Die
Verhandlungen, welche auf
Grund eines am zwischen und den konföderierten
Staaten geschlossenen
Vertrags zum Behuf einer gründlichern
Verbindung gepflogen wurden, mußten abgebrochen werden, als im
Dezember 1855 einige
argentinische Flüchtlinge von
Montevideo
[* 7] aus in Buenos Ayres einfielen, um die förmliche Wiedervereinigung zu erzwingen. Die nun eröffneten
Feindseligkeiten endigten nach dem für Buenos Ayres unglücklichen
Treffen bei Capeda damit, daß Buenos Ayres sich
wieder der
Konföderation anschließen mußte.
Auch ein Erhebungsversuch 1880 mißlang. Die
Provinz wurde gezwungen, die Stadt Buenos Ayres der
Regierung der
Republik als
Residenz abzutreten
und die Stadt
La Plata zum Sitz ihrer Behörden zu wählen.
Vgl. Wilcocke, History of the viceroyalty of Buenos Ayres (Lond. 1806);
[* 2]Ayres
(Ciudad deNuestra Señora de Buenos Ayres), früher die Hauptstadt des gleichnamigen
Freistaats,
seit 1862 Hauptstadt der gesamten
ArgentinischenKonföderation und Sitz der
Regierung und des
Kongresses der letztern sowie
des diplomatischen
Korps, vieler
Konsulate, auch eines deutschen
Berufskonsuls, und eines
Bischofs, ist seit 1880 aus der
Provinz
Buenos Ayres ausgeschieden. Sie liegt am rechten, südlichen
Ufer des breiten, jedoch seichten
La Plata, 300 km vom
offenen
Meer, und ist in Form eines
Rechtecks sehr regelmäßig in 464
Cuadras angelegt, die aber noch bei weitem nicht alle
ausgebaut sind.
Außer diesen deutschen bestehen noch zwei englische und eine nordamerikanische protestantische
Gemeinde. Hervorragende öffentliche
Gebäude sind ferner: der
Palast des
Präsidenten, das Repräsentantenhaus, die
Bank, das
Rathaus (cabildo), die
Universität,
die
Münze, das große
Hospital. An wissenschaftlichen Anstalten besitzt die Stadt eine 1824 gestiftete sogen.
Universität, eine öffentliche
Bibliothek, ein Nationalkollegium, eine 1853 reorganisierte medizinische
Schule, ein geistliches
Seminar, eine blühende deutsche
Schule, eine
Sternwarte,
[* 13] ein naturhistorisches
Museum (von
Burmeister begründet)
und verschiedene
gelehrte Gesellschaften. An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt Buenos Ayres 19, darunter ein deutsches, englisches,
französisches, italienisches, spanisches
Hospital, eine
Irrenanstalt, ein Waisen- und ein Findelhaus, eine Entbindungsanstalt,
ein
Asyl für Einwanderer etc. Die Stadt hat
Gas- und
Wasserleitung,
[* 14] beide freilich noch nicht ganz genügend.
Die
Bevölkerung
[* 15] belief sich 1884 mit Einschluß der zahlreichen dort ansässigen
Deutschen,
Engländer,
Franzosen,
Italiener,
Spanier etc. auf 283,758
Seelen. Buenos Ayres ist der bedeutendste, wenn auch nicht der beste
Hafen am
Rio de la Plata,
[* 16] das ozeanische
Ein- und Ausgangsthor für die
ArgentinischeKonföderation und
Paraguay. Gleichwohl besitzt es nur eine
offene, häufigen Windstößen ausgesetzt
Reede. Im S. der Stadt ist aber 1876 bis 1883 mit einem Aufwand von 2,517,000
Pesos
die
Boca de Riachuelo so vertieft worden, daß
Schiffe
[* 17] von 7 m Tiefgang einlaufen können; hier gingen 1883 ein 47,309
Schiffe
von 1,207,300
Ton., darunter 600 Seeschiffe von 249,000 T. Der zweite
Hafen von Buenos Ayres ist
Ensenada, das durch
großartige
Arbeiten zu einem
Hafen ersten
Ranges umgeschaffen werden soll und durch eine
Eisenbahn mit Buenos Ayres verbunden ist.
Die vornehmsten Abnehmer der Landesexporte sind
Frankreich und
Belgien,
[* 27] das letztere zum großen Teil zur
Durchfuhr nach
Deutschland. In zweiter
Linie stehen
England und die
Vereinigten Staaten von
Nordamerika.
[* 28] Der
Handel von Buenos Ayres wertete 1884 bei
der Einfuhr 73,001,000, bei der Ausfuhr 44,813,000
Pesos, also weit über zwei Drittel des Gesamthandels Argentiniens.
Banken bestehen jetzt sieben in der Stadt (darunter die Staatsbank) mit einem Gesamtkapital inkl.
Depositen von (1883) 183 Mill.
Pesos. Es erscheinen hier 82
Zeitungen, davon 25 täglich (17 spanische, 3 italienische, 2 englische, 2 französische, 1 deutsche).
Fünf Eisenbahnlinien gehen von der Stadt aus, welche durch
Trambahnen von 150 km mit ihren Vorstädten
verbunden ist. Überhaupt ist Buenos Ayres fast die einzige von den größern
Städten der alten spanischen
Kolonien, die seit dem
Abfall
vom Mutterland in raschem Aufblühen begriffen ist und im äußern Ansehen wie im Wohlstand und in der Einwohnerzahl Fortschritte
macht. Das ist zum großen Teil die
Folge der Niederlassung von
Fremden, wie denn die Gewerbthätigkeit
und der
Verkehr durch diese allein die große
Ausdehnung
[* 29] gewonnen haben, die sie jetzt auszeichnet; auch ist der Großhandel
fast ganz in den
Händen von Europäern (besonders Engländern, dann
Franzosen und
Deutschen). - Die Stadt wurde schon 1535 von
Pedro¶
mehr
de Mendoza gegründet, doch nach vier Jahren durch die Indianer verwüstet. 1580 legte darauf J. ^[Juan] de Garay die Stadt an
ihrer jetzigen Stelle an. Im J. 1620 wurde sie Bischofsitz, 1776 Hauptstadt des Vizekönigreichs von La Plata und 1816 die
der Vereinigten Staaten von Rio de la Plata; seit 1853 war sie Hauptstadt eines selbständigen Freistaats
(s. oben), bis sie 1862 zum Regierungssitz der ArgentinischenKonföderation erhoben und 1880 als Nationalhauptstadt aus der
gleichnamigen Provinz ausgeschieden wurde.
Vgl. Nolte, Fremdenführer durch Buenos Ayres (Hamb. 1882).