2) Karl Ernst, Mediziner, geb. 21. Febr. 1809 zu Leipzig, Sohn des bekannten Anatomen Karl August Bock (geb. 1782, gest. 1833 in Leipzig
als Prosektor am anatomischen Institut daselbst und Verfasser zahlreicher medizinischer Schriften), studierte daselbst, war
während der polnischen Revolution als Hospitalarzt in polnischen und russischen Diensten thätig, habilitierte
sich 1832 als Privatdozent in Leipzig und ward 1839 zum außerordentlichen Professor der pathologischen Anatomie ernannt. Er
schrieb: »Handbuch der Anatomie des Menschen, mit Berücksichtigung der Physiologie und chirurgischen Anatomie« (Leipz. 1838, 2 Bde.; 4. Aufl.
1849),
»Anatomisches Taschenbuch« (das. 1839, 5. Aufl. 1864),
»Handatlas der Anatomie des Menschen« (das. 1843, 6. Aufl. 1871),
»Lehrbuch der pathologischen Anatomie und Diagnostik« (das. 1848, 4. Aufl. 1861 u.
1864),
»Atlas der pathologischen Anatomie« (das. 1855), Werke, in denen er die Lehren und Resultate der neuen Wiener Schule darlegte
und die Verbreitung derselben mit ebensoviel Geschick wie Erfolg vermittelte. Um dieselbe Zeit begann
seine schriftstellerische Thätigkeit in E. Keils »Gartenlaube«, in der er als Arzt belehrend und aufklärend, mahnend, warnend
und strafend unmittelbar auf das Volk einzuwirken suchte. Durch die zahlreichen populären Aufsätze mit ihrem klaren und eindringlichen,
oft rücksichtslos derben Vortrag hat er einen Einfluß auf die Volksgesundheitspflege gewonnen wie kaum jemand
vor ihm. Ein Teil dieser Aufsätze wurde von ihm in seinem »Buch vom gesunden und kranken Menschen« (Leipz. 1855, 13. Aufl.
1884) verarbeitet, welchem sich in seiner populären Tendenz der »Volksgesundheitslehrer« (das. 1865 u.
öfter) anschließt, dann die für die Schule berechnete Schrift »Bau, Leben und Pflege des menschlichen Körpers«
(das. 1868 u. öfter) und eine kleinere Schrift: »Die Pflege des Schulkindes«, wovon er viele Tausende von Exemplaren an Volksschullehrer
in Deutschland und Österreich unentgeltlich verteilte. Bock starb 19. Febr. 1874 in Wiesbaden, wohin er sich zuletzt zurückgezogen
hatte.
3) Franz, Kunstschriftsteller, geb. 1823 zu Burtscheid, wurde Kaplan in Krefeld und erhielt später die Pfarrstelle
zu St. Alban in Köln sowie ein Ehrenkanonikat an der Stiftskirche zu Aachen. Zu Krefeld veranstaltete er 1852 die erste größere
deutsche Ausstellung von alten Meisterwerken christlicher Kunst und gründete daselbst eine große Fabrik kirchlicher Seidenstoffe
nach mittelalterlichen Mustern. Sein Werk ist auch die Gründung des erzbischöflichen Museums und des Diözesankunstvereins
zu Köln sowie die von Musterschulen für kirchliche Stickereien zu Köln und Aachen und von Goldschmiedemeisterwerkstätten für
Kirchenschmuck und Kirchengeräte in Krefeld, Köln, Kempen und Aachen. Er gab heraus: »Die Kleinodien des heiligen römischen
Reichs deutscher Nation nebst den Kroninsignien Böhmens, Ungarns und der Lombardei« (in Folio, mit 58 chromolithographischen
Tafeln, Wien 1864);
»Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters« (Bonn 1861-71, 3 Bde.);
»Karls d. Gr. Pfalzkapelle
und ihre Kunstschätze« (Köln 1866-1867, 2 Bde.);
»Das Liebfrauenmünster zu Aachen« (Aachen 1866);
»Album mittelalterlicher
Ornamentstickerei« (das. 1866, Heft 1);
»Die mittelalterlichen Kunst- und Reliquienschätze zu Maastricht« (mit
Willemsen, Köln 1872) u. a.
Johann Michael, trefflicher Schauspieler, geb. 1743, war anfangs Barbier, kam 1762 in Mainz zu der Ackermannschen
Gesellschaft, mit welcher er nach Hamburg ging,
und nahm dann an den Wanderzügen der Seylerschen Gesellschaft teil, bis er 1775 beim
Hoftheater zu Gotha eine feste Anstellung fand. Im J. 1777 unternahm er die erste Rundreise zu Gastspielen
in Deutschland, führte nach Ekhofs Tod fast ein Jahr lang die Direktion des Gothaer Hoftheaters und ging nach dessen Auflösung 1779 zu
dem neuerstandenen kurfürstlichen Nationaltheater nach Mannheim, wo er der erste war, der Schillers Karl Moor und Fiesco spielte.
Er starb 18. Juli 1793 daselbst. Böck zeichnete sich durch routiniertes, auf den Effekt berechnetes Spiel aus
und ist der eigentliche Erfinder des beklatschten Abganges.
Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, in engem Felsgrund an der
Zwickauer Mulde und der Chemnitz-Aue-Adorfer Eisenbahn, mit Fabrikation von Glaceehandschuhen und Korbwaren,
Handel in Arzneikräutern und (1880) 2254 Einw.
eine Unart der Pferde, die darin besteht, daß sie beim Besteigen den Rücken aufkrümmen, den Kopf tief herunternehmen
und kurze Sprünge machen oder auch wohl hinten ausschlagen.
Das Bocken kann bei Reitpferden so erheblich sein, daß die Tiere
zum Gebrauch unter den gewöhnlichen Voraussetzungen sich nicht eignen.
Bei diesem Grad ist der Fehler
des Bockens der Stätigkeit gleich zu achten und eventuell als ein Gewährsfehler anzusehen, trotzdem ein besonders geschickter
Reiter das betreffende Pferd zu beherrschen vermag.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Hildesheim, Kreis Marienburg, an der Nette, hat ein Amtsgericht,
eine lutherische und kath. Kirche, ein Beghinen- u. ein Siechenhaus, Zucker- und Turmuhrenfabrikation, eine Wasserleitung und
(1880) 1974 Einw.
Fabrikstadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hanau, nahe bei Frankfurt a. M., mit dem sie durch Pferdebahn
verbunden ist, in der Ebene zwischen dem Main und der Nidda und an den Eisenbahnen Kassel-Frankfurt a. M.
und Frankfurt a. M.-Homburg, hat eine evangelische und eine kath.
Kirche, ein Amtsgericht, eine Realschule, Eisengießereien, Fabriken für Dampf-, Näh- und andre Maschinen, Mühleneinrichtungen,
Öfen, Dampfkessel, Metallperlen, Gasapparate, optische und mechanische Werkzeuge, Pianofortes, Tabak, Chemikalien, Möbel, Marmorwaren,
Knöpfe, Drahtgewebe, ansehnliche Kunst- und Handelsgärtnerei, ein Schlachthaus, eine Gasleitung, Steinbrüche,
besuchte Viehmärkte und (1880) mit der Garnison (3 Eskadrons Husaren Nr. 13) 15,396 Einw., darunter 4787 Katholiken
(1884: 17,264 Einw.). Bockenheim war bis 1819 ein Dorf.
1) Christian Friedrich von, bad. Staatsmann, geb. 13. Aug. 1777 zu Karlsruhe, studierte, nachdem er sich 1792-98
notdürftig als Schreiber seinen Lebensunterhalt erworben und dann noch das Gymnasium besucht hatte, 1799-1802
in Jena und Heidelberg Kameralien, ward 1803 nach dem Reichsdeputationshauptschluß Sekretär bei der Besitzergreifungskommission, 1807 Kammerrat
in Mannheim, 1810 Finanzrat in Karlsruhe und 1815 Geheimer Referendar. Auf dem ersten Landtag fungierte er als Regierungskommissar,
wurde 1820 Direktor der Oberrechnungskammer, 1821 Staatsrat und provisorischer, 1824 definitiver Chef des
Finanzministeriums und 14. Mai 1828 wirklicher Finanzminister. Trotz der verschwenderischen Neigungen und der Kabinettsregierung
des Großherzogs Ludwig gab er dem Staatshaushalt eine neue, bessere Organisation. Ein Gegner des Feudalwesens und des alten
mehr
Abgabensystems, machte er besonders durch den Gesetzentwurf über Zehntablösung seinen Namen populär, erwarb sich 1832 durch
freimütige Verteidigung der Verfassung allgemeine Achtung, zerfiel aber mit der liberalen Partei, als er das Recht der Kammer,
sich in finanzielle Fragen zu mischen, im Sinn der Wiener Konferenzbeschlüsse zu deuten suchte. Nachdem er 1844 das
Departement der Finanzen ausgegeben, übernahm er nach dem Rücktritt Blittersdorffs, dessen reaktionäre Absichten er mitunter
erfolgreich bekämpft hatte, als Präsident die Leitung des Ministeriums, wurde aber schon im März 1846 pensioniert und starb 21. Dez. 1855 in
Karlsruhe.
2) Philipp August, berühmter Philolog und Altertumsforscher, Bruder des vorigen, geb. 24. Nov. 1785 zu Karlsruhe,
vorgebildet daselbst, studierte seit 1803 unter Wolf in Halle, promovierte mit der »Commentatio in Platonis qui vulgo fertur
Minoem« (Halle 1806), wurde 1806 durch Schleiermacher Mitglied des pädagogischen Seminars zu Berlin, 1807 außerordentlicher
und 1809 ordentlicher Professor der Philologie in Heidelberg, 1811 in Berlin, daneben Direktor des philologischen, 1820 auch
des pädagogischen Seminars.
Seit 1830 zum Geheimen Regierungsrat ernannt, auch Mitglied der Berliner wie der meisten europäischen Akademien, starb er 3. Aug. 1867 in
Berlin als einer der gefeiertsten Gelehrten seiner Zeit. Böckh war der erste, welcher der höhern Auffassung der Philologie Geltung
verschaffte, wonach dieselbe in der umfassenden Kenntnis und Reproduktion des Altertums in seiner Gesamtheit
bestehen soll (s. Philologie). Seine Hauptwerke sind: »Die Staatshaushaltung der Athener« (Berl. 1817, 2 Bde.;
engl. von Lewis, Lond. 1828; 2. Aufl. 1843; franz. von Laligand, Par. 1828);
die beiden dem oben genannten Werk in der 2. Auflage
(Berl. 1851 bis 1852, 2 Bde.) teilweise
eingefügten Schriften: »Metrologische Untersuchungen über Gewichte, Münzfuße und Maße des Altertums« (das. 1838) und »Urkunden
über das Seewesen des attischen Staats« (das. 1840);
die Ausgabe des Pindar (Leipz. 1811 bis 1821, 4 Tle.) und das »Corpus inscriptionum
graecarum« (Berl. 1828-77, 4 Bde.;
Bd. 3 u. 4 von
Franz, Curtius, Kirchhoff und Röhl, 1877).
Aber auch seine kleinern Schriften sind höchst beachtenswert, als: »Graecae tragoediae
principum, Aeschyli, Sophoclis, Euripidis, num ea quae supersunt et genuina omnia sint« (Heidelb.
1808);
»Die Versmaße des Pindar« (Berl. 1809);
»Die Lehren des Pythagoreers Philolaos nebst den Bruchstücken«
(das. 1819) und die Ausgabe der Sophokleischen »Antigone« (das. 1843, neue Ausg. 1884);
ferner die aus der »Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft« abgedruckten Untersuchungen: »Manetho und die Hundssternperiode« (das. 1845);
»Untersuchungen über
das kosmische System des Platon« (das. 1852);
»Zur Geschichte der Mondcyklen der Hellenen« (Leipz. 1855);
»Epigraphisch-chronologische
Studien« (2. Beitrag zur Geschichte der Mondcyklen, das. 1856);
»Über die vierjährigen Sonnenkreise der Alten« (Berl.
1863).
Auch die Memoiren der Berliner Akademie, die Dissertationen der Philologischen Gesellschaft und andre Zeitschriften enthalten
reichhaltige Aufsätze von Böckh. Daneben hat er als Professor der Beredsamkeit an der Universität wie als erster Sekretär der Akademie
eine Reihe ausgezeichneter Reden in lateinischer und deutscher Sprache gehalten. Diese »Kleinen Schriften«
wurden von Ascherson, Bratuscheck und Eichholtz gesammelt herausgegeben (Leipz. 1858-74, 7 Bde.).
hat auch wesentlichen Anteil
an der neuen Ausgabe der Werke Friedrichs d. Gr. Aus den Originalheften seiner 1809-65 gehaltenen
Vorlesungen veröffentliche Bratuscheck die »Encyklopädie und Methodologie der philologischen Wissenschaften«
(Leipz. 1877). Der »Briefwechsel zwischen August und Karl Otfried Müller«, einen 20jährigen Zeitraum umfassend, erschien Leipzig 1883. Sein
Leben beschrieb Klausen in Hoffmanns »Lebensbilder berühmter Humanisten« (Leipz.
1837).
Vgl. Sachse, Erinnerungen an Böckh (Berl. 1868);
Stark (in den Verhandlungen der Würzburger Philologen-Versammlung von 1868).
3) Richard, Statistiker, Sohn des vorigen, geb. 24. März 1824 zu Berlin, trat 1845 nach Vollendung seiner staatswissenschaftlichen
Studien in den preußischen Staatsdienst, wurde 1852 Regierungsassessor, arbeitete am königl. Statistischen Büreau, seit 1855 an der
Regierung in Potsdam, seit 1861 nochmals am Statistischen Büreau zu Berlin, wurde 1864 zum Regierungsrat, 1875 zum Direktor
des Statistischen Büreaus der Stadt Berlin, 1881 zum außerordentlichen Professor ernannt. Von seinen Arbeiten beziehen sich
einige auf die Feststellung und genaue Abgrenzung der Sprachgebiete, so die »Sprachkarte
vom preußischen Staat« (Berl. 1864); »Die statistische Bedeutung
der Volkssprache als Kennzeichen der Nationalität« (das. 1866); »Der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet« (das.
1870) und die im Verein mit H. Kiepert herausgegebene »Historische Karte von Elsaß-Lothringen« (das. 1871). Von seinen andern
Schriften sind hervorzuheben: »Ortschaftsstatistik und historisch-geographische Übersicht des Regierungsbezirks
Potsdam« (Berl. 1861);
»Die geschichtliche Entwickelung der amtlichen Statistik des preußischen Staats« (das. 1863);
»Sterblichkeitstafel
für den preußischen Staat im Umfang von 1865« (Jena 1875);
»Die Bevölkerungs-, Gewerbe- und Wohnungsaufnahme
vom 1. Dez. 1875 in der Stadt Berlin« (Berl. 1878);
»Die Bewegung der Bevölkerung der Stadt Berlin in den Jahren 1869-78« (das.
1884).
Seit 1877 gibt er das »Statistische Jahrbuch der Stadt Berlin« heraus.