Anfang 1868 übernahm er in dem Bürgerministerium das
Portefeuille der
Finanzen mit der Aufgabe, das
Gleichgewicht
[* 5] im
Staatshaushalt herzustellen. Aber die Herabsetzung der
Zinsen der
Staatsschuld in Form einer
Erhöhung der
Kouponsteuer von 7 aus 10 Proz.,
die
Konversion derselben zur
Rentenschuld sowie die Steuererhöhungen halfen
nur für den
Augenblick und nur scheinbar, der eilig
und massenweise betriebene Verkauf vieler
Staatsgüter wirkte geradezu schädlich, der Verkauf des
WienerWaldes und die dadurch herbeigeführte Verwüstung desselben beraubte die Hauptstadt einer ihrer schönsten Zierden und
beeinflußt auch die Sanitätsverhältnisse
Wiens in ungünstiger
Weise; daher sah sich Brestel bald heftig angegriffen. Dennoch
trat er im
Dezember 1870 auch in das von
Hasner gebildete
Kabinett und erst im April 1871 mit diesem, durch
den Geheimratsrang belohnt, zurück. Seitdem wieder parlamentarisch thätig, zeichnete er sich namentlich im
Kampf gegen das
MinisteriumHohenwart-Schäffle aus. Trotz mancher Mißgriffe in seiner
Verwaltung wußte Brestel seinen
Ruf und
Charakter fleckenlos
zu erhalten. Er starb in
Wien.
befestigte Kreisstadt im russ.
GouvernementGrodno, am Einfluß des Muchawiec in den
Bug, wichtiger
Knotenpunkt
der nach
Warschau,
[* 6]
Odessa,
[* 7]
Moskau
[* 8] und
Ostpreußen
[* 9] führenden
Eisenbahnen, hat ein Grenzzollamt und (1879) 38,672 Einw., die
aus
Russen,
Polen, Armeniern und
Juden (welch letztere hier eine berühmte hohe
Schule besitzen) bestehen
und beträchtlichen
Handel mit Tuchfabrikaten,
Juchten,
Seife und
Holz
[* 10] betreiben. Vor den
Thoren steht ein kaiserliches
Schloß
mit
Garten,
[* 11] das einst den
Königen von
Polen gehörte. Brest-Litowsk war früher Hauptstadt einer Woiwodschaft und ist gegenwärtig Sitz
eines griechischen und eines armenisch-katholischen
Bischofs, unter welchem alle unierten Armenier des russischenReichs
stehen. Zwischen und Kobryn, bei dem Dorf Kruptschitz, erfochten die
Russen unter
Suworow 17. und einen glänzenden
Sieg über die
Polen unter Sierakowski. Die Festungswerke sind seit 1871 bedeutend verstärkt worden.
Man teilte die auch in die Oberbretagne mit den fünf Bistümern
Rennes,
Nantes,
[* 14] St.-Malo,
Dol und St.-Brieuc und in die Niederbretagne
mit den vier Bistümern
Vannes,
Quimper,
St.-Pol de
Léon und
Tréguier. Die Bretagne bildete im
Altertum den
Mittelpunkt
des aremorischen Völkerbundes, war also von rein keltischen
Stämmen bewohnt, zu denen noch im 4. Jahrh. reine Kymrier aus
England hinzukamen, die der
Halbinsel den
Namen gaben und die sich noch heute, vorzugsweise an der
Nordküste sitzend, physisch
vorteilhaft von den ältern Bewohnern unterscheiden.
Das Druidentum herrschte hier absolut und hat zahlreiche
Denkmäler hinterlassen. Die altbretonische
Sprache,
[* 15] das Breizad, wird noch in vier
Dialekten, dem von
Vannes (Vannelais), von
Quimper (Cornouaillais), von
Tréguier (Trécorien)
und von
St.-Pol de
Léon
(Léonard), gesprochen, weicht aber mehr und mehr vor dem
Französischen zurück (s.
Bretonische Sprache
und Litteratur). Der Bretagner hat, vielleicht ein
Ausdruck seines von
Stürmen umbrausten, rauhen
Landes,
eine melancholische Gemütsstimmung, ein zurückhaltendes
Wesen, dabei aber lebhafte, poetische
Einbildungskraft, innere
Empfindsamkeit
und oft große Leidenschaftlichkeit, verborgen hinter äußerer Roheit und Fühllosigkeit; er ist kühner Seefahrer und mutiger
Krieger, gastfrei und redlich in den gewöhnlichen Verhältnissen des
Lebens, stolz auf seine Abkunft,
starr am Alten hangend und im
Widerstand ebenso hartnäckig und blind wie furchtlos und unbezähmbar.
Daher ist es natürlich, daß die
Masse der Landleute noch in rohen
Sitten, in
Armut und Unwissenheit lebt, daß ihre
Industrie
auf das Notwendigste beschränkt, das Land aber ein williger Schauplatz ist für hartnäckige
Freiheits-
und Parteigängerkämpfe. Bei den
Chouans (s. d.) der Bretagne fand die große
Revolution entschiedenen
Widerstand. An eingegangenen
Verpflichtungen hält man überall fest. Die
Bauern sind meist von kräftiger Gestalt und ausdauernd; sie sind langsam, lieben
aber leidenschaftlich den
Tanz.
Geschichte. Bretagne, zuerst
Aremorica (»Meerland«) genannt, wurde durch
Cäsar 57-56 unterworfen und gehörte zu Gallia Lugdunensis.
Im 5. Jahrh. wurde die
Halbinsel Zufluchtsstätte zahlreicher aus
Britannien durch die
Angelsachsen vertriebener
keltischer Briten und daher auch Britannia (minor oder cismarina) genannt, woraus Bretagne entstanden ist. Nach dem
Untergang des weströmischen
Reichs waren die
Herzöge von Bretagne, die auch den Königstitel führten, von Zeit zu Zeit von den
fränkischen
Königen abhängig. Im 10. Jahrh. hatte das Land von den Einfällen
der
Normannen zu leiden, deren
HerzogRollo sich 912, als nach
Alains d. Gr.
Tod (907) die in vier
Grafschaften zerfallen war,
zum
Herrn der Bretagne machte. Als 1171 mit Conan IV. die alte einheimische Dynastie im Mannesstamm ausstarb, kam
die Bretagne durch
Konstanze, die
Erbtochter des letzten
Herzogs, an deren Gemahl
Gottfried, Sohn
Heinrichs II.
von
England, dessen Sohn und
ErbeArthur 1202 von seinem Oheim König
Johann ermordet wurde.
Nun wurde die ein Zankapfel
¶
mehr
zwischen England und Frankreich, bis 1213 der Gemahl der Tochter Konstanzens, Alix, der GrafPierre Mauclerc von Dreux, die Bretagne als
französisches Lehen erhielt. Erbstreitigkeiten brachen zwar noch öfters aus, so in einem langen Erbfolgestreit nach dem
TodJohanns III. (1341) zwischen dessen BruderJohann vonMontfort und dem Gemahl seiner Nichte, Karl von Blois,
der erst 1364 durch den Tod des letztern in der Schlacht bei Auray beendet wurde; doch wußten die Herzöge von Bretagne gegenüber
den französischen Königen ihre Selbständigkeit zu behaupten und standen in dem Krieg mit England auf dessen Seite.
Auch behielt die Bretagne bis zur Revolution ihr eignes Parlament. Während des Revolutionskriegs war die Bretagne der
Schauplatz eines blutigen Bürgerkriegs, indem die dortige Bevölkerung
[* 20] sehr royalistisch gesinnt war. Noch 1832 zeigten sich
hier Bewegungen zu gunsten der ältern Bourbonen.
Vgl. Le
[* 21] Saint,
[* 22] La Bretagne ancienne et moderne (2. Aufl., Limoges 1879);