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Febr. 1755 auf dem Familiengut Falkenberg in der Altmark, erhielt von seinem Vater eine treffliche Erziehung, trat schon 1768 als Junker in die preußische Armee, ward 1775 Leutnant, 1790 Stabskapitän und Gouverneur des Prinzen Ludwig Ferdinand von Preußen, [* 2] mit dem er den Rheinfeldzügen beiwohnte. Bülow war seiner feinen Bildung und seiner liebenswürdigen Geselligkeit wegen einer der tonangebende Kavaliere Berlins. 1794 zum Major befördert, wurde er 1797 Chef eines ostpreußischen Füsilierbataillons in Soldau. Am Kriege gegen Frankreich nahm er nur 1807 in Preußen teil und ward 1808 als Generalmajor dem Blücherschen Korps in Schwedisch-Pommern zugewiesen; doch konnte er sich mit Blücher nicht vertragen und kehrte als Brigadekommandeur nach Westpreußen [* 3] zurück. 1812 vertrat er als Generalgouverneur von Ost- und Westpreußen die Stelle des Generals v. York.
Nach der Erhebung im Frühjahr 1813 hatte er als Generalleutnant die Marken zu decken, lieferte 5. April das glückliche Gefecht bei Möckern, erstürmte 2. Mai Halle [* 4] und zog sich dann über die Elbe zurück, um Berlin [* 5] gegen Oudinot zu decken, was ihm auch durch den Sieg bei Luckau 4. Juni gelang. Nach dem Waffenstillstand wurde er unter den Oberbefehl des Kronprinzen von Schweden [* 6] gestellt, doch wußte sich Bülow möglichst unabhängig zu machen; er lieferte gegen den Willen Bernadottes die Schlachten [* 7] bei Großbeeren gegen Oudinot und bei Dennewitz gegen Ney, wodurch Berlin wiederholt vor der feindlichen Invasion bewahrt wurde. Bülow erhielt dafür das Großkreuz des Eisernen Kreuzes.
Nachdem er Wittenberg [* 8] zerniert, kämpfte er mit der Nordarmee in der Schlacht bei Leipzig [* 9] und half diese Stadt erobern. Während die alliierten Armeen über den Rhein zogen, brach er in Holland ein, befreite es in kurzer Zeit von den Franzosen, rückte dann nach Belgien [* 10] vor, siegte bei Hoogstraten, nahm La Fère und Soissons, schloß sich darauf an die schlesische Armee Blüchers an und befehligte bei Laon 9. und 10. März das Zentrum. In Anerkennung seiner ausgezeichneten Dienste [* 11] ernannte ihn der König zum General der Infanterie und verlieh ihm eine Dotation von Gütern in Ostpreußen im Wert von 200,000 Thlr. Auch ward er noch zu Paris [* 12] in den erblichen Grafenstand (Graf von Dennewitz) erhoben.
Nach dem Frieden erhielt er das Generalgouvernement von West- und Ostpreußen und beim Wiederausbruch des Kriegs 1815 den Oberbefehl über das 4. preußische Armeekorps. Wegen verspäteter Order wohnte er zwar nicht der Schlacht von Ligny bei, lieferte aber nach seiner durch einen forcierten Marsch bewirkten Vereinigung mit Blücher 18. Juni das Gefecht von Planchenoit, welches die Niederlage Napoleons bei Waterloo [* 13] entschied. Zum Chef des 15. Linienregiments ernannt, kehrte er in sein Gouvernement zurück, starb aber schon 25. Febr. d. J. in Königsberg. [* 14] Bülow war nicht bloß ein tüchtiger und glücklicher General, sondern auch von tiefer, edler Geistesbildung; neben den militärischen Studien pflegte er besonders die Musik, wie er denn mehrere Motetten, eine Messe und den 51. und 100. Psalm komponierte. In Berlin wurde ihm eine von Rauch gefertigte Marmorstatue errichtet. Sein Leben beschrieb Varnhagen von Ense (Berl. 1854).
2) Adam Heinrich Dietrich von, Bruder des vorigen, Militärschriftsteller, geb. 1757 zu Falkenberg, wurde schon im 16. Jahr Offizier. Beim Ausbruch des niederländischen Aufstandes gegen Joseph II. vertauschte er den preußischen Dienst mit dem niederländischen, verließ diesen bald, war kurze Zeit Schauspieldirektor und reiste 1791 mit seinem Bruder Karl Ulrich nach Amerika, [* 15] von wo sie 1792 zurückkehrten. Er schrieb 1794 einen Aufsatz: »Über den Operationsplan der Alliierten in Belgien im Feldzug 1794«, in der »Minerva«, dann 1799 »Geist des neuern Kriegssystems« (3. Aufl., Hamb. 1835). Mit einem Gesuch um eine Wiederanstellung in Berlin abgewiesen, widmete er sich ganz der Schriftstellerei, schrieb unter anderm das Buch »Physisches Staatswohl, oder eine Finanzeinrichtung, vermöge welcher Reichtum stets die Belohnung gemeinnütziger Tugend sein würde« (Berl. 1800) und »Lehrsätze des neuern Kriegs« (das. 1805). Er lebte dann in London [* 16] und Paris, kehrte 1804 nach Berlin zurück, ward wegen seines Buches »Der Feldzug von 1805 militärisch und politisch beleuchtet« (Leipz. 1806), worin er die von Österreich [* 17] und Rußland begangenen Mißgriffe geißelte, auf Verlangen dieser Mächte im August 1806 verhaftet und nach der Schlacht bei Jena, [* 18] deren Ausgang er vorhergesagt, nach Kolberg [* 19] und von da nach Königsberg gebracht. Den Entsprungenen fingen in Kurland [* 20] Kosaken und brachten ihn nach Riga, [* 21] wo er im Juli 1807 am Nervenfieber starb.
3) Ludwig Friedrich Viktor Hans, Graf von, preuß. Staatsminister, geb. auf dem väterlichen Stammgut Essenrode bei Braunschweig, [* 22] Sohn des lüneburgischen Landschaftsdirektors Friedrich Ernst v. Bülow, studierte 1790-94 in Göttingen [* 23] die Rechte und trat danach auf Veranlassung seines Onkels Hardenberg als Auskultator beim Kammerkollegium zu Baireuth [* 24] in den preußischen Staatsdienst. 1801 wurde er Kriegs- und Domänenrat in Berlin, 1805 Präsident der Kriegs- und Domänenkammer in Magdeburg, [* 25] wo er während der schweren Kriegszeit 1806-1807 der Provinz die Lasten möglichst zu erleichtern suchte, blieb auch nach der Abtretung Magdeburgs auf seinem Posten und ward 1808 zum westfälischen Finanzminister ernannt, in welcher Stellung er in die finanziellen Angelegenheiten Ordnung und Festigkeit [* 26] zu bringen und die Steuern trefflich zu ordnen wußte. In Anerkennung dieser Verdienste erhob ihn der König Jérôme in den Grafenstand, welche Auszeichnung der König von Preußen 1816 bestätigte.
Dennoch gelang es seinen Feinden, worunter besonders der nachherige Finanzminister v. Malchus, ihn bei Jérôme zu verdächtigen. Von einer Sendung nach Paris zurückgekehrt, ward er seines Amtes entlassen, worauf er sich auf seinem Gut Essenrode mit Landwirtschaft und staatswissenschaftlichen Studien beschäftigte. Aber auch hier verfolgten ihn seine Feinde und erwirkten sogar seine Verhaftung wegen staatsgefährlicher Umtriebe, doch mußte er bald wieder freigelassen werden.
Hardenberg veranlaßte 1813 seine Ernennung zum preußischen Finanzminister. Jedoch vermochte er manche Fehler bei der Finanzverwaltung nicht zu vermeiden und forderte daher 1817 seine Entlassung. Der König übertrug ihm nun das neuerrichtete Ministerium des Handels und der Gewerbe, in welchem er die freihändlerische Politik Preußens [* 27] und seine neue Steuergesetzgebung begründen half. Auch in dieser Stellung wegen Nepotismus und andern Dingen vielfach angefeindet, wurde er 1825 zum Oberpräsidenten von Schlesien [* 28] ernannt und starb unmittelbar darauf
4) Heinrich, Freiherr von, preuß. Staatsmann, geb. zu Schwerin, [* 29] besuchte die Domschule in Güstrow, [* 30] studierte von 1810 ab erst in Jena, dann in Heidelberg [* 31] und Genf [* 32] die Rechte, trat 1813 als Leutnant in das Walmodensche Korps und ward Adjutant des russischen Obersten v. Nostiz, bei ¶
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dessen Streifzügen er sich mehrfach auszeichnete. Nach dem Frieden widmete er sich dem diplomatischen Fach, arbeitete unter dem Staatsminister Wilhelm v. Humboldt, als dieser zu Frankfurt [* 34] a. M. die Grenzregulierung der deutschen Territorien leitete, und folgte ihm 1817 als Gesandtschaftssekretär nach London und 1819 nach Berlin, wo er im auswärtigen Amte den Vortrag über Handels- und Schiffahrtssachen übernahm. Hier vermählte er sich 1820 mit Humboldts jüngerer Tochter. Er war besonders für die Anbahnung des Zollvereins durch Abschluß von Zollverträgen mit den Nachbarstaaten mit Erfolg thätig.
Auch als Gesandter in London, wozu er 1827 ernannt wurde, wirkte er für den Zollverein. Er erwarb sich das Vertrauen der englischen Staatsmänner und hatte an den Verhandlungen über Belgien und die orientalische Frage (1840-41) hervorragenden Anteil. Im Herbst 1841 wurde er Gesandter beim Bundestag zu Frankfurt a. M., aber schon an der Stelle des Grafen von Maltzan zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Er und der Kriegsminister v. Boyen vertraten zwar die liberalere Richtung im Ministerium, übten aber nur geringen Einfluß auf die allgemeine Politik. Bülow schied 1845 aus dem Ministerium, zog sich nach Tegel zurück und starb in Berlin.
5) Frederik Rudbek Henrik von, dän. General, geb. 1791 zu Nustrup in Schleswig, [* 35] trat 1804 als Leutnant in die dänische Armee, nahm an dem nach der Belagerung Kopenhagens durch die Engländer 1807 folgenden Krieg teil und ward 1842 Oberstleutnant. Als Brigadegeneral zeichnete er sich 1848 und 1849 gegen die Schleswig-Holsteiner und Bundestruppen aus; seine bedeutendste Leistung war die, daß er die schleswig-holsteinischen Truppen unter General Bonin, welche Fredericia belagerten, durch einen Ausfall in der Nacht vom 5. zum zum Rückzug und zur Aufhebung der Belagerung zwang. Nach dem Krieg war Bülow kommandierender General in Schleswig, dann auf Seeland, wurde 1855 zum dänischen Gesandten in London ernannt, durch Kränklichkeit zum Rücktritt genötigt und starb auf Sandberg. Durch öffentliche Subskription ist ihm ein Denkmal aus dem Kirchhof von Düppel [* 36] gesetzt.
6) Karl Eduard von, Schriftsteller, geb. auf dem Gut Berg vor Eilenburg [* 37] (Provinz Sachsen), [* 38] studierte in Leipzig hauptsächlich die alten Sprachen und wählte 1828 Dresden [* 39] zum Aufenthalt, wo er mit Elisa v. d. Recke und Tieck befreundet ward. Seit 1842 war er viel auf Reisen in Italien, [* 40] verweilte auch in Stuttgart [* 41] und bei Tieck in Berlin, bis ihn die politische Wendung der deutschen Angelegenheiten 1849 bestimmte, nach dem von ihm angekauften alten Schloß Ötlishausen im Kanton Thurgau [* 42] überzusiedeln. Hier starb er Seinen litterarischen Ruf begründete er durch das »Novellenbuch« (Leipz. 1834-36, 4 Bde.),
welches hundert Novellen, nach alten italienischen, spanischen, französischen, englischen, lateinischen und deutschen Mustern bearbeitet, enthält, und dem das »Neue Novellenbuch« (Braunschw. 1841, Bd. 1) nachfolgte. Von eignen Produktionen, in denen er besonders Tieck mit Glück nacheiferte, veröffentlichte er: »Eine Frühlingswanderung durch das Harzgebirge« (Leipz. 1836);
»Jahrbuch der Novellen und Erzählungen« (Braunschw. 1840),
worin die interessante Erzählung »Die Jugend des armen Mannes im Tockenburg« (U. Bräker, nach der Selbstbiographie desselben bearbeitet, die er später im Original herausgab, Leipz. 1852);
»Novellen« (Stuttg. 1846-48, 3 Bde.);
»Eine allerneueste Melusine« (Frankf. 1849) und andre zerstreute novellistische Arbeiten.
Von mehreren selten gewordenen Büchern, die Bülow wieder zugänglich machte, ist seine Bearbeitung des »Simplicissimus« (Leipz. 1836) hervorzuheben. Auch gab er, außer einer Übersetzung von Manzonis Roman »Promessi sposi« (2. Aufl., Leipz. 1837, 2 Bde.),
heraus: Schröders »Dramatische Werke« (Berl. 1831, 4 Bde.);
im Verein mit Tieck den dritten Teil von Novalis' Schriften (das. 1848);
»Heinrich v. Kleists Leben und Briefe« (das. 1848);
dann Schillers »Anthologie auf das Jahr 1782« (Heidelb. 1850) mit Einleitung und Anhang;
ferner Heinr. Dietrich v. Bülows »Militärische und vermischte Schriften« (mit W. Rüstow, Leipz. 1853) u. a. Die deutsche Memoirenlitteratur bereicherte er durch die Herausgabe der Denkwürdigkeiten des Pfalzgrafen-Kurfürsten Friedrich II. beim Rhein (" Ein Fürstenspiegel«, Bresl. 1849, 2 Bde.).
7) Bernhard Ernst von, Staatsmann, geb. zu Cismar in Holstein, Neffe von Bülow 4), studierte zu Berlin, Göttingen und Kiel [* 43] die Rechte und trat 1839 als Assessor bei der holsteinischen Regierung, dann als Legationsrat zu Kopenhagen [* 44] in den dänischen Staatsdienst. 1848 schied er aus demselben wieder aus, ward aber 1851 zum Gesandten für Holstein und Lauenburg [* 45] beim Bundestag in Frankfurt ernannt. 1862 trat er als Staatsminister an die Spitze der mecklenburg-strelitzschen Landesregierung und nahm an den Verhandlungen zur Begründung des Norddeutschen Bundes hervorragenden Anteil. 1868 ging er als Gesandter der beiden Großherzogtümer Mecklenburg beim preußischen Hof [* 46] und Vertreter derselben im Bundesrat nach Berlin. Bismarck bewirkte 1873 seine Ernennung zum Staatssekretär des auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs mit dem Rang eines preußischen Staatsministers, und 1876 erlangte er die wirkliche Stellung eines solchen. 1879 nahm Bülow einen längern Urlaub, um im Süden Erholung für seine angegriffene Gesundheit zu suchen. Auf der Reise starb er infolge eines Schlaganfalls in Frankfurt a. M.
8) Hans Guido von, Klavierspieler und Komponist, Sohn von Bülow 6), geb. zu Dresden, erhielt den ersten Unterricht im Klavierspiel durch F. Wieck, in der Komposition durch M. Eberwein und trat zuerst in Stuttgart, wo er seit 1846 das Gymnasium besuchte, öffentlich als Klavierspieler auf. Im J. 1848 bezog er die Universität Leipzig, um die Rechte zu studieren, setzte aber dabei unter Hauptmanns Leitung seine Musikstudien eifrig fort. In Berlin, wohin er sich ein Jahr später begab, kam in ihm endlich der Entschluß, sich ganz der Musik zu widmen, zur Reife. Er wandte sich zu diesem Behuf nach Zürich [* 47] zu Richard Wagner, dem er von Dresden her bekannt war, und begab sich von hier aus zu seiner letzten Ausbildung 1851 nach Weimar [* 48] zu Liszt, dessen Schwiegersohn er später ward.
Nach mehrfachen Kunstreisen, die seinen Ruf begründeten und befestigten, ließ er sich 1854 in Berlin nieder, wo er anfänglich als Klavierlehrer am Sternschen Konservatorium wirkte und 1858 zum königlichen Hofpianisten ernannt wurde. Einem Ruf des Königs Ludwig II. folgend, siedelte er Ende 1864 nach München [* 49] über, wurde zum königlich bayrischen Hofpianisten ernannt und mit der Leitung der gleichzeitig nach Rich. Wagners Plan ins Leben gerufenen Musikschule betraut. Daneben entfaltete er als Dirigent bei großen Aufführungen eine außerordentliche Thätigkeit. Im Juni 1866 schied er plötzlich aus diesen Ämtern, verließ ¶