eroberte es sein Sohn
Urchan 1329 und machte es zur
Residenz, welche jedoch 1365 nach
Adrianopel verlegt ward. Brussa wurde nun
Hauptstadt eines
Sandschaks. Nach der
Schlacht von
Angora (1402) wurde es von den
Mongolen verbrannt, 1413 belagerte der
Fürst
von
Karaman die tapfer verteidigte Stadt vergeblich. 1512 bemächtigte sich Alaeddin, ein Enkel
Bajesids
II., Brussas, ward jedoch von seinem Oheim,
SultanSelim I., wieder vertrieben. 1607 wurde Brussa von dem
Rebellen Kalenderoghli
verbrannt. Am wurde hier ein
Vertrag zwischen den
Polen und
Türken abgeschlossen. Im
Januar 1833 zog
Ibrahim Pascha
in Brussa feindlich ein. In neuerer Zeit hat die Stadt von ihrem ehemaligen
Glanz viel verloren. 1855 ward
sie durch heftige, länger als drei
Monate anhaltende Erdstöße, von denen die am 28. Febr.,11. April und 23. Mai die heftigsten waren,
arg mitgenommen. Die
Mineralquellen versiegten anfangs, kehrten aber dann mit um so größerer Heftigkeit zurück,
so daß ganze
Häuser im heißen
Wasser versanken. Überdies wurde die Stadt durch einen infolge des
Erdbebens entstehenden
Brand großenteils in
Asche gelegt.
[* 1] (franz.
Bruxelles, hierzu der Stadtplan), die
Haupt- und Residenzstadt des
KönigreichsBelgien,
[* 2] zugleich die
Hauptstadt der
ProvinzBrabant sowie der ehemaligen österreichischen, früher spanischen
Niederlande,
[* 3] liegt 15 m ü. M.,
unter 50° 51' 10'' nördl.
Br. und 4° 22' 13'' östl. L. v. Gr., an der
Senne, einem Nebenflüßchen der
Schelde, aus welchem
der mitten in der Stadt von vier
Bassins ausgehende schiffbare
Kanal
[* 4] von Willebroek in die
Rupel führt, wodurch die Stadt mit
der
Schelde und folglich auch mit
Antwerpen
[* 5] in
Verbindung steht, während ein andrer
Kanal nach
Charleroi
geht und in die
Sambre mündet.
Das
Klima
[* 6] ist feucht und veränderlich, die mittlere Jahrestemperatur 9,94° C. (im
Winter 2,87°), die mittlere Regenhöhe
71,2cm. Die Stadt liegt in fruchtbarer und gut angebauter Gegend, beinahe in der Mitte desLandes und
besteht aus einem nordwestlichen untern Teil, welcher von mehreren
Armen der
Senne und von
Kanälen durchschnitten ist, und
einem südöstlichen obern Teil, welcher die aus dem
Thal
[* 7] der
Senne sanft ansteigende
Höhe bedeckt. Sie hat einen
Umfang von
fast 8 km; als
Einfassung ziehen sich ringsherum mit doppelterReihe von
Bäumen besetzte
Boulevards, die
ehemaligen
Wälle.
Jenseit derselben breiten sich die volkreichen Vorstädte mit regelmäßigen und breiten
Straßen aus, an die sich weiter
hinaus eine Anzahl (7) industrieller
Dörfer und
Gemeinden anschließen, die allmählich mit der Stadt verschmelzen.
Rechts
und links des Sennebettes laufen breite, gewölbte
Kanäle zurAufnahme der städtischen
Kloaken; das Sennebett
selbst ist in neuerer Zeit ebenfalls überwölbt und über demselben ein die Unterstadt in ihrer ganzen
Breite
[* 8] durchziehender
Boulevard angelegt worden. Die beiden Hauptteile der Stadt sind durch
Charakter und
Bevölkerung
[* 9] durchaus verschieden.
Die noch vielfach enge und winkelige Unterstadt ist dagegen der Sitz des
Handels und der
Gewerbe und charakterisiert sich durch
vlämische Sprache und
Sitte. Bezeichnend ist für sie und ihre alte Bedeutung der große Marktplatz
(GrandePlace), der mit seinem prächtigen
Rathaus, den imposanten Zunfthäusern und seinem sonstigen
Reichtum an mittelalterlicher
Architektur einen Anblick von höchstem
Interesse gewährt. Auch die Unterstadt erhält, zumal nach der
Anlage der neuen
Boulevards,
immer mehr ein modernes Gepräge.
Ober- und Unterstadt sind unter andern durch die viele glänzende
Läden enthaltende
Rue de la
Madeleine
verbunden. In der Mitte der Oberstadt liegt der von
Maria Theresia angelegte große
Park von 13
Hektar Flächeninhalt, mit prachtvollen
Laubgängen, Wasserbecken und Marmorstatuen, in den Septembertagen 1830 ein Hauptkampfplatz.
AndrePlätze sind: die
Place de
la
Monnaie;
die
Place des
Martyrs mit dem Denkmal der im
September 1830 gefallenen Freiheitskämpfer, von
einer (von
Geefs modellierten) befreiten Belgia gekrönt;
die
Place des Barricades mit dem Standbild des Anatomen
Vesalius;
endlich die
Place du Congrès mit der 1859 errichteten, das Standbild
Leopolds I. (von
Geefs) tragenden dorischen Konstitutionssäule
(45 m hoch).
Von
Kirchen verdienen Erwähnung: in der Oberstadt die gotische
Kathedrale zu St. Gudula und
St.
Michael, die bedeutendste
Kirche der Stadt, eine Art
Basilika
[* 13] aus dem 13.-15. Jahrh., mit Chorumgang und tiefen, kapellenartigen
Seitennischen, zwei schönen, aber unvollendeten
Türmen auf der Westseite und zwei
Kapellen (das Ganze 1848-56
restauriert);
die neue prächtige Kirche der heiligen Jungfrau (im romanischen Stil mit achteckiger Grundform nach den
Plänen von Ovenstraeten erbaut) mit schlanken, durchbrochenen Türmen;
die Kirche St. Joseph (im Renaissancestil, 1849 erbaut
und von den Redemptoristen benutzt) mit einem Altarbild von Wiertz u. a. Die von der niederländischen
Regierung dem evangelischen Kultus eingeräumte Augustinerkirche (aus dem 17. Jahrh.) dient gegenwärtig als Hauptpostamt.
Einige protestantische Kapellen sind unansehnlich; eine neue Synagoge ist 1878 von de Keyser erbaut.
In der Oberstadt sind die bemerkenswertesten Profanbauten: der königliche Palast, am Park, ein wenig ausgezeichnetes Bauwerk
aus dem vorigen Jahrhundert, das kürzlich durch einen neuen Flügel vergrößert wurde (es enthält im
Innern eine Sammlung von Gemälden von zum Teil hervorragendem Kunstwert);
An der Place du Musée steht der »alte Hof«,
[* 17] der von 1731 an, nach Einäscherung des alten
Palastes, Residenz der österreichischen Statthalter war, jetzt die berühmte Gemäldesammlung (Musée) und ein Naturalienkabinett
enthält. Daran stoßen das Musée de l'industrie nebst Industrieschule und die kostbare königliche Bibliothek (s. unten) mit
einer Kupferstichsammlung (im Hof des Palastes steht das 1846 errichtete Denkmal des österreichischen Generalstatthalters
Karl von Lothringen, von Jehotte).
Noch sind hervorzuheben: das Universitätsgebäude (der ehemalige Palast des Kardinals Granvella) mit dem Standbild Verhaegens,
eines Mitbegründers der Universität;
der herzoglich Arenbergsche Palast (1548 erbaut, einst die Wohnung des GrafenEgmont) mit
Gemäldesammlung;
das Gefängnis Les Petits-Carmes (1847 im englisch-gotischen Stil nach dem Zellensystem erbaut auf der Stelle
eines 1811 niedergerissen Karmeliterklosters, in dessen Nähe ehemals das gräflich Kuylenbergsche Haus,
der Versammlungsort der aufständischen niederländischen Edelleute unter Philipp II., stand);
ferner der neue Justizpalast,
ein Bau von kolossalen Verhältnissen nach den Plänen des Architekten Poelart, und das zierliche Blindeninstitut, mit halbgotischem
Glockenturm (von Cluysenaar erbaut).
Endlich enthält die Oberstadt auch noch den Überrest der ehemaligen
Befestigung, die Porte deHal am Ende der Rue haute (1381 erbaut und kürzlich restauriert), die zu Albas Zeit als Kerker diente,
jetzt eine Waffen- und Altertümersammlung enthält.
Die Unterstadt enthält die vorzüglichsten ältern Bauwerke Brüssels. Hier prangt an dem 110 m langen, 68 m
breiten Marktplatz das herrliche Rathaus (Hôtel de Ville), das merkwürdigste Gebäude Brüssels. Es bildet ein Viereck
[* 18] von 60 m
Länge und 50
m Tiefe, das einen Hof mit zwei Marmorbrunnen umschließt, und kehrt seine Fronte (im gotischen Stil 1402-43 erbaut)
dem Markt zu. Auf der Vorderseite, doch nicht in der Mitte, erhebt sich ein schöner, 114 m hoher Turm,
[* 19] den als Wetterfahne die 5 m hohe
[* 15]
Figur des ErzengelsMichael aus vergoldetem Kupfer
[* 20] krönt.
Auch die andern Seiten des Marktes zeigen, wie erwähnt, mehrere sehr ansehnliche und interessante mittelalterliche Gebäude,
namentlich die alten Zunfthäuser (das Haus derBrauer, der Bogenschützen, der Schiffer, der Zimmerer etc.)
und das uralte sogen. Brothaus (auch Maison du Roi genannt), in welchem Egmont und Hoorn in der Nacht vor ihrer Hinrichtung, die
aus dem Marktplatz stattfand, gefangen saßen. Andre hervorragende Gebäude der Unterstadt sind: das Theater
[* 21] (1817 erbaut,
im Innern nach dem Brand von 1855 ganz umgeändert) mit einem Portikus von acht ionischen Säulen
[* 22] und mit
herrlichem Giebelrelief (von Simonis);
das St. Johannishospital (in einfach edlem, aber großartigem Stil, mit Raum für 600 Kranke) etc.
Prächtig ist die Galerie oder Passage St.-Hubert, ein 1847 angelegter, mit Glas
[* 23] gedeckter, 213 m langer, 8 m
breiter und 18 m hoher Gang,
[* 24] der den Marché aux Herbes mit der Rue de l'Ecuyer verbindet und die glänzendsten Kaufläden, Cafés
etc. enthält. Auch mehrere überdeckte Gemüse- und Fruchtmärkte (marchés couverts) besitzt Brüssel (den ersten, Marché
de la Madeleine, seit 1848) sowie seit 1842 große Abattoirs oder Schlachthäuser. Ein anderer bedeckter Markt für Lebensmittel
(Halles centrales) ist neuerdings vollendet worden.
Auch die große KasernePetit-Château und das EntrepôtRoyal (Warenlager und Zollamt) sind noch zu erwähnen. In denStraßen befinden
sich 30 Springbrunnen, darunter auf einem Eckbrunnen hinter dem Rathaus das Wahrzeichen Brüssels, der sogen.
Manneken-Pis, der für die Brüsseler ein Gegenstand besonderer Verehrung ist. Es ist ein nicht ganz 1 m hoher, 1619 nach
einer Zeichnung von Dusquesnoy ausgeführter Cupido, der nach altem Herkommen an hohen Festtagen bekränzt und bekleidet wird
und dazu acht Anzüge (darunter einen Napoleonshut) besitzt; Ludwig XV. hat ihm sogar das Ludwigskreuz
verliehen.
Die Bevölkerung Brüssels hat seit der Selbständigkeit Belgiens stark zugenommen; sie betrug 1824: 84,000, 1846: 123,874,
1856: 152,828, 1866: 157,905, 1876: 161,816 und 1884: 168,029 Einw., mit den sieben angrenzenden
Gemeinden (Etterbeek, Ixelles, St.-Gilles, Anderlecht, Molenbeek, Schaerbeek und St.-Josseten Noode) 1882:
388,781 Einw. In der Stadt selbst stieg die Dichtigkeit der Bevölkerung pro Hektar von (1846) 139 Einw. auf (1881) 185. Die
Bewegung der Bevölkerung betrug 1882:
Von den Lebendiggebornen waren in Brüssel selbst 28,5 Proz.
unehelich, in den Vororten nur 15 Proz. Der natürliche Zuwachs der Bevölkerung betrug in Brüssel 0,5 Proz., in den Vororten 1,3
Proz. Auf 1000 Einwohner kamen in der Stadt 29 Todesfälle, in den Vororten noch nicht 20. In der Stadt selbst gab es 1880:
17,643 bewohnte Häuser (1866: 17,641) mit 44,784 Haushaltungen (1866: 44,116). Die
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