Wärmebildungsvermögen (z. B. die äußere
Haut)
[* 2] ein umgekehrtes Verhalten.
Die Blutmenge hat man auf sehr verschiedene
Weise zu bestimmen gesucht, und je nach der in Anwendung gezogenen
Methode sind
die
Resultate sehr verschieden ausgefallen. Erst in der Neuzeit hat man durch vollkommnere Untersuchungsmethoden übereinstimmendere
Werte erhalten, und es wurde ermittelt, daß das
Verhältnis des Bluts zu dem Körpergewicht beim
Menschen
etwa 1:13 beträgt, beim
Hund 1:11-1:18, bei der
Katze
[* 3] 1:11-1:20, beim
Kaninchen
[* 4] 1:12-1:22. Hungernde
Tiere erleiden eine schnelle
Abnahme ihrer Blutmenge. Ganz junge
Tiere besitzen relativ weniger Blut als ältere. In der ersten Hälfte der
Schwangerschaft
sah man bei
Tieren die Blutmenge nicht wesentlich verändert, während sie in der letzten Hälfte eine
bedeutende Zunahme erfuhr.
Selbst sehr große Blutverluste pflegt der
Körper ohne dauernde
Störungen zu ertragen, da sehr bald ein Wiederersatz des
verlornen Bluts stattfindet. Wie dieser Vorgang in seinen Einzelheiten erfolgt, ist uns noch unbekannt. Denn ist auch ein
Ersatz des
Wassers, der
Salze und der übrigen gelösten
Bestandteile durch
Resorption von der Darmhöhle aus leicht zu erklären,
so haben wir doch gar keine
Vorstellung davon, wie die gesamten
Bestandteile gebildet werden.
Auch die
Entwickelungsgeschichte
[* 5] vermag uns hier keine sichere Auskunft zu geben. Zu einer bestimmten Zeit erscheinen bei
den Embryonen die ersten Blutscheiben, gruppenweise den Wandungen der
Gefäße anliegend (Blutinseln) und später in das
Innere
derselben eindringend. Nach der Vereinigung der
Gefäße mit dem
Herzen werden diese Gebilde, die auch jetzt noch zahlreiche
Vorsprünge und
Auswüchse zeigen, weggeschwemmt. Diese Körperchen sind alle mit
Kernen versehen, welche nach der
Geburt der
Tiere sich nicht mehr vorfinden, und man beobachtet an ihnen zahlreiche auf Teilungsvorgänge zu beziehende
Bilder.
Später treten diese
Formen mehr in den
Hintergrund, und es gelangen zahlreiche farblose Blutkörperchen
[* 6] in das Blut, aus denen
Kölliker farbige, kernhaltige Blutkörperchen hervorgehen läßt.
Andre Beobachter wollen auch den Übergang der
farblosen in rote Blutkörperchen im B. entwickelter
Tiere wahrgenommen haben. Bestätigt sich dieses Verhalten einer reichern
Erfahrung gegenüber, so würde die
Frage nach dem Ursprung der roten Blutkörperchen untrennbar verknüpft sein mit der
Entwickelungsgeschichte
der farblosen.
Hinsichtlich der letztern ist bis zur
Stunde nichts Sicheres ermittelt. Buntzen hat die Zeit zu bestimmen
gesucht, welche zur Wiederherstellung des Bluts nach
Aderlässen erforderlich ist. Nach
Aderlässen bis zu 2 Proz. des Körpergewichts
fand er bereits nach 3-4
Stunden das alte Blutvolumen wieder vor, während zur
Restitution der Formbestandteile ein Zeitraum
von 7
Tagen erforderlich war; nach maximalen
Aderlässen
(ca. 4 Proz. des Körpergewichts) war das
Volumen
erst in 24-40
Stunden wieder das alte, während zur Herstellung der frühern
Zusammensetzung der Zeitraum von 4-5
Wochen verstrich.
(Kongestion), die Überfüllung einzelner Gefäßabschnitte mit
Blut.
Der Blutandrang ist entweder rein nervöser
Natur oder Begleiter einer
Entzündung.
Nur im erstern
Fall, z. B. beim Blutandrang zum
Kopf oder zum
Herzen, wobei
Angstgefühl und
Beklemmung aufzutreten pflegen, wird der Blutandrang Gegenstand spezieller Behandlung, die gewöhnlich in Darreichung
kühler
Getränke, von Eisumschlägen, Abführmitteln und zuweilen
Aderlässen besteht, aber niemals ohne genaue
Prüfung des
Falles verordnet werden darf.
(griech.
Anämie), im weitesten
Sinn sowohl eine Verminderung der normalen Blutmenge als
Ganzes
(Oligämie)
als besonders eine Verminderung der roten Blutkörperchen
(Oligocythämie), welche z. B. nach großen Blutverlusten eintritt
wenn das Blutwasser ersetzt ist, bevor die normale Zahl roter Blutzellen gebildet worden. Im letzten
Fall kreist demnach ein
zu wässeriges
Blut in den
Gefäßen, und man nennt diese Art der Blutarmut deshalb auch Hydrämie. Blutarmut entsteht
2) als
Folge mangelhafter
Nahrungs- und schlechter Luftzufuhr,
3) auf
Grund einer Erkrankung der blutbildenden
Organe oder
4) aus einer abnormen
Anlage und unvollständigen Thätigkeit der Kreislaufsorgane, besonders des
Herzens.
Man nennt die Blutarmut, welche aus einer der beiden ersten Entstehungsursachen beruht, sekundäre, die auf den beiden
letzten beruhende essentielle oder primäre Blutarmut. Da sich aber in Wirklichkeit eine so strenge
Scheidung nur selten aufrecht
erhalten läßt, weil häufig mehr als eine
Ursache der Blutarmut vorliegt, so behandeln wir die akute Blutarmut, bei
welcher
Blut als solches durch äußere oder innere
Ursachen aus den
Adern herausströmt, unter
Blutung (s. d.), die mehr abgeschlossene
vierte
Gruppe von
Störungen, welche vorwiegend Mädchen in der Entwickelungsperiode befällt, unter
Bleichsucht (s. d.), die
örtliche und die vorübergehenden Zustände dieser Art unter
Blässe (s. d.). Es bleibt demnach übrig
1) die Blutarmut durch Säfteverlust, schlechthin auch chronische
Anämie genannt, welche dadurch entsteht, daß dem
Blut fortdauernd
so viel seines wichtigsten
Bestandteils, des
Eiweißes, entzogen wird, daß dasselbe auch bei guter
Ernährung nicht ersetzt
werden kann. Dies tritt ein bei
Personen, welche an lang andauernden
Eiterungen leiden, bei
Frauen nach
langem
Stillen des
Kindes, bei Nierenkranken, welche viel
Eiweiß mit dem
Harn verlieren, bei Schwindsüchtigen, bei übertriebenen
Ausschweifungen und bei allen schweren
Fiebern, bei welchen die Eiweißstoffe im
Körper schneller verbrannt werden als im normalen
Stoffwechsel. Bei langem Bestehen dieser
Krankheiten wird die anfangs einfache Blutarmut schließlich zur
Kachexie
(s. d.). Die Behandlung richtet sich lediglich auf das Grundleiden. Ganz verschieden
hiervon ist
Blutauffrischung - Blu
* 7 Seite 3.59.
2) die Blutarmut solcher
Personen, welche ohne anderweitige
Krankheiten schlechten hygieinischen Einflüssen ausgesetzt sind. Diese
Art der Blutarmut befällt beide
Geschlechter ohne Unterschied des
Alters, und zwar wird der
Keim zu derselben
häufig schon im frühsten Kindesalter gelegt, wenn das
Kind, anstatt mit Muttermilch, mit allerhand künstlichen
Surrogaten
gefüttert wird, wenn es, anstatt in freier
Natur aufzuwachsen, in dumpfigen
Kellern und schmutzigen
Höfen verdorbene
Luft atmet,
oder wenn in bessern Verhältnissen jede
Stunde, welche die
Schule freiläßt, durch privaten Nachhilfeunterricht ausgefüllt
¶
mehr
wird. In letzterm Fall kann die körperliche Entwickelung mit der geistigen nicht Schritt halten, die Kinder werden schlaff,
abgespannt und müde, verlieren den Appetit und werden anämisch; besonders bei den ärmern Klassen entwickelt sich außerdem
sehr häufig noch die englische Krankheit, und bei beiden tritt sehr häufig das ganze Heer der auf skrofulöser
Basis beruhenden Krankheiten hinzu. Aber nicht allein das jugendliche Alter leidet an der Blutarmut, sondern auch Erwachsene werden
durch unzureichende Bewegung in frischer Luft und Sonnenschein, wie die Strafgefangenen, durch mangelhafte Nahrung sowie durch
geistige und körperliche Überanstrengung anämisch.
Die Krankheit äußert sich in allgemeiner Blässe der Haut, Schlaffheit im Denken und Handeln, Daniederliegen
der Darmthätigkeit und deshalb Appetitlosigkeit, ebenso in allgemeiner nervöser Schwäche und Reizbarkeit, wozu auch Schwindel
und Herzklopfen treten können. Hieraus ergibt sich die Behandlung dieser Blutarmut von selbst. Man wirke in den Arbeitervierteln
auf immer weiter greifende Verbesserungen der hygieinischen Verhältnisse, man schicke die Kinder in die
als höchst segensreich anerkannten Ferienkolonien auf das Land oder an die See.
Man beaufsichtige die Fabriken in Bezug auf Überanstrengung ihrer Arbeiter, auf Ventilation, Lichtzutritt, Heizung,
[* 8] sorge für
gute Kost und Erholung namentlich der jugendlichen Arbeiter. Man achte darauf, daß die Kinder weder in der Schule
noch im Haus frühzeitig überanstrengt werden, sondern beachte, daß eine gedeihliche geistige Entwickelung nur mit normaler
körperlicher Schritt halten darf; man empfehle den heranwachsenden Mädchen anstatt der Romanlektüre die Turnanstalten und
kräftige die Knaben durch Turnen, Schwimmen, Fechten und Retten. Bei bereits ausgebildeter Blutarmut sind zunächst ebenfalls die schädlichen
äußern Umstände zu beseitigen, die Verdauung ist durch geeignete Mittel anzuregen, ein Luftwechsel durch
eine Badereise an die See oder in die Berge zu bewerkstelligen und auch innerliche Gaben von China
[* 9] und Eisen
[* 10] sowie Bäder, welche
Eisen enthalten, anzuraten. -
3) Die gewöhnlich als essentielle Anämie bezeichneten Zustände der Blutarmut, welche auf mangelhafter Blutbildung
beruhen, lassen sich zuweilen aus voraufgegangene tiefgreifende Störungen des Stoffwechsels nach Typhus, nach langem Saugen
etc. zurückführen, zuweilen kennt man die Ursache nicht. Die blutbildenden Organe, Milz, Lymphdrüsen und Knochenmark, bilden
zwar Zellen; allein diese Wucherung ist mehr entzündlicher Natur, die Zellen werden zuweilen überhaupt nicht zu
roten Blutkörpern, sondern überschwemmen entweder das Blut mit farblosen Zellen (Leukämie), oder sind so wenig zahlreich,
daß eine völlige Verarmung des Bluts an roten und weißen Blutzellen eintritt. Im letzten Fall tritt der Tod unter den Erscheinungen
allgemeiner Verfettung des Herzens, der Nieren, der Leber ein, oft ist auch das Fettpolster der Haut sehr
dick, nicht selten erfolgen Blutungen in die Haut, in die Netzhaut des Auges, in den Herzbeutel etc. Wie der Name perniziöse Anämie
sagt, ist diese Blutarmut nicht heilbar.