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Roggen findet man nur an der Save und in den Flußebenen, aber Gerste, [* 2] Hafer, [* 3] Mais und Hirse [* 4] sowie Bohnen fast überall, Erbsen und Kartoffeln dagegen selten. Von den verschiedenen Obstarten sind insbesondere die Pflaumen berühmt; außerdem wachsen auch Kirschen, Äpfel, Birnen, Nüsse, Kastanien, Weintrauben und in den tiefern Thälern auch Südfrüchte. Endlich gedeihen auch Reis, Tabak, [* 5] Rüben, Krapp, Sumach und Heilkräuter überall in großer Menge. Von den Haustieren, welche den eigentlichen Reichtum der Bewohner bilden, züchtet man in Bosnien [* 6] insbesondere das Hornvieh, in der Herzegowina dagegen die Ziege und das Schaf, [* 7] überdies auch Federvieh; Schweine [* 8] nur bei den Christen in der Savegegend.
Die Pferde [* 9] sind zwar klein, aber dafür sehr ausdauernd; wo solche fehlen, bedient man sich der Maulesel und Esel. Das bosnische Waldland ist reich an Jagdwild, besonders an Hirschen, Rehen und Hasen. Es mangelt aber auch nicht an Bären, Wölfen, Luchsen und Füchsen. 1879 zählte man 158,034 Pferde, 3092 Maultiere und Esel, 761,302 Rinder, [* 10] 775 Büffel, 839,988 Schafe, [* 11] 522,123 Ziegen, 430,354 Schweine, 111,148 Bienenstöcke. Etwa die Hälfte des ganzen Areals ist mit Forstgewächsen bedeckt, und der schlagbare Hochwald des Landes umfaßt etwa 600,000 Hektar im Wert von über 30 Mill. Fl. (ohne Grund und Boden).
Daß an Mineralien [* 12] ungemein reich ist, war schon den Römern bekannt, die zu Neros Zeiten einen bedeutenden Bergbau [* 13] auf edle Metalle im Quellgebiet des Urbas, im Vranitzagebirge, betrieben. Österreich-Ungarn [* 14] hat sogleich nach der Okkupation eine genaue Erforschung des Landes in Bezug auf seine Mineralschätze angeordnet, und dabei wurde das Vorhandensein großer Erz- und Kohlenlager in der Nähe des Bosnathals konstatiert. Bosnien besitzt 7 Kohlenbecken ersten Ranges und 23 kleinere Becken, die größten bei Banjaluka, Livno und Bihac; ferner riesige Lager [* 15] von Eisenerzen bei Varosch (nördlich von Sarajewo), im Gebiet von Kreschevo, Foinitza etc. Kupfer, [* 16] Bleiglanz, Quecksilber und Steinsalz finden sich an mehreren Orten. Auch die Zahl der Mineralquellen ist eine große. Salzquellen sind in Ober- und Untertuzla, Sauerbrunnen in Slatina (bei Banjaluka), Han-Kisseljak (bei Tuzla), Krapina etc., warme Schwefelquellen in Banjaluka, Iliazia, Vrucica (bei Tesanj) und im Römerbad bei Novibazar, Thermen im Kloster zu Banja (bei Priboi im Limthal).
Die Industrie des Landes ist eine sehr beschränkte und erstreckt sich bloß auf roh gearbeitete Eisenwaren, Hand- und Schußwaffen, grobe Wollstoffe, Kotzen, Teppiche, Decken, Leder- und Kupferschmiedewaren. Das Sattler-, Riemer-, Schuhmacher-, Lohgerber- und Kupferschmiedehandwerk wurde bisher fast ausschließlich von Mohammedanern ausgeübt. Die ziemlich entwickelte Hausindustrie liefert fast alles für den täglichen Bedarf. Die männliche und weibliche Kleidung wird in Bosnien von Frauen gearbeitet.
Der Handel war bis zur Okkupation durch Monopole, hohe Zölle und den Mangel guter Straßen in der Entwickelung gehemmt; der Export erstreckte sich meist nur auf Cerealien, Horn- und Kleinvieh, Wolle, gedörrte Pflaumen, Roheisen, Zinn, Waffen, [* 17] Messer, [* 18] Holz, [* 19] Faßdauben und Bauholz, der Import auf Baumwollstoffe, rohe Baumwolle, [* 20] Musselintücher, Rohseide, Kolonialwaren, Zucker [* 21] etc. Der Mittelpunkt des Handels ist Sarajewo, bedeutende Handelsplätze sind überdies Travnik, Banjaluka, Livno, Mostar, Novibazar etc. Seit 1879 sind Industrie und Handel in stetem Zunehmen. In allen größern Orten wurden bereits Post- und Telegraphenstationen errichtet; an dem Bau der Verkehrsstraßen wird fortwährend gearbeitet, und von Eisenbahnen sind bereits die Strecken Doberlin-Banjaluka (Militärbahn) und Bosnisch-Brod-Zenica-Sarajewo (Bosnabahn) seit den Jahren 1880-82 im Betrieb. Die Länge der Eisenbahnen, welche ausschließlich Staatsbahnen [* 22] sind, beträgt (1883) 370 km. 1881 gab es 55 Postanstalten, durch welche 3½ Mill. Briefe und Korrespondenzkarten und 492,000 Warenproben und Zeitungen befördert wurden.
[Verwaltung.]
Die heutige staatsrechtliche Stellung Bosniens beruht auf den Bestimmungen des Berliner [* 23] Kongresses 1878. Demgemäß übernahm Österreich-Ungarn die Administration und Okkupation der türkischen Provinzen und Herzegowina und erhielt das Recht, auch das unter türkischer Verwaltung bleibende Sandschak von Novibazar militärisch zu besetzen. Die zu Konstantinopel [* 24] zwischen der Türkei [* 25] und Österreich-Ungarn abgeschlossene Konvention erkennt ausdrücklich an, daß die Souveränitätsrechte des Sultans durch die Thatsache der Okkupation in keiner Weise berührt werden, sichert namentlich den Mohammedanern die Religionsfreiheit zu, bestimmt, daß die Einkünfte beider Länder nur zu deren Nutzen verwendet werden sollen, und räumt den türkischen Münzen [* 26] auch fernerhin das Zirkulationsrecht ein.
Vgl. »Sammlung der für und Herzegowina erlassenen Gesetze 1878-80« (Wien [* 27] 1880, 2 Bde.).
In politischer Hinsicht zerfiel Bosnien bis November 1878 in 7 Kaimakamlyks: Sarajewo, Travnik, Bihac, Banjaluka, Swornik, Mostar und Novibazar, und jedes Kaimakamlyk in Kreise [* 28] (Nahie oder Kasa), die unter einem Mudir standen. An der Spitze jedes Kaimakamlyks stand ein Kaimakam, welcher wieder von dem Wali der Provinz abhing. Sowohl die richterliche als die polizeiliche Gewalt hatten die Mohammedaner inne, die Christen waren davon ganz ausgeschlossen. Seit der Okkupation durch Österreich-Ungarn wird in die bereits oben genannten 6 Kreise eingeteilt.
Die Landesregierung, welche dem kaiserlichen und königlichen gemeinsamen Ministerium untersteht, hat ihren Sitz in Sarajewo und war seit 1878 bestrebt, in allen Zweigen der Verwaltung die notwendigen und mit Rücksicht auf die eigentümlichen Verhältnisse des Landes möglichen Reformen einzuführen. In Sarajewo und den größern Städten fungiert ein Stadtrat. Die Justiz wird durch 6 neue Kreisgerichte und 42 Bezirksgerichte ausgeübt. Die finanziellen Angelegenheiten leitet die Finanzlandesdirektion in Sarajewo, welche zur Verwaltung der direkten und indirekten Steuern, des Zollwesens und zur Ausübung des Kontrolldienstes Steuerinspektorate, 46 Steuerämter, 6 Finanzinspektorate, 8 Zollämter und eine Zoll- und Finanzwache aufgestellt hat. Der Sicherheitsdienst wird durch ein aus 3000 Mann bestehendes Gendarmeriekorps vollzogen.
[Geschichte.]
Bosnien war im Altertum ein Teil Illyriens, kam als römische Provinz zu Pannonien, unter Augustus aber zu Dalmatien. In der Völkerwanderung wurde es durch verschiedene Völkerzüge heimgesucht. Sodann stand das von Slawen oder slawisierten Illyriern bewohnte Land bald unter serbischer, bald unter kroatischer Oberhoheit und wurde nebst Kroatien auch von den ungarischen Königen abhängig, bis 1376 der Ban Twartko sich zum König von Bosnien erklärte. Durch Thronstreitigkeiten wurden die Türken herbeigezogen, welche Bosnien zuerst 1401 eroberten. Doch wurde ihre Herrschaft unterbrochen, indem die serbischen Könige wieder von Bosnien Besitz nahmen, bis es von ¶
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Mohammed II. 1463 dauernd erobert wurde und rein osmanische Verfassung erhielt. 100,000 Menschen wurden als Sklaven weggeschleppt, 30,000 Knaben unter die Janitscharen eingereiht, viele Bosniaken nahmen den Islam an und wurden nun die Herren des Landes (Begs). Nur einen kleinen Teil von Bosnien behaupteten die Ungarn [* 30] bis zur Schlacht von Mohács 1526. Seitdem war ganz Bosnien türkisch. Auch die spätern Türkenkriege änderten dies nicht, und im Karlowitzer Frieden 1699 wurde der Pforte der Besitz von Bosnien ausdrücklich bestätigt.
Durch hohe Abgaben schwer bedrückt, erhoben sich die christlichen Bauern 1849 und 1850 in offenem Aufstand, der aber durch Omer Pascha mit blutiger Strenge unterdrückt wurde. Der Steuerdruck wurde seitdem noch unerträglicher, da die Gouverneure die Erhebung der Steuern Steuerpachtern übertrugen. 1875 brach daher ein neuer Aufstand aus, den die türkische Regierung wegen gleichzeitiger andrer Aufstände und Kriege nicht zu dämpfen vermochte, der aber auch nicht den Sieg errang und daher das Elend des Volkes vermehrte.
Der Berliner Kongreß beauftragte endlich Österreich-Ungarn mit der Okkupation und Verwaltung Bosniens und der Herzegowina. Dieses ließ Ende Juli 1878 seine Truppen über die Grenze rücken, hatte aber blutige Kampfe mit der fanatisierten mohammedanischen Bevölkerung [* 31] zu bestehen, so daß die Okkupation erst Ende September vollendet war. Bosnien wurde nun unter österreichische Verwaltung gestellt, über welche der österreichisch-ungarische Reichsfinanzminister die Oberaufsicht führt.
Die Beziehungen zur Türkei wurden durch einen Vertrag vom geregelt, welcher die Souveränität des Sultans über Bosnien nominell anerkannte. 1880 wurde in das österreichische Zollgebiet einverleibt und 1881 ein Wehrgesetz nach österreichischem Muster mit allgemeiner Wehrpflicht eingeführt. 1882 erhielt Bosnien eine Zivilverwaltung.
Vgl. Thömmel, Beschreibung des Wilajets Bosnien (Wien 1867);
Blau, Reise in Bosnien 1867 (»Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde [* 32] zu Berlin« [* 33] 1868);
Roskiewicz, Studien über und die Herzegowina (Leipz. 1868);
Maurer, Reise durch Bosnien, die Saveländer und Ungarn (Berl. 1870);
Sterneck, Geographische Verhältnisse, Kommunikationen etc. in Bosnien (Wien 1877);
Helfert, Bosnisches (2. Aufl., das. 1879);
v. Schweiger-Lerchenfeld, Bosnien, das Land und seine Bewohner (das. 1879);
Büchelen, und seine volkswirtschaftliche Bedeutung für Österreich-Ungarn (das. 1879);
Strauß, [* 34] Bosnien Historisch-ethnographisch-geographische Schilderung (das. 1882-83, 2 Bde.);
Mojsisovics, Tietze und Bittner, Geologie [* 35] von Bosnien etc. (das. 1880);
du Nord, Abriß der Geschichte von Bosnien (das. 1876);
Haardt, Die Okkupation Bosniens (das. 1878);
»Die Okkupation Bosniens und der Herzegowina im J. 1878«, Bericht des österreichischen Generalstabs (das. 1879);
Klaic, Geschichte Bosniens bis zum Zerfall des Königreichs (Leipz. 1884).