frei bleiben, so wendet man die in
[* 1]
Fig. 3 dargestellte
Konstruktion an, bei welcher die erwähnten Erdpfähle hinter der Bohlwand
eingerammt und durch ähnliche Querzangen mit den Bohlwerkspfählen verbunden werden. Die hier auf Zug
beanspruchten
Streben werden
oben durch Schraubenbolzen u. kurze Querzangen sowohl mit den erwähnten Horizontalriegeln
als auch mit den Bohlwerkspfählen verbunden. Die Erdpfähle müssen in beiden
Fällen möglichst fest
eingerammt werden, da der Erddruck sie im ersten
Fall niederzudrücken, im zweiten
Fall herauszuziehen strebt. Eine zweite
Verankerung von Bohlwerken durch sogen. Ankerpfähle
[* 1]
(Fig. 4) wird
besonders bei Bohlwerken mit aufgesetzten Bohlwerkspfählen angewandt, bei welchen auf einerReihe von
starken, unter Niedrigwasser eingerammten Grundpfählen, welche einer
Fäulnis nicht unterliegen, die Bohlwerkswand aufgesetzt
und an der Verbindungsstelle durch einen Verbindungsriegel und durch eiserne
Klammern,
[* 2] welche unter sich wieder durch Splintbolzen
verbunden sind, gegen
Verschiebung gesichert wird.
Einer Drehung und einem Umsturz derselben wird durch die mittels eines horizontalenRiegels verbundenen
Ankerpfähle vorgebeugt, welche durch Querzangen mit den auch durch einen Horizontalriegel verbundenen Bohlwerkspfählen
fest vereinigt sind. Die Futterbohlen setzen sich bei dieser
Anordnung des Bohlwerks, welche bei eintretender
Fäulnis und
erforderlicher Reparatur desselben das Herausnehmen und Ersetzen nur des aufgesetzten Teils nötig machen, auf den untern
Horizontalriegel auf und werden
oben so weit ausgeschnitten, als die Querzangen dies erfordern. Über
die statische Berechnung der Bohlwerke mit senkrechter Rückwand vgl. unter anderm »Deutsche
[* 3] Bauzeitung« 1870, S. 35 ff.
2) Theobald, berühmter Verfertiger von Holzblasinstrumenten (besonders
Flöten), geb. zu
München,
[* 8] war als Flötist langjähriges Mitglied der königlichen
Kapelle daselbst und auch als
Komponist für sein
Instrument, besonders
aber als Verbesser der
Konstruktion desselben thätig. Das
»System hat eine vollständige Umwandlung im
Bau der Holzblasinstrumente
hervorgebracht. Böhm ging im Anschluß an den
EngländerGordon von der
Idee aus, daß nicht die Bequemlichkeit
der
Applikatur, sondern die akustischen Prinzipien der besten
Resonanz maßgebend sein müssen für die Anbringung der Tonlöcher;
so stellte er erst die
Mensur der
Flöte fest und dann erst dann auf eine passende Einrichtung der
Mechanik.
Die früher sehr kleinen Tonlöcher machte er so weit, daß die Fingerspitze sie nicht völlig deckte
und durchweg
Klappen als Verschlußmittel nötig wurden. Der
Ton der Böhmschen
Flöte ist viel voller, runder, prinzipalstimmenartiger
als
der der alten
Flöte, wie denn die Gegner des
Systems an ihm auch das
Charakteristische des Flötentons vermissen. Böhm starb in
München. Er schrieb: »Über den Flötenbau und die neuesten Verbesserungen
desselben«
(Mainz
[* 9] 1847) und »Die
Flöte und das Flötenspiel, in akustischer, technischer und artistischer Beziehung«
(München).
Sein wissenschaftlicher Betrat war
Professor v.
Schafhäutl.
Jakob,
Mystiker und Theosoph, geb. 1575 als Bauernsohn zu Altseidenberg bei
Görlitz
[* 14] in der
Oberlausitz, erlernte
das Schuhmacherhandwerk und wurde auf seiner Wanderschaft mit mystischen, insbesondere Paracelsischen und Schwenkfeldschen,
Schriften bekannt, durch welche, verbunden mit eifriger Bibellektüre und grüblerischer
Anlage, er auf
»innere
Erleuchtung« verwiesen wurde. Nachdem er schon einmal sieben
Tage hindurch in einen ekstatischen Zustand geraten, ward
ihm 1600 eine abermalige
Verzückung zu teil, während welcher sein »astralischer«
Geist bis in den
Mittelpunkt der
Natur entrückt
wurde und das innersteWesen der Geschöpfe aus deren Gestalten,
Zügen und
Farben zu erkennen vermochte.
Den
Inhalt der dritten
Vision (im Jahr 1610) schrieb er nieder unter dem
Titel:
»Aurora, oder die
Morgenröte im
Ausgang« (1612),
welche
Schrift ihm Verfolgung und vom
GörlitzerMagistrat das Verbot zu schreiben zuzog. Böhme gehorchte sieben Jahre lang,
die er seinen
Sabbat nannte, worauf er, der innern
Stimme nachgebend,
¶
mehr
1617 Erbauungsstunden im Hause zu halten, von 1619 an auch wieder zu schreiben anfing und bis zu seinem Tod noch 21 Schriften
verfaßte, von welchen wir neben der schon oben genannten als die bemerkenswertesten anführen: »Von den drei Prinzipien nebst
Anhang«;
Den Mittelpunkt seiner in die Sprache
[* 17] der Alchimie und Naturphilosophie seiner Zeit, namentlich des Paracelsus, verhüllten
und deshalb schwer klarzumachenden Spekulation bildet die Frage nach dem Verhältnis der Kreatur und des in der Welt thatsächlich
vorhandenen Bösen zu Gott als dem Schöpfer einer vollkommenen Welt. In ersterer Hinsicht widerstrebt es ihm ebensosehr, daß
die Welt nach der Lehre
[* 18] der Orthodoxie aus dem reinen Nichts, wie daß sie aus einem Etwas außer der Gottheit
geschaffen sein sollte. In letzterer Hinsicht scheint es ihm ebenso unzulässig, daß der Urheber des Bösen Gott, wie daß
neben Gott ein zweites ursprünglich böses Prinzip (im Sinn des Dualismus der Manichäer) vorhanden sei.
Sein Bemühen geht dahin, die Kreatürlichkeit der Welt mit deren Ursprung aus Gott und die Existenz des
Bösen in der Welt mit der Helligkeit ihres Schöpfers in Einklang zu bringen. Dies versucht er, indem er die Gottheit als das
ursprüngliche Eine, welches Alles ist, als das natur- und unterschiedslose Mysterium, die »ewige Stille«, welche aber in sich
das Prinzip der »Schiedlichkeit« (d. h. die
Einheit, welche zugleich eine verborgene Mehrheit ist) trägt, von dem infolge jenes Prinzips in wirkliches Geschiedensein
übergegangenen und dadurch in den Gegensatz des, physisch genommen, Göttlichen und Ungöttlichen, moralisch genommen, Göttlichen
und Widergöttlichen (Guten und Bösen, welches ursprünglich beides in Gott war) auseinander getretenen göttlichen Wesens
unterscheidet.
Auf seiten dieses Un- und Widergöttlichen in Gott, welches er auch das Reich der Hölle und der Finsternis, den ZornGottes,
wie dessen Gegensatz das Reich des Himmels und des Lichts, die LiebeGottes nennt, steht das Geschaffene und Böse (welch letztere
Eigenschaft von der Geschöpflichkeit unabtrennlich ist) als das von Gott Geschiedene, wider ihn
sich Auflehnende (Luzifer), dessen Sein im Gegensatz zu dem »qualfreien« (d. h.
qualitätslosen) WesenGottes (der alles und keins von allen ist) als »Qual« (d. h.
als Qualität) bezeichnet wird.
Jenem entspricht in der offenbar gewordenen Gottheit das Höllen-, diesem das Himmelreich; zwischen beiden steht in der geschaffenen
Welt das (lebendige) Feuer (Sulphur) als Mittelglied zwischen Organischem und Unorganischen (Beseelten und Seelenlosem; auch
Gutem und Bösem, weil es sowohl einen zerstörenden [Zornfeuer] als einen wohlthätigen Charakter hat
[Liebesfeuer], daher auch Geist, Vernunft genannt), in der ungeschaffenen
Welt (d. h. in Gott) der HeiligeGeist, der »göttliche
Sulphur«, als Mittelglied zwischen dem materiellen, dunkeln Prinzip, dem »göttlichen Salniter« und dem seelischen, lichten
Prinzip, dem »göttlichen Merkurius« (Vater und Sohn), weil er von beiden zugleich ausgeht, wie der menschliche Geist
aus der Verbindung des starren Leibes mit der beweglichen Seele entspringt.
Der geschichtliche Prozeß des Bösen in der geschaffenen Welt wird in den Schöpfungsprozeß und dieser selbst als Durchgangsglied
in den innern geschichtlichen Werdeprozeß der Gottheit zum GeistGottes aufgenommen. Aus diesem Gesichtspunkt
begreift es sich, wie, nachdem Jacobi, der das Übersinnliche mittels »Intuition« suchte, auf die Visionen des »Schusters« wieder
aufmerksam gemacht und FichtesWissenschaftslehre den logischen Ternar: Einheit, Trennung, Wiedervereinigung in die Mode gebracht
hatte, die spekulative Philosophie Böhme als ihren Vorläufer ansehen konnte.
Als der letztere seinen Übergang von der rein rationalen zur geschichtlichen Philosophie vollzog, bildete
unter ausdrückliche Berufung auf Böhme der Ursprung des Bösen aus dem göttlichen »Ungrund« den Wendepunkt. Am meisten haben
dogmengläubige Philosophen, wie Saint-Martin, Fr. v. Baader, Günther, aus ihm geschöpft; letzterer schrieb ihm eine »somnambule,
clairvoyante Anschauung der Natur« zu, was zugleich das stärkste Urteil über seinen philosophischen Wert
ausdrückt.