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Paris [* 2] und Versailles [* 3] zusammengezogenen Truppen, nach deren Abfall er emigrierte. 1792 übernahm er den Oberbefehl über die Armee der Brüder des Königs, wurde nach Ludwigs XVI. Hinrichtung Mitglied des Regentschaftsrats des sogen. auswärtigen Frankreich, errichtete 1794 ein Korps im Dienst Englands und trat nach dessen Auflösung 1797 mit demselben Rang, den er in Frankreich bekleidet hatte, in russische Dienste, [* 4] blieb jedoch außer Aktivität. Die Konsularregierung lud ihn 1804 zur Rückkehr ins Vaterland ein; ehe er aber diesem Rufe folgen konnte, starb er 1804 in Münster. [* 5]
3) Charles François, Graf von, Bruder des vorigen, geb. ward 1752 Gesandter am Hof [* 6] des Königs August III. von Polen und bemühte sich im geheimen Auftrag des Königs Ludwig XV., dem Prinzen von Conti den Weg zum polnischen Thron [* 7] zu bahnen, wurde aber durch die Intrigen seiner Gegner von seinem Posten verdrängt und diente daher seit 1758 im Siebenjährigen Krieg im Korps seines Bruders, des Herzogs von Broglie. Auch im Lager [* 8] setzte er die geheime Korrespondenz mit dem König fort. 1762 wurde er in den Sturz seines Bruders verwickelt und auf seine Güter verbannt, behielt aber die Leitung der geheimen Diplomatie in der Hand, [* 9] welche sich besonders um die polnischen Angelegenheiten und die Vorbereitung einer Landung in England drehte. 1764 wurde er an den Hof zurückgerufen, aber 1773 auf Aiguillons Betrieb zum zweitenmal verwiesen. Nach Ludwigs XV. Tod begnadigt, starb er
Vgl. Broglie (s. unten 7), Le [* 10] secret du roi.
Correspondance secrète de Louis XV avec ses agents diplomatiques 1752-1774 (3. Aufl., Par. 1879, 2 Bde.).
4) Claude Victor, Prinz von, Sohn von Broglie 2), geb. 1757, focht für die Unabhängigkeit Nordamerikas, wurde 1789 Abgeordneter des Adels von Kolmar [* 11] und Schlettstadt [* 12] in den Generalstaaten, trat in die Nationalversammlung über, in welcher er lebhaft die Sache der Revolution vertrat, und wurde später bei der Rheinarmee verwandt. Als er aber die am beschlossene Suspension des Königs nicht anerkannte, wurde er zuerst außer Thätigkeit gesetzt, dann vor das Revolutionstribunal gestellt und guillotiniert.
5) Maurice Jean Magdalène, Bruder des vorigen, geb. 1766, widmete sich dem geistlichen Stand, emigrierte während der Revolution und erhielt vom König von Preußen [* 13] eine Pfründe in Posen. [* 14] 1803 nach Frankreich zurückgekehrt, wurde er von Napoleon I. zum kaiserlichen Almosenier und 1805 zum Bischof von Acqui, 1807 zum Bischof von Gent [* 15] ernannt. Er fiel aber 1809 in Ungnade und wurde auf die Insel Marguerite gebracht, wo er seinem Bistum entsagte. Nach der Restauration 1814 erhielt er seine bischöfliche Würde wieder, verlor jedoch wegen Widersetzlichkeit bei Errichtung des Königreichs der Niederlande [* 16] seine Würde abermals und wurde wegen Ungehorsams von den niederländischen Gerichten in contumaciam zur Deportation verurteilt. Er starb 1821 in Paris.
6) Achille Charles Léonce Victor, Herzog von, Pair von Frankreich, Sohn von Broglie 4), geb. zu Paris, ward unter Napoleon I. Staatsrat, Auditeur, Militärintendant in Illyrien, dann in Valladolid, später Attaché und Gesandtschaftsrat in Wien, [* 17] Prag [* 18] und Warschau. [* 19] 1814 zum Pair ernannt, war er entschieden liberal, stimmte bei Neys Prozeß für »Nichtschuldig« und bekämpfte in der Pairskammer mit Entschiedenheit die reaktionäre Politik der Restauration; er gehörte zur Partei der Doktrinäre und vertrat als Gesinnungsgenosse Guizots die Grundsätze der konstitutionellen Erbmonarchie.
Nach der Julirevolution wurde er provisorischer Minister des Innern, 11. Aug. Minister des Kultus und öffentlichen Unterrichts und Präsident des Staatsrats, trat aber im November nebst den übrigen Doktrinären zurück. Vom Oktober 1832 bis April 1834, dann vom November 1834 bis Februar 1836 war er wieder Minister des Auswärtigen und vom März 1835 an bis zu seinem Austritt zugleich Ministerpräsident, in welcher Stellung er mit England die Verhandlungen über das gegenseitige Durchsuchungsrecht und die Abschaffung der Sklaverei führte.
Seitdem lehnte er wiederholte Anträge zur Bildung eines Ministeriums ab. 1845 vermittelte er in London [* 20] die Differenzen über das Durchsuchungsrecht, wurde 1847 französischer Botschafter daselbst, aber im März 1848 von der provisorischen Regierung abberufen. Im Mai 1849 ward er Mitglied der Nationalversammlung, wo er einer der Führer der Rechten wurde. Im Januar 1851 ward er Präsident des Sicherheitsausschusses, betrieb namentlich die Verfassungsrevision, protestierte gegen den Staatsstreich vom und zog sich dann ins Privatleben zurück. Seit 1855 Mitglied der Akademie, starb er in Paris. Broglie veröffentlichte seine litterarischen Arbeiten unter dem Titel: »Écrits et discours« (Par. 1863, 3 Bde.);
aus seinem Nachlaß gab sein Sohn heraus: »Vues sur le gouvernement de la France; ouvrage inédit« (1870, 2. Aufl. 1871) und »Le libre échange et l'impôt« (1879).
Vgl. Guizot, Le duc de Broglie (Par. 1872). -
Seine Gattin Albertine (geb. 1797, gest. 1839),
die einzige Tochter der Frau v. Staël, schrieb »Fragments sur divers sujets de religion et de morale« (anonym, 1840).
7) Jacques Victor Albert, Herzog von, ältester Sohn des vorigen, geb. schlug, noch sehr jung, die publizistische Laufbahn ein, schrieb verschiedene Artikel in die »Revue des Deux Mondes« und war eine Zeitlang einer der Hauptredakteure des »Correspondant«. In seinen Schriften zeigte er sich als Gegner der Extreme und verteidigte zu gleicher Zeit die katholischen Interessen und die Prinzipien des konstitutionellen Liberalismus. Seine Hauptwerke sind: »L'Église et l'Empire romain au IV. siècle« (3 Abtlgn. in 6 Bdn., davon einzelne mehrfach aufgelegt, Par. 1856-69 u. öfter),
eine Geschichte der Regierung Konstantins vom orthodox katholischen Standpunkt;
die »Études morales et littéraires« (das. 1853);
»Questions de religion et d'histoire« (das. 1860, 2 Bde.) und die »Nouvelles études de litterature et de morale« (das. 1868).
1862 wurde er in die französische Akademie aufgenommen. Bei den Wahlen vom in die Nationalversammlung gewählt, erhielt er 19. Febr. von Thiers den Botschafterposten in London, wo er vergeblich Englands Vermittelung zur Milderung der Friedensbedingungen anrief und Frankreich auf der Pontuskonferenz im März vertrat. Doch war er weniger diplomatisch als politisch für eine Restauration des Königtums und die Fusion der Bourbonen und Orléans [* 21] thätig. Als ihn Thiers daher im Mai 1872 von London abberief und sich immer entschiedener für die Republik erklärte, bewirkte an der Spitze der Monarchisten seinen Sturz und trat selbst an die Spitze des neuen Ministeriums, in welchem er außer dem Vorsitz das Auswärtige übernahm, um die Ordnung zu begründen ¶
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und die Thronbesteigung Heinrichs V. mit den Orléans als Thronfolger herbeizuführen. Als dieser Plan scheiterte, ging Broglie im November auf die Einsetzung des Septennats ein und übernahm in dem neugebildeten Ministerium vom 26. Nov. außer dem Vorsitz das Innere. Er regierte durchaus reaktionär und klerikal, konnte sich aber doch nicht die Gunst der Legitimisten erwerben und ward von diesen gestürzt, indem sie seinen Antrag, von den Verfassungsgesetzen zuerst das Wahlgesetz zu beraten, ablehnten.
Durch sein Einverständnis mit den Bonapartisten, deren Schützling zu sein ihm einmal Thiers mit schneidendem Hohn vorwarf, und durch die Zerrüttung seiner finanziellen Verhältnisse schädigte er sein Ansehen ebenso wie durch seinen ränkevollen Ehrgeiz. Er ward daher 1876 erst bei einer Nachwahl in den Senat gewählt. In diesem war er der Führer der reaktionären Parteien, welche die Republik sich nicht befestigen lassen wollten, setzte 1877 bei Mac Mahon die plötzliche Entlassung Simons durch und trat 17. Mai wieder an die Spitze des Ministeriums, in dem er den Vorsitz und die Justiz übernahm.
Dasselbe schrieb die Bekämpfung der radikalen Grundsätze auf seine Fahne und wandte alle Mittel des Kaiserreichs an, um durch Neuwahlen eine gefügige Kammer zu erhalten. Dies mißlang, Broglie wurde in seinem eignen Departement nicht gewählt und erhielt 20. Nov. seine Entlassung. Damit war seine politische Rolle für längere Zeit ausgespielt. Er widmete sich nun wieder den Studien und publizierte nach Familienpapieren das Werk über seinen Großoheim (s. oben 3); ferner die gegen Preußen sehr parteiischen Werke: »Frédéric II et Marie-Thérèse« (Par. 1882, 2 Bde.; deutsch von Schwebel, Minden [* 23] 1883) und »Frédéric II et Louis XV« (1884). - Sein zweiter Sohn, Emmanuel (geb. 1854),
schrieb: »Le fils de Louis XV, Louis, dauphin de France« (1877).