mehr
Indem man die zusammengehörigen Winkel [* 2] mißt, findet man z. B. zu dem
Einfallswinkel 0° | den Brechungswinkel 0° |
15° | 11½° |
30° | 22° |
45° | 32° |
60° | 40½° |
75° | 46½° |
90° | 48½° |
In [* 1] Fig. 1 ist nach der Angabe dieser kleinen Tabelle zu dem Einfallswinkel i = 60° der zugehörige Brechungswinkel r = 40½° gezeichnet. Beschreiben wir nun in der Brechungsebene um den Einfallspunkt n einen Kreis [* 3] mit beliebigem Halbmesser und ziehen von den Punkten a und b aus, in welchen der einfallende und der gebrochene Strahl die Kreislinie schneiden, die Geraden ad und bf senkrecht auf das Einfallslot, so ergibt sich, daß bf ¾ ist von ad oder ad 4/3 von bf. Verfahren wir ebenso für alle in der obigen Tabelle aufgeführten Winkelpaare, so finden wir stets, daß die zum Einfallswinkel gehörige Senkrechte 4/3mal so groß ist als die zum Brechungswinkel gehörige.
Die Zahl 4/3 oder 1 ⅓, welche als Maß gelten kann für die Stärke [* 4] der Brechung [* 5] beim Übergang des Lichts aus Luft in Wasser, heißt das Brechungsverhältnis oder der Brechungsindex (Brechungskoeffizient, Brechungsexponent) des Wassers. Aus Luft in Glas [* 6] werden die Lichtstrahlen stärker gebrochen, und zwar ist hier das Verhältnis jener beiden zum Einfallslot senkrechten Geraden ausgedrückt durch die Zahl 3/2 oder 1,5. In dieser Weise besitzt jeder durchsichtige Körper ein ihm eigentümliches Brechungsverhältnis; für einige derselben sind die Brechungsverhältnisse in der folgenden kleinen Tabelle zusammengestellt:
Wasser | 1,333 |
Crownglas | 1,530 |
Alkohol | 1,365 |
Flintglas v. Fraunhofer | 1,635 |
Kanadabalsam | 1,530 |
Flintglas von Merz | 1,732 |
Schwefelkohlenstoff | 1,631 |
Diamant | 2,487 |
Diese Werte gelten für Strahlen mittlerer Brechbarkeit; über die Brechungsverhältnisse verschiedenfarbiger Strahlen s. Farbenzerstreuung. [* 7] Über das Verfahren zur genauen Bestimmung der Brechungsverhältnisse s. Prisma. [* 8]
In der Geometrie nennt man die Senkrechten ad oder bf [* 1] (Fig. 1), falls der Halbmesser des Kreises = 1 genommen worden ist, die »Sinus« der zugehörigen Winkel i und r. Wir können daher das Brechungsgesetz in folgender Weise aussprechen: Der Sinus des Einfallswinkels steht zum Sinus des Brechungswinkels in einem unveränderlichen Verhältnis oder, wenn man den Brechungsindex mit n bezeichnet, sin i : sin r = n.
Bei dem Übertritt des Lichts aus der Luft in einen flüssigen oder festen Körper wird der gebrochene Strahl dem Einfallslot genähert. Kommt aber ein Lichtstrahl in der Richtung sn aus dem Wasser, so erleidet er ganz dieselbe Ablenkung wie der in der Richtung ns ins Wasser eintretende Strahl; er schlägt beim Austritt aus dem Wasser die Richtung nl ein und wird sonach durch die Brechung vom Lot entfernt. Für die zusammengehörigen Winkel r und i gelten jetzt genau dieselben Werte wie vorhin, nur daß der Einfallswinkel im Wasser dem frühern Brechungswinkel, der jetzige Brechungswinkel dem frühern Einfallswinkel in der Luft gleich ist; das Brechungsverhältnis für den Übergang aus Wasser in Luft ist sonach ¾, während dasjenige aus Luft in Wasser 4/3 beträgt. Läßt man den aus dem Wasser (etwa von dem Punkt A, [* 1] Fig. 2) kommenden Strahl immer schräger auf die Wasseroberfläche fallen, so nimmt auch der austretende Strahl eine immer schrägere Richtung an, indem er mit dem Einfallslot stets einen größern Winkel bildet als jener und sich der Wasseroberfläche mehr und mehr nähert.
Endlich, wenn der Einfallswinkel im Wasser den Wert 48½° erreicht hat, streift der austretende Strahl an der Wasseroberfläche hin: sein Austrittswinkel beträgt jetzt 90°. Einen größern Austrittswinkel kann es aber nicht geben;
mit ihm ist die Grenze der Möglichkeit des Austrittes erreicht.
Wenn daher der Strahl noch etwas schräger von innen auf die Wasseroberfläche trifft, so tritt kein Licht [* 9] mehr in die Luft hinaus; die Wasserfläche erweist sich für so schief auffallende Strahlen als völlig undurchdringlich. Während sich bei den weniger schrägen Strahlen das Licht zwischen einem austretenden und einem in das Wasser zurückgeworfenen Strahl teilte, so kommt dasselbe jetzt, da der erstere nicht mehr zu stande kommt, ohne allen Verlust dem letztern zu gute; es wird bei jenem Einfallswinkel sowie bei jedem größern vollständig zurückgeworfen oder total reflektiert. Der Einfallswinkel, bei welchem der Austritt aufhört und die »totale Reflexion« [* 10] (Totalreflexion) beginnt, also derjenige, zu welchem ein Austrittswinkel von 90° gehört, heißt der Grenzwinkel; er beträgt für Wasser 48½°, für Glas 40¾°, für Diamant [* 11] 23¾°. Der Grenzwinkel g wird gefunden aus der Gleichung: sin g = 1/n. Umgekehrt kann, wenn der Grenzwinkel gemessen ist, daraus der Brechungsindex gefunden werden (Totalreflektometer).
Eine Glasfläche, an welcher das Licht vollständig zurückgeworfen wird, erscheint in erhöhtem, metallähnlichem Glanz; sie bildet den klarsten und vollkommensten Spiegel, [* 12] den man herstellen kann. Man verwendet daher bei optischen Instrumenten häufig ein total reflektierendes Prisma (Reflexionsprisma, [* 1] Fig. 3), um die Strahlen ohne merklichen Verlust an Lichtstärke in eine andre Richtung zu lenken. Dasselbe besteht aus einem Glasstück, an welches zwei zu einander rechtwinkelige Flächen AC und BC und eine dritte Fläche AB angeschliffen sind, welche zu jenen unter Winkeln von 45° geneigt ist.
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Totale Reflexion.]
^[Abb.: Fig. 3. Total reflektierendes Prisma.] ¶
mehr
Lichtstrahlen, welche senkrecht auf die Fläche AC fallen, dringen ohne Ablenkung in das Glas und treffen unter einem Einfallswinkel von 45° (welcher sonach größer ist als der nur 40¾° betragende Grenzwinkel) auf die Fläche AB; hier werden sie, ohne daß auch nur eine Spur von Licht in die hinter AB befindliche Luft austritt, vollständig zurückgeworfen und treten sodann, wieder ohne Ablenkung, aus der Fläche AC aus.
Ein lichtstrahlender Punkt [* 13] (Fig. 2 A), welcher sich unter Wasser befindet, wird von einem Auge, [* 14] welches von obenher in das Wasser schaut, nicht an seinem wirklichen Ort, sondern an einer höher liegenden Stelle gesehen, weil die aus dem Wasser austretenden Strahlen stärker auseinander gehen als die im Wasser verlaufenden und daher von einem der Wasserfläche nähern Punkt herzukommen scheinen. Daraus erklärt es sich, daß ein Gewässer, dessen Grund man sehen kann, weniger tief zu sein scheint, als es wirklich ist. Aus demselben Grund zeigt sich der unter Wasser befindliche Teil eines lotrecht stehenden Pfahls verkürzt und ein schief ins Wasser gehaltener Stab [* 15] an der Eintauchungsstelle geknickt. Eine unter Wasser liegende Münze wird, von oben betrachtet, schwach vergrößert gesehen, weil sie dem Auge genähert und daher unter einem größern Sehwinkel erscheint.
Geht ein Lichtstrahl durch eine von parallelen Flächen begrenzte Platte (BB), so wird er, wie in [* 13] Fig. 4 erläutert ist, beim Eintritt dem Einfallslot zugelenkt, beim Austritt aber ebensoviel von demselben weggelenkt. Der austretende Strahl n' l' bildet zwar nicht die geradlinige Fortsetzung des eintretenden ln, er bleibt ihm aber parallel; er hat keine Ablenkung aus seiner ursprünglichen Richtung, sondern nur eine seitliche Verschiebung erlitten, welche um so geringer ausfällt, je dünner die Platte ist. Dünne Platten, wie z. B. unsre Fensterscheiben, bringen nur eine so unmerkliche Verschiebung der Strahlen hervor, daß man durch sie die Gegenstände in ihrer richtigen Gestalt und Größe und an ihrem wirklichen Ort wahrnimmt. - Die Brechung erklärt sich aus dem Umstand, daß die Lichtwellen in dem stärker brechenden Mittel sich langsamer fortpflanzen als in dem schwächer brechenden, z. B. im Wasser langsamer als in der Luft. Das Brechungsverhältnis ist nichts andres als das Verhältnis der Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichts im ersten und im zweiten Mittel; so verhält sich z. B. die Lichtgeschwindigkeit in der Luft zu derjenigen im Wasser wie 4 zu 3, oder die Lichtgeschwindigkeit im Wasser beträgt nur ¾ von derjenigen in der Luft. Vgl. Wellenbewegung. [* 16]
^[Abb.: Fig. 4. Brechung durch eine Platte mit parallen Flächen.]