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überall die Buchdruckereien gründeten und zuerst betrieben, am sprechendsten die Erfindung selbst als eine deutsche bezeichnet. Die erste vollständige arabische Druckerei in Italien [* 2] wurde auf Kosten des Papstes Julius II. von Gregor Gregorio aus Venedig [* 3] zu Fano errichtet.
Frankreich, das schon 1458 auf Gutenbergs Erfindung aufmerksam geworden war und Jenson nach Mainz [* 4] gesandt hatte, damit er die Buchdruckerkunst erlerne, auch Fust schon im J. 1462 mit seinen Erzeugnissen auf dem Markt von Paris [* 5] sah, erhielt seine ersten Pressen doch erst 1470 durch Deutsche, [* 6] resp. Schweizer. Hans Heynlin, genannt von Stein (Jean de la Pierre, Lapidarius) nach seinem Geburtsort in der Nähe von Konstanz, [* 7] und Guill. Fichet, Lehrer der Sorbonne, beriefen die Typographen Ulrich Gering, Martin Crantz und Michael Friburger (von Kolmar) [* 8] nach Paris, wo sie in der Sorbonne eine Werkstätte errichteten und 1470 mit »Gasparini Pergamensis epistolarum opus« den ersten Pariser Druck lieferten.
Diesem folgte eine lateinische Bibel, [* 9] doch scheint bald eine Trennung der drei Drucker stattgefunden zu haben, denn 1478 druckte Gering allein und hatte später als Gesellschafter Wilhelm Maynyal und Bartholomäus Remboldt. Die zweite Buchdruckerei in Paris errichtete Petrus Caesaris (Kaiser), zur Zeit von Gerings Tod (1510) aber gab es deren daselbst schon mehr als 20. Gilles Gourmont war der erste, welcher griechische und hebräische Werke druckte (1507-1508). Die namhaftesten Buchdrucker von Paris und Frankreich gingen im Lauf der Jahrhunderte hervor aus den Familien Badius, Stephanus (Etienne), Wechel und Didot, letztere noch heute blühend.
Die Staatsbuchdruckerei in Paris, 1640 unter Ludwig XIII. gegründet, hat viel beigetragen zur Entwickelung der in Frankreich; doch nahm diese keinen so raschen Flug bei ihrer Verbreitung über das Land, wie es in Deutschland [* 10] und Italien der Fall gewesen. Guillaume le Roy und Buyer waren 1473 die ersten Drucker in Lyon; [* 11] es folgten dann Angers (1477), Chablis (1478), Toulouse [* 12] und Poitiers (1479), Caen (1480), Vienne (1481), Troyes (1483), Rennes (1484), Abbéville (1486), Rouen [* 13] und Besançon [* 14] (1487), Orléans [* 15] (1490), Dijon [* 16] und Angoulême (1491), Nantes [* 17] (1493), Limoges (1495), Tours [* 18] (1496), Avignon (1497) und Perpignan (1500), abgesehen von einer geringen Zahl minder namhafter Städte.
Holland und Belgien [* 19] haben aller Wahrscheinlichkeit nach die Buchdruckerkunst von Köln [* 20] aus erhalten, und zwar ist der erste durch vorhandene Drucke mit Jahreszahl und Druckername nachgewiesene Druckort Aalst in Ostflandern, wo Dierick Martens (Theoderich Maertens) von 1473 bis 1476 thätig war, sich zuerst einer eigentümlichen holländisch-gotischen Type mit vielen Ecken und scharfen Kanten bedienend und diese erst später durch eine von abgerundeten Formen ersetzend. Zwar soll schon vor ihm Johann von Westphalen, der 1474 als erster Drucker in Löwen [* 21] erscheint, zu Aalst gedruckt haben; doch fehlen hierfür authentische Beweise.
Utrecht [* 22] aber hat unstreitig die gegründetsten Ansprüche, als erster Druckort in Holland betrachtet zu werden, da, wie neuere Forschungen ergeben haben, angenommen werden darf, daß hier alle die Drucke entstanden sind, auf welche bisher die Holländer ihre Ansprüche für Coster gründeten. Zwar trägt keiner derselben Namen und Jahr, doch weisen gewichtige Momente auf 1471, und der Umstand, daß die Holzschnitte des »Speculum salutis«, des Hauptwerks des unbekannten Druckers, von dem 1478 zu Utrecht arbeitenden Drucker Johannes Veldener (von 1473 bis 1474 druckten daselbst bereits Nicolas Kettelaer und Gerard de Leempt) ebenfalls benutzt worden sind, nach ihm aber verschwinden, scheint auch dafür zu sprechen.
Bezüglich dieses unbekannt gebliebenen Druckers ist zu bemerken, daß seine Drucke weniger Vorläufer der Buchdruckerkunst als vielmehr Erzeugnisse eines ungeübten Buchdruckers zu sein scheinen, der allem Anschein nach von Haus aus nur Formschneider und Holztafeldrucker war und die geringe Kenntnis von der Buchdruckerei, die er erlangt haben mochte, praktisch zu verwerten suchte, so gut er konnte, ein Umstand, der auch das Fehlen von Druckernamen und Druckort auf allen seinen Arbeiten erklärlich erscheinen läßt. - Von den namhaften Städten der Niederlande [* 23] erhielten die ersten Buchdrucke: 1475 Brügge, Colard Mansion;
1476 Brüssel [* 24] (Brüderschaft vom gemeinsamen Leben);
Deventer, Richard Paffroad, und Delft, Jacob Jacobzoon;
1482 Antwerpen, [* 25] Matt. van der Goes;
Haarlem [* 26] erscheint 1483 erst als 21. Stadt der Niederlande, welche in Jacob Bellaert einen Buchdrucker erhielt. In Antwerpen gelangte die Buchdruckerkunst im 16. Jahrh. zu hoher Blüte [* 27] durch Christoph Plantin (s. d.), dessen Druckerei als »achtes Weltwunder« die Augen der ganzen gelehrten Welt auf sich zog;
sie ist durch drei Jahrhunderte in den Händen seiner Familie und Nachfolger geblieben und bildet heute, nachdem sie in das Eigentum der Stadt Antwerpen übergegangen, daselbst das ganz eigenartige Musée Plantin.
Amsterdam, [* 28] das erst 1500 die erste Druckerei erhielt, hat später nebst Leiden [* 29] als Druckplatz Berühmtheit erlangt durch die an beiden Orten von 1592 bis 1680 blühende Druckerfamilie Elzevir (s. d.).
Nach England wurde die Buchdruckerkunst aus Köln und Brügge gebracht durch William Caxton (s. d.), ein hervorragendes Mitglied der Kaufmannsgilde von London. [* 30] Sein Beruf hatte ihn nach Brügge geführt, ob er aber hier oder in Köln oder im Kloster Weidenbach bei Köln die Buchdruckerkunst erlernte, ist eine ebenso offene Frage wie die, wo das erste Buch in englischer Sprache, [* 31] die von Caxton übersetzte Sagensammlung »Recueil des histoires de Troyes«, von ihm um 1471 gedruckt worden ist. Im J. 1477 aber war er bereits nach London zurückgekehrt und druckte hier als erstes Buch »The dictes and sayings of the philosophers« innerhalb, d. h. im Bezirk, der Abtei von Westminster.
Mit ihm gleichzeitig (1480 und 1481) druckten in London John Lettou, William Machlinia (Wilhelm von Mecheln, [* 32] 1481-83) und als Caxtons Nachfolger der Lothringer Wynkyn de Worde. In Oxford [* 33] druckte zuerst 1478 der Kölner [* 34] Theoderich Rood oder Rudt;
in der Abtei von St. Albans arbeitete 1480-86 ein unbekannt gebliebener Drucker, der sich selbst nur als »Schulmeister von St. Albans« bezeichnet hat;
alle übrigen namhaften Städte Englands erhielten erst im 16. Jahrh. oder später Buchdruckereien. - In Schottland hielt die Buchdruckerkunst 1507 ihren Einzug;
Walter Chepman und Andrew Millar waren die ersten Drucker der schottischen Residenz. - In Irland druckte 100 Jahre nach der Erfindung, 1551, zuerst Humphrey Powell.
Als erster Druckort der Schweiz [* 35] galt bisher der Flecken Beromünster im Aargau (1470) und als erster Drucker Helias Helye, Kanonikus des Stifts daselbst. Das erste, von ihm vollendete Buch war der »Mammotrectus« des Marchesino da Reggio, eine Art Wörterbuch zur Erläuterung der Bibel. In neuester Zeit ist indes nachgewiesen worden, daß der erste Druck von Basel [* 36] vor das Jahr ¶
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1468 zurückzudatieren sei, wie denn auch in den Matrikeln der Universität Basel bereits Anfang der 60er Jahre des 15. Jahrh. sich eine Anzahl Männer verzeichnet finden, welche später als Buchdrucker thätig waren, unter ihnen Ulrich Gering, einer der drei ersten 1469 nach Paris berufenen Buchdrucker. Als erster Drucker wird genannt Berthold Ruppel oder Rippel von Hanau, [* 38] ein Schüler Gutenbergs und einer der beiden »Druckerknechte« (Bertolff von Hanauve),
die von ihm gesandt worden waren, damit sie den Verhandlungen des Fustschen Prozesses gegen ihn im großen »Refender« beiwohnten. Es ist indes nur ein einziger Druck von ihm vorhanden, welcher seinen Namen und Basel, wo er das Bürgerrecht erworben hatte, als Druckort trägt: das »Repertorium vocabulorum« des Magister Konrad von Mure. In Genf [* 39] druckte zuerst 1478 Adam Steinschauwer aus Schweinfurt; [* 40] der erste Druck zu Zürich [* 41] datiert von 1504; besondern Ruf als Druckort erlangte es durch Christoph Froschauer (1519-64, s. d.). Die Ausbreitung der Buchdruckerkunst schritt in der Schweiz während des 16. Jahrh. nicht allzu rasch vorwärts; sie gelangte nicht eher als 1577 nach Schaffhausen, [* 42] 1578 nach St. Gallen, 1585 nach Freiburg, [* 43] und Einsiedeln, das jetzt in der Druckerei der Gebrüder Benziger das größte graphische Etablissement der Schweiz besitzt, erhielt die erste Druckerei, gleich zahlreichen andern Schweizer Orten, erst im 17. Jahrh., 1664.
Wie in Italien, so waren auch in Spanien [* 44] Deutsche die Apostel von Gutenbergs Erfindung. Eine zu Ehren der heiligen Jungfrau 1474 in Valencia [* 45] gedruckte Sammlung von 36 Gedichten gilt als frühstes in Spanien gedrucktes Buch, doch erst vier Jahre später, 1478, begegnen wir einem Druckernamen, Lambert Palmart (1476-94), am Schluß einer in limousinischer Übersetzung erschienenen Bibel. In Saragossa [* 46] druckte 1475 Matthias Flander, mit Paul Hurus aus Konstanz als nächstem Nachfolger; in Sevilla [* 47] waren 1477 drei Spanier die ersten Drucker, denen drei Deutsche folgten; auch in Barcelona [* 48] druckten 1478 Deutsche die ersten Bücher, desgleichen 1480 zu Tolosa. Granada [* 49] sah 1496 seine ersten Drucker in Meinrad Ungut und Hans Pegnitzer aus Nürnberg, [* 50] letzterer hatte schon vorher in Sevilla gedruckt. In Madrid [* 51] hielt im J. 1500 die Buchdruckerkunst ihren Einzug; begünstigt vom Hof, [* 52] gedieh sie daselbst bald zu hoher Blüte.
In Portugal wurde die Buchdruckerkunst durch Juden eingeführt; 1489 druckten zu Lissabon [* 53] Rabbi Zorba und Raban Eliezer des Rabbi Mosis Machmonides hebräischen Kommentar zum Pentateuch und zwar mit rabbinischen Typen. Lateinische und portugiesische Bücher druckten erst 1495 Nikolaus aus Sachsen [* 54] und Valentin aus Mähren. [* 55] Druckereien erhielten Leiria 1492, Braga 1494, Coimbra 1536, Vizeu 1571 und Oporto [* 56] erst 1622.
Nach dem Osten hin hatte 1472 die Buchdruckerkunst freundliche Aufnahme gefunden zu Ofen in Ungarn [* 57] durch dessen König Matthias Corvinus, wo der Deutsche Andreas Heß auf Kosten des Hofs die »Chronica Hungarorum«, jetzt ein höchst seltenes Buch, druckte; doch volle 60 Jahre vergingen, ehe eine zweite Druckerei im Ungarnreich und zwar 1534 zu Kronstadt [* 58] gegründet wurde. Dann schritt indes die Ausbreitung rascher vorwärts, und noch vor Ablauf [* 59] des Jahrhunderts besaß eine ansehnliche Zahl ungarischer Städte Buchdruckereien. In Polen wurde die erste 1491 zu Krakau [* 60] gegründet durch Swaybold Frank, angeblich ein Schüler Koburgers in Nürnberg.
Jüdische Typographen druckten hier von 1517 an mit Erfolg, wie überhaupt die Juden und die Jesuiten sich in Polen, Litauen und Galizien Verdienst erworben haben um Ausbreitung und Förderung der Buchdruckerkunst. In Lemberg [* 61] war 1593 der erste Drucker Matth. Bernhart; Warschau, [* 62] wo 1580 ein fahrender Drucker vorübergehend thätig gewesen war, erhielt erst 1625 eine ständige Buchdruckerei. Rußlands erste Druckerei soll 1493 zu Tschernigow thätig gewesen sein, doch fehlen nähere Daten hierüber; Moskau [* 63] erhielt seinen ersten Drucker durch einen Machtspruch des Zaren Iwan des Grausamen, welcher Iwan Fedorow, bis dahin Diakon an einer der Kremlkirchen, im Jahr 1563 befahl, »von handschriftlichen Büchern Abdrücke zu machen, da dadurch infolge der schnellern Arbeit und des geringern Preises es jedem rechtgläubigen Christen möglich werde, gerecht und ungestört die heiligen Bücher zu lesen und laut denselben zu reden und zu handeln«; ob Fedorow schon vorher der Druckkunst beflissen gewesen, ist unbekannt, das erste vollendete Druckwerk, eine Apostelgeschichte, trägt indes bereits das Datum vom Der kaiserliche Drucker mußte aber bald flüchten vor den Verfolgungen der Abschreiber und gelangte nach mancherlei Schicksalen nach Ostrog in Wolhynien, wo er den Druck der ersten Bibel in russischer Sprache im J. 1583 vollendete. Zu lebhafterer Entwickelung gelangte die in Rußland erst unter Peter d. Gr., welcher in Holland Schriften schneiden und gießen ließ und 1704 die Synodalbuchdruckerei von Moskau errichtete, 1707 auch den Buchdruckereibetrieb, bisher Staats- und Kirchenmonopol, den Privaten freigab. Petersburg [* 64] erhielt Pressen 1710 sofort nach seiner Gründung; der Zar ließ solche von Moskau aus herbeischaffen. Nr. 1 der »Petersburger Zeitung« trägt das Datum des das erste Buch wurde 1713 vollendet. In Riga [* 65] druckte 1588 ein vom Magistrat aus Deutschland berufener Drucker, Nikolaus Mollin; in allen andern russischen Städten und Klöstern wurde die Buchdruckerkunst nicht vor dem 17. Jahrh. geübt.
Der skandinavische Norden [* 66] zeigte sich infolge der verhältnismäßig hohen unter dem Volk verbreiteten Bildung zur Aufnahme der Buchdruckerkunst gut vorbereitet. In Stockholm [* 67] druckte bereits 1474 ein fahrender Buchdrucker; Johann Snell, ein Deutscher, legte 1483 die erste ständige Buchdruckerei daselbst an. 1495 druckte man im Kloster Wadstena, 1510 zu Upsala, [* 68] aber nicht vor 1663 in dem alten Lund. Norwegens erste Druckerei arbeitete Mitte des 16. Jahrh. in Drontheim, Christiania [* 69] sah die erste 1644. In Dänemark [* 70] soll die Buchdruckerkunst 1482 durch denselben Johann Snell, der sich ein Jahr später in Stockholm niederließ, zu Odense [* 71] auf Seeland Eingang gefunden haben; in Kopenhagen [* 72] druckte Gottfried von Ghemen 1490 einen Donat. Auf Irland ließ 1531 Bischof Jens Areson zu Holum durch den Schweden [* 73] Matthiesson das »Breviarium Nidorosiense« drucken; 1584 erschien, gedruckt von Hans Jensen, die erste Ausgabe der isländischen, mit Holzschnitten illustrierten Bibel. In Grönland wurde die erste Buchdruckerei um 1860 in der Herrnhuter Kolonie Godthaab errichtet.
In der Türkei [* 74] und Griechenland [* 75] waren es Juden, welche die Buchdruckerkunst, die Sultan Bajesid II. 1483 bei Todesstrafe verboten hatte, 1490 im verborgenen ausübten; Achmed III. gab endlich 1727 die Erlaubnis zur Anlegung einer großherrlichen Druckerei in Konstantinopel, [* 76] für welche der unermüdliche Förderer derselben, Ibrahim Efendi, selbst nach aus Leiden in Holland bezogenen Mustern die Typen goß. In ¶