Die gleichnamige Hauptstadt, eine der ältesten
StädteItaliens,
[* 16] liegt auf der Südküste der
Insel an der
Mündung der Mulargia in den
Meerbusen von E., welcher, durch mehrere
Forts geschützt, den
Hafen der Stadt bildet, und steigt
zwischen zwei Strandseen amphitheatralisch bis zu dem die
Reede beherrschenden alten
Kastell auf. Die mit
Wällen umgebene Stadt
zerfällt in vier Teile:Castello, auf dem
Berg liegend, mit dem königlichen
Schloß (um 1217 erbaut),
der
Universität, dem
Theater
[* 17] und den Regierungsgebäuden;
La Marina, am
Hafen, befestigt, hauptsächlich von Kaufleuten bewohnt;
Stampace, zwischen
Castello und Marina, gegen W., das
Viertel der
Reichen, und die mit schönen
Promenaden gezierte
Villa nuova
gegen O. Die Vorstadt
Sant' Avendrace ist eine Fortsetzung von Stampace.
Die
Straßen sind meist eng. Die
schönsten Gebäude findet
man in der Marina und im
Castello; dazu gehören außer den schon genannten: das Stadthaus, der
Palast des
GrafenBoyl, die
Kathedrale, die
KircheSanMichele, das ehemalige Münzhaus etc. Cagliari hat 38
Kirchen, ein
Arsenal und ein großes Quarantänelazarett am
Hafen. Die wichtigsten
Gelehrten- und Unterrichtsanstalten sind: die
Universität
mit drei
Fakultäten (1596 gestiftet, 1764 erneuert, 1882 nur 128 Studierende), mit
Bibliothek und Sammlungen;
ein erzbischöfliches
Seminar,
Lyceum, 2 Gymnasien, ein
Gewerbeinstitut und eine nautische
Schule, eine technische
Schule und ein Nationalkonvikt, eine
öffentliche
Bibliothek von 22,000
Bänden, ein Antiquitätenmuseum etc. Die Einwohner, (1881) 35,588
an der Zahl, fabrizieren Baumwollzeuge, Wollmützen,
Seife u. a. und treiben lebhaften
Handel mit
Getreide;
[* 18]
Die Stadt, welche mit Jalesias und über
Oristano mit
Sassari
in Eisenbahnverbindung steht, ist Sitz des
Präfekten, eines
Erzbischofs, eines Appellhofs, eines Handelsgerichts, eines deutschen
Konsuls und andrer Behörden.
Cagliari ist das Caralis der Karthager, die sich 540
v. Chr. hier
festgesetzt haben sollen. Im J. 260 drangL.CorneliusScipio nach seinem
Sieg bei
Olbia bis hierher vor, und
Cäsar kam während des
Bürgerkriegs aus
Afrika
[* 20] nach Cagliari, das
um jene Zeit Munizipalrechte erhielt. Von der altrömische Stadt hat sich noch das
Amphitheater erhalten, das über 20,000
Menschen fassen konnte, sowie andre
Altertümer, namentlich die merkwürdigen
Zisternen, große unterirdische,
auf
Pfeilern ruhende
Gewölbe.
[* 21]
Von der
Akropolis
[* 22] findet man keine
Spur, wohl aber von den alten
Straßen, welche von hier nach Tibula,
Olbia und
Torres führten.
Tiberius schickte 19
n. Chr. 4000
Juden hierher, welche sich stark vermehrten, bis sie von der spanischen
Intoleranz 1492 vertrieben wurden. Nachdem Cagliari 383 zu dem abendländischen
Reiche geschlagen worden war, eroberte
Geiserich 455 die
Stadt, welche 534 mit dem oströmischen
Reich verbunden ward, bis sich 720 die
Sarazenen von
Spanien
[* 23] aus derselben bemächtigten.
Letztere wurden zu Anfang des 11. Jahrh. von den Genuesen und Pisanern mit
Hilfe der Eingebornen vertrieben, und 1258 kam Cagliari unter die unmittelbare Herrschaft der Pisaner. Nachdem
die Macht derselben durch die
Schlacht von Molara 1284 gebrochen war, fingen blutige
Bürgerkriege an, bis (1323) die Aragonier
landeten, welche Cagliari 1326 nach tapferer
Verteidigung durch die Pisaner nahmen. Seitdem verwaltete die Stadt ihre
Angelegenheiten unabhängig und genoß derselben Privilegien wie
Barcelona.
[* 24] In der
Seeschlacht bei Cagliari zwischen
den Genuesen und den verbündeten
Flotten der
Venezianer und Aragonier erlitten die erstern eine vollständige
Niederlage.
(spr. kaljó-),Alexander,
Graf von, eigentlich
Joseph Balsamo, ein weltbekannter Abenteurer des 18. Jahrh.,
geb. zu
Palermo von armen Eltern, trat früh in das
Seminar des heil.
Rochus zuPalermo, dann in
den Ordenskonvent der
Barmherzigen Brüder zu
Caltagirone, wo er unter Anleitung des Klosterapothekers einige medizinische,
chemische und pharmazeutische Kenntnisse sich aneignete. Wegen schlechter Aufführung aus dent
Kloster gewiesen, führte er in
Palermo als Raufbold, Fälscher, Kuppler und
Gauner ein wüstes
Leben, bis er es, der
Polizei verdächtig geworden,
geraten fand, sich 1769 nach
Griechenland,
[* 27]
Ägypten
[* 28] und
Vorderasien auf
Reisen zu begeben.
Zurückgekehrt, stellte er sich auf
Malta dem Ordensgroßmeister als
Graf Cagliostro vor und wußte dessen alchimistischen
Passionen
so zu schmeicheln, daß er von ihm
Empfehlungen erhielt, die ihm in
Rom undNeapel
[* 29] Zutritt in die erstenHäuser
eröffneten. In
Rom heiratete er die reizende Tochter eines
Gürtlers, Lorenza Feliciani, deren
Schönheit und Gewandtheit in
Intrigen er zur Ausführung seiner Schwindeleien und zur
Füllung seiner
Taschen benutzte. Mit ihr reiste er durch Oberitalien
[* 30] und
Deutschland
[* 31] 1771 nach
London,
[* 32] von da nach
Paris,
[* 33] und während die schöne Lorenza mit ihren
Reizen wucherte,
verkaufte ihr Gemahl verjüngende Lebenstinkturen,
¶
Bei einem zweiten Aufenthalt in London in den Freimaurerorden ausgenommen, bewegte er sich in den höchsten Kreisen, machte
fürstlichen Aufwand und spielte, namentlich in weiblichen Kreisen fast vergöttert, eine glänzende Rolle.
Er erfand ein eignes maurerisches System, das er als ägyptische Maurerei bezeichnete, gab sich für einen Sendboten des Elias
oder Großkophta, später für letztern selbst aus, leitete sein Dasein von der Liebe eines Engels zu einem irdischen Weib her
und wollte gesandt sein, um die Gläubigen durch physische und moralische Wiedergeburt zu höherer Vollkommenheit
zu führen.
Vom Haag,
[* 38] wo er die nüchternen Holländer beschwindelte, begab er sich über Venedig und Berlin,
[* 39] wo er wenig Anklang fand, nach
Mitau
[* 40] in Kurland,
[* 41] wo er eine Zeitlang die erlesensten Kreise bezauberte. Selbst die Gräfin Elisa von der Recke
war eine Zeitlang seine begeisterte Anhängerin. Auch in Frankfurt
[* 42] a. M. und Straßburg,
[* 43] wohin er sich über Petersburg
[* 44] und
Warschau
[* 45] begab, wurde er glänzend aufgenommen. In Paris, wohin er sich mit dem Kardinal von Rohan begab, ward er in die bekannte
Halsbandgeschichte desselben verwickelt, in die Bastille gesetzt und, obwohl an dem betrügerischer Schwindel
nicht beteiligt, durch Endurteil vom aus Frankreich verbannt. In Deutschland war ihm, teils durch die selbstverleugnende
Offenheit, mit welcher Elisa von der Recke in der »Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalt
in Mitau« (Berl. 1787) mit ihrer eignen Schwäche Cagliostros Nichtigkeit aufgedeckt hatte, der Aufenthalt
unthunlich gemacht worden.
Auch aus Oberitalien vertrieben, wandte er sich nach Rom, wo er das Ziel seiner Laufbahn finden sollte. Anfangs lebte er hier
sehr eingezogen; bald aber begann er, durch Mangel getrieben, für die ägyptische Maurerei zu wirken, wurde durch einen
seiner Adepten verraten und im Dezember 1789 auf die Engelsburg in Haft gebracht. Die römische Inquisition
zog ihn wegen Ketzerei in Untersuchung und verurteilte ihn zum Tod. Pius VI. verwandelte die Todesstrafe in lebenslängliche
Haft.
Lorenza ward in ein Strafkloster gebracht. Cagliostro starb im FortSanLeone bei Urbino. Er war von Statur
klein, dick, mit gewaltig breiten Schultern, hatte ein feuriges, durchdringendes Auge,
[* 46] eine volle, weit tönende Stimme und
sprach geläufig mehrere Sprachen. Ausgezeichnete Geistesanlagen, große Menschenkenntnis und Gewandtheit sind ihm nicht abzusprechen.
DiesenEigenschaften wie der Leichtgläubigkeit und Wundersucht des Jahrhunderts sind seine vorübergehenden Erfolge zuzuschreiben.