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mußte auch hier jene zwiefache Unterthaneneigenschaft und jenes doppelte Staatsbürgerrecht hinwegfallen. Allerdings sprach man auch zur Zeit des vormaligen Deutschen Bundes von einem Bundesindigenat. Dasselbe beschränkte sich jedoch auf wenige Rechte, welche in den Bundesgrundgesetzen den Angehörigen der verschiedenen Bundesstaaten als solchen ausdrücklich garantiert waren. Hierzu gehörte insbesondere das Recht des freien Wegziehens von einem Bundesstaat in den andern; ferner das Recht, in den Zivil- und Militärdienst eines andern Bundesstaats zu treten, vorausgesetzt, daß, wie die Bundesakte (Art. 18) sagte, keine Verbindlichkeit zu Militärdiensten gegen das bisherige »Vaterland« bestand; endlich die Freiheit von der sogen. Nachsteuer beim Übergang von Vermögensgegenständen aus einem Bundesstaat in den andern. Im übrigen aber standen sich die Angehörigen der einzelnen deutschen Staatskörper als Ausländer gegenüber, ein nachgerade unerträglicher Zustand, aus dessen Beseitigung denn auch vorzugsweise die deutschen Einheitsbestrebungen der letzten Jahrzehnte gerichtet waren, wie denn auch die deutschen Grundrechte von 1848 und die Reichsverfassung vom ein gemeinsames deutsches Reichsbürgerrecht einführen sollten. Die norddeutsche Bundesverfassung vom aber sanktionierte (Art. 3) für die Angehörigen der sämtlichen Bundesstaaten ein gemeinsames Bürgerrecht, und diese Bestimmung ist mit der Gründung des Deutschen Reichs auf die süddeutsche Staatengruppe und sodann auch auf Elsaß-Lothringen [* 2] ausgedehnt worden.
Allerdings kennt die deutsche Reichsverfassung den Ausdruck »Reichsbürgerrecht« nicht, sie gebraucht vielmehr nach dem Vorgang der norddeutschen Bundesverfassung statt dessen die Bezeichnung Bundesindigenat. Allein in diesem Bundesindigenat sind ebendieselben, ja noch weiter gehende Rechte und Befugnisse enthalten, als sie die Reichsverfassung vom verheißen hatte. Art. 3 der Reichsverfassung vom bestimmt nämlich folgendes: Für ganz Deutschland [* 3] besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaats in jedem andern Bundesstaat als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetrieb, zu öffentlichen Ämtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genuß aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes gleich zu behandeln ist. An diese höchst wichtige Bestimmung über das Bundesindigenat schließen sich nun verschiedene weitere, bereits zur Zeit des Norddeutschen Bundes erlassene Gesetze an, welche inzwischen zu Reichsgesetzen erhoben worden sind, und durch welche das im Art. 3 ausgestellte Prinzip näher aus- und durchgeführt wird. Es sind dies die Gesetze über das Paßwesen vom über die Freizügigkeit vom das Gesetz, betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen [* 4] in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung, vom die Gesetze über Beseitigung der Doppelbesteuerung vom über Erwerbung und Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom endlich auch die norddeutsche, jetzt deutsche Gewerbeordnung vom Auch die Gesetze über Aufhebung der polizeilichen Beschränkung der Eheschließung vom und über den Unterstützungswohnsitz vom gehören hierher, doch haben diese beiden Gesetze vermöge der dem Königreich Bayern [* 5] in Ansehung der Gesetzgebung über Heimats- und Niederlassungsverhältnisse gelassenen Sonderstellung in diesem Staat zur Zeit noch keine Geltung, und ebensowenig ist dies in Elsaß-Lothringen der Fall. Dagegen ist die Einheit der Rechtspflege und die Gleichstellung aller Unterthanen des Deutschen Reichs in betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes durch die gemeinsame Justizgesetzgebung und Justizorganisation in Deutschland in der umfassendsten Weise zur Aus- und Durchführung gelangt.
Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Staatsrechts Brückner, Über das gemeinsame Indigenat im Gebiet des Norddeutschen Bundes (Gotha [* 6] 1867);
Stolp, [* 7] Die deutsche Staatsangehörigkeits- und Heimatsgesetzgebung (Berl. 1872).