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Wagnerschen Sammlung), Halem (in dessen Selbstbiographie) und Voß sind für die Litteraturgeschichte jener Zeit von Interesse.
Boie, Beitrag zur Geschichte der deutschen Litteratur im 18. Jahrhundert (Halle [* 2] 1868).
Wagnerschen Sammlung), Halem (in dessen Selbstbiographie) und Voß sind für die Litteraturgeschichte jener Zeit von Interesse.
Boie, Beitrag zur Geschichte der deutschen Litteratur im 18. Jahrhundert (Halle [* 2] 1868).
(spr. bojelldjöh), François Adrien, Opernkomponist, geb. zu Rouen, [* 3] lernte die Elemente der Musik als Chorknabe in der Metropolitankirche und wurde dann von dem Organisten Broche gründlich unterrichtet. Besondere Neigung zeigte er frühzeitig für dramatische Musik und fühlte sich namentlich von den Werken Grétrys und Méhuls angezogen. Bald unternahm er es, selbst eine Oper zu schreiben, und da dieselbe auf dem Theater [* 4] seiner Vaterstadt Beifall fand, begab er sich nach Paris, [* 5] wo er sich anfangs durch Stundengeben und Klavierstimmen die nötigen Subsistenzmittel erwarb, bis er infolge seiner Aufnahme in das Haus des Instrumentenmachers Erard, in dessen Werkstätten stets die angesehensten Pariser Tonkünstler zusammenkamen, bekannt wurde.
Bald erregte er durch einige gelungene Romanzen, z. B. »Le [* 6] ménestrel«, »S'il est vrai que d'être deux«, »O toi que j'aime« u. a., die durch Garats unnachahmlichen Vortrag eingeführt und bald Lieblingsstücke der Pariser Damen wurden, nicht unbeträchtliches Aufsehen, welches seine darauf folgende anmutige Operette »La dot de Suzette« (1795) noch vergrößerte. Ihr folgte 1796 »La famille suisse«, welche durch ihre Naivität und Grazie ebenfalls allgemeinen Beifall fand, dann »Mombreuil et Merville« (1797),
die wegen ihres ungünstigen Textes weniger ansprach, »L'heureuse nouvelle«, bei Gelegenheit des Friedens von Campo Formio komponiert, und »Zoraime et Zulnare« (1798 aufgeführt), worin zuerst die Eigentümlichkeiten seines Talents bestimmter hervortraten. Gleichzeitig hatten auch verschiedene Instrumentalstücke, Sonaten für das Klavier, Duos und Trios etc. seiner Komposition vielen Erfolg, was Veranlassung war, daß man Boieldieu 1797 unter die Zahl der Klavierlehrer am Konservatorium aufnahm.
Bis 1802 brachte er ferner die Opern: »Les méprises espagnoles«, »Beniowsky«, dann den »Calife de Bagdad«, der allgemeinen Enthusiasmus erregte, und die reizende zweiaktige Oper »Ma tante Aurore«. Seine unglückliche Ehe mit der berühmten Tänzerin Clotilde Mafleuroy bewog ihn, einen Ruf als kaiserlicher Kapellmeister nach Petersburg [* 7] anzunehmen, wohin er 1803 ohne seine Frau abreiste. Er verweilte daselbst bis 1810 und schrieb während dieser Zeit außer zahlreichen Militärmusiken und wertvollen Chören zu Racines »Athalie« eine Reihe von Opern, wie: »Rien de trop, ou les deux paravents«, »La jeune femme colère«, »Amour et mystère«, »Abderkan«, »Calypso«, »Aline«, »Les voitures versées«, »Un tour de soubrette« etc. Nach Paris zurückgekehrt, schrieb Boieldieu sein reizendes Werk »Jean de Paris« (aufgeführt 1812),
womit er gegen den inzwischen allgemein beliebt gewordenen Niccolò Isouard in die Schranken trat und aufs neue aller Herzen sich gewann. Darauf folgten: »Le nouveau seigneur de village« (1813),
mehrere Gelegenheitsopern in Gemeinschaft mit andern Komponisten, z. B. die politische, gegen die Allianz gerichtete Oper »Bayard à Mézières« (1814, mit Catel, Isouard und Cherubini),
»Les Béarnais« (mit Kreutzer, 1814),
dann »La fête du village voisin« (1816) und zwei Jahre später, nachdem er aus Gesundheitsrücksichten eine Reise nach Italien [* 8] unternommen hatte, die Oper »Le petit chaperon rouge« (Rotkäppchen), die trotz des Rossini-Fiebers, das damals in Frankreich zu wüten begann, lebhaften Beifall erhielt. Boieldieu war inzwischen nach dem Ableben Méhuls 1817 zum Mitglied der Akademie mit 4000 Frank Gehalt ernannt worden; aber sein durch angestrengtes Arbeiten sehr angegriffener Gesundheitszustand machte eine gründliche Erholung zur gebieterischen Notwendigkeit.
Mehrere Jahre lebte er in einem vor kurzem erworbenen Landhaus in gänzlicher Zurückgezogenheit, die nur durch die Kompositionsstunden am Konservatorium (er erteilte dieselben in seinem Hause) sowie durch unbedeutendere Gelegenheitsarbeiten, wie z. B. die Beteiligung an der Oper »Blanche de Provence« (1821),
zur Feier der Geburt des Herzogs von Bordeaux, [* 9] und an der Oper »Pharamond« (1823),
zur Salbung Karls X., unterbrochen wurde. Endlich im Dezember 1825 trat Boieldieu wieder mit einer neuen Schöpfung hervor und zwar mit seinem Meisterwerk: »La dame blanche«, das den Erfolg aller seiner frühern Opern noch überbot und den Ruhm des Komponisten über alle Länder der zivilisierten Welt verbreitete. Die letzte Oper Boieldieus, »Les deux nuits«, die 1829 zuerst aufgeführt wurde, hatte besonders des Libretto (von Bouilly) wegen keinen sonderlichen Erfolg. Inzwischen war die Gesundheit des Künstlers mehr und mehr geschwächt; dazu geriet er nach der Julirevolution in pekuniäre Bedrängnisse, da man ihm die von der frühern Dynastie gewährten Pensionen längere Zeit entzog und sie erst wieder bewilligte, als er sie nicht lange mehr genießen konnte.
Nach vergeblichem Besuch mehrerer Bäder des südlichen Frankreich starb er auf seinem Gut Jarcy bei Grosbois Nach dem Tod seiner ersten Frau (1826) hatte er sich zum zweitenmal mit einer Sängerin, Phillis, verheiratet. Boieldieu war, wie er selbst unbefangen zugab, kein Held im Kontrapunkt und in der Fuge; aber er wird als Opernkomponist zu allen Zeiten unter den ersten genannt werden müssen, welche die Frische und Lebendigkeit der Gesangsmelodie mit einer geschmackvollen, nicht überladenen Instrumentation zu verbinden wußten. Blühende Phantasie, Wahrheit des Ausdrucks, richtige Zeichnung der Charaktere, reine Harmonien und ungezwungene melodische Erfindung sind die hervorstechenden Vorzüge seiner Kunst. Am 100. Jahrestag seiner Geburt wurde Boieldieus Andenken durch Errichtung eines Monuments in seiner Vaterstadt geehrt.
Vgl. Pougin, Boieldieu, sa vie, ses œuvres, etc. (Par. 1875). -
Ein Sohn Boieldieus, Adrien, geb. zu Paris, gestorben im Juli 1883, ist ebenfalls als Opernkomponist (»Marguerite«, »L'aieule«, »Le bouquet de l'infante« u. a.) mit gutem Erfolg aufgetreten u. schrieb auch eine Messe.
s. Bojar. ^[= (slaw., russ. bojarin, von boi, "Kampf"), s. v. w. Krieger; dann freier Grundbesitzer, ...]
(spr. boalo-däpreo). Nicolas, franz. Dichter und Kritiker, geb. zu Paris, erhielt den ersten wissenschaftlichen Unterricht im Collège Harcourt, dann im Collège Beauvais. Kaum 21 Jahre alt, wurde er unter die Advokaten des Parlaments aufgenommen; aber der erste Prozeß, den er führte, schreckte ihn von dieser Laufbahn zurück. Ebensowenig fand er am Studium der katholischen Theologie in der Sorbonne Gefallen, und da das vom Vater (1657) ererbte Vermögen und die ihm verliehene Priorstelle zu St.-Paterne ihm eine unabhängige Stelle sicherten, widmete er sich ganz der Dichtkunst. Schon seine Satire »Les adieux à Paris« hatte durch die Reinheit des Stils und die Eleganz des Versbaues Aufsehen erregt, das eine Sammlung von sieben Satiren, die 1666 erschien, noch steigerte. Die gegen ihn gerichteten Angriffe der ¶
darin verspotteten Personen trugen nur dazu bei, seinen Ruhm zu erhöhen. Ludwig XIV., den er in einigen Gedichten gelobt, bewilligte ihm einen Jahrgehalt von 2000 Livres und ein Privilegium für alle seine Schriften. Durch seine beiden größern Gedichte: »Le lutrin« und »L'art poétique«, schwang er sich vollends zum Gesetzgeber in Sachen des Geschmacks bei seiner Nation empor, und kaum wagte noch ein eifersüchtiger Gegner, ihm diese Stellung streitig zu machen. Im J. 1677 ernannte ihn der König neben Racine zu seinem Historiographen, in welcher Eigenschaft er denselben aus zwei Feldzügen begleitete. Da Boileau-Despréaux viele der damaligen Akademiker in seinen Schriften angegriffen hatte, so ward er erst 1684 auf besondere Vermittelung des Königs Mitglied des Instituts.
Seine litterarische Thätigkeit, die er seit 1677 unterbrochen hatte, nahm er erst 1693 wieder auf, um einige schwache lyrische Versuche, drei frostige Satiren und einige Episteln zu schreiben, die nicht entfernt an seine frühern Werke heranreichen. Die meisten sind gegen die Jesuiten und gegen Perrault, den Tadler der Alten, gerichtet, gegen letztern besonders noch die »Réflexions sur Longin« (1693). Seine besten Jahre verlebte Boileau-Despréaux auf seinem Landsitz zu Auteuil in Gesellschaft Molières und andrer geistreicher Männer; später hielt er sich ganz fern vom Hof, [* 11] und als er krank und taub geworden, zog er sich in das Kloster Notre Dame zurück, wo er starb.
Höher als seine Satiren werden seine Episteln geschätzt, am höchsten aber die »Dichtkunst«, welche für alle Stilgattungen der Poesie die Regeln aufstellte, die für die poetische Komposition von jener Zeit an Gesetz blieben. Die Dichtkunst des Horaz, sein Vorbild, hat er aber nicht erreicht, schon deshalb, weil er sich ganz auf die Form beschränkt und die poetische Erfindung nicht berücksichtigt. Die auffällige Nichterwähnung der Fabel erklärt man sich aus der Rücksichtnahme auf Ludwigs XIV. Abneigung gegen Lafontaine. Sein »Lutrin« ist ein Meisterwerk der Verskunst über ein unbedeutendes Thema, voll von feinen und geistreichen Scherzen. Von seinen übrigen Werken sind zu erwähnen die Übersetzung aus Longin: »Traité du sublime« (1674),
seine überaus schwache Ode »Sur la prise de Namur« [* 12] und seine Briefe (ca. 120) an Brossette, Racine u. a., welche den letzten Band [* 13] der Ausgabe von Saint-Surin (1821) bilden. Von den zahllosen Ausgaben seiner Werke sind die wichtigsten: die von 1701, die letzte, welche Boileau-Despréaux selbst besorgt hat;
von Brossette (Gens 1716, 2 Bde.), der vermöge seines langen Verkehrs mit Boileau-Despréaux wichtige Erläuterungen geben konnte;
die erwähnte von Saint-Surin (1821, 4 Bde.);
von Aimé-Martin (1825 u. öfter);
die vortreffliche von Berriat Saint-Prix (1830-34, 4 Bde.);
die von Gidel (1869) und von Poujoulat (Tours [* 14] 1870).
Mit seinem scharfen Verstand, seinem feinen Geschmack und seiner leidenschaftlichen Liebe zur Wahrheit hat Boileau-Despréaux der französischen Sprache [* 15] und Litteratur ausgezeichnete Dienste [* 16] geleistet; er hat Ordnung, Regelmäßigkeit, edle und präzise Sprache und strenge Unterscheidung der Dichtungsarten gelehrt, wenn er auch selbst Musterwerke nicht zu schaffen vermochte. Corneille und Pascal wußte er zu würdigen; Racine und Molière haben ihm viel zu verdanken. Die Überschätzung, welche das 18. Jahrh. ihm zu teil werden ließ, ist in diesem Jahrhundert auf das richtige Maß zurückgeführt worden; trotzdem sind seine Verse Eigentum eines jeden gebildeten Franzosen.
Vgl. Scheffler, Étude littéraire sur Boileau-Despréaux (Posen [* 17] 1875);
Bornemann, Boileau-Despréaux im Urteil seines Zeitgenossen Jean Desmarets de Saint-Sorlin (Heilbr. 1883). -
Sein Bruder Gilles Boileau-Despréaux, geb. 1631, gest. 1669, machte sich gleichfalls als Dichter bekannt und ward 1659 Mitglied der Akademie. Seine mäßigen Gedichte finden sich im »Recueil de quelques pièces nouvelles«, Bd. 1 (Köln [* 18] 1667 u. öfter). Auch lieferte er Übersetzungen vom vierten Buch der »Äneide«, von Diogenes Laertius u. a., welche sein Bruder samt einigen Briefen herausgab.