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böhmischem
Boden. In der vom Schwarzberg ostsüdostwärts gerichteten
Gabel fällt der östliche Zug
steil gegen die Kessellandschaften
an der obern
Moldau ab. Hier ragt der 1357 m hohe
Kubani empor, ein Hochgipfel inmitten noch erhaltenen
Urwaldes. Gegen
Krumau
hin zieht der Blanskerwald mit dem
Schöninger (1080 m). Der Westzug der südlichen
Schumawa, ebenfalls
wieder zwischen
Bayern
[* 2] und
Böhmen
[* 3] geteilt, hat zahlreiche hohe Gipfel, wie böhmischer
seits den Postberg (1311
m) und den
Tafelberg
(1214
m), an welchem die
Moldau entspringt.
Weiter südöstlich steht in der Fortsetzung des Hauptzugs der Plöckelstein (1383 m), welcher, vom großartigsten Hochwald bedeckt, steil zum Plöckelsteiner See (1091 m) abfällt; dann der Dreisesselberg oder Dreiecksmark (1336 m) an der dreifachen Grenze von Bayern, Böhmen und Oberösterreich und der Hochfichtet (1332 m). Nun senkt sich der Kamm des Böhmerwaldes, welcher in einer Höhe von 772 m vom Schwarzenberger Schwemmkanal übersetzt wird. Das Thal [* 4] der Großen Mühl trennt den bis zur Donau sich erstreckenden Linzer Wald, der im Sternberg noch 1137 m erreicht.
Der weite, plateauähnliche Sattel des 713 m hohen Passes von Kerschbaum, durch welchen die Linz-Budweiser Eisenbahn führt, trennt endlich das Gebirge von der südöstlichen Vorstufe, dem Greinerwald, welcher als Gföhlerwald bis an die Donau tritt. Als Vorläufer oder Zweige des Böhmerwaldes, bestehend aus breiten Bergrücken mit terrassenförmigem Abfall zur Donau, sind noch der Passauer Wald, zwischen der Großen Mühl und der Itz, und der Bayrische Wald, zwischen Ilz und Regen, beide südlich von der Donau begrenzt, zu betrachten.
Der Bayrische Wald (auch Regengebirge genannt) erhebt sich am bedeutendsten an seinem östlichen Rand, wo er im Dreitannenriegel 1216 m Höhe erreicht. Gegen O. bricht der Bayrische Wald steil gegen den eine Bergebene ohne Rückenerhebung bildenden Passauer Wald ab. Der geognostischen Bildung nach besteht der Böhmerwald vorherrschend (namentlich in seiner Südosthälfte) aus Gneis, zum Teil auch aus Granit, welchem sich auf beiden Seiten Flözbildungen in ungleichen Reihen anlagern: in Böhmen Grauwacke, Kohlenformation, Rotliegendes, Quadersandstein mit Pläner, Braunkohle;
in Bayern Grauwacke, Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper, Lias, Jura.
Eine der merkwürdigsten geognostischen Erscheinungen ist im Bayrischen Walde der sogen. Pfahl, ein mächtiger Quarzgang, der, westlich von Viechtach beginnend, sich in nordwestlicher Richtung 72 km weit in die bayrische Oberpfalz hinein erstreckt, 20-300 m breit, bis 40 m hoch, überall als nackter Felskamm mit bizarren Auszackungen auf dem Rücken erscheinend. Dieselbe Zone des Gebirges enthält Schriftgranite, die durch ihren Reichtum an seltenen Mineralien [* 5] (Rosenquarz, Tantalverbindungen des Columbits und Niobits, Triplit mit Uranglimmer, Beryll, Melanit etc.) berühmt sind. Technisch wichtig wird das dortige Gneisgebirge durch den reinen Quarz von Rabenstein für Glasfabrikation [* 6] und die Magnete und Schwefelkieslager von Bodenmais; auch Schmirgellager kommen vor, während sich bei Passau [* 7] im kristallinischen Schiefer des Bayrischen Waldes ziemlich mächtige Ablagerungen von Graphit und von Porzellanerde finden. Dagegen ist das Vorkommen von Erzen im B. unbedeutend. - Die Passierbarkeit des Gebirges ist, wie sich aus der Gestaltung desselben ergibt, im mittlern Dritteil sehr beschränkt, dagegen im S. und N. fast ungehemmt.
Außer dem oben erwähnten Paß [* 8] von Kerschbaum sind besonders noch zu nennen: der Paß von Philippsreuth oder Kuschwarda (966 m), sehr befahrene Straße von Strakonitz über Freiung nach Passau (einst ging hier der sogen. »goldene Steig«, ein Saumweg, durch die damals viel dichtern Wälder nach Passau);
der Paß zwischen Eisenstein und Zwiesel, östlich vom Arber (1040 m), jetzt von der Pilsen-Eisensteiner Bahn überschritten (Spitzbergtunnel);
der Paß von Neugedein über Neumark nach Furth in Bayern (487 m) und der Paß von Taus gleichfalls nach Furth (500 m), durch welchen die Böhmische Westbahn gelegt ist;
die Straße von Klentsch nach Waldmünchen (673 m);
der Pfraumberger Sattel an der Straße von Haid nach Waidhaus (635 m).
Das Innere des Böhmerwaldes ist rauh und wild.
Während die höchsten Kuppen nackt sind, finden sich an den Abhängen des rauhesten Teils bis zu einer Höhe von 1200 m und darüber dichte Waldungen, stellenweise wirklicher Urwald, Wildnisse, wo die Natur seit Anbeginn allein waltet, und in die nur der Fuß der Köhler, Teerschweler oder Jäger gedrungen. Der Wald besteht zu 7/10 aus Tannen, 2/10 Buchen und 1/10 Fichten, hat übrigens in der neuesten Zeit durch Windbrüche und durch die Verheerungen des Borkenkäfers an seinem Reichtum manches eingebüßt.
Ein Seitenstück zu den Urwäldern bilden die riesigen Torfmoore, hier Filze genannt, sowohl auf den höchsten Rücken als in den muldenförmigen Vertiefungen der Plateaus und in den Thalgründen längs der Flüsse. [* 9] Diese Torfmoore ziehen in wasserreichen Zeiten die überflüssigen Wassermassen an sich und verhüten plötzliche Überschwemmung, auf der andern Seite aber geben sie in Zeiten der Dürre ihren Reichtum wieder ab. So sind sie auf gewisse Weise das, was die Gletscher im Hochgebirge. Das Klima [* 10] ist rauh, zumal die nördlichen Abhänge gegen Böhmen sind äußerst kalt und schattig, fast in steten Winter gehüllt.
Die
Kartoffeln blühen erst Ende
September, und selbst
Stroh und
Hafer
[* 11] mangeln. Auf der bayrischen Seite hat selbst der innerste
Böhmerwald durch die mittägige
Lage und den
Schutz, den die Bergwand vor den Nordwinden gewährt, wichtigen Getreidebau,
und die
Böhmen holen hier ihr Saatgetreide, das sogen. »reiche
Korn«. Sonst nährt auf böhmischer
wie auf bayrischer Seite fast lediglich Holzarbeit das
Volk. Der übergroße
Reichtum von
Holz
[* 12] wird in die
Donau oder ins innere
Böhmen verflößt, aber auch im B. selbst von den zahlreichen
Glas-
und Spiegelfabriken verwertet, zu
Balken, Brettern, Schindeln, Siebreifen,
Schlitten,
Wagen,
Schuhen, Bilderrahmen,
Möbeln,
Parketten,
Zündhölzchen u. a. verarbeitet. Im übrigen hat der Böhmerwald durch seinen rauhen
Charakter von alters her eine wichtige historische Bedeutung gehabt; die
Slawen fanden in ihm eine natürliche
Grenze ihrer Ausbreitung gegen W., und seine düstern
Wälder und versteckten Schluchten boten in kriegsbewegten
Zeiten, insbesondere
während des Dreißigjährigen
Kriegs, den Flüchtlingen Verborgenheit, gewährten aber auch Räuberbanden sichere Zufluchtsörter.
Von den zahlreichen wilden Tieren, welche die Urwälder des Gebirges in frühern Zeiten hegten, sind Wölfe und Luchse seit längerer Zeit ausgestorben; Bären wurden 1805 noch fünf Stück, 1835 noch einer geschossen, und 1849-1851 wurde einer gesehen, vielleicht der letzte seines Geschlechts. Die Bevölkerung [* 13] ist, im Vergleich mit andern Mittelgebirgen Deutschlands, [* 14] ziemlich dünn, aber der Menschenschlag kräftig, einfach und gutherzig, dabei ziemlich roh und beharrlich an den althergebrachten Sitten hängend, die, wie z. B. die ¶
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Hochzeitsgebräuche, viel Eigentümliches haben. Die Sprache [* 16] der Wälder ist vorherrschend deutsch; an der böhmischen Seite hat das Tschechische an einzelnen Punkten Fuß gefaßt, aber auch das Deutsche [* 17] tritt in einem eignen, volltönigen Dialekt auf. Östlich vom Osser und Arberberg ist im B. ein großer Distrikt von den sogen. Freibauern bewohnt, deren Stammvater größtenteils angesiedelte bayrische Kriegsgefangene sind, und die früher manche Freiheiten genossen.
Vgl. Hochstetter im »Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt«, Bd. 6, 7 (Wien [* 18] 1855-56);
Gümbel, Geognostische Beschreibung des ostbayrischen Grenzgebirges (Gotha [* 19] 1868);
Exner, Die Industrie des Böhmerwaldes (Wien 1872);
Rank, Aus dem Böhmerwald (Volkserzählungen, Leipz. 1851, 3 Bde.);
M. Schmidt, Kulturbilder aus dem bayrischen Wald (Bresl. 1885);
Reisehandbücher von M. Willkomm (Prag [* 20] 1878), Pascher (Pilsen [* 21] 1878), Borovsky (Prag 1883), für den Bayrischen Wald von Hoffmann-Mayenberg (5. Aufl., Passau 1886).