(hierzu Tafel »Burgen«),
ursprünglich jeder durch Wall, Graben und Mauer befestigte Platz, insbesondere
ein solcher aus dem Mittelalter herrührender Bau, welcher als Wohnsitz eines adligen Geschlechts diente.
Diese Burgen waren entweder
Wasserburgen oder Höhenburgen.
Die Wasserburgen lagen in der Ebene und waren geräumige, viereckige oder auch unregelmäßig
angelegte Gebäude mit dicken Rundtürmen an den Ecken und rings von tiefen und breiten Wassergräben
umgeben, über welche eine Zugbrücke in den Burgraum führte.
Sie fanden sich
[* ]
Fig. 1. Burg Fleckenstein im Elsaß. (11. bis 16. Jahrh. -
Nach Specklin.)
[* ]
Fig. 2. Burg Steinsberg bei Heidelberg (auf römischer Anlage).
[* ]
Fig. 3. Die Wartburg bei Eisenach. (Ausgebildeter deutscher Burgenstil des 12. Jahrh.)
[* ]
Fig. 4. Ursprünglicher Grundplan der Wartburg.
[* ]
Fig. 5. Plan zur Herstellung der Burgruine Schadeck bei Neckarsteinach. (12. Jahrh.)
[* ]
Fig. 6. Grundriß der Burg Schadeck.
[* ]
Fig. 7. Burg zu Loches in Frankreich. (Donjon, normännische Anlage.)
[* ]
Fig. 8.
Barbacane u. Schloß zu Carcassonne. (Frankreich, 13. Jahrh. -
Nach Viollet le Duc.)
[* ]
Fig. 9. Grundriß des Schlosses zu Carcassonne.
A Hauptthore.
B Thore.
C Poterne.
D Weg zum Schlosse.
E Portikus.
F Donjon.
G Wohnungen d. Garnison.
H Großer Wachturm.
[* ]
Fig. 10. Burg zu Hedingham. (Englisch-normännische Anlage.)
[* ]
Fig. 11. Grundriß der Burg zu Hedingham.
Zum Artikel »Burg«.
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vornehmlich in der norddeutschen Ebene. Die Höhenburgen, welche man vorzugsweise Burgen nennt, teilten sich wieder in Hofburgen
oder in Fürstensitze von umfassender Anlage und in Burgställe oder eng zusammengedrängte, feste Wohnhäuser der Ritterschaft.
Meist auf Bergkuppen oder steilen Vorsprüngen gelegen, waren sie von einem trocknen Graben umgeben, der den Burgfrieden
von der Umgebung schied. Ein charakteristisches Beispiel dieser Höhenburgen ist Schloß Fleckenstein bei Weißenburg im Elsaß
[* ]
(Fig. 1). Die ersten Befestigungen dieser Art in Deutschland knüpfen an die aus der Römerzeit herrührenden Kastelle an, gehen
aber seit dem karolingischen Zeitalter in einen selbständigen Burgenbau über, der, dem Zweck seiner Entstehung
entsprechend, vorzugsweise auf die Sicherstellung, später zugleich auf die Behaglichkeit der Bewohner berechnet war. Zu
diesem Zweck wurden die an steilen Abhängen oder auf schwer zugänglichen Bergkuppen angelegten Höhenburgen mit festen,
meist aus dem Gestein des Bergs hergestellten Mauern umgeben, innerhalb welcher sich der Bergfried (Bergfrit), ein runder oder
viereckiger Wart- und Verteidigungsturm, erhob, entweder ausgedehnt genug, um als Wohnung zu dienen, oder
von besondern, anfangs hölzernen, später steinernen Wohngebäuden umgeben, an welche sich die zu einem größern Rittersitz
erforderlichen Wirtschaftsräume und Stallungen anschlossen.
Der Eingang zu dem als letzter Zufluchtsort dienenden Bergfried lag im ersten Stock und stand mit dem Wohngebäude
durch die im Fall einer Belagerung leicht zerstörbare Holzbrücke in Verbindung, während der Burghof zur Herstellung einer
zweiten Verteidigungslinie durch eine Scheide- oder auch eine Ringmauer in zwei Teile zerlegt ward. Beispiele geben die noch
an römische Anlagen angeschlossenen Burgen Steinsberg bei Heidelberg (Fig. 2), Ebersteinschloß bei Baden-Baden
und Godesberg bei Bonn.
Im Lauf des 12. Jahrh. entwickelten sich aus diesen ersten Anlagen die reicher ausgebildeten Burgen. Eine vollständige Hofburg
hatte eine Umgebung von Mauerwerk oder Pfahlwerk (Zingeln, vom lat. cingere, »umgürten«),
die in der Regel nicht mit Zinnen, sondern mit einfacher Brustwehr versehen und von einem oder mehreren
Thoreingängen durchbrochen war, welche von zur Seite vorspringenden Türmen verteidigt wurden. Zwischen den Zingeln und der
innern Mauer befand sich ein freier Raum, der Zwinger (Zwingelhof, Zwingolf), welcher zum Teil wohl auch Ställe, Wirtschaftsgebäude
und den durch einzelne in der Umfassungsmauer angebrachte Thüren zugänglichen Viehhof enthielt, zum Teil aber
den nötigen Raum zu ritterlichen Übungen darbot, immer aber nur als Vorhof der eigentlichen Burg betrachtet ward, welche meist
höher gelegen und stärker befestigt, auch durch einen Graben von dem Zwinger geschieden war.
Eine Zugbrücke (Schiffbrücke) führte zu dem auf einem festen, in den Graben vorspringenden Mauerwerk ruhenden, ein Steingewölbe
bildenden Thor (Porte), über dem die Mauer mit Zinnen versehen war, hinter denen sich ein bedeckter, nach dem Innern der Burg zu
offener Gang (die Wer oder Letze) hinzog, von wo aus man durch Luken mit Armbrüsten schießen oder mit Steinen werfen konnte.
Durch die Porte gelangte man entweder unmittelbar in den Burghof oder zunächst in einen zweiten Zwinger,
welcher, häufig kaum wegbreit, auf der einen Seite von der Burgmauer, auf der andern von den Gebäuden gebildet ward.
Von diesem innern Zwinger, der manchmal nicht um die ganze Burg herumlief oder auch zum
Teil in einen Baumgarten umgeschaffen
war, gelangte man durch einen offenen, hallenartigen, mittels Fallgittern (Slegetore) verschließbaren
Durchgang, das Burgthor, in den innern Burghof (ballium, bayle). Von sämtlichen den letztern umgebenden Gebäuden nahm
der Palas als das Hauptgebäude in der Regel eine ganze Seite des Hofs ein; fürstliche und königliche Burgen aber, welche für
Hunderte von Rittern hinreichenden Raum bieten mußten, hatten mehrere solcher, gewöhnlich zweistöckiger
Gebäude.
Das gewölbte Parterre enthielt die Küche, Vorratskammern, Bier- und Weinkeller u. dgl., das obere Stockwerk den Saal, den Hauptraum
der ganzen Burg, den Versammlungsort der Männer, wo sich nur bei festlichen Gelegenheiten, wie beim Empfang von Fremden etc.,
auch die Frauen einfanden. Eine Freitreppe (die Gräde) führte aus dem Hof zu dem Saal empor. An den beiden
Langseiten, deren eine zuweilen in die äußere Burgmauer eingefügt sein mochte, war das starke Mauerwerk durch Fenster mit
tiefen Nischen, welche Sitze enthielten, unterbrochen.
Von der einen Fensterreihe sah man in den Burghof, von der andern auf den Reitplatz im Zwinger oder ins
freie Land hinaus. Die Decke war in der Regel durch querübergelegte Balken gebildet, über denen sich das Dach erhob. Bisweilen
war der Saal überwölbt und durch Holz-, im letztern Fall durch Steinsäulen unterstützt. Der Fußboden war mit Estrich, gebrannten
oder behauenen Steinplatten belegt, über welche man Teppiche oder Binsen breitete. Bei reicherer Ausschmückung
waren auch die Wände mit Teppichen oder Tapeten (Stuollachen) geschlagen.
Statt der nur durch Kamine und kellerartige Anordnung notdürftig erwärmten untern Etagen der Palase wurde um die Mitte des 14. Jahrh.
die Anlage einer Dirnitz, eines durch Öfen heizbaren, bequemern Versammlungs- und Wohnraums, wie ihn unter
andern die Wartburg, die Burgen zu Meißen und Amberg enthalten, allgemein. An den Giebelseiten des Palas und mit demselben durch
Thüren verbunden waren kleinere Gemächer, die öfters noch reicher ausgestattet waren als der Saal selbst und Kemnaten (Kemenaten)
hießen, wenn sie heizbar waren.
Einen prachtvollen Palasbau beschreibt Wolfram von Eschenbach im »Parzival«. Für die Frauen war meist ein eignes Gebäude des
Burghofs bestimmt, das vorzugsweise die Kemnate genannt wird und wenigstens drei Abteilungen enthielt: eine für die Herrin
und deren nächste Angehörige, eine für die Dienerinnen und eine dritte, gewöhnlich das Wercgadem genannt,
für Besorgung der weiblichen Arbeiten. Das zweite Hauptgebäude einer jeden Burg, der schon genannte Bergfried (Belfrid, beffroi),
war ein hoher, meist runder oder viereckiger, aber auch drei- und fünfeckiger Turm, der, in der Regel frei stehend, auf einem
kühnen Vorsprung des Burgraums errichtet war.
Derselbe hatte zu ebener Erde keinen Eingang, sondern es führte nach dem ersten Stock von außen eine
Leiter. Der untere, von außen nicht zugängliche Raum enthielt einen Brunnen oder ein Gefängnis, das Burgverlies, in welches
die Gefangenen von oben herabgelassen wurden. Die obern Stockwerke enthielten Gemächer, welche als letzter Zufluchtsort der
Belagerten dienten. Im Dachgeschoß wohnte der Turmwart. Die Küche war entweder im Erdgeschoß des Palas
untergebracht oder in größern Burgen ein abgesonderter, geräumiger Bau, welcher zugleich als Wohnung des Küchengesindes
diente. Außerdem umgaben den Burghof noch Vorratsgebäude, Wohnungen für die oft zahlreich einsprechenden Gäste, Rüstkammern,
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das sogen. Schnitzhaus zur Anfertigung von Waffen etc. Den Blick in die Ferne boten die Zinnen, die in die starken Umfassungsmauern
gebrochenen überwölbten Fensternischen oder Lauben sowie auch künstlich angehängte Erker. Endlich befand sich wohl in jeder
größern auch eine Kapelle, die mit dem Chor nach Osten gerichtet und auch gewöhnlich an der Ostseite
des Burghofs gelegen war. Jede Burg hatte einen tiefen Ziehbrunnen, der oft bis zur Sohle des benachbarten Thals oder Flusses niederging.
Unter den Gebäuden zogen sich Keller hin, zuweilen von bedeutender Ausdehnung und mitunter auch zur Aufnahme Flüchtiger bestimmt.
Beispiele solcher ausgedehnter Burganlagen finden wir in der Burg zu Seligenstadt und in dem wegen seiner
zwei weithin sichtbaren Bergfriede unter dem Namen Wetterauer Tinten- und Sandfaß bekannten Münzenberg, beide in Hessen, sowie
in der wohlerhaltenen, seit 1847 mit großer Pracht wiederhergestellten Wartburg
[* ]
(Fig. 3, 4). Wie der Grundriß
[* ]
(Fig. 4) derselben
zeigt, zerfiel die langgestreckte Bergfeste in die nach Nordost gelegene Vor- und in die durch einen
mächtigen Thorbau von ihr getrennte, nach Südwest gelegene Hofburg.
Vor dem durch eine Zugbrücke gesicherten Eingang in die erstere lag ein befestigter, zur äußern Verteidigung des Eingangs
bestimmter Zwinger. Die Vorburg selbst bestand aus einem zur Verteidigung des Eingangs dienenden Thorturm,
dem zur Wohnung von Dienstmannen bestimmten Ritterhaus und einigen mit einem kleinen Ökonomiehof verbundenen Stallungen. Den
Abschluß der Vor- und Hofburg bildeten die mit heizbaren Wohnräumen versehene Dirnitz, die oben erwähnte Thorhalle und die
für die Wohnung der Landgräfinnen bestimmte Kemnate, welch letztere mit dem Hauptturm, dem Bergfried,
in unmittelbarer Verbindung stand.
Dirnitz, Thorhalle und Kemnate gehörten schon der Hofburg an und waren selbst gegen die Vorburg mit allen damals üblichen
Verteidigungswerken, doppeltem Thor, Letze oder Lauf mit Zinnen und Pechnase über demselben, versehen, so daß nach Abschluß
des Thors die Hofburg eine unabhängige Burg bildete. An die Kemnate stieß das bedeutendste Gebäude
der
Hofburg, das auch Palas (Saalbau), Mushaus (Waffenhaus) oder hohes Haus genannte Landgrafenhaus, welches teilweise zur Wohnung,
hauptsächlich aber zur Hofhaltung diente und daher außer Keller, Küche und Speiseraum in der untern und der zweiten Etage
einen großen zu Versammlungen und Festlichkeiten bestimmten, vom Hofraum aus durch eine Freitreppe (Grade)
zugänglichen Ritter- und Waffensaal enthielt.
Auf der Tafel sind ferner Palas, Kemnate und Bergfried der Wartburg von der Ostseite dargestellt. An die Südseite des Palas schloß
sich das durch die (infolge der Kreuzzüge aus dem Orient mitgebrachte) Sitte bedingte Badehaus. Dem mittelalterlichen Brauch
der Ritter, durch die Vorhalle an dem Bergfried vorbei bis vor die Gräde des Palas zu reiten, dort abzusteigen
und dann erst das Pferd einzustellen, entsprechend, war hier auch der ursprünglich einstöckige Marstall.
Zwischen beiden Bauten befand sich die durch niedrige Mauern mit ihnen verbundene, zur Zeit einer Belagerung die Burg allein
mit Wasser versorgende Zisterne. In dem hierdurch abgeschiedenen niedrigern, auf dem Plan als Zwinger bezeichneten südlichen
Teil der Hofburg befand sich das an den Marstall angeschlossene, jetzt verschwundene Back- und Waschhaus sowie der zweite Hauptturm
der Burg, welcher früher wahrscheinlich durch zwei nach der im Plan punktierten Richtung angelegte Mauern
mit der Ringmauer verbunden war. (Näheres hierüber siehe in v. Ritgens »Führer auf der Wartburg«.) Eine der ausgedehntesten
Burganlagen war der 1137 zuerst erwähnte und im 14. Jahrh. wahrscheinlich vollendete Greifenstein bei Blankenburg in Thüringen
(s. obenstehenden Grundriß). Obwohl vollständig in Trümmern liegend, gibt die Ruine ein anschauliches Bild
von dem wohldurchdachten Verteidigungssystem. Die ältern Hofburgen zeigen naturgemäß den Rundbogen, dessen schwerere Formen
zugleich dem Zweck der Festigkeit und des Schmucks entsprachen. Die leichter aufstrebenden Formen des gotischen Stils finden sich
selten an Burgbauten, am prächtigsten an denen des Deutschherrenordens in Preußen (Marienburg).
^[Abb.: Grundriß der Ruine Greifenstein in Thüringen.]
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Nicht selten bildeten größere Hofburgen gleichsam die Citadelle einer Stadt und schlossen sich an die Befestigungen derselben
an, wie unter andern die Kaiserpfalz zu Oppenheim, die Burg zu Nürnberg etc. Diese Kaiserpfalzen (am ursprünglichsten erhalten
die in Gelnhausen) entsprechen wenig den phantastischen Bildern, welche die Dichter des Mittelalters davon entwerfen.
Abgesehen von deren Schmucklosigkeit, fällt besonders die dürftige Enge derselben im Vergleich mit der Ausdehnung moderner
Fürstenschlösser auf, welche sich daraus erklärt, daß sich diese Hofburgen als feste Bauten auf einen möglichst engen
Raum, der meist durch die Lokalität geboten war, beschränken mußten.
Unter dem Ausdruck Burgställe pflegte man die kleinern, lediglich auf Verteidigung eingerichteten Burgen
zusammenzufassen, die zugleich als ständiger Wohnsitz des Besitzers dienten. Sie waren von weit beschränkterm Umfang nicht
nur wegen der geringern Mittel der Besitzer, sondern auch wegen ihrer Lage auf dem engen Raum eines Felsens (daher das »Stein«
in vielen Burgnamen). Aus fünf Stücken bestand aber auch die kleinste Burg, nämlich aus der Umfassungsmauer,
welche jedoch ganz, wie bei der Wartburg, oder zum Teil durch steinerne Wohngebäude ersetzt werden konnte, dem Bergfried,
dem Palas für die Männer, der Kemnate für die Frauen und der Küche. Da sich diese drei letztern Lokalitäten in den verschiedenen
Geschossen des Bergfrieds anbringen ließen, so war in der That zu der kleinsten Burg nichts weiter nötig
als eine Umfassungsmauer und der Bergfried.
Als Beispiel einer solchen auf das Notwendigste beschränkten Burganlage kann die wegen ihrer kühnen Anlage am Bergabhang
unter dem Namen Schwalbennest bekannte Burg Schadeck des Raubritters Ulrich Landschad von Steinach bei Neckarsteinach
dienen
[* ]
(Fig. 5, 6), welche außer der Umfassungsmauer nur einen durch zwei Bergfriede flankierten, nach der Bergseite hin
unter einem Winkel vorspringenden Mittelbau enthielt. Verlangte die Gegend zu deren Überblick keine hohen Bauten, so dehnten
sich solche Bergfriede wohl auch in die Breite aus und gestalteten sich zu turmartigen Wohnhäusern.
Einzelne Teile der Burg waren auch öfters in den Fels eingehauen. Bei vielen überrascht die Kühnheit, welche Gebäude auf
Felsenspitzen zu gründen wagte, die nur dem Adler zugänglich erschienen, wie die in verschiedenen Gegenden Deutschlands vorkommenden
Burgen mit den Namen Falkenstein, Hohenstein etc. andeuten. Kühne Burgbauten dieser Art sind die meisten
Ruinen des Rheinthals von Bingen bis zum Drachenfels, unter denen die ausgedehnte Burg Rheinfels und die wieder aufgebauten Burgen
Rheinstein und Stolzenfels hervorzuheben sind, des Neckarthals von Wimpfen bis Heidelberg mit den Burgen zu Horneck, Zwingenberg,
Hirschhorn, Neckarsteinach, dem oben erwähnten Schwalbennest, und zu Heidelberg, der hessischen Bergstraße
mit den Burgen Frankenstein, Starkenburg, Windeck und Strahlenburg, der Rheingrafenstein bei Kreuznach, Altenahr bei Bonn, das Schloß
Eltz unweit Moselkern an der Mosel u. a. Ohne Erlaubnis des Landesherrn durfte niemand eine Burg bauen; verlieren konnte man solche
wegen Aufnahme eines flüchtigen Friedbrechers, verübter Notzucht an einer auf die Burg entführten Frauensperson,
Gefangenhaltung einer Person, welche der Kaiser hatte fordern lassen, und wegen verweigerter Leistung des Eides, daß man die
Burg nicht zum Unfrieden oder zur Empörung brauchen wolle.
Als Begründer des Burgenbaues in Frankreich
sind die Normannen anzusehen, die, als siegreiche Eroberer vordringend, befestigter
Schlösser bedurften, um ihre Errungenschaft zu behaupten. Die Burgen der Normannen entwickelten sich entweder
in der Form eines mächtigen, mit Wall und Graben umgebenen, meist viereckigen Turms, des Donjons, der wie der Bergfried nur im
ersten Stock zugänglich war und hinlängliche Raum zur Wohnung und zur Verteidigung bot, oder in der Form mehrtürmiger
Anlagen mit mannigfacher Anordnung der mit ihnen verbundenen Bauten. Unter den noch erhaltenen Beispielen von Donjons sind diejenigen
zu Loches
[* ]
(Fig. 7) und Beaugency hervorzuheben, während die Burgen zu Lillebonne und Coucy in der Normandie mehrtürmige Burganlagen
zeigen.
Als wirksames Verteidigungsmittel diente bei französischen Burgen die Barbacane, ein jenseit des Burggrabens
angelegtes kreisrundes, von Gräben umgebenes Werk, welches, schwer zugänglich, erst genommen werden mußte, ehe die Burg selbst
angegriffen werden konnte. Ein Beispiel der Barbacane ist zu Carcassonne erhalten
[* ]
(Fig. 8, 9). Auch nach England übertrugen
die Normannen das von ihnen in Frankreich ausgebildete System der Burganlagen. An vielen Orten legten sie
gewaltige Donjons an, deren z. B. London allein drei und York zwei erhielt.
Auch hier steigen sie in viereckiger Form auf, sind nur in der ersten Etage zugänglich und enthalten alle Anordnungen zur
Wohnung und Verteidigung, wie die Donjons zu Hedingham
[* ]
(Fig. 10, 11) in Essex und zu Rochester, wovon der
letztere bereits eine bequemere Einrichtung und reichere Ausstattung zeigt. Noch reichere Entwickelung des Grundrisses zeigt
der gegen Ende des 12. Jahrh. ausgeführte Donjon von Rising Castle in Norfolk, dessen Wendeltreppen schon in runden, nach außen
vorspringenden Ecktürmen liegen, während die Wohnräume zahlreicher, die Verbindungen bequemer und alle Formen
ausgebildeter sind.
Mit Vervollkommnung des Schießgewehrs und der Geschütze wurden die Burgen wehrlos, und mit dem Ritterwesen schwanden allmählich
auch diese Bauten, die durch die Bauernkriege und den Dreißigjährigen Krieg in Masse zerstört wurden. Die Schlösser des Adels
stiegen in die Ebenen herab und breiteten sich behaglich zu offenen Edelsitzen aus.
Vgl. Lübke, Geschichte
der Architektur (6. Aufl., Leipz. 1884);
Krieg v. Hochfelden, Geschichte der Militärarchitektur in Deutschland (Stuttg. 1859);
Caumont, Architecture civile et militaire (3. Aufl., Caen 1869);
Clark, Mediæval military architecture in England (Lond. 1885, 2 Bde.);
Cori, Bau und Einrichtung der Burgen im deutschen Mittelalter (Linz 1874);
Schultz, Das höfische Leben zur
Zeit der Minnesinger, Bd. 1 (Leipz.
1879).