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die Berge bis zu beträchtlicher Höhe. Die Torfbildung tritt in ausgedehntem Maß besonders auf dem Böhmerwald auf. Unverkennbare Spuren vulkanischer Thätigkeit sind, außer dem häufigen Vorkommen von vulkanischem Gestein, besonders die mächtigen Ausströmungen von kohlensaurem Gas in vielen Gegenden (z. B. in Bilin, Eger, [* 2] Marienbad, Franzensbad etc.), die Überreste früher thätiger Vulkane [* 3] (wie des seltsam gestalteten Kammerbühls bei Eger) sowie endlich die unverkennbar vulkanische Bildung des Mittelgebirges und der Reichtum an Mineralquellen, die jenem Bereich angehören und dem Vulkanismus ihr Dasein verdanken dürften.
Man zählt deren mehr als hundert, obschon nur ein Teil benutzt wird. Weltberühmt sind die heißen Quellen zu Karlsbad und Teplitz-Schönau, von den kalten die Eisenquellen zu Franzensbad, Königswart, Liebwerda, die alkalischen zu Bilin und Gießhübel, die Glauber- und Bittersalzquellen zu Marienbad, Püllna, Seidschütz, Sedlitz, die sämtlich nicht bloß stark besucht werden, sondern ihre Wasser auch nach allen Weltgegenden versenden. Andre Heilquellen sind noch zu Johannisbad, Sangerberg, Neudorf, Tetschen, Mariaschein, Mscheno, Sternberg, Dobritschau, Libnitz u. a. Bemerkenswert sind auch die reichen Moorlager von Franzensbad und Marienbad.
Vgl. Kisch, Die Heilquellen und Kurorte Böhmens (Wien [* 4] 1879), und die betreffenden Artikel.
Hinsichtlich seiner Gewässer gehört das Land fast ausschließlich dem Elbgebiet an (und zwar durch die Elbe selbst in ihrem Oberlauf bis zum Durchbruch durch das Elbsandsteingebirge und durch die bei Melnik in sie mündende Moldau, den zweiten Hauptstrom Böhmens), während die Donau und die Oder nur durch sehr unbedeutende Quellgebiete im SO. und NO. einigen Teil am böhmischen Boden haben. Die Elbe, die hier bereits schiffbar wird, nimmt in Böhmen [* 5] unmittelbar aus: rechts die Cidlina, Iser und Pulsnitz (Polzen), links die Aupa, Mettau, Adler, [* 6] Moldau, Eger und Biela.
Der Moldau fließen zu: rechts die Maltsch, Luschnitz und Sazawa, links die Wotawa und Beraun. Unter den wenigen zur Oder fließenden Gewässern sind die Lausitzer Neiße [* 7] bei Reichenberg [* 8] (mit der Wittich) und die Steine bei Braunau nennenswert; zum Donaugebiet gehören die an der mährischen Grenze fließende Mährische Sazawa, die Zwittawa und Iglawa, die zur March gehen. Seen und zwar nur unbedeutende hat Böhmen im Böhmerwald (der Deschenitzer oder Schwarze See, der Teufelssee bei Eisenstein, der Lakasee, Plöckelsteiner See etc., alle in Höhen von 900-1200 m); zahlreicher sind Teiche, die, obschon neuerdings viele (z. B. die großen Teiche bei Pardubitz) abgelassen worden sind, doch noch etwa 400 qkm einnehmen, und deren größter der Rosenberger Teich (5,8 qkm) ist.
Von Kanälen ist der Schwarzenbergsche Schwemmkanal zu bemerken, welcher die Zuflüsse der Moldau mit dem Mühlflüßchen in Oberösterreich verbindet, um das Holz [* 9] des Böhmerwaldes zur Donau zu schaffen. Die klimatischen Verhältnisse Böhmens sind im allgemeinen denen Mitteldeutschlands gleich (mittlere Temperatur von 8° C.), doch greift die Bodengestaltung sehr gewichtig zur Hervorbringung eigentümlicher Erscheinungen ein. Der höhere Süden ist rauher als der tiefere Norden, [* 10] die Gebirgsgegend kälter als die geschützte Ebene; im Erzgebirge gibt es einige Gegenden, wo das Getreide [* 11] nicht mehr reift, ebenso im Böhmerwald, während in den tiefern Gegenden an der Moldau und Elbe der Wein gedeiht. Im ganzen ist aber Böhmen durch großen Produktenreichtum ausgezeichnet und muß zu den ergiebigsten Ländern Europas gerechnet werden.
Naturprodukte.
Die Produkte des Mineralreichs, dessen Schätze schon seit Jahrhunderten ausgebeutet werden, sind sehr reich und mannigfaltig. Böhmen lieferte 1883 an Silber 32,511 kg (aus 127,327 metr. Ztr. Silbererz), hauptsächlich zu Pribram. Blei [* 12] (1883: 5649 metr. Ztr. aus 24,142 metr. Ztr. Erzen) und Bleiglätte (39,434 metr. Ztr.) werden vorzüglich zu Mies und Přibram gewonnen, Zinn (359 metr. Ztr.) im Erzgebirge, Antimon (1313 metr. Ztr.) im südlichen Böhmen (Mileschan). In kleinern Quantitäten werden Wismut und Nickel gewonnen. An Frischroheisen wurden 1883: 754,436 metr. Ztr., an Gußroheisen 128,756, in Summa 883,192 metr. Ztr., erzeugt, gegen die in den letzten Jahren gesunkene Produktion wieder ein Fortschritt.
Das hauptsächlichste Eisenerz in Böhmen ist ein dichter, linsenförmig-körniger Roteisenstein, thoniger und ockeriger Brauneisenstein, Thon- und Raseneisenstein. Hauptlager sind bei Kruschnahora und Nutschitz, dort mit 40, hier mit 50 Proz. haltigem Erz. Das Erz wurde in 13 Hochöfen (hauptsächlich zu Kladno und Königshof bei Beraun; 22 Hochöfen standen kalt) verhüttet, wobei 3623 Arbeiter beschäftigt waren. Ferner wurden 1883 gefördert: Uranpräparate (zu Joachimsthal, 20 metr. Ztr.), Mineralfarben (8737 metr. Ztr.), Schwefel (1767 metr. Ztr.), Schwefelsäure [* 13] und Oleum (113,382 metr. Ztr.), Graphit (bei Oberplan, 74,221 metr. Ztr.), Alaun [* 14] (in Altsattel, Münchdorf, Habersbirk etc., 17,324 metr. Ztr.), Vitriolstein (36,562 metr. Ztr.) und Eisenvitriol (in Altsattel, Lukawitz, Littmitz etc., 17,998 metr. Ztr.). Sehr reich ist an fossiler Kohle, und zwar findet sich Steinkohle hauptsächlich in den Becken von Kladno-Schlan-Rakonitz, von Pilsen [* 15] und von Schatzlar-Schwadowitz, Braunkohle in dem ausgedehnten und ergiebigen Becken am südlichen Abhang des Erzgebirges.
Die Ausbeute an Steinkohle beträgt 35 Mill., die an Braunkohle 72 Mill. metr. Ztr., namentlich letztere Produktion ist in fortwährender Steigerung begriffen (sie betrug 1862 kaum 8 Mill. metr. Ztr.). Auch die großen Torflager auf den sumpfigen Hochebenen werden jetzt ausgebeutet. Ferner gewinnt man Galmei, Zinnober, [* 16] Porzellanerde, schöne Bau-, Mühl- und Schleifsteinarten, mehrere Arten Edel- und Halbedelsteine (in den nordöstlichen Gebirgen), insbesondere die berühmten böhmischen Granaten [* 17] (Pyrope), Saphire, Topase, Chalcedone, Opale, Jaspis und Achate (bedeutende Schleiferei in Turnau).
Dagegen fehlt es Böhmen gänzlich an Kochsalz. Der Gesamtwert der Berg- und Hüttenproduktion Böhmens nach Abzug des Werts der verhütteten Erze belief sich 1883 auf 29,38 Mill. Fl., d. h. 41,7 Proz. des Werts der gesamten Bergwerksproduktion Österreichs. Der Arbeiterstand betrug 1883 beim Bergbau [* 18] 43,016 Menschen (davon 18,751 beim Steinkohlen-, 16,004 beim Braunkohlen-, 5554 beim Silberbergbau) und bei den Hüttenwerken 4530. Zur Administration des Bergbaues ist in neun der Berghauptmannschaft in Prag [* 19] unterstehende Reviere geteilt. Die Waldungen, 15,060 qkm einnehmend und meist aus Fichten, seltener aus Buchen und Eichen bestehend, sind vom trefflichsten Bestand und meist Eigentum der Großgrundbesitzer (Fürst Schwarzenberg allein besitzt 740 qkm). Die größten zusammenhängenden Waldflächen finden sich im Böhmerwald.
Hier, wo zahlreiche Glashütten und Eisenwerke Unmassen von Holz verschlingen, blüht vor allem das ¶
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Köhlergeschäft. Aber auch das Riesen-, das Iser- und Erzgebirge sind sehr waldreich, und das Innere Böhmens besitzt im Brdywald, im Pürglitzer und Schwarzkosteletzer Wald nicht minder umfangreiche Waldungen. Der durchschnittliche jährliche Holzzuwachs beläuft sich aus mehr als 5 Mill. Festmeter, davon 57 Proz. Brennholz und 43 Proz. Bau- und Nutzholz. Der Gesamtwert des Realbesitzes und Kulturlandes in Böhmen wurde 1871 aus 2435 Mill. Fl., der landwirtschaftliche Ertrag des Bodens auf 459 Mill. Fl. berechnet.
Von wilden Tieren trifft man vereinzelt noch die wilde Katze [* 21] an; überall ist der Dachs verbreitet, der Hamster wird, je weiter südöstlich, desto seltener. Obschon der Wildstand bedeutend gesunken, kann sich doch schwerlich die Jagd irgend eines andern deutschen Landes mit der böhmischen messen. Man hat 59 Tiergärten und 160 Fasanerien, in welchen Wild in großer Menge gehegt wird. Im J. 1881 wurden an Nutzwild 11,499 Stück großes und 418,344 Stück kleines Haarwild, dann 488,333 Stück Federwild, an Raubwild 11,925 Stück Haarwild und 33,414 Stück Federwild geschossen. Gleich bedeutend ist die Teichwirtschaft, obschon man zahlreiche Teiche in Äcker und Wiesen umgewandelt hat. Die Wittingauer Teiche, wo noch der Biber künstlich gehegt wird, bedecken allein über 50, die Frauenberger über 25 qkm. Den Ertrag der Teichfischerei schätzt man auf jährlich 15,000 metr. Ztr.
Bevölkerung. Bildung.
In Bezug auf die Zahl der Bevölkerung nimmt unter den österreichischen Ländern die zweite Stelle (nach Galizien), in Bezug auf die Dichtigkeit derselben die dritte (nach Niederösterreich und Schlesien) [* 22] ein. Das Königreich war am Schluß des Dreißigjährigen Kriegs von kaum 800,000 Menschen bewohnt; 1772 zählte man 2,314,795, 1800 über 3 Mill., 1846: 4,417,025, 1857: 4,705,527 Einw. Ende 1869 betrug die Bevölkerung [* 23] 5,140,544, Ende 1880 aber 5,560,819 Seelen.
Die Vermehrung betrug in der Periode 1857-69 jährlich 0,74, 1869-80 jährlich 0,71 Proz. Die Ergebnisse der Bevölkerungsbewegung sind günstige zu nennen; 1883 kamen auf 1000 Bewohner 8 Trauungen, 38 Lebendgeborne und 29 Sterbefälle; auf 1000 Geburten kamen 125 Uneheliche und 29 Totgeborne. Die Dichtigkeit der Bevölkerung beträgt jetzt pro Quadratkilometer 107 Bewohner. Am dichtesten sind die nördlichen Bezirkshauptmannschaften Rumburg, Schluckenau, Gablonz und Reichenberg, am dünnsten die südwestlichen Gegenden (Kralowitz, Krumau, Wittingau, Kaplitz) bevölkert.
Die Bevölkerung Böhmens verteilte sich 1880 in 7002 Gemeinden und 13,286 Ortschaften (darunter 380 Städte und 225 Marktflecken), wonach in Hinsicht auf die Zahl der Orte unter allen Ländern des österreichischen Staatenkomplexes den ersten Rang einnimmt. Der Nationalität nach sind 37 Proz. der Bevölkerung Deutsche, [* 24] gegen 2 Proz. Israeliten (94,450 Seelen), 61 Proz. Slawen (Tschechen, s. d.), die etwa seit Ende des 5. Jahrh. hier seßhaft sind und ihre eigne slawische Sprache [* 25] (s. Tschechische Sprache und Litteratur) bewahrt haben.
Sie nehmen die ganze Mitte sowie den Osten und Südosten des Landes ein, wo sie sich an ihre Stammesgenossen in Mähren anschließen, während sie sonst ringsum von der deutschen Bevölkerung Böhmens (2 Mill.), welche die Grenzgebiete bewohnt, umgeben sind. Schon von Riedersdorf (bei Landskron) an bewohnen die Deutschen gegen N. in schmalem Streifen die Grenzen [* 26] Böhmens gegen Mähren und die Grafschaft Glatz. [* 27] Bei Nachod schieben sich Tschechen dazwischen, selbst bis auf preußisches Gebiet.
Von Braunau im Königgrätzer Kreis [* 28] zieht sich die deutsche Grenzbevölkerung in geschlossenen Massen und weitem Bogen [* 29] nach W., von danach S. bis über Gratzen und nach einem kurzen Übertritt der Sprachscheide nach Niederösterreich (bei Schrems) über Neubistritz und Neuhaus hinab. Die größte Breite [* 30] dieses 830 km langen deutschen Grenzgürtels beträgt im N. 80, im W. ca. 100 km; die schmälste Stelle befindet sich bei Klentsch im Böhmerwald, wo die Deutschen aus einen kaum 1 km ins Land gehenden Streifen beschränkt sind.
Eine Sprachinsel der Tschechen im deutschen Gebiet findet sich bei Mies, wogegen die Deutschen viel zahlreichere und bedeutendere Sprachinseln im tschechischen Gebiet bilden, so die der Schönhengstler um Landskron, Abtsdorf, Brünnlitz, die von Stecken (im Anschluß an die Iglauer Sprachinsel in Mähren), von Budweis, Prag und Umgebung u. a. Im übrigen wohnen Deutsche zerstreut in allen Gegenden des Landes, namentlich in den größern Städten. Wenn man bedenkt, daß die Deutsch-Böhmen gegenüber den Tschechen, trotz der relativ hohen Bildungsfähigkeit der letztern unter den slawischen Völkerschaften, doch einen Vorsprung, ein Übergewicht in kultureller und intellektueller Beziehung haben, daß die industrielle Produktion, der Handel und das Verkehrswesen vorzugsweise in den Händen der Deutschen sind, und daß diese endlich an ihren Stammesgenossen in und außerhalb Österreichs einen festen Stützpunkt finden, so wird man trotz der größern Zahl der Tschechen Böhmen doch nicht als ein Land mit vorwaltend slawischen, tschechischem, Charakter ansehen können. Ebensowenig ist von einer Vermischung der beiden Nationen die Rede; dieselben stehen sich vielmehr in neuerer Zeit mehr denn je als national und politisch streng gesonderte Parteien gegenüber, ein Verhältnis, das allerdings der Förderung der Interessen des von der Natur so glücklich bedachten und noch einer reichen Entwickelung fähigen Landes nicht zuträglich ist.
Dem religiösen Bekenntnis nach gehören 96 Proz. der gesamten Bevölkerung (5,339,421) dem Katholizismus an, 2 Proz. (120,000) den evangelischen Konfessionen [* 31] (der Helvetischen die größere Hälfte); die Bekenner der Augsburger Konfession sind am zahlreichsten im ehemaligen Egerer, die der Helvetischen im Chrudimer Kreis.
Das Unterrichtswesen hat sich in Böhmen, im Vergleich zu andern Kronländern Österreichs, ansehnlicher Resultate zu erfreuen. Im J. 1880 bestanden 4782 Volks- und Bürgerschulen (2244 deutsche, 2532 tschechische und 6 gemischte) mit zusammen 16,129 Lehrern, 846,903 schulpflichtigen und 845,585 schulbesuchenden Kindern. Gymnasien und Realgymnasien zählte das Land 1881: 51 (21 mit deutscher, 30 mit tschechische Unterrichtssprache), zusammen mit 938 Lehrern und 15,808 Schülern;
Realschulen 17 (9 mit deutscher, 8 mit tschechische Unterrichtssprache), zusammen mit 337 Lehrern und 5048 Schülern.
Ferner bestehen 12 Lehrer- und 3 Lehrerinnenbildungsanstalten in Böhmen Hochschulen sind die Universität zu Prag (1348 gestiftet), von welcher 1882 eine besondere tschechische Universität abgetrennt wurde, 1884 bis 1885 mit zusammen 184 Lehrern und 3218 Studenten (1450 an der deutschen Universität) und einer Bibliothek von 150,000 Bänden, die deutsche und die tschechische technische Hochschule zu Prag (zusammen 1884-85 mit 64 Lehrern und 857 Studierenden); Spezialschulen sind: 2 Handelsakademien (Prag), die Bergakademie zu Přibram, 4 theologische ¶