soll dem Sprachgebrauch zufolge eigentlich eine variköse
Ausdehnung
[* 2] der innern Hautvene an den Hinterschenkeln
der
Pferde
[* 3] und zwar an derselben Gegend des Sprunggelenks, an welcher der
Spat sich ausbildet, darstellen.
Ein solches Übel
kommt aber erfahrungsgemäß nicht vor.
Irrtümlich wird oft eine frisch entstandene oder auch überhaupt eine geringfügige
Sprunggelenkgalle Blutspat genannt.
(Stasis), eine Teilerscheinung vieler entzündlicher Vorgänge, folgt auf die der
Entzündung vorausgehende
Blutüberfüllung des betreffenden
Organs oder
Gewebes. Die Blutstockung kann aber auch längere oder kürzere Zeit
bestehen, ohne daß es zu Ernährungsstörungen und zur
Entzündung des betroffenen Teils kommt. Eine direkte
Beobachtung der
Blutstockung im Beginn der
Entzündung ist möglich, wenn man die
Zunge oder die
Schwimmhaut oder das
Netz eines
Frosches mit
Essigsäure
betupft und dann längere Zeit mit dem
Mikroskop
[* 4] betrachtet. Am
Menschen ist sie bis jetzt nur in sehr
unvollkommenem
Maß durch die von
Hüter angegebene Cheilangioskopie, die mikroskopische
Beobachtung der Lippenschleimhaut bei
auffallendem elektrischen
Licht,
[* 5] möglich.
und
Eisen,
[* 7] ein schon früher bei Dichtern etc. sich findender
Ausdruck, der besonders seit
BismarcksRede in der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses zum geflügelten
Wort und namentlich für
die Gegner der Bismarckschen
Politik zum
Schlagwort wurde.
(Haemorrhagia), das Austreten von
Blut aus den natürlichen
Röhren
[* 8] und
Gefäßen, welches, wenn es
nur tropfenweise geschieht, Stillicidium sanguinis, wenn es aber in kurzer Zeit in bedeutender
Menge stattfindet,
Blutfluß
oder
Blutsturz wird. Jeder größere Blutaustritt setzt eine
Verletzung der Blutgefäßwand voraus, so daß das
Blut aus dem
geöffneten
Gefäß
[* 9] ausströmen kann
(Extravasation des
Bluts). Indessen hat man neuerdings durch
Versuche und direkte mikroskopische
Beobachtung festgestellt, daß namentlich kleinere Blutungen auch ohne Gefäßzerreißung entstehen können, nämlich
auf die Art, daß die Blutkörperchen
[* 10] durch die unverletzte Gefäßwand gleichsam durchsickern (Blutung per diapedesin).
Man unterscheidet arterielle, venöse und kapilläre Blutungen, je nachdem das
Blut aus einer
Arterie,
[* 11] einer
Vene oder aus den
feinsten
Haargefäßen austritt. Die Blutung ist im allgemeinen um so reichlicher, je größer das
blutende
Gefäß, je stärker der in ihm herrschende Blutdruck, je größer die Ausflußöffnung und je geringer die
Widerstände
sind, welche dem Abfließen des
Bluts entgegenstehen; doch gibt es mannigfache
Abweichungen. Reißt z. B. die Herzwand selbst
oder eine krankhaft erweiterteAorta, so tritt im ersten
Fall nur so viel
Blut aus, als der
Herzbeutel fassen
kann, während im andern
Fall die
Menge je nach der
Lage des Durchbruchs viel reichlicher, d. h. augenblicklich tödlich, zu
sein pflegt; die
Verletzung einer großen
Vene ist zuweilen mit weniger Blutverlust verbunden als
eine auf Durchsickern
beruhende sogen. parenchymatöse Blutung des
Darms, wie sie bei gewissen
Störungen im Pfortaderkreislauf oder bei
Phosphorvergiftung
nicht so gar selten beobachtet wird.
Praktisch wichtig ist ferner die Unterscheidung in innere (verborgene) und äußere Blutung. Bei der äußern Blutung kommt
das extravasierte
Blut zum Vorschein, indem es sich auf derHaut,
[* 12] durch
Nase,
[* 13]
Mund,
Mastdarm,
Mutterscheide
etc. entleert. Bei der innern Blutung dagegen kommt das
Blut nicht zum Vorschein, sondern bleibt in den natürlichen
Höhlen und
Kanälen des
Körpers zurück, oder es liegt in den
Geweben der verschiedenen innern
Organe. Das frei hervortretende
Blut ist
häufig gemischt mit dem
Sekret gewisser
Drüsen (z. B. mit
Harn) oder mit dem auf den betreffenden
Schleimhäuten
abgesonderten
Schleim,
Eiter etc. Das in die
Gewebe
[* 14] extravasierte
Blut zeigt sich in verschiedenen
Formen: entweder kommen zahlreiche
ganz kleine, etwa nur stecknadelkopfgroße Blutaustritte (sogen.
Ekchymosen oder
Petechien) vor, welche gelegentlich in allen
möglichen
Geweben und
Organen angetroffen werden;
oder endlich das reichlicher ergossene
Blut zertrümmert die weichen
Parenchyme gewisser
Organe und stellt einen sogen. apoplektischen
Herd oder eine Blutlache dar.
Das
Blut, welches nach innern Blutungen in den
Organen
liegen bleibt, wird sehr häufig nach kürzerer oder längerer Zeit, nachdem die Blutkörperchen zu einem feinkörnigen Fettbrei
zerfallen sind, resorbiert. Indessen bleibt nicht selten etwas körniger brauner oder kristallinischer
Blutfarbstoff (Hämatoidin oder
Bilirubin) an der
Stelle der frühern Blutung zurück. War die Blutung größer, so trocknet das ergossene
Blut ein, gerinnt, wird blaß, nimmt eine graugelbe
Farbe an und zerfällt schließlich ebenfalls zu einem
Detritus, der entweder
gleichfalls resorbiert, oder mit
Kalksalzen durchsetzt wird und als steinige
Masse liegen bleibt.
Unter gewissen Umständen tritt
Verjauchung, d. h.
Fäulnis des ergossenen
Bluts, und infolge davon später gewöhnlich der
Tod ein. An der
Stelle eines in ein
Parenchym eingetretenen Blutergusses bleibt nach der
Aufsaugung des letztern häufig eine
Narbe oder ein cystenähnlicher, mit klarer, wässeriger
Flüssigkeit erfüllter Hohlraum (sogen. apoplektische
Cysten) zurück. Die meisten
Formen der Blutung werden schon durch ihren
Namen unterschieden:
Blutbrechen,
Bluthusten,
Nasenbluten,
Hämorrhoidalblutung,
Blutharnen, Mutterblutfluß etc.
Was die
Ursachen der Blutung anbetrifft, so sind es am häufigsten äußere, auf die
Blutgefäße einwirkende Schädlichkeiten,
welche dazu Veranlassung geben: vor allen
DingenWunden undVerletzungen jeder Art, sodann Wegnahme des
äußern
Luftdrucks von den
Gefäßen, z. B. beim
Aufsetzen der trocknen Schröpfköpfe oder beim Besteigen sehr hoher
Berge,
weiterhin starke und plötzliche
Muskelbewegungen beim
Husten,
Niesen, Stuhlgang etc., endlich die
Eröffnung der
Gefäße durch
benachbarte
Geschwüre, welche die Gefäßwand anfressen, etc. In andern
Fällen liegt die
Ursache der Blutung darin,
daß die Blutgefäßwände krankhafte Texturveränderungen erlitten haben und daher dem
Druck des in ihnen strömenden
Bluts
nicht den
¶
mehr
nötigen Widerstand entgegensetzen können, also einreißen müssen. Namentlich die spontane Zerreißung des Herzens und der
großen Arterien beruht gewöhnlich aus fettiger Erweichung der genannten Organe. Aus demselben Grunde treten zur Gehirnerweichung
gern Blutungen hinzu. Eine andre Ursache der Blutung beruht in der krankhaften Steigerung des Blutdrucks bei sonst gesunden Blutgefäßen,
z. B. bei Herzkranken. Jede Blutüberfüllung einer Gefäßprovinz, mag dieselbe auf vermehrtem
Zufluß oder auf verhindertem Abfluß des Bluts beruhen, kann zur Blutung führen.
Für manche Blutungen suchen wir die Ursache in einer krankhaften Beschaffenheit bald der Blutmischung, bald der Gefäßwände,
ohne dieselbe genauer bezeichnen zu können. Wir sagen in solchen Fällen, es bestehe eine Neigung zur
Blutung, eine hämorrhagische Diathese. Eine solche Krankheitsanlage besteht bei der Bluterkrankheit (s. d.), beim Skorbut, bei Typhus,
Pocken, Scharlach, Masern, Leukämie etc. Die Anzeichen, welche eine Blutung erkennen lassen, sind bei äußerer Blutung zunächst das Blut
selbst, welches bei arteriellem Ursprung oder bei Lungenblutung hellrot, bei Venenblutung dunkelrot und
bei längerm Verweilen im Magen
[* 16] schokoladenbraun bis schwarz aussieht.
Bei geringfügigem Erguß hat eine äußere Blutung keine weitere Bedeutung, während bei innerer Blutung weit
weniger auf die Menge als auf den Sitz und die Lebenswichtigkeit des betroffenen Organs ankommt. Eine linsengroße in der Netzhaut
des Auges kann Blindheit, eine kirschgroße Blutung im Streifenhügel des GehirnsLähmung einer Körperhälfte,
eine solche an der linken Stirnwindung Verlust der Sprache
[* 17] bedingen, während eine faustgroße in den Eierstock oft ganz symptomlos
verläuft.
Bei sehr reichlichen innern wie äußern Hämorrhagien treten allgemeine Zeichen ein, welche als Verblutungssymptome zu betrachten
sind: Blässe der Haut, namentlich des Gesichts, große Schwäche, leichtes Zittern der Glieder;
[* 18]
der Puls wird klein und weich,
aber sehr frequent, der Kranke atmet schneller, er klagt über heftigen Durst und Übelkeit, es wird ihm schwarz vor den Augen,
die Ohren klingen ihm, endlich wird er ohnmächtig und stürzt bewußtlos zusammen.
Wenn jetzt die Blutung noch
gestillt wird, so kann der Kranke wieder zur Besinnung kommen und am Leben erhalten bleiben. Hört die aber nicht auf, so
schließt sich unmittelbar der Tod an. Der Blutende gewährt das Bild eines Sterbenden, sein Antlitz ist verfallen, äußerst
bleich, es stellen sich krampfartige Zuckungen der Glieder ein, der Kranke thut einen Schrei, und im nächsten
Momentist er tot. Die Gesamtmenge des Bluts beträgt etwa 1/13 des Körpergewichts; hiernach richtet sich das Maß dessen, was
für jedes Individuum gefährlich ist, denn 1 kg wird von einem robusten Mann von 100 kg ohne allen Schaden
ertragen, während es für eine Person von 50-60 kg schon höchst bedrohliche Erscheinungen der Verblutung hervorrufen würde;
ein Verlust von der Hälfte des Gesamtbluts im Körper ist unter allen Umständen tödlich.
KleineKinder und Greise vertragen Blutverluste schlecht. Bei Neugebornen ist ein Blutverlust von 60-70 g mit
Lebensgefahr verbunden, ebenso bei einem einjährigen Kind ein Blutverlust von 250 g. Frauen ertragen große Blutverluste besser
als Männer. Wenn die Blutungen nach und nach, also in größern Pausen, erfolgen, so vermindert sich die Gefahr derselben,
weil inzwischen immer ein Wiederersatz des Bluts im Körper stattfindet. Es ist übrigens nicht zu leugnen,
daß die Blutungen zuweilen einen günstigen Einfluß auf den zeitweiligen Körperzustand ausüben, daß
z. B.
eine eintretende Hämorrhoidalblutung die vorausgegangenen unangenehmen Gefühle von Spannung und Druck im Unterleib, von Ziehen
im Rücken etc. heben, daß ein Nasenbluten zuweilen einen heftigen Kopfschmerz rasch verschwinden machen kann.
Insofern solche Blutungen diese Wirkung äußern, kann man sie wohl mit allem Recht, wie von Hippokrates'
Zeiten an schon geschehen, als kritische bezeichnen. Es muß aber doch nachdrücklich davor gewarnt werden, in der ein
Bestreben der Natur mit der Tendenz zu heilen sehen zu wollen. Denn dergleichen Blutungen werden häufig habituell, wiederholen
sich periodisch, und oft leidet dann die Ernährung des Körpers unter dem Einfluß ihrer häufigen Wiederkehr.
Das Aufhören oder Stehen der Blutung findet bei parenchymatösen oder venösen Ergüssen in der Regel ohne Kunsthilfe durch Gerinnung
und dadurch bedingten Verschluß der Gefäße statt. Schwieriger ist dies schon bei kleinern Arterien, sofern nicht
durch Ansammlung des ausgetretenen Bluts im umliegenden Gewebe ein mechanischer Widerstand gegen den innern Blutdruck geschaffen
wird. Bis zur Unmöglichkeit erschwert wird das freiwillige Stehen desBluts bei Verletzung größerer Arterien oder solcher
Gefäße, deren Wandungen durch Kalkeinlagerung starr geworden oder in starrem, knorpelhartem Gewebe eingebettet sind.
Ohne Blutgerinnung ist eine Blutstillung absolut unmöglich. Durch gewisse Einrichtungen des Körpers
wird die Blutstillung unterstützt, z. B. dadurch, daß der Blutdruck innerhalb der Gefäße mit der wachsenden Größe des
Blutverlustes abnimmt, sowie dadurch, daß das Blut um so schneller gerinnt, je mehr Blut der Mensch bereits verloren hat. Andre
Umstände erschweren die Blutstillung und müssen daher vermieden werden. Der blutende Teil darf nicht
herabhängen, sondern muß horizontal liegen;
der Blutende darf nicht gehen und stehen, sondern muß ruhig liegen;
er darf
nicht tief atmen;
der blutende Teil darf nicht warm, sondern muß kühl gehalten werden etc.
Die Behandlung, das Stillen der Blutung, bezieht sich nach dem Gesagten also in der Regel auf ausgiebige Blutungen.
Das erste und naturgemäß Mittel ist der Verschluß der zerrissenen Gefäße, sei es, daß man sie zudrückt oder mit einem
Tuch verbindet, Feuerschwamm auflegt, das Glied
[* 19] oberhalb der verletzten Stelle umschnürt oder in blutende Höhlen, z. B. Nase
oder Scheide, bis zum festen Verschluß Pfröpfe von Scharpie und Watte einstopft. Diese einfache Vorschrift
wird von Laien, die bei heftiger Blutung den Kopf verlieren, in kaum glaublicher Weise außer acht gelassen.
AlleMittel, welche durch Zusammenzieht kleiner Gefäße blutstillend wirken, wie Kälte in Form von Umschlägen, Eisblasen, Eispillen
oder heißes Wasser bei Blutung nach Entbindung oder wie die adstringierenden Mittel, Tannin, Bleizucker, Liquor
ferri sesquichlorati, oder Mutterkorn und das wirksame Ergotin, sind zur Mithilfe oder für Fälle, in denen die Blutung nicht direkt
zugänglich ist, gewiß höchst schätzenswert, aber sie sind eben nur ein Ersatz für den mechanischen Verschluß.
Wenn eine Pulsader spritzt, so soll man zunächst den Daumen auf die Stelle fest aufdrücken und, bis der
Arzt kommt, vor allem sorgen, daß das Blut nicht heraus kann. Ist jemand zur Hilfe da, so umgreift er das Bein oder den Arm dicht
oberhalb der blutenden Stelle und übt hier und womöglich noch außerdem in der Schenkelbeuge, bez.
in der Achselhöhle einen dauernden, möglichst kräftigen Druck aus. Mit Kälte und HoffmannsTropfen ist dabei nichts gethan!
Der Arzt¶