mehr
Links erheben sich die stattlichen Regierungsgebäude, das Fort;
rechts liegen kleine, reizende Inseln, mit Landhäusern und grünen Pflanzungen geschmückt;
weiterhin an der bräunlichen, zackigen Küste werden die Fischereien mit ihren Kähnen und ihrem Menschengewühl sichtbar;
tiefer unten erblickt man den Hafen mit seinem Mastenwald und dem Leuchtturm.
Den Hintergrund bilden die Ghats mit ihren malerischen Konturen. Der ältere Teil der Stadt, die Blacktown (»Schwarzstadt«),
liegt 1,6 km nordwestlich vom Fort und ist der Aufenthalt der Eingebornen und der asiatischen Kaufleute; sie hat noch das ursprüngliche Ansehen: platte Dächer, Gitterfenster, hölzerne Balkone, schmale, niedrige Thüren und weit vorspringende Veranden. Die Bevölkerung [* 2] ist hier so dicht zusammengedrängt, daß auf eine Person nur 6,5 qm kommen (im dichtest bevölkerten Teil von London [* 3] 10,5 qm); die Straßenbreite beträgt oft nur 1,8 m. Der neuere Teil der Stadt hingegen, besonders derjenige, welcher erst seit dem großen Brand von 1803 gebaut worden ist, zeichnet sich durch eine Menge schöner, moderner Gebäude aus; die Straßen sind hier bis zu 16 m breit, die Häuser geräumig und zweckmäßig eingerichtet.
Der große Marktplatz, the Green genannt, ist mit öffentlichen Gebäuden umgeben, unter denen das Rathaus und der Palast des Gouverneurs (früher Jesuitenkollegium) durch schöne Architektur hervorragen. Aus der Esplanade vor dem Fort sind seit 1869 aufgeführt: die Post, das neue Sekretariat (beide in venezianisch-gotischem Stil) und das vom Parsen Dschamsedschi Dschidschibhai gegründete Hospital in englischer Gotik. Zu einem neuen Prachtbau, einer Erziehungsanstalt für anglo-indische Kinder, wurde der Grundstein von Lord Dufferin gelegt.
Außerdem gibt es anglikanische, armenische und portugiesische Kirchen und eine Synagoge. Die Mehrzahl der wohlhabenden Europäer wohnt in hübschen, meist Parsen gehörigen Häusern inmitten üppiger Gärten auf dem Malabar ill, auf dessen höchstem Punkt sich die fünf »Türme des Schweigens« (towers of silence), die Bestattungsplätze der Parsen, befinden. Die Festung, [* 4] ein regelmäßiges Viereck, [* 5] das besonders gegen die Seeseite außerordentlich starke Werke hat, ist so angelegt, daß sie zugleich den Hafen und die Seeseite beherrscht, und enthält die vornehmsten öffentlichen Gebäude, z. B. das alte Regierungsgebäude, das Zeughaus der Marine, die Docks zum Bau der Kriegsschiffe, die Kasernen etc.; die Festungseigenschaft der Stadt ist aufgehoben. Bombay [* 6] ist Sitz eines anglikanischen und eines römisch-katholischen Bischofs, eines deutschen Konsuls und der höchsten Verwaltungs-, Justiz- und Handelsämter; es hat seit 1857 eine Universität (die aber nur Grade erteilt, keine Vorlesungen hält, was in den Colleges geschieht), außerdem höhere Unterrichtsanstalten für Europäer und Eingeborne, verschiedene wissenschaftliche Sammlungen, einen botanischen Garten, [* 7] reich an akklimatisierten Pflanzen der südlichen Zonen, mehrere Hospitäler (auch für Tiere) etc. In der Industrie ragt Bombay hervor durch seine Baumwollspinnereien (1884: 43 mit 1,251,726 Spindeln und 11,895 Stühlen). Im Schiffbau wird auf vortrefflichen Schiffswerften Ausgezeichnetes geleistet.
Ihrer Lage, ihrem vortrefflichen Hafen, der Eröffnung des Suezkanals und der Eisenbahnen nach dem Innern verdankt die Stadt ihren enormen Handelsaufschwung. Im J. 1814-15 betrug der Wert der Ein- und Ausfuhr 8 Mill. Mk., 1884 aber 1285,4 Mill. Mk. Kalkutta [* 8] wird von Bombay immer mehr überflügelt. Mit Europa [* 9] vermitteln über Suez sechs europäische Gesellschaften den Verkehr; die Reisezeit beträgt von Brindisi bis Bombay 15-16 Tage. Die Zahl der 1884 eingelaufenen Schiffe [* 10] betrug 1013 mit 1,035,103 Ton., davon waren 552 englische Schiffe. In telegraphischer Verbindung steht Bombay mit Europa durch drei Linien.
Die Zahl der Einwohner war 1815: 221,550. 1834: 234,032 und 1881: 773,196 (502,780 Hindu, 158,694 Mohammedaner, 48,597 Parsen, 42,339 Christen). Die Sterblichkeit hat seit der zweckmäßigern Bauart der Häuser abgenommen; sie beträgt jetzt 2,3 Proz., für Europäer nur 1-2 Proz. Die Tages- wie Jahrestemperatur wechselt weniger als auf der Küste, das Jahresmittel ist 26,8° C. Die meisten Europäer wohnen während der heißen Jahreszeit in kleinen Sommerwohnungen oder auf dem Festland in den Gesundheitsstationen über den Ghats, besonders in Matheran.
Im J. 1530 wurde die Insel Bombay von einem auf Salsette herrschenden Fürsten den Portugiesen überlassen. Die Schönheit und Vortrefflichkeit der Bai veranlaßte die Kolonisten, ein Fort und Faktoreien zu errichten. Im J. 1661 wurde Bombay bei der Heirat Karls II. von England mit der portugiesischen Infantin Katharina als Mitgabe an England abgetreten und später (1668) von der Regierung gegen einen jährlichen Erbzins der Ostindischen Kompanie überlassen. Im J. 1686 wurde die Regierung von Surate hierher verlegt. Mit Eröffnung des Suezkanals wurde Bombay die wichtigste Handelsstadt Indiens und das Thor, durch welches Reisende und Waren aus wie nach Europa hindurchziehen.
Vgl. Maclean, Bombay, geography, history, trade, government etc. (Lond. 1876);
Murray-Eastwick, Handbook to the presidency of Bombay (2. Aufl., das. 1881);
E. Schlagintweit, Indien (Leipz. 1881).