Später stand er auf seiten des jungen
Heinrich gegen seinen
BruderRichard; auch hetzte er nach dem
Frieden diesen aufs neue
gegen
Bruder und
Vater. Als der jungeHeinrich 1183 starb, gab er seinem
Schmerz ergreifenden
Ausdruck; es
gelang ihm, sein
Schloß, das in die
HändeRichards gefallen war, wieder vom König
Heinrich zu erhalten. Seitdem wandte er
sich von den
Baronen ab und trat auf
Richards Seite,
dem er nun treu und leidenschaftlich anhing, immer bemüht,
Kampf zu
schüren, nicht immer mit ehrlichen
Mitteln.
Vor 1215
ist er gestorben. Die provençalische Liederhandschrift des
Vatikans, Nr. 5232, stellt ihn schwer
gerüstet mit
Schild
[* 3] und
Lanze dar. Seine Kriegslieder (Sirventen) waren, von
Spielleuten verbreitet, von großer politischer
Wirkung in den englisch-französischen
Kämpfen des 12. Jahrh.; die Meinung aber, daß seinem
Leben ein tieferer politischer
und patriotischer
Plan zu
Grunde gelegen habe, wie manche wollen (auch Aug.
Thierry), ist abzuweisen. Wir
besitzen noch über 40 Gedichte von ihm.
»Testacei Musei
Caes. Vindob.« (das. 1780). Er wurde hierauf
bei der Hofkammer im
Münz- und Bergwerkswesen in
Wien angestellt, führte im
Bergbau
[* 10] große und bleibende Verbesserungen ein,
erfand eine neue Amalgamierungsmethode etc.
Born starb in
Wien. Er schrieb: »Lithophylacium Bornianum«
(Prag 1772 u. 1775 ff., 2 Bde.
mit
Kupfern);
die mit dem Berghauptmann v. Trebra gemeinschaftlich edierte »Bergbaukunde«
(Leipz. 1789-90, 2 Bde.).
Unter dem
PseudonymJohannes Physiophilus erschien seine berühmte
Satire auf die
Mönchsorden: »Monachologia«
(Wien 1783; deutsch: »Neueste
Naturgeschichte des Mönchtums etc.«, 1784; auch u. d. T.:
»Ignaz
Loyola Kuttenpeitscher«,
Münch. 1784). Von ihm ist auch die launige
Schrift »Die Staatsperücke«
(Wien 1771).
Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft
Leipzig,
[* 11] 139 m ü. M., an der Wyhra und der
Eisenbahn von
Leipzig nach
Chemnitz,
[* 12] ist Sitz einer Amtshauptmannschaft und eines Amtsgerichts, hat 1 schöne gotische
Kirche, 1
Realgymnasium, Schullehrerseminar,
Eisengießerei
[* 13] und Maschinenfabrik, Orgelbau,
Pianoforte-,
Rüschen-, Filzwarenfabrikation, Kunstgärtnerei, Bierbrauerei,
[* 14] 3 Dampfsägemühlen,
Ziegelbrennerei, Braunkohlenbergbau,
Gas- und
Wasserleitung
[* 15] und (1880) mit der
Garnison (3
Eskadrons Karabiniers) 6896 fast nur
evang. Einwohner; dabei das Dorf
Altstadt-Borna mit 1095 Einw. Borna wird bereits zu Anfang des 13. Jahrh.
erwähnt und gehörte zur
MarkMeißen.
[* 16] 1294 ward es von König
Adolf belagert, kam 1484 an die
Ernestinische Linie
und 1547 für immer an die
Albertinische.
Der
Krieg von 1806 und die momentane
Auflösung der hallischen
Universität wurden Veranlassung, daß Börne sich nach
Heidelberg
[* 21] begab und hier 1807 die medizinischen
Studien mit kameralistischen und staatswissenschaftlichen vertauschte, die er 1808 in
Gießen fortsetzte. 1809 kehrte er in seine bereits unter der Herrschaft des
Fürsten-PrimasKarl v.
Dalberg
stehende Vaterstadt zurück, wurde unter großherzoglich frankfurtischer
Regierung 1811
Aktuar bei der Polizeidirektion, ohne
daß ein Glaubenswechsel von ihm begehrt ward.
Als aber Ende 1813 das Großherzogtum
Frankfurt sich auflöste, die Hauptstadt ihre Selbständigkeit alsFreie
Stadt wiedererlangte, traten auch die altreichsstädtischen
Gesetze wieder in
Kraft,
[* 22] nach denen kein
Jude ein öffentliches
Amt bekleiden durfte. Börne ward gegen seinen
Wunsch und
Willen pensioniert und sog bei dieser
Erfahrung einen guten Teil der grollenden
Bitterkeit gegen die deutschen Zustände
in sich, welche wenig später an ihm auffiel. Im
Interesse der
Frankfurter¶
mehr
Judenschaft, die ihre neuen Rechte von Karl v. Dalberg erkauft hatte, schrieb Börne mehrere Denkschriften, mit denen er seine publizistische
Laufbahn begann. Doch war er bei aller Erbitterung über die gegen seine Stammesgenossen geübte Ungerechtigkeit nicht gemeint,
sich selbst der Möglichkeit freier Bewegung zu berauben, und behufs derselben trat er in Rödelheim
bei Frankfurt zum Christentum über und nannte sich von nun an Ludwig Börne. Schon zuvor hatte er nach kurzer Thätigkeit in der
Redaktion des Frankfurter »Staats-Ristretto« die in Offenbach
[* 24] gedruckte Zeitschrift »Die Zeitschwingen« begründet, welche bald
von der großherzoglich hessischen Regierung unterdrückt wurde; seit 1818 aber redigierte er die bedeutendere
Zeitschrift »Die Wage,
[* 25] Blätter für Bürgerleben, Wissenschaft und Kunst«, in der er die Reihe jener Aufsätze, namentlich jener
Kritiken zu veröffentlichen begann, welche ihm den Ruf eines geistvollen Oppositionsschriftstellers verschafften.
Schon in den ersten 20er Jahren, wo er im Auftrag Cottas als Korrespondent für dessen Zeitschriften nach
Paris
[* 26] ging, machte sich Börne mit den geistigen Kräften und der politischen Taktik des französischen Liberalismus vertraut. Die
heimischen Verhältnisse gestatteten freilich zunächst keine Anwendung des Neuerlernten und zwangen ihn, seine politische
Kritik und Satire in die Hüllen halb belletristischer, jeanpaulisierender Aufsätze einzukleiden. Abwechselnd lebte er in Heidelberg,
seiner Vaterstadt Frankfurt, Berlin und Hamburg.
[* 27]
Der Tod seines Vaters gab ihm 1827 die längst ersehnte materielle Unabhängigkeit; bald darauf schloß er mit Campe in Hamburg
einen Vertrag über die Herausgabe seiner »Gesammelten Schriften«, in denen er seine Humoresken, Satiren, Kritiken und zerstreuten
Aufsätze vereinigte, die kraft ihrer Vorzüge und Mängel nun erst die beabsichtigte weit und tief
gehende Wirkung hervorbrachten. Die Kunde von der PariserJulirevolution begrüßte er mit Enthusiasmus, ging schon im Herbste
des Jahrs 1830 wieder nach Paris, das ihm nunmehr als das Mekka der politischen Freiheit galt, und ließ sich seit 1832 dauernd
in der französischen Hauptstadt nieder.
Seine litterarische Wirksamkeit setzte er von hier aus mit den »Briefen aus Paris« fort und ward wie einer der Hauptvorläufer,
so nunmehr auch einer der Hauptschriftsteller des »jungen Deutschland«,
[* 28] das die Zeit gekommen erachtete, die ästhetisch-sittliche
Kultur der Nation mit der rein politischen zu vertauschen. Der Gang
[* 29] der Dinge in Paris selbst widersprach
freilich Börnes Träumen und Erwartungen, führte ihn aber zu keiner billigern und leidenschaftslosern Beurteilung der deutschen
Zustände.
Vielmehr entfremdete er sich der Heimat mehr und mehr und schalt sich in eine Verachtung nicht nur der Schwächen, Thorheiten
und wirklichen Armseligkeiten des damaligen deutschen Lebens, sondern auch des deutschen Charakters und
Wesens hinein, welche umsonst nachträglich als Beweis der Liebe zum Vaterland erklärt wurde. Unverkennbar hatten an der galligen,
stachlichten Manier, der Börne mehr und mehr anheimfiel, auch seine Gesundheitsverhältnisse Anteil, welche sich seit 1833 langsam,
aber stetig verschlechterten. An einer Freundin, deren Verhältnis zu ihm freilich auch bedenklichen Verdächtigungen,
namentlich HeinrichHeines, unterlag, fand Börne eine sorgfältige, aufopfernde Pflegerin.
Während seiner letzten Lebensjahre ergriffen ihn die Erscheinung und das Auftreten Lamennais', des prophetischen Apostels,
in mächtiger Weise; er nahm die Idee der demokratisch-christlichen Völkerverbrüderung in sich auf
und sah dieselbe zunächst
durch die unbedingte geistige HegemonieFrankreichs verkörpert. In diesem Sinne nahm er seine seit langer
Zeit eingegangene Zeitschrift »Die Wage« wieder auf und ließ sie als »Balance« in französischer Sprache
[* 30] erscheinen; gleichzeitig
suchte er Menzels teutonische Einseitigkeit mit der Schrift »Menzel, der Franzosenfresser« (Par. 1836) niederzuschmettern. Seit
dem Ende des Jahrs 1836 litt unter einer Grippe, die zur tödlichen Brustentzündung ward, der er erlag.
Seine Ruhestätte fand er auf dem FriedhofPère Lachaise, wo ihm 1843 von seinen Landsleuten ein von David gefertigtes Erzdenkmal
errichtet wurde. - Zur Zeit seines Todes stand die Begeisterung für ihn, im engsten Zusammenhang mit den
politischen Zeitströmungen, auf ihrem Gipfelpunkt; wenige Jahrzehnte später war Börne zwar nicht vergessen, aber
nicht mehr enthusiastisch beurteilt.
Der Schwerpunkt
[* 31] seines geistigen Wesens lag im politischen Pathos, in der unbedingten und uneigennützigen Hingabe an die, Idee
der Freiheit, wie er sie verstand, an einen Rechtsbegriff, der zuerst mit den Lehren
[* 32] des französischen
Liberalismus, später mit denen des Radikalismus zusammenfiel. In je entschiedenerm Gegensatz er die deutschen Zustände und
die Gesinnungen der Mehrzahl des deutschen Volkes zu diesem Freiheits- und Rechtsbegriff sah, um so schonungsloser und heftiger
griff er die wirklichen und vermeinten Hindernisse einer freiern und menschenwürdigern Entwickelung an.
Da es ihm erst in der zweiten Hälfte seines Lebens gegönnt war, unbeirrt von drohenden persönlichen Gefahren und ungehemmt
von der Zensur seine politischen Überzeugungen zu bekennen, so hatte er in seinen frühern Schriften sich der belletristischen
Formen und der litterarischen Kritik als eines Mittels bedient, politisch zu wirken, den Servilismus und
die Ruheseligkeit der Deutschen zu bekämpfen.
Selbst seine jeanpaulisierenden Humoresken, z. B. »Die Monographie der deutschen Postschnecke«, »Der Eßkünstler«,
»Die Kunst, in drei Tagen ein Originalschriftsteller zu werden«, bergen einen satirischen Stachel, der wunden Flecken in den
öffentlichen Zuständen gilt. In seinen Theater- und Litteraturkritiken legte er die völligste Gleichgültigkeit
gegen die in der Sache liegenden Gesetze an den Tag, soweit es sich um politische Propaganda handelte.
Obschon ihm gelegentlich der feinste Blick für poetische Schönheit, das treffendste Urteil über dramatische Leistungen eigen
war, so mißhandelte er mit sophistischer Willkür und gröblicher Unduldsamkeit gegen jede andre Welt- und Lebensanschauung
als seine eigne selbst die poetischen Heroen der deutschen Litteratur. »Die Theaterkritik ward nur eine Larve für das geistreiche
Ich, seine Augenblitze und Gestikulationen. Auf die Wahrheit der Sache, auf ästhetische Prinzipien kam es nicht an.« (Gottschall.)
Schiller und Goethe, von den Talenten zweiten Ranges zu schweigen, wurden getroffen, wo in Wahrheit der Bundestag
und das patriarchalische Regiment in gewissen deutschen Kleinstaaten gemeint waren.
Die geistvolle Schärfe und der Reiz seines fein durchgebildeten Stils zogen auch Tausende von Lesern an, die weder mit den politischen
noch mit den ästhetischen Grundanschauungen des Autors einverstanden waren; für den deutschen Journalismus der 30er
und 40er Jahre und noch viel späterer Zeit galt Börne als Meister und Vorbild; ja, ein gewisser Geist der Negation, ein Ton souverän
absprechender Willkür erhielten sich leider viel länger als das Bestreben, auch dem kleinsten Aufsatz einen allgemeinen
¶