mehr
beide in natürlicher Farbe, unten sich kreuzend und mit einem grün und goldenen Band [* 2] gebunden. Die Flagge ist grün mit eingeschobener goldener Raute, in dieser der Wappenschild (s. Tafel »Flaggen [* 3] II«). [* 4] Die Landesfarben sind Grün und Gold. [* 5] Von Orden [* 6] bestehen: der Orden des Südlichen Kreuzes (gestiftet der Orden Dom Pedros I. der Orden der Rose
die frühern geistlichen Orden Unsers Herrn Jesu Christi, des heil. Benedikt von Aviz und des heil. Jakob vom Schwert werden seit nur als Zivil- und Militärorden vergeben.
Seit der letzten Organisation des Reichs zerfällt [* 7] in den Bezirk der Stadt Rio de Janeiro [* 8] (Municipio Neutro) und 20 Provinzen, die an Größe sehr verschieden sind (s. die statistische Übersicht, S. 336). Diese Provinzen werden in Gemeindebezirke (municipios), diese in Kirchspiel (parochias) und diese wieder in Bezirke (districtos) geteilt; die Teilung der Provinz in Comarcas besteht bloß für die Justiz. Haupt- und Residenzstadt ist Rio de Janeiro, Ende 1883 mit 350,000 Einw. Die nächstgrößten Städte sind: Bahia [* 9] (140,000), Pernambuco [* 10] (Recife, 130,000), Belém (40,000), São Paulo (40,000), Maranhão (35,000), Portalegre (35,000), Ouro Preto (20,000 Einw.).
[Litteratur.]
Zur Geographie und Statistik Brasiliens vgl. Wappäus, Das Kaiserreich (in Stein-Hörschelmanns »Handbuch der Geographie«, Leipz. 1871);
de Macedo, Geographische Beschreibung Brasiliens (deutsch, das. 1873);
Cazal, Corographia brasilica (Rio de Janeiro 1833);
P. de Reybaud, (a. d. Franz., Hamb. 1857);
M. de Saint-Adolphe, Diccionario geographico hist. de descript. do imperio do Brazil etc. (Par. 1845, 2 Bde.);
Pereira da Silva, Situation sociale, politique et économique de l'empire du Brésil (Rio de Janeiro 1865);
Fletcher und Kidder, Brazil and the Brazilians (9. Aufl., Philad. 1879);
Hadfield, Brazil and the river Plate 1870-76 (Lond. 1877);
»Das Kaiserreich Brasilien auf der Weltausstellung 1876 in Philadelphia«, [* 11] offizieller Bericht (1876);
Canstatt, Brasilien, Land und Leute (Berl. 1877);
Sellin, Das Kaiserreich Brasilien, geographisch-statistische Skizze (Leipz. 1882);
Derselbe, Das Kaiserreich Brasilien (»Wissen der Gegenwart«, Bd. 36, das. 1885);
von Reisewerken (außer den ältern Werken von Pohl, Spix und Martius, dem Prinzen von Wied, de Saint-Hilaire u. a.) Kletke, Reise des Prinzen Adalbert von Preußen [* 12] nach Brasilien (Berl. 1857);
Avé-Lallemant, Reisen durch Nordbrasilien (Leipz. 1860, 2 Bde.);
Derselbe, Reisen durch Südbrasilien (das. 1859, 2 Bde.);
Bates, The naturalist on the river Amazonas (3. Aufl., Lond. 1873; deutsch, Leipz. 1866);
Tschudi, Reisen in Südamerika [* 13] (das. 1866-69, 5 Bde.);
Agassiz, A journey in Brazil (1.-6. Aufl., Boston [* 14] 1866);
Derselbe, Scientific results of a journey in Brazil (Lond. 1870);
Burton, Explorations of the highlands of Brazil (das. 1868, 2 Bde.);
Zöller, Die Deutschen im brasilischen Urwald (Stuttg. 1882);
ferner: W. Schultz, Natur- und Kulturstudien über Südamerika (Dresd. 1868);
v. Martius, Die Physiognomie des Pflanzenreichs in Brasilien (Münch. 1842);
Derselbe, Beiträge zur Ethnographie [* 15] und Sprachenkunde Amerikas, zumal Brasiliens (Leipz. 1867, 2 Bde.);
Liais, Climats, géologie, faune et géographie botanique du Brésil (Par. 1872);
Lange, Südbrasilien etc., mit Rücksicht auf die deutsche Kolonisation (2. Aufl., Berl. 1885);
Koseritz, Bilder aus Brasilien (Leipz. 1884);
»Revista trimensal do Instituto historico, geographico e etnographico do Brazil« (Rio de Janeiro, seit 1839).
Geschichte.
Brasilien wurde auf einer Fahrt nach Ostindien [* 16] zufällig von Pedro Alvarez Cabral entdeckt, der, von der Meeresströmung des Atlantischen Ozeans nach Westen getragen, die Küste erblickte und 25. April im Hafen Porto Seguro landete. Cabral nahm es für den König von Portugal [* 17] feierlich in Besitz und nannte es Ilha da vera Cruz (»Insel vom wahren Kreuz«); [* 18] den Namen Brasilien erhielt es elf Jahre später von dem roten Farbholz Caesalpina brasiliensis oder Pao do Brazil, d. h. Holz der [* 19] glühenden Kohle, das man daselbst in Menge fand.
Eine Untersuchung des Landes nahm im Auftrag König Emanuels 1501-1502 Amerigo Vespucci vor und fuhr die Küste bis in die Gegend des La Plata-Stroms entlang; doch schickte man anfangs bloß Verbrecher und von der Inquisition Verurteilte nach Brasilien, welche Papageien und Farbhölzer einsammeln mußten. Im J. 1548 verbannte man die Juden dahin. Erst unter Johann III., dem Brasilien von dem Papst förmlich zugesprochen wurde, erhielt es 1531 eine Art administrativer Organisation auf Grund des Lehnssystems. So ließen sich mehrere sogen. Capitanos daselbst nieder; einer davon war Alfonso de Souza, von welchem das Land Rio de Janeiro den Namen erhielt.
Doch kam Brasilien bei der aus verschiedenartigen Elementen gemischten Bevölkerung, [* 20] bei den fortdauernden Kämpfen gegen die Eingebornen und besonders wegen der Unbotmäßigkeit der Capitanos zu keiner Ruhe und Ordnung, bis im Auftrag König Johanns III. der Gouverneur Thomas de Souza dem Land eine bessere Organisation gab. Er erbaute 1549 die Stadt Bahia, brachte Jesuiten mit, welche die Eingebornen zivilisierten, und bewirkte überhaupt Einheit des Regiments. Im J. 1553 erhielt Brasilien seinen ersten Bischof.
Als aber Portugal (1580) unter spanische Hoheit kam und nun die Feinde Spaniens auch die portugiesischen Kolonien feindlich behandelten, fielen nacheinander Engländer, Franzosen und Holländer über das hilflose Land her. Die holländische Westindische Kompanie bemächtigte sich 1624 der Stadt Bahia und behauptete sich namentlich unter dem Statthalter Moritz von Nassau, welcher auch für die materielle und geistige Hebung [* 21] des Landes sehr wohlthätig wirkte, im Besitz eines großen Teils des Landes.
Da aber seine Nachfolger weniger Geschick zeigten, so entstand (obgleich das wieder auf den portugiesischen Thron [* 22] gekommene Haus Braganza den Besitz der Holländer 1640 anerkannt hatte) 1645 eine von England und Portugal aus angestiftete Empörung der Plantagenbesitzer, welche nach dem Sieg des tapfern brasilischen Helden Vieira bei Guararabi 1648 mit der Vertreibung der Holländer endete. Pernambuco, die letzte holländische Besitzung, wurde von den Brasiliern genommen, und 1661 trat Holland ganz Brasilien gegen eine Summe von 350,000 Pfd. Sterl. an Portugal ab. Später gründeten französische Hugenotten Ansiedelungen in Brasilien, welche jedoch von den portugiesischen Brasiliern aus Religionshaß vernichtet wurden. Dies hatte einen privaten, aber vom Staat unterstützten Kriegszug der Franzosen unter Duguay-Trouin zur Folge, die 1711 Rio de Janeiro nach einem heftigen Bombardement einnahmen, aber gegen Lösegeld wieder abzogen. Die Entdeckung der Goldminen in Minas Geraës 1696 und der Diamantgruben 1727 erhöhte die Wichtigkeit des Landes. Aber Portugals Aufmerksamkeit war nur darauf gerichtet, in Abhängigkeit zu erhalten und die Gold- und ¶
mehr
Diamantgruben auszubeuten; Förderung der geistigen Bildung des Volkes und gute Bewirtschaftung des Landes wurden ganz außer acht gelassen. Man suchte vielmehr den Geist des Volkes niederzuhalten, ordnete hohe Zölle und Abgaben an, beschränkte den Handelsverkehr auf einige Küstenplätze, wies Fremde zurück oder überwachte sie mit Argwohn (so A. v. Humboldt). Öl- und Weinbau waren verpönt, weil deren Produkte das Mutterland lieferte; das im Land vorhandene Salz [* 24] durfte nicht gewonnen, Fabriken nicht angelegt werden, denn die Portugiesen führten von Fremden erkaufte Fabrik- und Manufakturwaren um hohe Preise ein.
Seit 1640 hatte die Regierung den jüngern Söhnen des Adels und den Jesuiten weit ausgedehnte Besitzungen mit großen Rechten und Freiheiten erteilt (Donatarios) oder an Abenteurer zur weitern Eroberung verhandelt (Conquistadores); überhaupt wurden die Portugiesen vor den eigentlichen Brasiliern auf jede Weise bevorzugt. Gleichwohl war namentlich unter der Verwaltung Pombals, der die Jesuiten auch aus Brasilien vertrieb, dieses für das Mutterland eine reiche Geldquelle, für den Staat sowohl als für die zwei Handelsgesellschaften, die den Verkehr vermittelten.
Als nun König Johann VI. mit dem portugiesischen Hofe vor Napoleon 1808 nach Brasilien flüchtete, kam zwar mehr Leben in die Kolonie, Handel, Gewerbe, Fabriken nahmen einen freiern Aufschwung, der Verkehr nach außen wurde reger und umfassender, Europäer besuchten das Land und siedelten sich zum Teil daselbst an; aber der innere Zwiespalt infolge der Begünstigung der Portugiesen vor den Brasiliern dauerte fort und ward noch gesteigert durch Erhöhung der Abgaben, Erschwerung der Sklaveneinfuhr, Ausdehnung [* 25] des Regals auf Gold und Edelsteine, [* 26] welche auf Privatgrundstücken vorkamen, parteiische Rechtspflege etc. Die revolutionären Bewegungen, die seit 1808 Südamerika zu erschüttern begannen, erweckten daher auch in Brasilien die Sehnsucht nach voller Selbständigkeit und Freiheit. Ein in Pernambuco im April 1817 ausgebrochener republikanischer Aufstand war der Vorläufer weiterer Ereignisse. Infolge eines Aufstandes zu Rio de Janeiro mußte König Johann den Brasiliern eine Verfassung, wie diese sie wünschten, versprechen (28. Febr.) und ihnen bei seiner Abreise nach Portugal (26. April) den Kronprinzen Pedro als Prinz-Regenten zurücklassen. Als nun die portugiesischen Cortes den brasilischen Deputierten den Zutritt versagten und verlangten, daß Brasilien nach wie vor als abhängige Kolonie sich von Portugal aus regieren lassen solle, obwohl die nationale Partei mächtig genug war, um eine Unabhängigkeitserklärung wagen zu können, weigerte sich der Prinz-Regent, dem Befehl, nach Lissabon [* 27] zurückzukehren, Folge zu leisten Er berief ein neues, selbständiges Ministerium, an dessen Spitze José Bonifacio d'Andrada trat, und wurde von einer Versammlung von Abgeordneten zum immerwährenden Verteidiger Brasiliens (Defensor perpetuo do Brázil) ernannt.
Auf einer Reise durch die Provinz São Paulo verkündete Dom Pedro die Unabhängigkeit Brasiliens. Eine Konstituierende Versammlung entwarf ein auf dem Grundsatz der Volksvertretung beruhendes Staatsgrundgesetz und erklärte 12. Okt. den Regenten als Pedro I. zum konstitutionellen Kaiser von am 1. Dez. wurde derselbe gekrönt. Als die noch im Land befindlichen portugiesischen Truppen sich dagegen auflehnten, wurden sie vorzüglich mit Hilfe des englischen Admirals Cochrane, der in brasilische Dienste [* 28] getreten war, geschlagen und aus dem Land gebracht.
Am eröffnete der Kaiser die ersten konstituierenden Cortes Brasiliens mit einer begeisternden Thronrede. In den mit großer Leidenschaft geführten Verhandlungen über die Antwort aus die Thronrede stießen die beiden feindlichen Parteien, die Monarchisten oder Unitarier und die Republikaner, hart aneinander. Als die republikanischen Blätter die Absetzung aller in brasilischen Diensten stehenden Portugiesen verlangten und die Regierung Anstand nahm, Folge zu leisten, vielmehr die ihr vorgelegte neue ultraliberale Konstitution zurückwies, kam es 10. Nov. zu einem Aufstand in Rio de Janeiro, worauf der Kaiser die Cortes, die sich 12. Nov. für permanent erklärt hatten, auflöste.
Der vom Kaiser vorgelegte Verfassungsentwurf wurde von einer aufs neue berufenen Nationalversammlung angenommen und als »brasilische Konstitution« beschworen. Obgleich derselbe sehr demokratisch war und den Deputierten eine ungewöhnliche Macht einräumte, die des Kaisers dagegen zu einem Schatten [* 29] herabdrückte, brach doch in der Provinz Pernambuco ein republikanischer Aufstand aus, der erst gedämpft wurde, als der englische Admiral Cochrane und General Lima [* 30] die Stadt Pernambuco 17. Sept. mit Sturm eroberten.
Nach langen Unterhandlungen in London [* 31] und Lissabon ward vom König von Portugal die Unabhängigkeit Brasiliens vom Mutterland und Dom Pedros Souveränität anerkannt und damit das freundliche Verhältnis zu Portugal hergestellt. Dagegen brach in demselben Jahr ein Krieg aus gegen die Argentinische Republik, [* 32] welche die Banda Oriental für sich in Anspruch nahm; dieser Krieg brachte Brasilien wenig Ruhm und endigte damit, daß die Banda Oriental mit Montevideo [* 33] aufgegeben und als selbständige Republik (Uruguay) [* 34] anerkannt werden mußte.
Neue Schwierigkeiten erhoben sich, als nach dem Tod Johanns VI. der Kaiser Dom Pedro auf die ihm zugefallene portugiesische Krone zu gunsten seiner Tochter Maria da Gloria verzichtete und die Rechte derselben gegen ihren abtrünnigen Gemahl Dom Miguel von Portugal mit den Waffen [* 35] behaupten zu wollen erklärte, wozu er die Beihilfe der Cortes verlangte. Die Brasilier, welche ohnedies sich stets den Portugiesen gegenüber zurückgesetzt glaubten, sahen hierin eine mißbräuchliche Verwendung der Mittel des Landes für dynastische Interessen, wozu noch kam, daß die Truppen wegen mangelnden Soldes Meutereien erregten.
Die Vorschläge des Kaisers wurden daher wiederholt von den Cortes zurückgewiesen. Nachdem mehrmalige Ministerwechsel zu nichts geführt und auch das Militär unter dem Kommandanten Francisco de Lima abgefallen war, blieb dem Kaiser nichts übrig, als zu gunsten seines sechsjährigen Sohns Dom Pedro de Alcantara abzudanken. Durch einen Erlaß vom 6. April ernannte er José Bonifacio d'Andrada zum Erzieher des Prinzen und schiffte sich am 13. nach Europa [* 36] ein.
Der neue Kaiser, Pedro II., stand unter einer von den Kammern ernannten Regentschaft in Rio de Janeiro. Indessen dauerte der Kampf der Parteien der Monarchisten oder Unitarier (Caramuros), der Republikaner (Faroupilhas) und der Föderalisten fort. Mit Mühe gelang es der Regentschaft, die Aufstände zu Bahia, Pernambuco, Rio de ¶