(Brachschnepfe,
NumeniusL.), Vögelgattung aus derOrdnung der
Stelzvögel und der
Familie
der
Schnepfen (Scolopacidae), schlank gebaute
Vögel
[* 4] mit langem, dünnem
Hals, kleinem
Kopf, sehr langem, nicht gebogenem, an der
Wurzel
[* 5] hohem, weichem, an der
Spitze hartem
Schnabel, dessen Oberteil etwas länger als der untere und ein wenig über ihn herabgebogen
ist, vierzehigen schlanken und hohen, bis weit über die
Ferse hinauf nackten
Füßen und deutlicher Spannhaut
zwischen den
Zehen, großen, spitzen
Flügeln und mittellangem, abgerundetem
Schwanz.
Der große Brachvogel
(Feld-,
Doppelschnepfe,
Brachhuhn,
Regenvogel,
Geißvogel,
Gewittervogel, N. arquatusL.), 75
cm lang, 125
cm breit,
oberseits braun mit rostgelben Federrändern, am
Scheitel rostgelb mit schwarzbraunen
Flecken, am Unterrücken
weiß und wie am rostgelblichen Unterkörper braun längsgefleckt,
Schwingen schwarz und weiß, Steuerfedern weiß, schwarzbraun
gebändert; das
Auge
[* 6] ist dunkelbraun, der
Schnabel schwarz, der
Fuß grau. Er findet sich im
Norden
[* 7]
Europas,
Asiens und
Amerikas,
durchreist im
WinterAfrika
[* 8] und
Indien, geht im April durch
Deutschland,
[* 9] kehrt Ende Juli zurück und zieht
im
September südlich. Er lebt an der
Küste und an Binnengewässern, besucht auch
Felder und das dürrste Land, ist sehr gesellig,
scheu, vorsichtig und wachsam, so daß sich gern viele minder kluge Strandvögel um ihn versammeln. Er geht mit großen
Schritten,
watet, schwimmt und fliegt geschickt, frißt
Kerbtiere,
Muscheln,
[* 10]
Krebstiere,
[* 11]
Fische,
[* 12]
Lurche,
[* 13] auch
Beeren und
brütet hauptsächlich in der
Tundra, vereinzelt auch in Norddeutschland. Das
Nest steht im
Moos oder
Riedgras und enthält vier
ölgrüne, dunkelgrau und braun gefleckte
Eier
[* 14] (s. Tafel
»Eier II«,
[* 1]
Fig. 10), welche von beiden Eltern ausgebrütet werden.
Fleisch und
Eier sind schmackhaft und werden gesucht. Er läßt sich leicht zahmen und hält sich gut in der
Gefangenschaft.
1)
AlbertEmil, dramat. Dichter und Romanschriftsteller, geb. zu
Breslau,
[* 15] hatte infolge des frühzeitigen
Todes seines
Vaters und des gemütskranken Zustandes seiner
Mutter eine sehr trübe
Jugend. Seine Schulbildung erhielt er auf dem
Magdalenen-Gymnasium seiner Vaterstadt, doch war seine geistige
Entwickelung eine ziemlich langsame. Um seinen Hang zur
Schauspielkunst zu unterdrücken, brachte man ihn,
weil erTalent zum
Zeichnen und Modellieren zeigte, zu einem Kupferstecher; doch verließ Brachvogel diesen nach dem
Tod seiner
Mutter und folgte 1845 seinem
Drang,
Schauspieler zu werden.
Sein erster
Versuch (in
Wien)
[* 16] fiel indessen so unglücklich aus, daß er der
Bühne sofort für immer entsagte und sich nun ausschließlich
der Litteratur widmete. Durch fleißiges Selbststudium und dreijährigen Besuch der
Universität zu
Breslau, wo er Geschichte,
Ästhetik, Litteratur und
Philosophie hörte, suchte er seine wissenschaftliche
Bildung zu ergänzen. Im
J. 1848 begab er sich nach
Berlin,
[* 17] wo er sich verheiratete, kehrte aber bald wieder nach
Schlesien
[* 18] zurück und ließ sich hier
zur Stärkung seiner gestörten
Gesundheit in einem Dörfchen des
Riesengebirges nieder.
Anfangs 1854 nötigte ihn der Verlust seines
Vermögens,
Berlin wieder aufzusuchen, wo er
Sekretär
[* 19] des
Krollschen
Theaters wurde, in welcher
Stellunger denGrund zu seiner Bühnenerfahrung legte. Nach dem
Falliment der damaligen
Direktion fand Brachvogel eine
Anstellung im telegraphischen
Büreau der »Nationalzeitung«, die ihm vielfach Muße zu dichterischen
Arbeiten ließ, gab dieselbe jedoch 1855 auf und lebte von nun an in freier litterarischer Thätigkeit
in
Berlin, bis er 1870 nach
Weißenfels
[* 20] übersiedelte.
Später wendete er sich wieder nach
Berlin zurück, wo er starb. Brachvogel war ein
Talent von bedeutender Erfindungsgabe
und Gestaltungskraft, aber ohne künstlerische Durchbildung, daher seine
Dichtungen immer mehr durch Einzelheiten erfreuen,
als in ihrer
Totalität befriedigen. Eine falsche Reflexionsneigung und ein Zug
zum
Grellen, Abenteuerlichen,
Phantastischen paarten sich bei ihm mit wirklicher Darstellungskraft und entschiedenem theatralischen
Talent.
Bereits seit 1850 hatte er mehrere Theaterstücke
(»Jean Favard«, »Aham, der
Arzt von
Granada«
[* 21] etc.) verfaßt, ohne einen Erfolg
damit zu erzielen; 1856 brachte er seinen
»Narziß« (Leipz. 1857; 6. Aufl.,Jena
[* 22] 1882) zur Ausführung,
der einen der größten Bühnenerfolge der neuern Zeit hatte und mit Einem
Schlag Brachvogels
Ruf als Dramendichter begründete.
Die
Handlung beruhte zwar auf unhistorischen und schlimmer auf psychologisch ungesunden Voraussetzungen und bizarren
Prämissen;
doch war sie theatralisch wirksam erfunden, bis zur Schlußkatastrophe gesteigert, dabei dieSprache
[* 23] der
Leidenschaft stellenweise von so echter
Kraft,
[* 24] daß die
Wirkung gerechtfertigt war.
Auch in seinen folgenden
Dramen: »Adalbert vom Babanberge« (1858),
dem poetisch gehaltvollsten seiner
Stücke,
»Mons
[* 25] de
Caus«
(1859),
der
Tragödie des
Genius, der seiner Zeit vorauseilt und unbegriffen an dem Undank der Mitwelt zu
Grunde geht, »Der
Usurpator« (1860),
dem
Schauspiel »Die Harfenschule« (1869) und
»Hogarth« (1870), bekundete ein großes
Geschick für theatralische
Effekte, ohne
gleichgroße Erfolge erzielen zu können. Brachvogels
Romane beginnen großenteils mit phantasievollen
Anläufen, mischen aber
von vornherein der
Erfindung wüste, ungesunde
Elemente und wirr abschweifende, zumeist unreife Betrachtungen
ein, entbehren auch mehr und mehr der künstlerischen
Durchführung. Wir nennen: »Friedemann
Bach« (Berl. 1858);
Der größere Teil der letztgenannten
erhob sich wenig mehr über das
Niveau der Leihbibliothekenbelletristik. Brachvogel schrieb außerdem: »Lieder und lyrische
Dichtungen«
(Berl. 1861; 2. Aufl., Leipz. 1869);