Nachdem 1882 ein neues Wahlgesetz für die
Kammer erlassen worden und ein
Staatsrat gebildet war, ward im Juli ein neues
Ministerium,
aus russischen
Generalen,
Konservativen und gemäßigten
Radikalen bestehend, berufen und die Sobranje versammelt.
Die
Eifersucht der Parteiführer und die
Ränke der russischen Panslawisten ließen es allerdings weder zu einer dauernden
und ruhigen
Regierung noch zum
Abschluß der
Revision der
Verfassung von Tirnowo kommen.
FürstAlexander berief daher 1884 wieder
Karawelow an die
Spitze desMinisteriums, da derselbe inzwischen seine radikalen
Ansichten gemildert hatte
und sich mit dem
Fürsten über eine gemäßigte
Politik einigte.
Wiederum aber wurde die friedliche
Entwickelung des
Landes unterbrochen durch die
Revolution, welche in
Ostrumelien
ausbrach. Hier wurden die von der
Pforte eingesetzten Behörden verjagt und die Vereinigung mit Bulgarien proklamiert.
FürstAlexander und Karawelow glaubten die
Bewegung am besten in
Schranken halten und den
Frieden wahren zu können, indem sie
sich an ihre
Spitze stellten. (Weiteres s.
Ostrumelien.)
Karte von Zentraleuropa, herausgegeben vom österreichischen militärgeographischen
Institut; H.Kiepert,
»Generalkarte der
Unterdonau- und Balkanländer« (Berl.
1881). Von den
Russen wurde 1877-79 eine
Karte aufgenommen, welche von der
Donau bis
San Stefano reicht (in dem
Maß 1:42,000
und 1:84,000) und mit 94,592 Höhenpunkten versehen ist.
Ebenso geriet er 1814 in preußische Gefangenschaft, wußte aber auch hier nach kurzer Zeit seine
Freiheit
wiederzuerlangen und begab sich in
NapoleonsHauptquartier, der ihm den Oberbefehl über die polnischen
Freischaren übertrug.
Nach
NapoleonsFall ging Bulgarin nach
Warschau zurück, wo er als Schriftsteller in polnischer
Sprache
[* 13] auftrat. Bei Gelegenheit eines
Besuchs in
Petersburg (1819) faßte
er den Entschluß, für immer in der nordischen
Residenz zu bleiben,
entsagte nun gänzlich seiner
Nationalität und lieferte in russischer
Sprache in
Gretsch'
ZeitschriftArtikel, die sich gleich
sehr durch scharfe, satirische Zuspitzung und frivole
Haltung wie durch Servilismus der
Gesinnung auszeichneten.
Seit 1823 gab Bulgarin das
»NordischeArchiv« heraus, das anfangs ausschließlich der
Geographie, Geschichte und
Statistik gewidmet war, später aber auch humoristisch-belletristische Beiträge brachte. Bulgarin erwarb sich
bald den
Ruf eines hervorragenden
Geistes, obwohl es seinen Werken in formeller Beziehung an Abrundung und hinsichtlich des
Gehalts an sittlichem
Adel fehlte. In
Verbindung mitGretsch begründete er 1825 die vor etwa 20
Jahren eingegangene
»NordischeBiene«
[* 14] (»Sséwernaja Ptschelá«),
ein politisches Tageblatt, welches damals unter allen Tagesblättern allein das
Recht besaß, politische Nachrichten aufzunehmen und zu besprechen. Bulgarin starb als
WirklicherStaatsrat auf seinem
Gut Karlowa bei
Dorpat.
[* 15] Bulgarin war gewandt, immer schlagfertig, witzig und vielseitig gebildet. Wie vielen
Fächern der Litteratur er seine
Aufmerksamkeit gleichzeitig zuwandte, ersieht man aus der
Ausgabe seiner »Gesammelten
Schriften«
(Petersb. 1827; polnisch,
Warschau 1828; deutsch von Oldekop, Leipz. 1828, 4 Bde.).
Rußland verdankt ihm das erste dramatische Taschenbuch in russischer
Sprache, die
»Russische
[* 16]
Thalia«, welche seit 1825 viele
Jahrgänge erlebte. Wertvoller sind seine
»Erinnerungen aus
Spanien« (deutsch von Oldekop, Petersb. 1823),
die in pikanter
Weise Erlebtes und
Fingiertes aus seinem Aufenthalt in
Spanien mitteilen. Vielen Beifall fanden auch seine »Gemälde des Türkenkriegs
im Jahr 1828« (deutsch von Oldekop, Petersb. 1828) und sein moralisch-satirischer
Roman
»Iwan Wyshigin, oder der russische
GilBlas« (das. 1829; deutsch von Oldekop, das. 1830, 4 Bde.).
Hieran reihte sich als eine Fortsetzung desselben
»Peter Iwanowitsch Wyshigin« (Petersb. 1830; deutsch von Nork, Leipz.
1834, 3 Bde.).
Später erschienen von Bulgarin noch drei unbedeutende historische
¶
mehr
Romane und das Werk »Rußland in historischer, statistischer, geographischer
und litterarischer Hinsicht« (Petersb. 1837, 4 Bde.;
deutsch von Brackel, Riga
[* 18] 1839-41, 3 Bde.),
worin nur statistische Materialien und urkundliche Aktenstücke mitgeteilt werden;
endlich seine »Memoiren« (Petersb. 1846-50, 6 Bde.;
deutsch von Reinthal und Clemenz, Jena
[* 19] 1858-61, 6 Bde.), welche eine anschauliche
Schilderung der Zustände Polens zur Zeit des Untergangs derRepublik entwerfen. Bulgarin war unter der Regierung des KaisersNikolaus
ein eifriger Diener derReaktion und beherrschte die ganze litterarische Kritik, weshalb auch Puschkin und die ganze junge russische
romantische Schule gegen ihn waren. Der Dichter FürstP. A. Wjäsemskij bezeichnet ihn treffend als den
»Ludwig XIV. der russischen Litteratur«. Seine Verbindungen mit der geheimen Polizei und seine Unterstützung des Absolutismus
gewährten ihm auf litterarischem Gebiet eine unbeschränkte Macht, die er zum Schaden der aufstrebenden Talente gut auszubeuten
wußte.