Der Brocken spielt in der Sagenwelt Norddeutschlands eine bedeutende
Rolle. Als das
Christentum in diese Gegend
drang, blieb die Brockenhöhe noch lange der
Ort, wo man den alten
Göttern im geheimen opferte, und namentlich fand am 1. Mai, als
dem größten Festtag des alten
Glaubens, noch viele Jahre hindurch daselbst ein geheimnisvoller, von den christlichen
Priestern als gotteslästerlich verschrieener
Kultus statt. Daraus entstand die uralte
Sage vom Teufelsspuk auf dieser
Höhe, welche, als im 16. und 17. Jahrh. der
Glaube an Hexerei die
Geister beherrschte, Veranlassung gab, den als Schauplatz
der unheimlichsten
Feste zu betrachten.
Die erste Mainacht
(Walpurgis) ward der Hauptfeier gewidmet, und die
Besessenen aller
Länder trieben dann
hier
oben ihr
Wesen. Nachklänge dieser
Feier leben noch als
Sage und
Märchen im
Volk fort. Außer vielen Fußwegen führen zwei
Fahrstraßen vom
Fuß des Brockengebirges hinan, eine von
Schierke aus dem Bodethal, die andre von
Ilsenburg. Der Gipfel des
Bergs, auf dem in der
Regel vom
November bis Juni
Schnee
[* 3] liegt, ist eine etwa 2 km im Umkreis haltende unebene,
baumlose, mit Granitblöcken bedeckte
Fläche, auf der ein (1860 neuerbautes)
Gasthaus nebst einem
Turm
[* 4] steht, von welchem man
eine herrliche Rundschau bis zu 60 km im
Halbmesser (bis zum
Thüringer und
Habichtswald,
Magdeburg
[* 5] etc.) genießt.
Jedoch ist der
Horizont
[* 6] nur selten ganz rein. Im Umkreis von einer Viertelstunde um das
Haus sind auch
die meisten Merkwürdigkeiten des Brockens vereinigt: die
Teufelskanzel, der Hexenaltar etc., große Granitblöcke, welche
aus dem Rohen zu
Tage anstehen, dann das sogen. Schneeloch, eine tiefe, die nordwestliche Seite des Brockenkopfes
spaltendeKluft, wo man im Hochsommer die botanischen
Erscheinungen aller
Jahreszeiten
[* 7] antrifft;
dort wächst
auch die schöne Brockenblume
(AnemonealpinaL.).
Einen seltsamen
Eindruck macht die
Erscheinung des sogen. Brockengespenstes,
das in nichts anderm besteht als in den Schattenbildern von
Haus und
Menschen in einer östlichen Nebelwand bei Sonnenuntergang
(s.
Glorienschein). Das Brockenfeld ist eine 992 m hoch liegende, über 7 km lange, etwa 5 km breite
Sumpffläche mit mächtiger Torfbildung, die, mit
Moos und
Heide bekleidet, mit Felstrümmern übersäet ist und die
Bode,
Oker,
Radau und Oder speist.
Vgl. Nehse, Der und seine Merkwürdigkeiten (Sondersh. 1840);
Hier, in der
Nähe des
Meers und in einem von ihm angelegten und nach ihm benannten Lustwald, verfaßte er sein »Landleben
zu
Ritzebüttel«, eine
Reihe zum Teil recht gelungener
Bilder und
Szenen des
Meers. Nach seiner Rückkehr
von
Ritzebüttel ward er 1741 zum Befehlshaber des Bürgermilitärs, 1743 zum Protoscholarchen ernannt, erfreute sich außerdem
der
Würde eines kaiserlichen
Pfalzgrafen und starb Seine
Dichtungen unter dem
Titel: »Irdisches
Vergnügen in Gott«
(Hamb. 1721 bis 1748, 9 Bde.) gehören
in formeller und sprachlicher Beziehung dem Übergang von der
Nachahmung der
Italiener zu der der
Franzosen an, zeichnen sich
aber durch einen
Kern selbständiger poetischer
Empfindung und echter
Wärme
[* 20] aus, welche über die komische Seite seiner naiven
teleologischen
Anschauung leicht hinweghilft. Er besingt
Jahres- und Tageszeiten, die
Elemente, dieSinne
und geistigen Fähigkeiten des
Menschen,
Witterung, Land- und Wasserszenen, menschliche Thätigkeiten,
Gewächse und
Tiere, und
überall fordert er zum
Preis und
Ruhm des allmächtigen und grundgütigen Schöpfers auf. Brockes übersetzte auch
Marinis »Bethlehemitischen
Kindermord«
(Köln
[* 21] u. Hamb. 1715),
das zahlreiche
Auflagen erlebte, und
»Schwanengesang, in einer Anleitung zum vergnügten und gelassenen Sterben« (das.
1747). Seine Selbstbiographie gab
Lappenberg in der
»Zeitschrift des
Vereins für hamburgische Geschichte« (Bd. 2, Hamb.
1847) heraus.
FriedrichArnold, der Begründer einer der größten Buchhandlungen
Deutschlands,
[* 24] geb. zu
Dortmund,
[* 25] errichtete, nachdem er in
Düsseldorf
[* 26] seine Lehrzeit als
Kaufmann vollendet und sich dann behufs wissenschaftlicher
Fortbildung seit 1793 etwa anderthalb Jahr in
Leipzig
[* 27] aufgehalten hatte, 1795 in seiner Vaterstadt eine Manufakturwarenhandlung,
mit der er 1802 nach
Amsterdam
[* 28] übersiedelte. Doch gab er dieselbe infolge der
Kontinentalsperre bald auf und errichtete dafür 1805 eine
deutsche Buchhandlung, zuerst unter der
Firma »Rohloff u. Komp«, welche später
in
»Kunst- und
Industrie-Comptoir« umgeändert wurde.
Das
Geschäft gewann sowohl für
Verlag als für
Sortiment bald an Bedeutung, hatte aber unter den Zeitverhältnissen empfindlich
zu leiden. Dies und Familienereignisse veranlaßten Brockhaus, sein Verlagsgeschäft nach
Deutschland zu verlegen, wogegen das Sortimentsgeschäft
an
JohannesMüller in
Amsterdam überging. Nachdem er kurze Zeit inLeipzig verweilt hatte, ließ er sich 1810 in
Altenburg
[* 29] nieder, wo er auch 1814 die
Firma »F. A. Brockhaus« annahm. Hier war es vor allem das bereits 1808 von
¶
mehr
ihm angekaufte Löbelsche »Konversations-Lexikon« (s. d.), für welches er den größten Teil seiner Thätigkeit und seiner
Mittel aufwandte, und das er mit der Zeit aus seine spätere Ehrenstelle erhob. Zugleich zog er die politischen Interessen
mit in den Kreis
[* 31] seines Wirkens und nahm durch die »DeutschenBlätter« (Altenb. 1813-16) sowie später
durch Okens »Isis«
[* 32] nicht unbedeutenden Anteil an den Hauptbewegungen der Zeit. Der Umfang und die Wichtigkeit, welche sein Geschäft
durch diese und andre Unternehmungen in wenigen Jahren gewonnen hatte, bewogen ihn, 1817 nach Leipzig zu ziehen, wo er 1818 neben
seiner Buchhandlung eine eigne Buchdruckerei errichtete und sein Ansehen und Einfluß von Jahr zu Jahr
stiegen.
Die freisinnige Richtung seines Verlags zog ihm manche Unannehmlichkeiten zu; so verfügte von 1821 an die preußische Regierung
eine Rezensur seines Verlags. Brockhaus' Hauptunternehmen, zum Teil noch vor seiner Übersiedelung nach Leipzig begonnen, waren unter
andern: die »Zeitgenossen« (seit 1816),
das »Litterarische Konversationsblatt« (seit 1820),
»Hermes,
[* 33] oder kritisches Jahrbuch der Litteratur« (seit 1819),
mit den »Unterhaltungen am häuslichen Herd« von Gutzkow, dem »DeutschenMuseum«
vonRob. Prutz u. a. m. Eine wichtige Erweiterung erhielt das Geschäft durch den 1827 erfolgten Ankauf des Gräfeschen Kommissionsgeschäfts
und die in Gemeinschaft mit G. H. Friedlein und E. Avenarius 1837 unternommene Begründung einer Buchhandlung
für deutsche und ausländische Litteratur unter der Firma und Avenarius« in Paris
[* 34] und Leipzig, die teils 1844 in Paris verkauft,
teils 1850 mit der Firma »F. A. Brockhaus« vereinigt ward und seit 1856 die Firma »F. A. Brockhaus' Sortiment und Antiquarium«
führt, unter welcher sie den internationalen Litteraturaustausch in umfassendster Weise fordert.
Von Wichtigkeit war ferner der Ankauf der seit 1693 in Leipzig bestehenden Gleditschischen Buchhandlung, deren Hauptverlagswerk,
der »Allgemeinen Encyklopädie« von Ersch und Gruber, größere Unterstützung und dadurch die Gewißheit der Beendigung zu teil
wurde. Friedrich Brockhaus trat 1850 aus dem Geschäft und starb in Dresden.
[* 35] Heinrich Brockhaus (gest.
der die gesamte Geschäftsführung übernommen hatte, nahm seine SöhneHeinrichEduard Brockhaus (geb. im J. 1854 und HeinrichRudolf Brockhaus (geb. im J. 1863 als Teilhaber in das
Gesamtgeschäft auf, das in großartiger Weise alle Zweige der buchhändlerischen Thätigkeit und graphischen Künste vereinigt
und zu den ausgedehntesten Anstalten in Deutschland gehört. Der Brockhaussche Verlagskatalog enthielt bis Ende 1882 ca. 3500 Werke.
Vgl. Eduard Brockhaus, Friedr. Arnold Brockhaus. SeinLeben und
Wirken nach Briefen und andern Aufzeichnungen geschildert (Leipz.
1872-81, 3 Bde.).
und des »Kathâ-sarit-sâgara«,
einer Märchensammlung von Somadeva Bhatta (sanskr. u. deutsch,
das. 1839 bis 1866). Seine Ausgabe eines Teils des Zendavesta, des VendidâdSâde (in lateinischer Schrift,
mit Index und Glossar, Leipz. 1850), trug sehr viel zur Erleichterung des Zendstudiums bei. Auch veröffentlichte
er zwei persische Texte: eine kritische Ausgabe der Lieder des Hafis (Leipz. 1854-60, 3 Bde.)
und eine desgleichen der persischen Bearbeitung des »Buches der sieben weisen Meister« (das. 1845). Seit 1853 redigierte
er viele Jahre hindurch die »Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft«, deren Gründer er war, und in der er
verschiedene eigne Abhandlungen publizierte, sowie seit 1856 die »Allgemeine Encyklopädie« von Ersch und Gruber (Teil 62 ff.).
SeinVorschlag »Über den Druck sanskritischer Werke mit lateinischen Buchstaben« (Leipz. 1841) hat fast
allgemeine Annahme gefunden. - Sein Sohn FriedrichKlemens, geb. zu Dresden, gest. als außerordentlicher
Professor der Theologie und Pastor an der Johanniskirche in Leipzig, veröffentlichte: »Gregor von Heimburg. Ein Beitrag zur deutschen
Geschichte des 15. Jahrhunderts« (Leipz. 1861);