mehr
Bräuchen; sie bilden seine zweite Religion, die sich an den vielen Festen und Feiertagen offenbart.
Vgl. Kanitz, Donau-Bulgarien, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1879).
Bräuchen; sie bilden seine zweite Religion, die sich an den vielen Festen und Feiertagen offenbart.
Vgl. Kanitz, Donau-Bulgarien, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1879).
[* 2] selbständiges, aber tributpflichtiges Fürstentum in der europäischen Türkei [* 3] unter der Suzeränität des Sultans, durch den Vertrag von Berlin [* 4] vom dazu erhoben (s. Karte »Türkisches Reich« und »Rumänien«). Nach Artikel 2 desselben verläuft die Grenze Bulgariens von der Mündung des Timok längs des rechten Donauufers bis östlich von Silistria, von da in gerader (nach der spätern Festsetzung mehrfach sich krümmender) Linie nach der Küste des Schwarzen Meers südlich von Mangalia, dann längs der Küste des Schwarzen Meers bis südlich von Fyndykly, im Thal [* 5] des Baches, an welchem die Dörfer Hodschaköj, Selamköj, Aiwadschyk etc. liegen, aufwärts, schneidet den Deli Kamtschyk unweit oberhalb seiner Mündung und folgt dann im allgemeinen in westlicher Richtung dem Kamm des Chodscha-Balkans bis zum Gipfel Kozitza.
Von dort zieht sie in südwestlicher Richtung, Ichtiman und Banja aus-, Nowichan und Samakow einschließend, nach dem Kopetnik-Balkan, folgt dessen Kamm nach SW., zieht dann östlich, schneidet den Struma nördlich von Dschuma, schließt Köstendil ein und läuft endlich in vielfach aus- und eindringenden Winkeln zwischen 22° 20' und 22° 50' östl. L. v. Gr. nach N., bis sie bei dem Wachtturm Smiljawa Tschuka die alte serbische Grenze erreicht. Der Hauptsache nach liegt Bulgarien danach zwischen Donau und Balkan, umfaßt aber im SW. noch das Quellgebiet des Isker und der Struma und reicht dort bis fast an den 42. Breitengrad, im W. bis 22° 13' östl. L. v. Gr., im N. bis 44° 12' nördl. Br., im O. bis 28° 37' östl. L. v. Gr. Im W. grenzt es an Serbien, im N. an Rumänien, im O. an das Schwarze Meer, im S. an Ostrumelien und die Türkei.
Das Hauptgebirge des Landes ist der Balkan (s. d.), dessen Nordabhang zu Bulgarien gehört. Im SW. greift es über denselben hinüber und umschließt außerdem den einzeln über Sofia zu 2300 m ansteigenden Witosch und weiter südlich den Rilo (s. d.). Die Flüsse [* 6] des Landes gehören mit wenigen Ausnahmen dem Donaugebiet an, so namentlich Cibritza, Ogust, Skit, Isker (s. d.), Wid (s. d.), Osma, Jantra (s. d.) und Lom. Zum Schwarzen Meer fließen der Prawadi Su und der Kamtschyk (s. d.). Außerdem umschließt Bulgarien das Quellgebiet der Struma (zum Ägeischen Meer) und des Timok (durch Serbien zur Donau).
Von Seen findet sich außer einigen Sumpfseen längs der Donau nur der Dewno westlich von Warna. Das Land ist zur größern Hälfte gebirgig und hügelig. An Ebenen sind namentlich das Thalbecken von Sofia zu nennen und die Lößterrasse, welche unmittelbar südlich von der Donau 20-130 m senkrecht ansteigt und, ältere Gesteine [* 7] (Kreide, [* 8] kristallinische und eruptive Formationen) in großer Mächtigkeit überlagernd, sich weit südlich nach dem Balkan hin erstreckt. In dieselbe haben die im Sommer und Herbst wasserarmen Donauzuflüsse sich ihre Betten tief eingegraben. Über die Geologie, [* 9] welche noch sehr der nähern Erforschung bedürftig ist, und für welche wichtige Beiträge von Professor Toula zu erwarten sind, vgl. Balkan.
Das Klima [* 10] Bulgariens ist, vom Gebirge abgesehen, mild. Selbst im August steigt das Thermometer [* 11] selten über 37° C., und im Winter erreicht die Kälte noch seltener -22° C. Die Nordseite des Balkans und der ganze Westen desselben haben rauheres Klima und frühe Winter. Die höchsten Gipfel sind mitunter schon im Oktober beschneit und bilden dann einen herrlichen Kontrast zu der noch in voller Frische prangenden Vegetation der Thäler und Hochebenen. Auf den Lößplateaus freilich erstirbt im Sommer das pflanzliche Leben. Das Klima ist im ganzen gesund, und der Fremde akklimatisiert sich leicht; nur die Donauniederungen bei Widdin und Silistria sind in der heißen Jahreszeit berüchtigte Fieberherde.
Bulgarien, das im ganzen dem frühern türkischen Tuna-Wilajet entspricht, umfaßt ein Areal von 63,972 qkm (1161,8 QM.) mit einer Bevölkerung [* 12] von 1,998,983 Einw. (nach der ersten Zählung vom wovon höchstens ein Sechstel in Städten wohnt. Die Einteilung des Landes hat seit der russischen Okkupation schon drei- bis viermal gewechselt. Zuerst zerfiel in 5 Gouvernements und 31 Kreise, [* 13] dann wurde es Anfang 1881 in 21 Kreise (Okružie) und 59 Arrondissements (Okolijas) geteilt, von letztern Anfang April 1881 neun eingezogen, Anfang Mai aber eins davon wieder errichtet. Am hat der Staatsrat die bisherigen 21 Kreise auf 14 und die Arrondissements auf 56 reduziert; dieselben nebst ihrer für 1882 geschätzten (?) Bevölkerung sind:
Kreise | Bewohner | Kreise | Bewohner |
---|---|---|---|
Sofia (8 Arrond.) | 226490 | Rasgrad (3) | 121412 |
Tirnowo (5) | 216731 | Lom-Palanka (3) | 102983 |
Schumna (5) | 178725 | Silistria (3) | 101225 |
Warna (5) | 169270 | Widdin (3) | 99926 |
Wratza (4) | 160503 | Sewliewo (3) | 119254 |
Köstendil (4) | 143172 | Swischtow (2) | 76680 |
Rustschuk (4) | 132613 | Plewna (4) | 155039 |
Zusammen: | 2004023 |
Davon waren nach den vorläufigen Zählungsresultaten 51,2 Proz. männlichen und 48,8 Proz. weiblichen Geschlechts; auf 1 qkm kommen 36 Menschen. Die Zahl der Haushaltungen wurde zu 349,905, die der Häuser zu 339,870 angegeben. Die Auswanderung ist in den letzten Jahren besonders unter den Bekennern des Islam stark gewesen; über Warna sollen in den ersten fünf Monaten 1883 über 100,000 Personen ausgewandert sein. Von den 1387 Gemeinden Bulgariens sind die volkreichsten und wichtigsten: Rustschuk mit 26,867, Warna mit 24,649, Schumen oder Schumla mit 22,921 und Sofia, die Hauptstadt, mit 20,541 Einw.;
9 haben zwischen 20,000 und 10,000, 3 zwischen 10,000 und 8000, 10 zwischen 8000 und 6000, 4 zwischen 6000 und 5000 Einw. Der Nationalität nach befinden sich unter je 1000 Einw. im Durchschnitt 667 Bulgaren, 306 Türken, 13 Rumänen, 5 Griechen, 5 Juden, 3 Deutsche. [* 14]
In den Kreisen Trn und Wratza gibt es nur Bulgaren, im westlichen Balkan machen sie über 94 Proz. der Gesamtbevölkerung aus; Türken finden sich namentlich in den östlichen Kreisen Eski Dschumaja (79,4 Proz.) und Silistria (75 Proz.) und bilden mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Schumen, Prowadia, Rasgrad und Rustschuk; Rumänen finden sich namentlich im Kreis [* 15] Rahowo. Der Religion nach sind unter 1000 Einw. 688 Christen (fast durchweg griechisch-orientalische), 307 Mohammedaner und 5 Juden. Ein Teil der Bulgaren im Kreis Lowetsch, die sogen. Pomaken, bekennt sich zum Islam. Weiteres s. Bulgaren.
Bildung. Bis 1878 gab es in Bulgarien nur Schulen privaten Charakters, deren erste 1835 errichtet worden war. Seit 1879 gibt es einen eignen Unterrichtsminister. Dem Prinzip nach ist der Schulbesuch vier Jahre lang obligatorisch; doch da es keine bezüglichen Spezialgesetze gibt, so kommt vieles auf den guten Willen der Bevölkerung an. Unter dem Minister stehen 16 Schulinspektoren für ebenso viele Schulbezirke. Im Schuljahr 1878/79 gab es 1088 bulgarische Volksschulen, 1880/81 schon 1365 mit 1580 ¶
Lehrern und 180 Lehrerinnen. Die Bildung steht im Osten höher als im Westen; am weitesten zurück sind die Gebirgsthäler zwischen Berkowitza und Sofia, die Gebiete um Iskretz, Bresnik, Radomir, Köstendil und die Umgebung der Hauptstadt. Dem Schulbesuch der Mädchen stehen besondere Hindernisse und Vorurteile entgegen; nur 17 Proz. erhalten Unterricht. Die Unterhaltung der Schulen geschieht größtenteils durch Gemeindesteuern, dann durch einen Teil der Einkünfte der Pfarrkirchen und durch ihnen vermachte und geschenkte liegende Gründe.
Behufs Erbauung neuer Schulhäuser (1878-82 fast 400) zahlt der Staat jährlich 300,000 Frank an die Gemeinden. Die Lehrer (76 Proz. zwischen 17-24 Jahren), meist zugleich Dorfschreiber und Kirchensänger, werden größtenteils auf ein Jahr von den Gemeinden gemietet. Außer den bulgarischen gibt es noch türkische (sehr schlecht), jüdische, armenische, griechische, rumänische, eine amerikanische und eine französische Schule, die gleichfalls der Staatsaufsicht unterstehen. An Mittelschulen besitzt Bulgarien 12: ein Gymnasium in Sofia, eine theologische Lehranstalt im Kloster Ljaskowatz, 4 Realschulen in Lom-Palanka, Köstendil, Warna und Gabrowo, 2 höhere Mädchenschulen in Sofia und Tirnowo, 2 pädagogische Lehranstalten in Wratza und Schumen und 2 Unterrealschule in Silistria und Tzaribrod. An denselben erteilen 65 Lehrer und 11 Lehrerinnen Unterricht an 1910 Schüler (davon 267 Mädchen). 411 Schüler erhalten Staatsunterstützung.
Von Fachschulen ist nur eine Ackerbauschule in Rustschuk in Vorbereitung. Auch wird sich binnen kurzer Zeit die Eröffnung einer Hochschule, namentlich für Juristen, nötig machen, da der Mangel an solchen sehr fühlbar ist. Inzwischen studiert auf Kosten der einzelnen Ministerien eine Anzahl junger Leute an fremden Universitäten. An andern Anstalten zur Verbreitung von Bildung sind zu nennen die 1880 errichtete Staatsdruckerei und eine Nationalbibliothek (12,000 Bände) nebst Anfängen eines Museums, beides in einer Moschee zu Sofia untergebracht. An vielen Schulen finden sich schon botanische und mineralogische Sammlungen, an fünf Gymnasien meteorologische Stationen. Die Bulgarische Litterarische Gesellschaft gibt seit Mai 1882 eine Zeitschrift heraus, die zur Kenntnis des Landes viel zu bringen verheißt.
Ackerbau. Die Bulgaren sind meist Bauern, die fest an ihren althergebrachten Gebräuchen und Gesetzen und ihren demokratischen sozialen Einrichtungen halten. Große Grundbesitzer, eine Aristokratie, hat es nie gegeben. Meist ist der Einzelne Eigentümer des Ackers, den er bebaut, und des Gehöfts, das er bewohnt. Doch kommt auch ein Pachtsystem vor, wobei der Eigentümer Saatkorn, mitunter auch Ochsen oder Büffel, seltener Ackergeräte stellt und dafür vom Pachter einen von 40-80 Proz. wechselnden Anteil an dem Erträgnis erhält. Im westlichen Bulgarien besitzt wie in Serbien und Kleinrußland die Gemeinde ihren ganzen Grund und Boden gemeinsam, und die Familienhäupter teilen ihn zu bestimmten Terminen unter sich durch das Los.
Gebaut wird wenig mehr, als der eigne Bedarf erfordert, und der größte Teil des fruchtbaren Bodens liegt unbenutzt da. Bulgarien könnte leicht die dreifache Bevölkerung ernähren. Zwei Drittel des Ackers werden mit Mais bestellt, der Rest mit Weizen, Korn, Reis, Tabak, [* 17] Baumwolle [* 18] und Wein; von Gemüsen sind die häufigsten: Bohnen, Zwiebeln und Knoblauch. Besonders geschickt sind die Bulgaren im Drainieren. Ansehnlich ist die durch das Klima begünstigte Seidenzucht. Viehzucht [* 19] spielt überhaupt fast eine größere Rolle als Ackerbau, der erst neuerdings größern Aufschwung nimmt.
Das Land ist reich an Pferden, Ochsen, beide von kleinem Schlag, Büffeln, die zum Ziehen benutzt werden, Schafen, Ziegen und Federvieh. Sehr reich an Wild (Rehe, Hirsche, [* 20] Füchse, Bären, Wölfe, Wildschweine) ist namentlich der Zentral- und Westbalkan. Bulgarien ist reich an Mineralquellen und besitzt große Metallschätze, die aber noch kaum berührt sind (Eisen, [* 21] Gold, [* 22] Steinkohle, Torf). Berühmt sind die Eisenlager von Samakow; die Kohlenlager von Pernik und Kalkas, 3 Stunden von Sofia, sind neuerdings in Angriff genommen worden. Salpeter wird bei Owtscha Mogila und Stischarow gewonnen. Für die Industrie und selbst für das Kunsthandwerk hat der Bulgar entschiedene Vorliebe; nur der politische Druck, der auf dem Land lastete, hat deren Entwickelung bis jetzt gehindert. Ausgezeichnetes leistet er im Häuser- u. Brückenbau sowie in der Herstellung von Silber- und Eisen arbeiten, Teppichen, Stickereien, Musselinen, Holzschnitzereien etc.
Über den Handel Bulgariens (Aus- und Einfuhr) ist 1883 der erste Bericht veröffentlicht worden. Danach ist im Zeitraum 1879-81 die Einfuhr von 32,137,800 auf 58,467,100 Frank, die Ausfuhr von 20,092,854 auf 31,819,900 Fr. und der Steuerertrag von 2,771,953 auf 4,995,567 Fr. gestiegen. An der Einfuhr beteiligten sich in Millionen Frank:
1880: | 1881: | 1880: | 1881: | ||
---|---|---|---|---|---|
Österreich-Ungarn | 6.2 | 14.7 | Italien | 2.1 | 5.8 |
England | 4.3 | 13.5 | Frankreich | 1.0 | 3.0 |
Rumänien | 6.3 | 8.5 | Serbien | 0.7 | 2.0 |
Türkei | 2.8 | 6.5 | Rußland | 0.5 | 1.2 |
Deutschlands [* 23] Anteil am Import stieg von 50,150 Fr. in 1880 auf 286,875 Fr. in 1881. Österreich [* 24] importiert namentlich Getränke, Zucker, [* 25] Gewebe, [* 26] Metallwaren, Papier, Chemikalien;
England: Baumwoll- und Eisenwaren, Kupfer; [* 27]
Rumänien: Salz, [* 28] Bauholz, Fische; [* 29]
die Türkei: Wein, Früchte, Öl, Seife;
Frankreich: Manufakte, Gewebe, Kaffee;
Serbien: Leinwand, Felle und Getränke.
Ausgeführt werden Cerealien aller Art, Mehl, [* 31] Früchte, Vieh etc.
Die Verfassung ist denen der europäischen konstitutionellen Staaten nachgebildet; danach ist Bulgarien eine erbliche, konstitutionelle Monarchie mit Volksvertretung, aber der Hohen Pforte tributär. Staatsreligion ist die orthodoxe griechische Konfession; doch sind sämtliche Kulte erlaubt, und es darf niemand wegen religiöser Unterschiede vom Genuß bürgerlicher und politischer Rechte, von Ämtern und Ehrenstellen ausgeschlossen werden. Alle in Bulgarien gebornen, nicht unter fremdem Schutz stehenden Personen sind bulgarische Unterthanen. Alle bestehenden Handels- und Schiffahrtsverträge, Konventionen etc. zwischen den fremden Mächten und der Pforte gelten auch für Bulgarien, das keinen Transitzoll erheben darf. Fürst ist seit Alexander I. (s. d.), Landeshauptstadt Sofia.
Die Finanzen Bulgariens befanden sich von Anfang an nicht in Ordnung; das erste Budget (1880) weist 23,114,000 Fr. Einnahmen gegen 27,306,267 Fr. Ausgaben auf, das folgende 28,154,280 Fr. Einnahmen gegen 29,141,814 Fr. Ausgaben. Letztere verteilen sich (in Franken) folgendermaßen:
1880: | 1881: | |
---|---|---|
Minister. des Äußern u. Kultus | 677000 | 644528 |
Unterrichtsministerium | 1372120 | 1691700 |
Justizministerium | 1404200 | 1881520 |
Finanzministerium | 3697400 | 3553652 |
Kriegsministerium | 11250000 | 11249999 |
Ministerium des Innern | 8860367 | 8807815 |
Zivilliste und Hofhaltung | - | 1300000 |
Ministerrat | - | 12600 |