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Köhlergeschäft. Aber auch das Riesen-, das Iser- und Erzgebirge sind sehr waldreich, und das Innere Böhmens besitzt im Brdywald, im Pürglitzer und Schwarzkosteletzer Wald nicht minder umfangreiche Waldungen. Der durchschnittliche jährliche Holzzuwachs beläuft sich aus mehr als 5 Mill. Festmeter, davon 57 Proz. Brennholz und 43 Proz. Bau- und Nutzholz. Der Gesamtwert des Realbesitzes und Kulturlandes in Böhmen [* 2] wurde 1871 aus 2435 Mill. Fl., der landwirtschaftliche Ertrag des Bodens auf 459 Mill. Fl. berechnet.
Von wilden Tieren trifft man vereinzelt noch die wilde Katze [* 3] an; überall ist der Dachs verbreitet, der Hamster wird, je weiter südöstlich, desto seltener. Obschon der Wildstand bedeutend gesunken, kann sich doch schwerlich die Jagd irgend eines andern deutschen Landes mit der böhmischen messen. Man hat 59 Tiergärten und 160 Fasanerien, in welchen Wild in großer Menge gehegt wird. Im J. 1881 wurden an Nutzwild 11,499 Stück großes und 418,344 Stück kleines Haarwild, dann 488,333 Stück Federwild, an Raubwild 11,925 Stück Haarwild und 33,414 Stück Federwild geschossen. Gleich bedeutend ist die Teichwirtschaft, obschon man zahlreiche Teiche in Äcker und Wiesen umgewandelt hat. Die Wittingauer Teiche, wo noch der Biber künstlich gehegt wird, bedecken allein über 50, die Frauenberger über 25 qkm. Den Ertrag der Teichfischerei schätzt man auf jährlich 15,000 metr. Ztr.
Bevölkerung. Bildung.
In Bezug auf die Zahl der Bevölkerung nimmt unter den österreichischen Ländern die zweite Stelle (nach Galizien), in Bezug auf die Dichtigkeit derselben die dritte (nach Niederösterreich und Schlesien) [* 4] ein. Das Königreich war am Schluß des Dreißigjährigen Kriegs von kaum 800,000 Menschen bewohnt; 1772 zählte man 2,314,795, 1800 über 3 Mill., 1846: 4,417,025, 1857: 4,705,527 Einw. Ende 1869 betrug die Bevölkerung [* 5] 5,140,544, Ende 1880 aber 5,560,819 Seelen.
Die Vermehrung betrug in der Periode 1857-69 jährlich 0,74, 1869-80 jährlich 0,71 Proz. Die Ergebnisse der Bevölkerungsbewegung sind günstige zu nennen; 1883 kamen auf 1000 Bewohner 8 Trauungen, 38 Lebendgeborne und 29 Sterbefälle; auf 1000 Geburten kamen 125 Uneheliche und 29 Totgeborne. Die Dichtigkeit der Bevölkerung beträgt jetzt pro Quadratkilometer 107 Bewohner. Am dichtesten sind die nördlichen Bezirkshauptmannschaften Rumburg, Schluckenau, Gablonz und Reichenberg, [* 6] am dünnsten die südwestlichen Gegenden (Kralowitz, Krumau, Wittingau, Kaplitz) bevölkert.
Die Bevölkerung Böhmens verteilte sich 1880 in 7002 Gemeinden und 13,286 Ortschaften (darunter 380 Städte und 225 Marktflecken), wonach in Hinsicht auf die Zahl der Orte unter allen Ländern des österreichischen Staatenkomplexes den ersten Rang einnimmt. Der Nationalität nach sind 37 Proz. der Bevölkerung Deutsche, [* 7] gegen 2 Proz. Israeliten (94,450 Seelen), 61 Proz. Slawen (Tschechen, s. d.), die etwa seit Ende des 5. Jahrh. hier seßhaft sind und ihre eigne slawische Sprache [* 8] (s. Tschechische Sprache und Litteratur) bewahrt haben.
Sie nehmen die ganze Mitte sowie den Osten und Südosten des Landes ein, wo sie sich an ihre Stammesgenossen in Mähren anschließen, während sie sonst ringsum von der deutschen Bevölkerung Böhmens (2 Mill.), welche die Grenzgebiete bewohnt, umgeben sind. Schon von Riedersdorf (bei Landskron) an bewohnen die Deutschen gegen N. in schmalem Streifen die Grenzen [* 9] Böhmens gegen Mähren und die Grafschaft Glatz. [* 10] Bei Nachod schieben sich Tschechen dazwischen, selbst bis auf preußisches Gebiet.
Von Braunau im Königgrätzer Kreis [* 11] zieht sich die deutsche Grenzbevölkerung in geschlossenen Massen und weitem Bogen [* 12] nach W., von danach S. bis über Gratzen und nach einem kurzen Übertritt der Sprachscheide nach Niederösterreich (bei Schrems) über Neubistritz und Neuhaus hinab. Die größte Breite [* 13] dieses 830 km langen deutschen Grenzgürtels beträgt im N. 80, im W. ca. 100 km; die schmälste Stelle befindet sich bei Klentsch im Böhmerwald, wo die Deutschen aus einen kaum 1 km ins Land gehenden Streifen beschränkt sind.
Eine Sprachinsel der Tschechen im deutschen Gebiet findet sich bei Mies, wogegen die Deutschen viel zahlreichere und bedeutendere Sprachinseln im tschechischen Gebiet bilden, so die der Schönhengstler um Landskron, Abtsdorf, Brünnlitz, die von Stecken (im Anschluß an die Iglauer Sprachinsel in Mähren), von Budweis, Prag [* 14] und Umgebung u. a. Im übrigen wohnen Deutsche zerstreut in allen Gegenden des Landes, namentlich in den größern Städten. Wenn man bedenkt, daß die Deutsch-Böhmen gegenüber den Tschechen, trotz der relativ hohen Bildungsfähigkeit der letztern unter den slawischen Völkerschaften, doch einen Vorsprung, ein Übergewicht in kultureller und intellektueller Beziehung haben, daß die industrielle Produktion, der Handel und das Verkehrswesen vorzugsweise in den Händen der Deutschen sind, und daß diese endlich an ihren Stammesgenossen in und außerhalb Österreichs einen festen Stützpunkt finden, so wird man trotz der größern Zahl der Tschechen Böhmen doch nicht als ein Land mit vorwaltend slawischen, tschechischem, Charakter ansehen können. Ebensowenig ist von einer Vermischung der beiden Nationen die Rede; dieselben stehen sich vielmehr in neuerer Zeit mehr denn je als national und politisch streng gesonderte Parteien gegenüber, ein Verhältnis, das allerdings der Förderung der Interessen des von der Natur so glücklich bedachten und noch einer reichen Entwickelung fähigen Landes nicht zuträglich ist.
Dem religiösen Bekenntnis nach gehören 96 Proz. der gesamten Bevölkerung (5,339,421) dem Katholizismus an, 2 Proz. (120,000) den evangelischen Konfessionen [* 15] (der Helvetischen die größere Hälfte); die Bekenner der Augsburger Konfession sind am zahlreichsten im ehemaligen Egerer, die der Helvetischen im Chrudimer Kreis.
Das Unterrichtswesen hat sich in Böhmen, im Vergleich zu andern Kronländern Österreichs, ansehnlicher Resultate zu erfreuen. Im J. 1880 bestanden 4782 Volks- und Bürgerschulen (2244 deutsche, 2532 tschechische und 6 gemischte) mit zusammen 16,129 Lehrern, 846,903 schulpflichtigen und 845,585 schulbesuchenden Kindern. Gymnasien und Realgymnasien zählte das Land 1881: 51 (21 mit deutscher, 30 mit tschechische Unterrichtssprache), zusammen mit 938 Lehrern und 15,808 Schülern;
Realschulen 17 (9 mit deutscher, 8 mit tschechische Unterrichtssprache), zusammen mit 337 Lehrern und 5048 Schülern.
Ferner bestehen 12 Lehrer- und 3 Lehrerinnenbildungsanstalten in Böhmen Hochschulen sind die Universität zu Prag (1348 gestiftet), von welcher 1882 eine besondere tschechische Universität abgetrennt wurde, 1884 bis 1885 mit zusammen 184 Lehrern und 3218 Studenten (1450 an der deutschen Universität) und einer Bibliothek von 150,000 Bänden, die deutsche und die tschechische technische Hochschule zu Prag (zusammen 1884-85 mit 64 Lehrern und 857 Studierenden); Spezialschulen sind: 2 Handelsakademien (Prag), die Bergakademie zu Přibram, 4 theologische ¶
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Lehranstalten, 2 Mittelschulen für Landwirtschaft (Böhmisch-Leipa, Tabor) und eine für Forstwirtschaft (Weißwasser), 18 niedere landwirtschaftliche Schulen, 14 Handels- und 88 Gewerbeschulen, 2 Bergschulen, 1 Hebammenschule, 60 Musik-, 44 weibliche Arbeitsschulen und 36 sonstige spezielle Lehr- und Erziehungsanstalten.
Erwähnenswert sind hiervon die Kunstgewerbeschule und das Musikkonservatorium zu Prag. Zur Förderung höherer Bildung wirken auch das reich ausgestattete, 1818 gestiftete Nationalmuseum, die Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften sowie andre gelehrte und Kunstvereine. Die periodische Presse [* 17] umfaßte 1880: 242 Blätter (105 deutsche, 130 tschechische, 7 andre), davon 85 politische Zeitschriften und von diesen 15 Tagesblätter. Das Associationswesen ist im Land sehr rege; Ende 1880 bestanden hier 6075 Vereine, d. h. 38 Proz. sämtlicher in Österreich [* 18] bestehender Vereine. An Humanitätsanstalten bestanden 1880: 127 Krankenhäuser mit 5665 Betten und über 48,000 behandelten Kranken im Jahr, 2 Irrenhäuser (Prag, Kosmanos) mit 2433 Insassen, 1 Gebär- und 1 Findelanstalt, 3 Taubstummen- und 2 Blindeninstitute mit 330, resp. 80 Zöglingen, 4 Krippen, 59 Kinderbewahranstalten und 73 Kindergärten (zusammen mit 15,000 Kindern), 15 Waisenhäuser, 3 Arbeitshäuser, 343 Versorgungshäuser und 3597 Armeninstitute, in welchen jährlich über 57,000 Arme bedacht werden. Strafanstalten finden sich zu Prag, Karthaus bei Gitschin und Pilsen [* 19] (für Männer) und zu Repy (für weibliche Verbrecher).
Nahrungszweige: Landwirtschaft.
Die Nahrungszweige der Bevölkerung sind außerordentlich vielseitige; fast alle Arten produktiver Thätigkeit werden mit Erfolg im Land betrieben.
Obenan steht der Ackerbau, für den die Bevölkerung seit jeher besondere Vorliebe an den Tag legte. Der Boden ist im allgemeinen fruchtbar; die landwirtschaftlichen Produkte gedeihen unter der thätigen Hand [* 20] der Bewohner in den meisten Distrikten gut, nur der rauhe Gebirgsboden sträubt sich gewaltig gegen die Kultur. Unproduktiv sind 5 Proz. des Gesamtareals; fast 50 Proz. des Bodens (davon 5 Proz. Kleeacker) sind in Böhmen Ackerland, 12 Proz. Wiesen und Gärten, 8 Proz. Weiden, 30 Proz. Wald.
Besonders kornreich sind die Leitmeritzer und Teplitzer Gegend, die Saazer Ebene, die Elblandschaften bis aufwärts zur Mettaumündung (die »goldene Rute«),
der Südwesten des ehemaligen Gitschiner und der Nordwesten des Prager Kreises. In den höhern Gegenden überwiegt, wie überall, der Bau von Kartoffeln und Hafer, [* 21] und letzterer ist nicht einmal stets ausreichend. Im allgemeinen herrscht zwar noch die alte Dreifelderwirtschaft, aber die Landwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten, besonders seit der Einführung der Rübenzuckerfabrikation, einen großartigen Aufschwung genommen. Die mittlere Jahresernte besteht aus etwa 25,8 Mill. hl Kornfrüchten (34½ Proz. Roggen, 34 Proz. Hafer, 18½ Proz. Gerste, [* 22] 12½ Proz. Weizen, wenig Hirse), [* 23] 550,000 hl Hülsenfrüchten, zur größern Hälfte Erbsen, 33,4 Mill. hl Kartoffeln, Hauptnahrung der Armen im Erz- und Riesengebirge, 27 Mill. metr. Ztr. Zucker- und 2,5 Mill. metr. Ztr. Futterrüben etc. Der Obst-, namentlich Pflaumenbau (Powidl) ist bedeutend im nördlichen Böhmen (bei Tschaslau, Königgrätz, [* 24] Neustadt [* 25] a. Mettau) und liefert jährlich ca. 1 Mill. metr. Ztr. Wichtige Produkte sind ferner Flachs (durchschnittlich 150,000 metr. Ztr.), der hauptsächlich in den Gebirgsgegenden gebaut wird, aber doch für die Fabriken nicht in ausreichender Menge, so daß sie russischen beziehen; Raps oder Rübsen für die Ölfabrikation, 230,000 hl, namentlich in der Mitte des Landes; Klee, 8,6 Mill. metr. Ztr. In besonderm Ruf steht auch der Hopfenbau (bei Saaz, Auscha etc.), der 1880 eine Ernte [* 26] von 46,940 metr. Ztr. des schönsten Produkts gewährte. Wein baut man von Aussig bis Leitmeritz und Melnik (beste Sorten: der Tschernoseker und Melniker), indessen ist der Anbau in Abnahme. Im J. 1883 gab es nur noch 802 Hektar Weingärten, und das Erträgnis belief sich auf 10,255 hl. Die Wiesen gewähren eine Ernte von 20,5 Mill. metr. Ztr. Heu und Grumt.
Die Viehzucht [* 27] ist erst in neuern Zeiten ein Gegenstand höherer Sorgfalt geworden, im ganzen aber noch nicht genügend entwickelt. Die Pferdezucht [* 28] hat sich besonders aus militärischen Rücksichten unter Maria Theresia und Joseph II. durch die Einführung von Pferdemärkten, Prämien etc. gehoben. Ein berühmtes Hofgestüt besteht zu Kladrub. Der Pferdebestand des Landes betrug 1880: 197,602 Stück; der beste Schlag findet sich im ehemaligen Saazer, Leitmeritzer und Chrudimer Kreis.
Die Zahl der Rinder [* 29] belief sich 1880 auf 2,092,388 Stück, meist von der gewöhnlichen Landrasse. Von den Schafen (761,264 Stück) ist die Hälfte von edler Rasse; doch nimmt die Zahl dieser Tiere und die Wollproduktion (jetzt nur ca. 13,000 metr. Ztr.) stetig ab. Die Schweinezucht (322,005 Stück) wird besonders im südlichen und westlichen Teil des Landes betrieben. Ziegen hält man vorzugsweise in den Gebirgsgegenden (307,555 Stück). Außer der Zucht der Hühner [* 30] (15 Mill. Stück) spielt die der Gänse eine sehr bedeutende Rolle, vorzüglich in der Gegend von Podiebrad und Sadska, wo Herden von vielen Tausend Gänsen weiden. Die Bienenzucht [* 31] (175,868 Stöcke) liefert dem Handel ein dem mährischen gleichgeschätztes Wachs. In der obern Moldau und Wotawa findet man Perlmuscheln.
Industrie, Handel und Verkehr.
In gewerblicher Thätigkeit leistet Böhmen bei den günstigen Vorbedingungen, die es in dem Reichtum an Wäldern, Steinkohlen und Wasserkräften, in der Fruchtbarkeit des Bodens und der Dichtigkeit der Bevölkerung für die Entwickelung der Industrie besitzt, so Bedeutendes, daß es hierin nicht bloß (mit Niederösterreich) den obersten Rang in ganz Österreich einnimmt, sondern den ersten Industrieländern Europas beigezählt werden muß. Die Hauptsitze der Fabrikindustrie befinden sich im N. Böhmens, obschon einzelne Zweige im ganzen Land verteilt vorkommen. Wichtig ist vor allem die Textilindustrie, sowohl in Baumwolle [* 32] und Schafwolle als in Leinen, woran sich Druckereien und Färbereien anschließen. Die im Betrieb stehenden Feinspindeln und Webstühle [* 33] sind aus nachfolgender Tabelle ersichtlich:
Spindeln | Kraftstühle | Handstühle | |
---|---|---|---|
Schafwolle | 207000 | 8720 | 16900 |
Baumwolle | 1079100 | 21800 | 44900 |
Flachs | 235400 | 100 | 23760 |
Seide | - | 650 | 2100 |
Der Hauptsitz der Baumwollspinnerei und der Kattunfabriken ist die Gegend zwischen Brüx und Katharinaberg, zwischen Tetschen und Leipa und besonders zwischen Reichenberg und Josephstadt. hat weniger große als zahlreiche Spinnereien (106, wovon sich aber 45 kleine Unternehmungen, meist in der Reichenberger Gegend, nur mit der Verarbeitung von Baumwollabfällen befassen); dagegen konzentriert sich die Druckwarenfabrikation in wenigen, aber sehr leistungsfähigen Etablissements (bei Prag, dann zu Kosmanos). Der Hauptsitz der Verarbeitung der Schafwolle zu Tuch, Kammgarnstoffen etc. ist die ¶