Kapitols den Abzug der Gallier erkaufen wollte, nahm den Galliern die Beute ab und vertrieb sie aus Rom. Ein großes Verdienst
erwarb sich Camillus dadurch, daß er sich der von den Plebejern beabsichtigten Übersiedelung aus dem zerstörten Rom nach Veji aufs
nachdrücklichste widersetzte und dadurch wesentlich dazu beitrug, daß die Stadt auf der alten Stelle
wieder aufgebaut wurde. In den folgenden Jahren kämpfte er noch mehrfach siegreich gegen die Gallier wie gegen Äquer, Volsker
und Etrusker. Obwohl wenig volksfreundlich gesinnt, erkannte er doch später die Notwendigkeit, den Plebejern mehr Rechte einzuräumen;
daher vermittelte er 367 die Annahme der Licinischen Gesetze (s. d.). Er starb 365 v. Chr.
(spr. kaminja), befestigter Hafenort der portug.
Provinz Minho, Distrikt Vianna, an der Mündung des Minho und der Eisenbahn Oporto-Valenca gelegen, mit (1878) 3130 Einw.
(spr. kámuinsch), Luiz de, der größte und berühmteste Dichter der Portugiesen,
war zu Lissabon (nach andern zu Coimbra oder Santarem) aus einer ursprünglich aus Spanien stammenden und hochangesehener
aber verarmten Familie 1524 geboren. Sein Vater, ein portugiesischer Schiffskapitän, verlor im Schiffbruch Leben und Vermögen;
gleichwohl sorgte die Mutter, Donna Anna de Sa, aus Santarem gebürtig, sorgfältig für die Erziehung des Sohns und ermöglichte
ihm auch den Besuch der damals neuerrichteten Universität Coimbra, wo er vorzugsweise klassische Studien sowie
Philosophie und Geschichte trieb, sich aber auch bereits seinem dichterischen Drang überließ.
Nach beendigten Studien nach Lissabon zurückgekehrt, machte er sich am königlichen Hof durch seine männlich-schöne Erscheinung
wie durch sein Talent und sein jugendlich-feuriges Wesen gleich sehr bemerklich, erregte aber durch ein Liebesverhältnis mit
der Palastdame Catharina de Atayde den Zorn des Königs in dem Grade, daß ihn dieser vom Hofe verbannte.
Camoëns begab sich nach Santarem zu seinen mütterlichen Verwandten, suchte in ernsten Studien Trost für seinen Liebesschmerz,
der in mehreren herrlichen Elegien (namentlich der dritten) ausströmte, und entwarf schon hier den Plan zu seinem großen
Epos, den »Lusiaden«. In einem Feldzug gegen Marokko, den er als Freiwilliger mitmachte, erwarb er sich den
höchsten Ruhm der Tapferkeit, trug aber zugleich eine schwere Wunde davon und verlor im Seegefecht von Ceuta durch eine Büchsenkugel
das rechte Auge. Er mußte daher längere Zeit in Afrika verweilen und benutzte die unfreiwillige Muße
zu rüstiger Fortsetzung seines Heldengedichts; auch entstanden in jenen Tagen, »wo die eine Hand das Schwert, die andre die
Leier führte«, mehrere seiner schönsten Sonette.
Sein militärischer Ruf hatte den Hof vermocht, die Verbannung aufzuheben. Camoëns eilte nach Lissabon zurück voll froher Erwartung,
sich nun eine seinen Talenten und Kenntnissen entsprechende Laufbahn eröffnen zu können; allein seine
Hoffnung wurde durch die Intrigen eifersüchtiger hochgestellter Adligen vereitelt, und unmutig faßte er den Entschluß, seinem
Vaterland den Rücken zu wenden. Er teilte denselben einem Freund mit den Worten der Grabschrift des Scipio Africanus
mit: »Ingrata
patria, non possidebis ossa mea« (»Undankbares Vaterland,
du sollst meine Gebeine nicht besitzen«),
schiffte sich 1553 nach Ostindien ein und landete im September d. J. in Goa, dem Mittelpunkt
der indischen Besitzung der Portugiesen. Da er auch hier kein Amt fand, nahm er von neuem Kriegsdienste und machte verschiedene
Expeditionen zu Wasser und zu Lande mit, so namentlich 1555 einen Zug
gegen die maurischen Seeräuber auf dem
Roten Meer, welche den portugiesischen Handel beeinträchtigten. Das Winterquartier auf der Insel Ormus benutzte er zur Fortsetzung
seiner »Lusiaden«, besuchte den Felixberg und die umliegenden öden afrikanischen Gegenden, von denen er dann in seinem
Gedicht ein so ausgezeichnetes Bild entwarf, und richtete von dieser Einsamkeit aus rührende Klageworte
an die ferne Geliebte.
Nach Goa zurückgekehrt, schienen sich endlich die Verhältnisse für ihn freundlicher zu gestalten; allein seine rücksichtslose
Wahrheitsliebe stürzte ihn in neues Elend. Die Mängel und Erbärmlichkeiten der portugiesischen Verwaltung Judiens reizten
ihn zu einem satirischen Gedicht, dessen Veröffentlichung den Vizekönig Dom Francisco Barreto dermaßen
erzürnte, daß er den Dichter verhaften ließ und im folgenden Jahr (1556) nach Macao an der chinesischen Küste verbannte,
wo derselbe, einen untergeordneten Posten bekleidend, fünf Jahre lang verweilte.
Hier vollendete Camoëns sein großes Epos, und noch heute zeigt man dort die »Camoensgrotte«, einen
hoch gelegenen reizenden Punkt mit herrlicher Aussicht über Land und Meer, wo der Dichter, wie die Sage geht, sein Werk niedergeschrieben.
Inzwischen hatte in Goa ein neuer Vizekönig, Dom Constantino de Braganza, die Verwaltung übernommen und gestattete Camoëns, den Ort
seiner Verbannung zu verlassen. Freudig ergriff dieser die Gelegenheit, allein das Schiff, das ihn zurücktragen
sollte, scheiterte unterwegs an der Mündung des Mekhongflusses, und nur mit Mühe rettete der Dichter sich und seinen größten
Schatz, sein Gedicht; alles übrige ward ein Raub der Wellen.
Als das Schiff sank, hatte sich Camoëns in die Wellen gestürzt, und mit der Rechten rüstig dem Ufer zurudernd,
hielt er mit der Linken die Handschrift des Gedichts hoch über die Wogen empor. Die Eingebornen empfingen ihn freundlich und
erzeigten ihm große Gastfreundschaft. Diese Szenen seiner Lebenstragödie schildert Camoëns im zehnten Gesang der »Lusiaden«, die
er zum Teil hier geschrieben hat. Auch sollen hier die berühmten »Quintilhas«
entstanden sein, eine Paraphrase auf den 137. Psalm, in welchem die Juden ihre Harfen an den Weiden an Babylons Bächen aufhängen
und über die Verbannung vom Lande der Heimat weinen. Camoëns verweilte hier, bis sich eine Gelegenheit fand, die ihn 1561 nach Goa
zurückbrachte.
Der Vizekönig schloß mit Camoëns, der ihn in den schönen Stanzen, welche in seinen Gedichten unter der Aufschrift
»Epistola III.« aufbewahrt sind, begrüßte, ein Verhältnis inniger Freundschaft. Als aber im Oktober 1561 Dom Francisco Contucho,
Graf von Redondo, Vizekönig wurde, erhoben sich des Dichters alte Gegner von neuem gegen ihn, so daß selbst der neue
Vizekönig, der anfangs Camoëns freundlich zugethan schien, in die Verhaftung desselben willigen mußte. Er wurde beschuldigt, während
seiner Amtsführung in Macao Veruntreuungen begangen zu haben. Zwar rechtfertigte er sich glänzend und warf die ganze Schmach
der Anklage auf seine Gegner zurück, aber eben, als man ihm die Gefängnisthür öffnen wollte, trat
ihm ein Gläubiger entgegen und brachte den Dichter in
mehr
Schuldhaft. In C. regte dieses neue Mißgeschick eine heitere Saite seines Innern an; er schrieb an den Vizekönig ein scherzhaftes
Gedicht, das ihm denn auch sofort die Freiheit verschaffte. Auf die Wirkung seines Gedichts im Vaterland baute Camoëns neue Pläne
der Zukunft, und es entstand in ihm der Wunsch, nach Portugal heimzukehren, um sein Buch selbst dem König
zu überreichen. Während er mit diesem Entschluß umging, erhielt er von dem frühern Vizekönig, Francisco Barreto, der
eben Gouverneur des Forts Sofala geworden war, die Einladung, ihn dahin zu begleiten. Camoëns willigte ein in der Hoffnung, dort früher
ein Schiff zu finden, das ihn nach Europa mitnehmen könnte, und Barreto, der den Dichter um seiner Unterhaltung
willen an sich fesseln wollte, streckte ihm die Reisekosten bis Sofala vor, wo er nach kurzer Zeit ein daselbst anlegendes,
auf der Rückreise nach Portugal begriffenes Schiff zur Weiterreise benutzte.
Der unedle Plan des Gouverneurs, Camoëns durch die Rückforderung der ihm geliehenen Geldsumme zum Bleiben zu
zwingen, ward durch die Freigebigkeit einiger Passagiere vereitelt, welche die nötige Summe sogleich zusammenschossen. Auf
dem Schiff traf Camoëns auch den berühmten Geschichtschreiber Indiens, Dom Diego do Couto, mit dem er ein inniges Freundschaftsbündnis
schloß, und von welchem noch die Handschrift eines vortrefflichen Kommentars zu den »Lusiaden« existiert.
Mit diesem einzigen Schatz stieg Camoëns nach 16jähriger Abwesenheit 1569 zu Lissabon ans Land, begleitet von den einzigen, die
ihm stets treu blieben: seinem Sklaven und seinem Unglück. Jetzt, wo er seinem Elend durch die Veröffentlichung eines Werkes,
das 30 Jahre lang seinen Geist beschäftigt hatte, ein Ende zu machen hoffte, begrüßte ihn auch in Lissabon
der Schrei allgemeiner Angst und Not. Die Pest wütete unter der Bevölkerung, und dieser Umstand trat dem Druck des Gedichts noch
drei Jahre hindernd entgegen.
Erst 1572 erschien die erste Ausgabe in geschmackvoller Ausstattung und mit der Dedikation an den jungen
König Dom Sebastian. Dieser soll dem Dichter zur Belohnung eine Jahrespension von 10,000 Reis, d. h. 25 Thlr., ausgesetzt haben,
wozu ihm noch die Erlaubnis zuteil wurde, überall in Begleitung des Hofs erscheinen zu dürfen. Die Wahrheit dieser Angabe
ist bestritten worden, doch ist so viel gewiß, daß Camoëns die letzten Jahre seines Lebens langsam dahinsiechte;
aber erst als auch sein Geist durch das nach der Schlacht von Alkazar (1578) plötzlich über Portugal hereinbrechende Unglück
die tiefste Wunde erhalten hatte, die dem Sänger der »Lusiaden« geschlagen werden konnte, eilte er rasch seiner Auflösung entgegen.
Camoëns starb 10. Juni 1580 im Hospital.
Man begrub den Dichter in der Kirche des St. Annen-klosters, wie man ihn hatte leben lassen, ohne alle Auszeichnung, und so
kam es, daß, als 15 Jahre nach seinem Tode Dom Gonzalo Coutinho dem großen Mann »eine würdigere Ruhestätte« errichten
wollte, sein Grab nur mit Mühe (wenn überhaupt) aufgefunden wurde. Es ward ihm ein prächtiges Grabmal
errichtet. Bald erkannte man denn auch den Wert seines Gedichts, und hatte man den Dichter im Leben verkannt und verfolgt,
so wurde er nun tm Tod fast vergöttert. Seine Landsleute gaben ihm den Beinamen des Großen; sein Heldengedicht fand
Eingang bei hoch und niedrig; eine Ausgabe folgte der andern, und ein Jahrhundert hindurch ertönten Gesänge daraus im Munde
des Volkes.
Camoëns bildet den großen Schlußstein der Blütezeit der portugiesischen Poesie. Was nach ihm in dichterischen Versuchen geleistet
wurde, ist im glücklichern Fall Nachklang der glänzenden Vergangenheit. Entdeckt auch der strenge Kunstrichter
in Camoëns' Epos manches Fehlerhafte, z. B. die durch gängige Verquickung der griechischen Mythologie mit der christlichen, so
belebt doch ein echt dichterischer und wahrhaft epischer Geist die ganze Ausführung, und die darin sich aussprechende Vaterlandsliebe,
Empfänglichkeit für kühne nationale Bestrebungen sowie die vollendete Sprache und der bezaubernde Wohlklang
der schön gebauten Ottaven geben dem Werk im Original einen unwiderstehlichen Reiz. Camoëns nannte sein Gedicht »Os Lusiadas« (d. h.
die Nachkommen des Lusus, des fabelhaften Ahnherrn der Portugiesen), weil es die poetische Verherrlichung nicht eines einzelnen
Helden, sondern der Portugiesen überhaupt ist. Es besingt die Umschiffung Afrikas durch Vasco de Gama und
die erste Begründung portugiesischen Verkehrs mit Malabar, verherrlicht aber in episodischen Erzählungen die ganze ältere
Geschichte Portugals und in Form begeisterter Prophezeiungen auch die spätern Entdeckungen und Großthaten der Portugiesen
in Indien.
Unter den Episoden, welche das Ganze beleben, ist die Erzählung von dem Tode der Ines de Castro (dritter
Gesang) die berühmteste. Daneben bricht auch das persönliche Gefühl des Dichters an zahlreichen Stellen mit Macht hervor,
und diese männlich-kräftigen lyrischen Ergüsse, meist in schwermütigem Ton gehalten, erhöhen den Reiz des Gedichts. Wodurch
sich aber dasselbe am wesentlichsten von jedem andern Epos unterscheidet, das ist die Kraft und Wahrheit
seiner Naturschilderungen, vor allen die Schilderung des Weltmeers.
Die »Lusiaden« sind nach Humboldts Ausspruch (»Kosmos«, Teil 2) das »maritime Epos«, welches die ganze majestätische Größe des
ozeanischen Meers spiegelt. Die eigentliche Handlung desselben ist nicht in einen Kampf zwischen Portugiesen und Indern zu setzen,
sondern in den Kampf mit dem Weltmeer und in den Sieg über dessen furchtbare Gewalt. Das Gedicht besteht
aus zehn Gesängen, die zusammen 1102 achtzeilige Stanzen enthalten. Die erste Ausgabe erschien zu Lissabon 1572;
spätere Ausgaben:
1597, 1607, 1609, 1633, 1651;
mit Interpretationen von Montenegro, 1613;
mit den Argumenten jedes Gesanges von Barreto, 1669. Einen
Kommentar in spanischer Sprache, jedoch mit willkürlichen Textabänderungen, lieferte der Geschichtschreiber
und Dichter Manoel de Faria y Souza (Madr. 1639, 2 Bde.);
eine Ausgabe mit Anmerkungen Fereira (Neap. 1731, 2 Tle.; Rom 1732).
Neuere
Ausgaben erschienen zu Coimbra 1800, 2 Bde., von J. M. ^[Joze Maria] de Souza Botelho (Par. 1817 u. 1819,
sehr korrekt, aber selten); mit Noten von Fonseca (das. 1846) und von Coelho (Lissab. 1880). Ju Deutschland erschienen Ausgaben
von Winterfeld (Berl. 1810), eine nach der Juromenhaschen Textrevision besorgte Ausgabe (Leipz. 1874); eine kritische Textausgabe
(mit Varianten) von Reinhardstöttner (Straßb. 1874) sowie einige zur Feier des 300jährigen Todestags
(1880). Im ganzen zählt man gegen 100 Ausgaben und ca. 45 Übersetzungen des Gedichts in fremde Sprachen, darunter eine ins
Lateinische von Thomé de Faria (Wien 1622). Ins Spanische wurde dasselbe übersetzt von Tapia (Salamanca 1580), Caldera (Alcala de
Henares 1588), Gargez (Madr. 1591) u. a.;
ins Italienische von Paggi (Lissab. 1659, Turin 1772);
ins Französische
von Fournier und Desaules (in Prosa, 1825; neue Ausg. 1847), Millié (1811), Ragon (1842), Albert (1858), Azevedo (1869) etc.;
ins Englische von Fanshaw (1655), Mickle