellini auch im Stahlstempelschneiden, in der Treibarbeit, im Tauschieren und in der Kunst des Emaillierens. Im J. 1527 unterbrachen
die kriegerischen Vorfälle in Rom seine Künstlerthätigkeit; der Herzog von Bourbon, der die Stadt plündern
ließ, soll nach Cellinis Behauptung, zu dessen Charaktereigenschaften große Prahlsucht gehörte, durch seine Büchsenkugel
und der Prinz von Oranien durch einen seiner Kanonenschüsse gefallen sein.
Von seinen damals gefertigten Arbeiten haben sich noch zwei im Antikenkabinett zu Wien erhalten: eine goldene
Medaille mit Leda und dem Schwan und ein Ring aus Eisen und Gold. Dann hielt sich Cellini bald in Florenz, bald in Mantua, bald wieder
in Rom auf, von wo er, eines Mordes mit Unrecht verdächtigt, auf kurze Zeit nach Neapel floh, bis Clemens VII. ihn
wieder aufnahm. Dessen Nachfolger Paul IV. stellte ihn als Stempelschneider bei der Münze an. Eine zweite Flucht (nach Florenz)
hatte einen wirklichen Mord, den er an einem ihm feindlichen Mailänder Goldschmied begangen, zum Grunde. Cellini wurde nun Münzmeister
des Herzogs Alexander zu Florenz und vollendete hier eine Reihe trefflicher Münzen und Medaillen, bis ihn
der Papst durch einen Ablaßbrief wiedergewann. Im J. 1537 reiste Cellini nach Frankreich an den Hof Franz' I., kehrte aber aus Heimweh
bald wieder nach Rom zurück, wo er der Entwendung eines Teils der Juwelen der päpstlichen Krone angeklagt und zu lebenslänglicher
Haft verurteilt, jedoch auf Fürsprache des Kardinals Ippolito d'Este nach zwei Jahren freigelassen wurde.
Derselbe Kardinal veranlaßte ihn auch zur Modellierung seines berühmten Salzgefäßes, das er später für König Franz I.
von Frankreich in Gold ausführte, und das jetzt eine Zierde der kaiserlichen Schatzkammer in Wien ist. 1540 ging Cellini wieder
nach Frankreich, wo er im Dienste des Königs bis 1545 thätig war. Von seinen hier ausgeführten Arbeiten
ist nur mit Sicherheit das kolossale Bronzerelief einer liegenden, von Tieren umgebenen nackten Frauengestalt, der sogen.
Nymphe von Fontainebleau, für das dortige Schloß bestimmt, nachzuweisen (jetzt im Louvre zu Paris). Obwohl ihm Franz I. sehr
gewogen war und ihm das Schloß Le Petit Nesle schenkte, mußte er doch 1545 den Intrigen
mehr
seiner Gegner weichen. Vom Herzog Cosimo I. in Florenz freundlich aufgenommen, fertigte er für diesen 1550 die Statue des Perseus
mit dem Medusenhaupt, eins seiner besten Werke in Erz, jetzt in der Loggia de' Lanzi zu Florenz. Hier versuchte er sich auch
in Marmor und arbeitete eine Gruppe: Apollon und Hyacinth, und die Statue des Narcissus. Im Kriege gegen die
Sienesen war er als Kriegsingenieur bei Ausbesserung der florentinischen Festung thätig. Aller Einladungen ungeachtet kehrte
er nicht mehr nach Frankreich zurück, und selbst Katharina von Medicis forderte ihn vergeblich auf, das Grabmal Heinrichs II.,
ihres Gemahls, zu vollenden.
In den letzten acht Jahren seines Lebens, von denen seine Selbstbiographie schweigt, lebte Cellini mit der äußern
Welt mehr in Frieden und trat 1558 selbst in den geistlichen Stand, den er aber bald wieder verließ, um noch im 60. Jahr zu
heiraten. Er hinterließ bei seinem 13. Febr. 1571 in Florenz erfolgten Tod zwei Töchter und einen Sohn. Von
seinen Arbeiten in Silber und Gold ist wegen der Kostbarkeit des Stoffes wenig auf uns gekommen; die große Mehrzahl der ihm zugeschriebenen
ist unecht. Im Eskorial ist ein lebensgroßes Kruzifix in Marmor von vortrefflicher Arbeit, vermutlich dasjenige, welches der
Großherzog Cosimo erhielt, und das letzte Werk, dessen Cellini in seiner Biographie gedenkt. Zu Florenz restaurierte
der Künstler einen trefflichen Apollon, an welchem freilich die manierierte Arbeit Cellinis von der edlen Einfalt des alten
Werks merklich abweicht.
Ebendaselbst befindet sich die Bronzebüste Cosimos I. mit reichverziertem Harnisch. Unter den vielen Denkmünzen, welche dem
Meister zugeschrieben werden, sind nur einige von seiner Hand. In keiner seiner Schöpfungen ist Cellinis
Geist so kräftig ausgeprägt wie in seiner Selbstbiographie, mit der uns Deutsche zuerst Goethe durch seine Übersetzung bekannt
machte (1803). Sie erschien in zahlreichen Ausgaben (zuerst 1728; später von Tassi: »Vita ed opere«, Flor. 1829; von
Choulant, Leipz. 1833-35, 3 Bde.)
und Übersetzungen bis in die neueste Zeit.
Diese Lebensbeschreibung ist ebenso ausgezeichnet durch die heitere Unbefangenheit, mit welcher Cellini seine Tugenden wie seine
Schwächen darstellt, sein Leben gleichsam noch einmal mit allen seinen Freuden und Leiden durchlebend, wie durch die Lebendigkeit
und Natürlichkeit der Sprache, leidet aber auch stark durch die Prahlerei des Autors. Seine »Trattati
dell' oreficeria e della scultura« erschienen 1568. Sie wurden neu von Milanesi herausgegeben (Flor. 1856),
übersetzt von
Brinkmann (Leipz. 1867).
Vgl. A. v. Reumont, Cellinis letzte Lebensjahre, in Raumers »Historischem Taschenbuch« 1847; Derselbe,
Beiträge zur italienischen Geschichte, Bd. 3 (Berl.
1854);
J. ^[Joseph] Arneth, Studien über B. Cellini (Wien 1859), und E. Plon, B. Cellini. Orfèvre, medailleur, sculpteur (Par. 1882, Nachtrag
1884).