Kapitols den Abzug der
Gallier erkaufen wollte, nahm den
Galliern die
Beute ab und vertrieb sie aus
Rom.
[* 2] Ein großes
Verdienst
erwarb sich Camillus dadurch, daß er sich der von den
Plebejern beabsichtigten Übersiedelung aus dem zerstörten
Rom nach
Veji aufs
nachdrücklichste widersetzte und dadurch wesentlich dazu beitrug, daß die Stadt auf der alten
Stelle
wieder aufgebaut wurde.
In den folgenden
Jahren kämpfte er noch mehrfach siegreich gegen die
Gallier wie gegen
Äquer,
Volsker
und
Etrusker. Obwohl wenig volksfreundlich gesinnt, erkannte er doch später die
Notwendigkeit, den
Plebejern mehr
Rechte einzuräumen;
daher vermittelte er 367 die
Annahme der
Licinischen Gesetze (s. d.). Er starb 365
v. Chr.
(spr. kámuinsch),Luiz de, der größte und berühmteste Dichter der Portugiesen,
war zu
Lissabon
[* 3] (nach andern zu
Coimbra oder
Santarem) aus einer ursprünglich aus
Spanien
[* 4] stammenden und hochangesehener
aber verarmten
Familie 1524 geboren.
SeinVater, ein portugiesischer
Schiffskapitän, verlor im
SchiffbruchLeben und
Vermögen;
gleichwohl sorgte die
Mutter,
DonnaAnna de
Sa, aus
Santarem gebürtig, sorgfältig für die
Erziehung des
Sohns und ermöglichte
ihm auch den Besuch der damals neuerrichteten
UniversitätCoimbra, wo er vorzugsweise klassische
Studien sowie
Philosophie und Geschichte trieb, sich aber auch bereits seinem dichterischen Drang überließ.
Nach beendigten
Studien nach
Lissabon zurückgekehrt, machte er sich am königlichen
Hof
[* 5] durch seine männlich-schöne
Erscheinung
wie durch sein
Talent und sein jugendlich-feuriges
Wesen gleich sehr bemerklich, erregte aber durch ein Liebesverhältnis mit
der
Palastdame Catharina de Atayde den
Zorn des
Königs in dem
Grade, daß ihn dieser vom
Hofe verbannte.
Camoëns begab sich nach
Santarem zu seinen mütterlichen Verwandten, suchte in ernsten
Studien Trost für seinen Liebesschmerz,
der in mehreren herrlichen
Elegien (namentlich der dritten) ausströmte, und entwarf schon hier den
Plan zu seinem großen
Epos, den
»Lusiaden«. In einem
Feldzug gegen
Marokko,
[* 6] den er als Freiwilliger mitmachte, erwarb er sich den
höchsten
Ruhm der
Tapferkeit, trug aber zugleich eine schwere
Wunde davon und verlor im
Seegefecht von
Ceuta
[* 7] durch eine Büchsenkugel
das rechte
Auge.
[* 8] Er mußte daher längere Zeit in
Afrika
[* 9] verweilen und benutzte die unfreiwillige Muße
zu rüstiger Fortsetzung seines
Heldengedichts; auch entstanden in jenen
Tagen, »wo die eine
Hand
[* 10] das
Schwert, die andre die
Leier führte«, mehrere seiner schönsten
Sonette.
Sein militärischer
Ruf hatte den
Hof vermocht, die
Verbannung aufzuheben. Camoëns eilte nach
Lissabon zurück voll froher Erwartung,
sich nun eine seinen
Talenten und Kenntnissen entsprechende Laufbahn eröffnen zu können; allein seine
Hoffnung wurde durch die
Intrigen eifersüchtiger hochgestellter Adligen vereitelt, und unmutig faßte
er den Entschluß, seinem
Vaterland den
Rücken zu wenden. Er teilte denselben einem
Freund mit den
Worten der Grabschrift des
ScipioAfricanus
mit: »Ingrata
patria, non possidebis ossa mea« (»Undankbares Vaterland,
du sollst meine Gebeine nicht besitzen«),
schiffte sich 1553 nach
Ostindien
[* 11] ein und landete im
September d. J. in
Goa, dem
Mittelpunkt
der indischen Besitzung der Portugiesen.
Da er auch hier kein
Amt fand, nahm er von neuem
Kriegsdienste und machte verschiedene
Expeditionen zu
Wasser und zu
Lande mit, so namentlich 1555 einen Zug
gegen die maurischen Seeräuber auf dem
RotenMeer, welche den portugiesischen
Handel beeinträchtigten. Das
Winterquartier auf der
InselOrmus benutzte er zur Fortsetzung
seiner
»Lusiaden«, besuchte den Felixberg und die umliegenden öden afrikanischen Gegenden, von denen er dann in seinem
Gedicht ein so ausgezeichnetes
Bild entwarf, und richtete von dieser
Einsamkeit aus rührende Klageworte
an die ferne Geliebte.
Nach
Goa zurückgekehrt, schienen sich endlich die Verhältnisse für ihn freundlicher zu gestalten; allein seine rücksichtslose
Wahrheitsliebe stürzte ihn in neues
Elend. Die Mängel und Erbärmlichkeiten der portugiesischen
Verwaltung Judiens reizten
ihn zu einem satirischen Gedicht, dessen Veröffentlichung den
VizekönigDom Francisco Barreto dermaßen
erzürnte, daß
er den Dichter verhaften ließ und im folgenden Jahr (1556) nach
Macao an der chinesischen
Küste verbannte,
wo derselbe, einen untergeordneten
Posten bekleidend, fünf Jahre lang verweilte.
Hier vollendete Camoëns sein großes
Epos, und noch heute zeigt man dort die »Camoensgrotte«, einen
hoch gelegenen reizenden
Punkt mit herrlicher Aussicht über Land und
Meer, wo der Dichter, wie die
Sage geht, sein Werk niedergeschrieben.
Inzwischen hatte in
Goa ein neuer
Vizekönig,
Dom Constantino de
Braganza, die
Verwaltung übernommen und gestattete Camoëns, den
Ort
seiner
Verbannung zu verlassen. Freudig ergriff dieser die Gelegenheit, allein das
Schiff,
[* 12] das ihn zurücktragen
sollte, scheiterte unterwegs an der Mündung des Mekhongflusses, und nur mit Mühe rettete der Dichter sich und seinen größten
Schatz, sein Gedicht; alles übrige
ward einRaub der
Wellen.
[* 13]
Als das
Schiff sank, hatte sich Camoëns in die
Wellen gestürzt, und mit der
Rechten rüstig dem
Ufer zurudernd,
hielt er mit der
Linken die
Handschrift des Gedichts hoch über die Wogen empor. Die Eingebornen empfingen ihn freundlich und
erzeigten ihm große
Gastfreundschaft. Diese
Szenen seiner Lebenstragödie schildert Camoëns im zehnten
Gesang der
»Lusiaden«, die
er zum Teil hier geschrieben hat. Auch sollen hier die berühmten »Quintilhas«
entstanden sein, eine
Paraphrase auf den 137.
Psalm, in welchem die
Juden ihre
Harfen an den
Weiden an
BabylonsBächen aufhängen
und über die
Verbannung vom
Lande der
Heimat weinen. Camoëns verweilte hier, bis sich eine Gelegenheit fand, die ihn 1561 nach
Goa
zurückbrachte.
Der
Vizekönig schloß mit Camoëns, der ihn in den schönen
Stanzen, welche in seinen Gedichten unter der
Aufschrift
»Epistola III.« aufbewahrt sind, begrüßte, ein
Verhältnis inniger
Freundschaft. Als aber im
Oktober 1561
Dom Francisco Contucho,
Graf von Redondo,
Vizekönig wurde, erhoben sich des Dichters alte Gegner von neuem gegen ihn, so daß selbst der neue
Vizekönig, der anfangs Camoëns freundlich zugethan schien, in die
Verhaftung desselben willigen mußte. Er wurde beschuldigt, während
seiner Amtsführung in
MacaoVeruntreuungen begangen zu haben. Zwar rechtfertigte er sich glänzend und warf die ganze Schmach
der
Anklage auf seine Gegner zurück, aber eben, als man ihm die Gefängnisthür öffnen wollte, trat
ihm ein
Gläubiger entgegen und brachte den Dichter in
¶
mehr
Schuldhaft. In C. regte dieses neue Mißgeschick eine heitere Saite seines Innern an; er schrieb an den Vizekönig ein scherzhaftes
Gedicht, das ihm denn auch sofort die Freiheit verschaffte. Auf die Wirkung seines Gedichts im Vaterland baute Camoëns neue Pläne
der Zukunft, und es entstand in ihm der Wunsch, nach Portugal heimzukehren, um sein Buch selbst dem König
zu überreichen. Während er mit diesem Entschluß umging, erhielt er von dem frühern Vizekönig, Francisco Barreto, der
eben Gouverneur des FortsSofala geworden war, die Einladung, ihn dahin zu begleiten. Camoëns willigte ein in der Hoffnung, dort früher
ein Schiff zu finden, das ihn nach Europa
[* 15] mitnehmen könnte, und Barreto, der den Dichter um seiner Unterhaltung
willen an sich fesseln wollte, streckte ihm die Reisekosten bis Sofala vor, wo er nach kurzer Zeit ein daselbst anlegendes,
auf der Rückreise nach Portugal begriffenes Schiff zur Weiterreise benutzte.
Der unedle Plan des Gouverneurs, Camoëns durch die Rückforderung der ihm geliehenen Geldsumme zum Bleiben zu
zwingen, ward durch die Freigebigkeit einiger Passagiere vereitelt, welche die nötige Summe sogleich zusammenschossen. Auf
dem Schiff traf Camoëns auch den berühmten Geschichtschreiber Indiens, DomDiego do Couto, mit dem er ein inniges Freundschaftsbündnis
schloß, und von welchem noch die Handschrift eines vortrefflichen Kommentars zu den »Lusiaden« existiert.
Mit diesem einzigen Schatz stieg Camoëns nach 16jähriger Abwesenheit 1569 zu Lissabon ans Land, begleitet von den einzigen, die
ihm stets treu blieben: seinem Sklaven und seinem Unglück. Jetzt, wo er seinem Elend durch die Veröffentlichung eines Werkes,
das 30 Jahre lang seinen Geist beschäftigt hatte, ein Ende zu machen hoffte, begrüßte ihn auch in Lissabon
der Schrei allgemeiner Angst und Not. Die Pest wütete unter der Bevölkerung,
[* 16] und dieser Umstand trat dem Druck des Gedichts noch
drei Jahre hindernd entgegen.
Erst 1572 erschien die erste Ausgabe in geschmackvoller Ausstattung und mit der Dedikation an den jungen
König DomSebastian. Dieser soll dem Dichter zur Belohnung eine Jahrespension von 10,000 Reis, d. h. 25 Thlr., ausgesetzt haben,
wozu ihm noch die Erlaubnis zuteil wurde, überall in Begleitung des Hofs erscheinen zu dürfen. Die Wahrheit dieser Angabe
ist bestritten worden, doch ist so viel gewiß, daß Camoëns die letzten Jahre seines Lebens langsam dahinsiechte;
aber erst als auch sein Geist durch das nach der Schlacht von Alkazar (1578) plötzlich über Portugal hereinbrechende Unglück
die tiefste Wunde erhalten hatte, die dem Sänger der »Lusiaden« geschlagen werden konnte, eilte er rasch seiner Auflösung entgegen.
Camoëns starb im Hospital.
Man begrub den Dichter in der Kirche des St. Annen-klosters, wie man ihn hatte leben lassen, ohne alle Auszeichnung, und so
kam es, daß, als 15 Jahre nach seinem TodeDomGonzalo Coutinho dem großen Mann »eine würdigere Ruhestätte« errichten
wollte, sein Grab nur mit Mühe (wenn überhaupt) aufgefunden wurde. Es ward ihm ein prächtiges Grabmal
errichtet. Bald erkannte man denn auch den Wert seines Gedichts, und hatte man den Dichter im Leben verkannt und verfolgt,
so wurde er nun tm Tod fast vergöttert. Seine Landsleute gaben ihm den Beinamen des Großen; sein Heldengedicht fand
Eingang bei hoch und niedrig; eine Ausgabe folgte der andern, und ein Jahrhundert hindurch ertönten Gesänge daraus im Munde
des Volkes.
Camoëns bildet den großen Schlußstein der Blütezeit der portugiesischen Poesie. Was nach ihm in dichterischen Versuchen geleistet
wurde, ist im glücklichern Fall Nachklang der glänzenden Vergangenheit. Entdeckt auch der strenge Kunstrichter
in Camoëns' Epos manches Fehlerhafte, z. B. die durch gängige Verquickung der griechischen Mythologie mit der christlichen, so
belebt doch ein echt dichterischer und wahrhaft epischer Geist die ganze Ausführung, und die darin sich aussprechende Vaterlandsliebe,
Empfänglichkeit für kühne nationale Bestrebungen sowie die vollendete Sprache
[* 17] und der bezaubernde Wohlklang
der schön gebauten Ottaven geben dem Werk im Original einen unwiderstehlichen Reiz. Camoëns nannte sein Gedicht »Os Lusiadas« (d. h.
die Nachkommen des Lusus, des fabelhaften Ahnherrn der Portugiesen), weil es die poetische Verherrlichung nicht eines einzelnen
Helden, sondern der Portugiesen überhaupt ist. Es besingt die Umschiffung Afrikas durch Vasco de Gama und
die erste Begründung portugiesischen Verkehrs mit Malabar, verherrlicht aber in episodischen Erzählungen die ganze ältere
Geschichte Portugals und in Form begeisterter Prophezeiungen auch die spätern Entdeckungen und Großthaten der Portugiesen
in Indien.
Unter den Episoden, welche das Ganze beleben, ist die Erzählung von dem Tode der Ines de Castro (dritter
Gesang) die berühmteste. Daneben bricht auch das persönliche Gefühl des Dichters an zahlreichen Stellen mit Macht hervor,
und diese männlich-kräftigen lyrischen Ergüsse, meist in schwermütigem Ton gehalten, erhöhen den Reiz des Gedichts. Wodurch
sich aber dasselbe am wesentlichsten von jedem andern Epos unterscheidet, das ist die Kraft
[* 18] und Wahrheit
seiner Naturschilderungen, vor allen die Schilderung des Weltmeers.
Die »Lusiaden« sind nach HumboldtsAusspruch (»Kosmos«, Teil 2) das »maritime Epos«, welches die ganze majestätische Größe des
ozeanischen Meers spiegelt. Die eigentliche Handlung desselben ist nicht in einen Kampf zwischen Portugiesen und Indern zu setzen,
sondern in den Kampf mit dem Weltmeer und in den Sieg über dessen furchtbare Gewalt. Das Gedicht besteht
aus zehn Gesängen, die zusammen 1102 achtzeilige Stanzen enthalten. Die erste Ausgabe erschien zu Lissabon 1572;
eine Ausgabe mit Anmerkungen Fereira (Neap. 1731, 2 Tle.; Rom 1732).
Neuere
Ausgaben erschienen zu Coimbra 1800, 2 Bde., von J. M. ^[Joze Maria] de SouzaBotelho (Par. 1817 u. 1819,
sehr korrekt, aber selten); mit Noten von Fonseca (das. 1846) und von Coelho (Lissab. 1880). Ju Deutschland
[* 20] erschienen Ausgaben
von Winterfeld (Berl. 1810), eine nach der Juromenhaschen Textrevision besorgte Ausgabe (Leipz. 1874); eine kritische Textausgabe
(mit Varianten) von Reinhardstöttner (Straßb. 1874) sowie einige zur Feier des 300jährigen Todestags
(1880). Im ganzen zählt man gegen 100 Ausgaben und ca. 45 Übersetzungen des Gedichts in fremde Sprachen, darunter eine ins
Lateinische von Thomé de Faria (Wien
[* 21] 1622). Ins Spanische
[* 22] wurde dasselbe übersetzt von Tapia (Salamanca 1580), Caldera (Alcala deHenares 1588), Gargez (Madr. 1591) u. a.;