Das Land hat eine eigentümliche, bestimmt abgeschlossene
Lage durch die
Gebirge, von denen es rings umgeben wird, und die
ziemlich genau mit den politischen
Grenzen
[* 9] zusammenfallen. Auf der Südwestgrenze steht das Böhmerwaldgebirge,
von dessen höchsten
Spitzen derKubani (1357 m), der
Plöckelstein (1383 m), der Mittagsberg (1341
m) und der
Große Osser (1295
m) Böhmen angehören, und damit gleichlaufend auf der Nordostseite die
Glieder
[* 10] des sudetischen
Systems: das
Adlergebirge oder die
Böhmischen Kämme als südlichster Teil dieses
Zugs mit der
DeschnaerKuppe (1111 m), das
Riesengebirge mit
Schneekoppe (1601
m), Brunnberg,
Sturmhaube, Krkonosch und das
Isergebirge mit der
Tafelfichte (1124 m), dem sich nördlich das
Lausitzer Bergland
mit dem Jeschkenberg (1013
m) und der
HohenLausche (797 m) anschließt.
Beide Gebirgszüge werden durch Querzüge verbunden, an der Nordwestgrenze durch das steil abfallende
Erzgebirge, dessen Hauptrücken größtenteils Böhmen angehört, mit dem
Keilberg (1275
m) und dem
Spitzberg (1107
m), und den südwestlich
daran stoßenden Teil des
Fichtelgebirges; im SO. durch das
Mährische Hügelland, das sich ohne Gebirgsrücken auf der
Grenze
gegenMähren hinzieht, nach beiden Seiten sanft abfallend und die
Wasserscheide zwischen
March und
Elbe
bildend.
Das
Innere dieses so eigentümlich geschlossenen
Landes bildet ein im ganzen einförmiges
Hoch- und Gebirgsland, dessen Gestalt
durch drei weithin vom
Böhmerwald nordöstlich bis zur
Elbe gedehnte und allmählich sich senkende Bergplatten bestimmt wird,
und das man daher am geeignetsten als ein Terrassenland auffaßt. Die erste dieser böhmischen
Terrassen,
die der
Länge nach durch vielfach gewundene Flußthäler voneinander getrennt sind, der Quere nach aber alle drei von der
Moldau in tiefer Thalfurche durchschnitten werden, ist die nördliche, die südlich vom Egerthal mit steilem
Rand aufsteigt,
hier im Engelhäuser
Berg bei
Karlsbad 662 m
Höhe erreicht und sich dann zwischen
Eger
[* 11] und
Elbe einerseits
und der
Mies,
Beraun und
Sazawa anderseits südöstlich bis an die mährischen
Hügel erstreckt.
Westlich von der
Moldau ist diese
Terrasse ein hügeliges
Plateau, dessen
Flächen am
Böhmerwald zu 450-600 m aufsteigen, während
sie sich zur
Moldau auf 260-200 m senken. Die darauf stehenden isolierten
Kuppen erheben sich im W. bis 650, im O. bis 400 m
über die
Moldau. Östlich von der letztern hat das Hügelland kaum eine mittlere
Höhe von 320 m. Südlich von der
Mies, der
Beraun und
Sazawa steigt dann die mittlere
Terrasse an, die sich bis zum
Thal
[* 12] der
Wotawa
und zur mittlern
Luschnitz erstreckt und mehr als die erste den
Charakter einer Gebirgsgegend trägt.
Die
Höhen sind rauher, die Gipfel ansehnlicher, die
Thäler tiefer eingeschnitten. Die bedeutendste
Erhebung ist der Trzemschinberg
(836 m), von dem nordöstlich der 500-600 m hohe
Rücken des
Brdywaldes mit dem Komorsko (677 m), sich
allmählich senkend, zum Moldauthal zieht. Die Hügellandschaften um die Luschnitz haben
Höhen von
ca. 700 m. Zwischen der
obern
Wotawa und der obern Luschnitz und dem
Böhmerwald mit dem
Greinerwald zieht sich endlich die dritte, die südliche böhmische
Terrasse hin, innerhalb deren sich der
SchöningerBerg (1080 m) im
Blansker Wald erhebt.
Außerdem sind in orographischer Beziehung noch das Sandsteinplateau von
Dauba, zwischen
Iser und
Elbe, das
GitschinerPlateau,
östlich von jenem, und das
Mittelgebirge zu erwähnen, das, als selbständige Gebirgsgruppe zwischen der
Elbe,
Biela und der
untern
Eger parallel mit dem
Erzgebirge westlich bis
Brüx sich erstreckend, im Phonolithkegel des
Milleschauer
oder
Donnersbergs 836 m
Höhe erreicht und auch noch auf der rechten Elbseite als sogen. Kegelgebirge bis gegen
Sandau und
Graber fortsetzt.
In geognostischer Hinsicht besteht das böhmische Gebirgssystem seiner Hauptmasse nach aus
Urgebirge, namentlich in dem das
Land umgebenden Gebirgskranz und in der südlichen Hälfte des
Königreichs.
In denSudeten, welche wieder größtenteils aus kristallinischen
Schiefern zusammengesetzt sind, haben
ebenfalls einige Basalterhebungen stattgefunden. Auch das böhmisch-mährische Grenzgebirge samt den mit ihm verbundenen
Bergzügen gehört derselben
Gebirgsformation an und wird in der
Richtung von
Neuhaus nach
Grein von einem mächtigen Granitzug
und westwärts der Zwittawa von einem Syenitrücken durchzogen. Auch laufen mehrfach
Streifen des rotenSandsteins
durch dasselbe.
Häufig kommt in diesem Gebirgssystem die
Kohlenformation vor. Bei
Prag
[* 17] sind in einer räumlich nicht sehr ausgebreiteten beckenartigen
Versenkung silurische
Schichten abgelagert, die durch ihren
Reichtum an
Versteinerungen eins der instruktivsten geologischen
Gebiete
Europas bilden. Unter den zahlreichen Tertiärbecken im Innern des
Landes treten besonders vier größere hervor:
das
Becken von
Wittingau, das des obern Egerlandes, dem sich westlich das
FalkenauerBecken anschließt, das
Becken von
Komotau
und
Teplitz, endlich im äußersten
Norden
[* 18] das
Becken von
Zittau.
[* 19] Diluvial- und Alluvialbildungen bedecken die Thalgründe und
selbst
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die Berge bis zu beträchtlicher Höhe. Die Torfbildung tritt in ausgedehntem Maß besonders auf dem Böhmerwald auf. Unverkennbare
Spuren vulkanischer Thätigkeit sind, außer dem häufigen Vorkommen von vulkanischem Gestein, besonders die mächtigen Ausströmungen
von kohlensaurem Gas in vielen Gegenden (z. B. in Bilin, Eger, Marienbad, Franzensbad etc.), die Überreste früher thätiger
Vulkane
[* 23] (wie des seltsam gestalteten Kammerbühls bei Eger) sowie endlich die unverkennbar vulkanische Bildung des Mittelgebirges
und der Reichtum an Mineralquellen, die jenem Bereich angehören und dem Vulkanismus ihr Dasein verdanken dürften.
Hinsichtlich seiner Gewässer gehört das Land fast ausschließlich dem Elbgebiet an (und zwar durch die Elbe selbst in ihrem
Oberlauf bis zum Durchbruch durch das Elbsandsteingebirge und durch die bei Melnik in sie mündende Moldau,
den zweiten Hauptstrom Böhmens), während die Donau und die Oder nur durch sehr unbedeutende Quellgebiete im SO. und NO. einigen
Teil am böhmischen Boden haben. Die Elbe, die hier bereits schiffbar wird, nimmt in Böhmen unmittelbar aus:
rechts die Cidlina, Iser und Pulsnitz (Polzen), links die Aupa, Mettau, Adler,
[* 25] Moldau, Eger und Biela.
Von Kanälen ist der Schwarzenbergsche Schwemmkanal zu bemerken, welcher die Zuflüsse der Moldau mit dem Mühlflüßchen
in Oberösterreich verbindet, um das Holz
[* 28] des Böhmerwaldes zur Donau zu schaffen. Die klimatischen Verhältnisse Böhmens sind
im allgemeinen denen Mitteldeutschlands gleich (mittlere Temperatur von 8° C.), doch greift die Bodengestaltung sehr gewichtig
zur Hervorbringung eigentümlicher Erscheinungen ein. Der höhere Süden ist rauher als der tiefere Norden, die Gebirgsgegend
kälter als die geschützte Ebene; im Erzgebirge gibt es einige Gegenden, wo das Getreide
[* 29] nicht mehr reift,
ebenso im Böhmerwald, während in den tiefern Gegenden an der Moldau und Elbe der Wein gedeiht. Im ganzen ist aber Böhmen durch
großen Produktenreichtum ausgezeichnet
und muß zu den ergiebigsten LändernEuropas gerechnet werden.
Naturprodukte.
Die Produkte des Mineralreichs, dessen Schätze schon seit Jahrhunderten ausgebeutet werden, sind sehr reich und mannigfaltig.
Böhmen lieferte 1883 an Silber 32,511 kg (aus 127,327 metr. Ztr. Silbererz), hauptsächlich
zu Pribram. Blei
[* 30] (1883: 5649 metr. Ztr. aus 24,142 metr.
Ztr. Erzen) und Bleiglätte (39,434 metr. Ztr.) werden vorzüglich zu
Mies und Přibram gewonnen, Zinn (359 metr. Ztr.) im Erzgebirge, Antimon (1313 metr. Ztr.) im südlichen Böhmen (Mileschan).
In kleinern Quantitäten werden Wismut und Nickel gewonnen. An Frischroheisen wurden 1883: 754,436 metr. Ztr.,
an Gußroheisen 128,756, in Summa 883,192 metr. Ztr., erzeugt, gegen die in den letzten
Jahren gesunkene Produktion wieder ein Fortschritt.
Das hauptsächlichste Eisenerz in Böhmen ist ein dichter, linsenförmig-körniger Roteisenstein, thoniger und ockeriger Brauneisenstein,
Thon- und Raseneisenstein. Hauptlager sind bei Kruschnahora und Nutschitz, dort mit 40, hier mit 50 Proz.
haltigem Erz. Das Erz wurde in 13 Hochöfen (hauptsächlich zu Kladno und Königshof bei Beraun; 22 Hochöfen standen
kalt) verhüttet, wobei 3623 Arbeiter beschäftigt waren. Ferner wurden 1883 gefördert: Uranpräparate (zu Joachimsthal, 20 metr.
Ztr.), Mineralfarben (8737 metr. Ztr.), Schwefel (1767 metr. Ztr.), Schwefelsäure
[* 31] und Oleum (113,382 metr. Ztr.), Graphit (bei
Oberplan, 74,221 metr. Ztr.), Alaun
[* 32] (in Altsattel, Münchdorf, Habersbirk etc., 17,324 metr.
Ztr.), Vitriolstein (36,562 metr. Ztr.)
und Eisenvitriol (in Altsattel, Lukawitz, Littmitz etc., 17,998 metr.
Ztr.). Sehr reich ist an fossiler Kohle, und zwar findet sich Steinkohle hauptsächlich in den Becken von Kladno-Schlan-Rakonitz,
von Pilsen und von Schatzlar-Schwadowitz, Braunkohle in dem ausgedehnten und ergiebigen Becken am südlichen Abhang des Erzgebirges.
Dagegen fehlt es Böhmen gänzlich an Kochsalz. Der Gesamtwert derBerg- und Hüttenproduktion Böhmens nach Abzug des Werts der verhütteten
Erze belief sich 1883 auf 29,38 Mill. Fl., d. h. 41,7 Proz. des Werts der gesamten Bergwerksproduktion Österreichs.
Der Arbeiterstand betrug 1883 beim Bergbau
[* 35] 43,016 Menschen (davon 18,751 beim Steinkohlen-, 16,004 beim Braunkohlen-, 5554 beim
Silberbergbau) und bei den Hüttenwerken 4530. Zur Administration des Bergbaues ist in neun der Berghauptmannschaft in Prag unterstehende
Reviere geteilt. Die Waldungen, 15,060 qkm einnehmend und meist aus Fichten, seltener aus Buchen und Eichen
bestehend, sind vom trefflichsten Bestand und meist Eigentum der Großgrundbesitzer (FürstSchwarzenberg allein besitzt 740 qkm).
Die größten zusammenhängenden Waldflächen finden sich im Böhmerwald.
Hier, wo zahlreiche Glashütten und Eisenwerke Unmassen von Holz verschlingen, blüht vor allem das
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