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wieder 51,219, 1811: 62,504, 1840: 92,305, 1852: 116,235, 1867: 167,229 (und 4697 Militärpersonen), 1880: 268,310 (und 4592 Militärpersonen), am Schluß des Jahrs 1884: 295,300 Gesamtbevölkerung. Der Konfession nach entfallen von der Einwohnerzahl etwa 58 Proz. auf Protestanten, 36 Proz. auf Katholiken und 6 Proz. auf Juden.
Breslaus Gewerbthätigkeit ist bedeutend und macht Breslau [* 2] zum Hauptsitz der schlesischen Industrie. Die Zahl der Aktiengesellschaften beträgt 46, die der Kommanditgesellschaften und Einzelfirmen 3075, die der eingetragenen Genossenschaften 15; außerdem gibt es über 3000 Handelsleute und über 17,000 Fabrikanten und selbständige Handwerker. In großartigem Betrieb befinden sich der Maschinenbau, der Bau von Eisenbahnwagen, die fabrikmäßige Möbel- und Bautischlerei, sodann die Fabrikation von Zigarren, Öl, Bier, Spiritus [* 3] und Likören, Baumwoll- und Kammgarn, Kleidungsstücken, Wäsche, Teppichen, Rauchwaren, Gold- und Silberwaren, Geldschränken, die Verfertigung von musikalischen Instrumenten, von Billards, die Porzellan- und Glasmalerei; [* 4] ferner bestehen Wasser- und Dampfmahlmühlen, Knochenmühlen, Ölraffinerien, eine Glockengießerei, endlich viele Fabriken für Schokolade, Hüte, Strohgeflechte, Handschuhe, Schirme, Seife und Lichte, Zichorie, Tapeten, Buntpapier etc. Daneben steht der Gartenbau auf hoher Stufe und wird durch zahlreiche Handelsgärtner sorgsam gepflegt.
Sehr bedeutend ist der Handel und Verkehr Breslaus, der durch die Lage der Stadt an einem schiffbaren Hauptstrom Deutschlands, [* 5] in der Mitte einer der volk-, produkten- und gewerbreichsten Provinzen und im Knotenpunkt großer Eisenbahnverbindungen wesentlich begünstigt wird. Es münden hier die Niederschlesisch-Märkische Bahn, die Breslau-Schweidnitz-Freiburger Bahn mit einer Linie nach Stettin, [* 6] die Oberschlesische Bahn mit dem Netz von Verästelungen im oberschlesischen Bergwerksrevier, der Posen-Stargarder Linie, der neuen Linie Breslau-Glatz sowie die Rechte Oderuferbahn.
Der Handel ist überwiegend teils Transit-, teils Exporthandel in Landesprodukten. Unter letztern sind Hauptartikel: Wolle (jährlich 40-50,000 metr. Ztr.), Getreide, [* 7] Ölfrüchte, Berg- und Hüttenprodukte (besonders Steinkohlen), Kalk, Eisen, [* 8] Zink, Gewebe, [* 9] Spiritus, Zucker, [* 10] Butter etc. und die Erzeugnisse der städtischen Industrie. Sehr umfangreich war bisher auch das Fonds- und Effektengeschäft. Altberühmt ist der jährliche Wollmarkt. Außerdem bestehen noch ein in neuerer Zeit zu großer Bedeutung gekommener Maschinenmarkt, 3 Jahrmärkte, 5 Roß- und Viehmärkte, ein Flachs-, Leder-, Zuchtvieh-, Leinsaat-, Honigmarkt, tägliche Getreidemärkte etc. Die Oderschiffahrt leidet an dem Mangel eines größern Oderhafens, doch sind neuerdings Schienengleisverbindungen mit dem Stromufer und Verladevorrichtungen getroffen worden.
Infolge der zum großen Teil ausgeführten Oderregulierung hat sich der Schiffsverkehr in den letzten Jahren sehr gehoben. An Geldinstituten bestehen in Breslau eine Reichsbankhauptstelle, eine städtische Bank, der Schlesische Bankverein, eine Diskontobank, eine Wechslerbank, eine Handels- und Entrepotgesellschaft; ferner eine Provinzialhilfskasse, ein Konsumverein, 6 Sparkassen, verschiedene Vorschußvereine, eine ständische Darlehnskasse und die Generallandschaft. Der Etat des Stadthaushalts für 1884 schloß in Einnahme und Ausgabe mit über 8 Mill. Mk. ab.
Sehr reich ist an Wohlthätigkeits- und Versorgungsanstalten aller Art, und es beläuft sich das Kapitalvermögen aller milden Stiftungen auf weit über 20 Mill. Mk., das der jüdischen Stiftungen nicht eingerechnet. Besonders hervorzuheben sind: das Waisenhaus »ad matrem dolorosam«, 3 evangelische Waisenhäuser, viele Hospitäler, teils Kranken-, teils Verpflegungsanstalten für das dürftige Alter, darunter das allgemeine Krankenhospital zu Allerheiligen, das jährlich über 9000 Kranke verpflegt;
das Wenzel Hanckesche Krankenhaus, [* 11] das Hospital zum Heiligen Geist u. a. Andre bedeutende derartige Anstalten sind: das Kloster der Barmherzigen Brüder zur unentgeltlichen Aufnahme armer heilbarer Kranken männlichen Geschlechts;
zwei Krankenanstalten der Elisabethinerinnen zur Aufnahme weiblicher Kranken;
die evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt Bethanien für heilbare Kranke;
das Augustahospital für kranke Kinder armer Eltern;
das Hausarmenmedizinalinstitut, das Fränkelsche
Hospital und
die Fränkelschen sowie die Selenkeschen Stiftswohnungen, das kaiserliche Kinderheim, die Bürgerversorgungs-
und Bürgerrettungsanstalt.
Außerdem gibt es viele wohlthätige Privatstiftungen, das städtische Armen- und das Arbeitshaus, sechs Sparkassen, eine städtische Leihanstalt; ebenso sind 160 Kranken-, Sterbekassen- und zahlreiche Versicherungsagenturen am Ort.
[Bildungsanstalten, Behörden etc.]
Von den wissenschaftlichen Anstalten ist vor allen die Universität zu nennen, die 1702 auf Betrieb der Jesuiten vom Kaiser Leopold I. für Philosophie und katholische Theologie gestiftet und Leopoldina genannt ward. Mit ihr wurde 1811 die Frankfurter Viadrina vereinigt und eine vollständige Universität mit fünf Fakultäten gegründet. Die Zahl der Studierenden beträgt (1884) 1481, die der Dozenten 131. Mit der Universität verbunden sind: drei theologische Seminare, ein philologisches und ein Seminar für deutsche Philologie, desgleichen für romanische und englische Philologie, ein historisches, ein mathematisch-physikalisches, ein juristisches und ein staatswissenschaftliches Seminar.
Die Universität besitzt 12 verschiedene naturwissenschaftliche Institute, 6 klinische Anstalten, 3 Kunstsammlungen. Zur Universität gehört seit 1881 ein landwirtschaftliches Institut (früher in Proskau) mit 10 Lehrern und 44 Hörern. Dasselbe vereinigt an Zweiginstituten: ein tierchemisches, ein Veterinär- und ein technologisches Institut. Die Universitätsbibliothek umfaßt gegen 400,000 Werke, darunter Inkunabeln (bis 1500) gegen 2400, Aldinen 250, Manuskripte 2840 Bände.
Sie entstand aus den Sammlungen der aufgehobenen Stifter und Klöster und den frühern Frankfurter und Breslauer Universitätsbibliotheken; zu ihr gehören auch die an orientalischen gedruckten und handschriftlichen Werken reiche Bibliotheca Habichtiana und das akademische Leseinstitut. Ferner sind zu nennen: die Sternwarte; [* 12]
der botanische Garten [* 13] (5 Hektar groß) mit botanischem Museum und der 1862 von einer Aktiengesellschaft angelegte zoologische Garten;
das naturhistorische und das zoologische Museum;
die chemischen und physikalischen Sammlungen;
das pflanzenphysiologische und das mineralogische Institut;
das anatomische Institut;
die klinischen Anstalten;
die Bildergalerie (meist aus den Kirchen, Klöstern etc.), reich an altdeutschen Werken;
das Museum für schlesische Altertümer und das Staatsarchiv für Schlesien [* 14] etc. hat 6 Gymnasien, darunter 3 städtische, ferner ein kath. Schullehrerseminar, ein Konvikt für evangelische Theologen, ein fürstbischöfliches Klerikalseminar, ein Seminar zur ¶
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Heranbildung von Rabbinern und israelitischen Lehrern, 1 königliche Oberrealschule mit Baugewerkschule, 2 städtische höhere und 2 mittlere Töchterschulen, 2 Realgymnasien, 3 höhere Bürgerschulen für Knaben, 2 Seminare für Lehrerinnen, 1 städtische Lehrerfortbildungsanstalt, 76 städtische Elementarschulen (sechsklassige) mit unentgeltlichem Unterricht etc. Für artistische, gewerbliche und anderweitige Ausbildung sorgen: die königliche Kunst- und Kunstgewerbeschule mit gewerblicher Zeichenschule;
eine private höhere Handelslehranstalt;
die Lehranstalten und Fortbildungsschulen des Frauenbildungsvereins;
eine Gewerbe- und Handelsschule für Frauen und Mädchen;
die Hebammen- und Entbindungsanstalt;
eine Anstalt zur Ausbildung von Fröbelschen Kindergärtnerinnen und Kinderpflegerinnen;
eine Blinden- und eine Taubstummenanstalt.
Gelehrte Gesellschaften und Vereine für Litteratur, Wissenschaft und Kunst bestehen zu Breslau gegen 50, darunter: die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur, mit Bibliothek und wertvoller Naturaliensammlung;
1 Künstler- und 1 Kunstverein, die Vereine für Geschichte und Altertum Schlesiens, für Geschichte der bildenden Künste;
1 physikalischer, 1 physiologischer, 1 genealogischer Verein, 1 Alpenverein, 2 Riesengebirgsvereine, Breslauer Dichterschule, Schillerverein, mehrere Lehrervereine, 11 religiöse Vereine, verschiedene Gewerbe-, Handwerker- und Ortsvereine;
48 Musik- und Gesang-, über 70 Wohlthätigkeitsvereine, gegen 60 Erziehungs- und Bildungs-, 8 politische, 11 Bezirksvereine für kommunale Angelegenheiten etc. Von Bibliotheken sind außer der Universitätsbibliothek von Wichtigkeit: die Stadtbibliothek (über 200,000 Bände und 2500 Handschriften nebst dem Stadtarchiv mit 30,000 Urkunden und vielen Handschriften) im Stadthaus, 1864 entstanden aus der Rhedigerschen, der Magdalenenbibliothek und der Bibliothek der Bernhardinkirche;
3 städtische Volksbibliotheken.
Der litterarische Verkehr ist verhältnismäßig lebhaft; es erscheinen zur Zeit in Breslau 7 tägliche Zeitungen (deren älteste die »Schlesische Zeitung«),
20 Wochenschriften, 11 Monatsschriften und über 15 kleinere und periodische Fachblätter; es bestehen 49 Buch-, 17 Musikalien-, 12 Kunsthandlungen sowie 19 Buch- (exkl. 16 Accidenzdruckereien) und 38 Steindruckereien.
Breslau ist Sitz zahlreicher Behörden, als: des Oberpräsidiums der Provinz Schlesien und der königlichen Regierung des Bezirks Breslau, der königlichen Generalkommission, eines Landratsamts, eines Oberlandes- und Landgerichts (letzteres für die fünf Amtsgerichte zu Breslau, Kanth, Neumarkt, Winzig und Wohlau), eines königlichen Polizeipräsidiums, des Magistrats, einer Provinzialsteuerdirektion, eines Provinzialschulkollegiums, eines Konsistoriums, einer Oberpost- und Telegraphendirektion, einer königlichen Eisenbahndirektion und von vier Eisenbahnbetriebsämtern, einer Handelskammer, einer königlichen Strombaudirektion, des Oberbergamts, des Generalkommandos des 6. Armeekorps sowie des Kommandos und der zugehörigen Truppenteile der 11. Division, der 22. Infanteriebrigade, der 6. Feldartilleriebrigade und Kavalleriebrigade, des Fürstbischofs mit Domkapitel etc. Das von Karl V. der Stadt verliehene Wappen [* 16] ist ein quadrierter Schild [* 17] mit Mittelschild, in der Mitte Johannis des Täufers Kopf in einer silberfarbenen Schüssel, im ersten Felde der böhmische Löwe, im zweiten der schlesische Adler, [* 18] im dritten ein W (welches den Namen des ersten Erbauers der Stadt, Wratislaw, bedeutet), im vierten das Haupt Johannis des Evangelisten.
Die beiden Johannes sind neben der heil. Hedwig besondere Patrone der schlesischen Kirche. Vergnügungsanstalten hat in überreichlichem Maß. Die Stadt umgibt an Stelle des frühern Festungswalles ein Gürtel [* 19] schöner Promenaden mit mancherlei Zierden, wozu in neuester Zeit noch Gartenanlagen auf dem Tauenzienplatz, am Wäldchen, auf dem Königsplatz, auf dem Matthiasplatz, Lessingplatz etc. gekommen sind. Die beiden Überreste der ehemaligen Basteien (die schon erwähnte Taschenbastion, jetzt Liebichshöhe genannt, mit breiten Terrassenanlagen und hohem Aussichtsturm und die Ziegelbastion [mit dem Holtei-Denkmal] an der Oder) gewähren lohnenden Überblick. Der großartige Scheitniger Park sowie der Schießwerdergarten sind Eigentum der Stadt. Außerdem besitzt dieselbe mehrere Theater, [* 20] Konzertsäle für ständige Musikaufführungen und größere Musikfeste. Zu den zahlreichen Vergnügungsorten in der Umgegend Breslaus führen teils Dampfschiffe, teils Pferdebahnen und Omnibusse.
Vgl. das Kärtchen der Umgebung von Breslau auf der Karte »Schlesien«.
Geschichte.
Breslau erscheint als Wratislaw (Wratislawia, Wraclaw) schon um 980 als Stadt, war seit dem 11. Jahrh. Sitz eines Bischofs und gehörte zu Polen, bis 1163 ein eignes Herzogtum unter den Söhnen des polnischen Herzogs Wladislaw gebildet wurde. Nachdem die Stadt schon 1039 von den Böhmen [* 21] erobert und geplündert und 1241 beim Einfall der Mongolen zerstört worden war, erhob sie sich bald zu neuer Blüte, [* 22] nahm viele deutsche Kolonisten auf und erhielt 1242 deutsches Stadtrecht.
Schon 1247 wurde die Stadtschule zu Maria Magdalena errichtet. Herzog Heinrich VI., mit dem 1335 die Linie Breslau ausstarb, verkaufte die Stadt 1327 an Johann von Böhmen. Unter der Herrschaft der Luxemburger gewann sie bedeutende Vorrechte. Ein unter König Wenzel 1418 ausgebrochener Aufstand wurde von König Siegmund 1420 blutig bestraft. Der Hussiten wußte sich die Stadt glücklich zu erwehren; um aber nicht den als Hussit gehaßten König Podiebrad als Herrn anerkennen zu müssen, schloß sie sich an den König Matthias Corvinus von Ungarn [* 23] an, der seit 1482 die Freiheiten Breslaus willkürlich unterdrückte.
Nach der Schlacht von Mohács (1526), in der Ludwig II. umkam, fiel es an Ferdinand von Österreich. [* 24] Obgleich die protestantische Lehre [* 25] unter der Einwirkung des Johann Heß, eines Freundes Luthers, seit 1523 in Breslau die Oberhand gewann, wurden doch Bischof, Domkapitel und Mönche im ruhigen Besitz ihrer bisherigen Stellung und Güter belassen. Den Dreißigjährigen Krieg überdauerte Breslau fast ungeschwächt und bewahrte auch 1648 Stadtrechte und Religionsfreiheit. Die 200jährige österreichische Herrschaft beschränkte indessen den Protestantismus und eröffnete dem Treiben der Jesuiten einen immer größern Spielraum. Friedrich II. von Preußen [* 26] besetzte Breslau erhob es zur dritten königlichen Haupt- und Residenzstadt und behielt es auch in dem am zu Breslau geschlossenen Frieden. Nach dem Sieg Karls von Lothringen über den Herzog von Braunschweig-Bevern wurde Breslau von den Österreichern eingenommen, doch schon im Dezember nach der Schlacht von Leuthen [* 27] wieder von Friedrich gewonnen, wobei 21,000 Mann Österreicher sich gefangen geben mußten. 1760 wurde es von Laudon vergeblich belagert. Nach der Schlacht bei Jena [* 28] ward Breslau von Vandamme 7. Dez. belagert und von dem Gouverneur v. Thile, nachdem derselbe die Vorstädte hatte niederbrennen lassen, übergeben. 1811 wurde die bisher in Frankfurt [* 29] a. Q. bestehende ¶