Tracht der Bauern und Arbeiter; während der belgischen Revolution vertrat sie sogar die Montierung (Blusenmänner). Die Soldaten
Garibaldis trugen rote Blusen. Auch in Deutschland ist die Bluse als ein bequemes, um die Taille durch einen Gürtel zusammengehaltenes
Kleidungsstück in allgemeinen Gebrauch gekommen, besonders bei Jägern, Touristen u. dgl. Bluse heißt
auch ein bequemes Damenkleid, welches, um den Leib herum in kleine Falten gehegt, um den Hals fest anschließt, sonst aber
nach Stoff und Form sehr verschieden ist.
(Sanguis), eine Flüssigkeit, welche in einem geschlossenen Röhrensystem in beständigem Kreislauf den tierischen
Körper durchströmt, hierbei den einzelnen Körperteilen ihr Nährmaterial liefert, aber auch die
durch den Stoffwechsel unbrauchbar gewordenen Gewebsbestandteile aufnimmt und sie zum Zweck der Ausscheidung in besondere Organe
leitet. Das Blut bildet somit gewissermaßen den Mittelpunkt der gesamten Ernährung. Seine Verluste ersetzt es durch Ausnahme
neuer Stoffe aus der aufgenommenen Nahrung sowohl als aus der Luft.
Das Blut zeigt bei den verschiedenen Tierklassen große Abweichungen; das der Wirbeltiere besitzt eine rote Farbe (nur der auf
der niedersten Stufe der Entwickelung stehende Amphioxus lanceolatus hat farbloses Blut), das der Wirbellosen hingegen zeigt nur
in wenigen Abteilungen einen ähnlichen Farbstoff, in der Regel ist es farblos oder gelblich (sogen. weißes
Blut). Das Blut der Wirbeltiere ist eine rote, alkalisch reagierende Flüssigkeit, welche selbst in den dünnsten Schichten undurchsichtig
ist und welche aus einer farblosen, klaren Flüssigkeit (plasma sanguinis) und zahlreichen mikroskopischen Körperchen, Blutkörperchen,
besteht. Das frische hat meistens einen eigentümlichen Geruch, der je nach den Tiergattungen verschieden
und für einzelne, z. B. Katze, Hund, Schaf, Ziege, ziemlich charakteristisch ist. Das spezifische Gewicht des Bluts schwankt
zwischen 1,040 und 1,075.
Die Blutkörperchen.
Man unterscheidet zwei Arten von Blutkörperchen, nämlich die roten und die farblosen; die letztern sind im B. gesunder Wirbeltiere
nur in spärlicher Menge enthalten. Die roten Blutkörperchen oder Blutscheiben (1658 von Swammerdam entdeckt)
bilden beim Menschen
[* ]
(Fig. a) und bei den Säugetieren runde, in der Mitte verdünnte (bikonkave) Scheiben, während sie bei
den übrigen Wirbeltieren
[* ]
(Fig. b-e) eine elliptische Form besitzen. Der Gehalt des Bluts an Körperchen beträgt normal 30-40
Proz. seines Gesamtvolumens. Die Größe der roten Scheiben schwankt auch bei einem und demselben Individuum,
wie sich das aus folgender Tabelle ergibt:
Größe in 1/1000 mm
Maximum
Minimum
1) Säuger
Mensch
8.50
6.00
Affen
7.58
6.85
Fledermäuse
6.85
5.70
Nagetiere
8.00
6.00
Raubtiere
7.75
4.44
Dickhäuter
9.26
5.65
Wiederkäuer
6.45
2.07
Beuteltiere
7.47
6.25
Walfische
8.20
6.67
2) Vögel
Längendurchmesser
16.95
9.09
Querdurchmesser
9.52
6.33
3) Reptilien
Längendurchmesser
22.73
14.71
Querdurchmesser
21.28
9.26
4) Amphibien
Längendurchmesser
62.50
20.83
Querdurchmesser
33.33
12.82
5) Knochenfische
Längendurchmesser
16.39
9.09
Querdurchmesser
10.53
6.37
6) Knorpelfische
Längendurchmesser
32.26
25.64
Querdurchmesser
19.23
12.66
7) Rundmäuler
14.71
11.49
Neben diesen Blutscheiben werden noch besonders kleine, mehr rundliche, nicht scheibenförmige Körperchen angetroffen. Man
bezeichnet sie als Mikrocyten. Bei erwachsenen gesunden Individuen finden sie sich nur spärlich, reichlicher bei jugendlichen
Individuen sowie bei anämischen Erkrankungen.
Die roten Blutscheiben sind so zahlreich vertreten, daß z. B. 1 cmm
Menschenblut ca. 5 Mill. dieser Gebilde enthält. Trotz der geringen Größe eines einzelnen Blutkörperchens repräsentieren
die sämtlichen im Organismus vorhandenen Scheiben eine ganz enorme Oberfläche. Schätzt man die Blutmenge eines Menschen auf 440 ccm,
und veranschlagt man mit Welcker die Oberfläche eines jeden Blutkörperchens auf 0,00012 qmm,
so beträgt diejenige der gesamten Blutkörperchen 2816 qm oder eine Quadratfläche, welche auf kürzestem Weg zu durchschreiten 80 Schritt
kostet. Die roten Blutscheiben erteilen dem Blut seine Farbe und machen es zugleich undurchsichtig. Einzeln unter dem Mikroskop
betrachtet, erscheinen sie
mehr
blaßgelb, mehrfach übereinander geschichtet aber rot. Von oben gesehen, erscheinen sie als runde Scheiben
[* ]
(Fig. a 1), welche
in der Mitte ihrer Oberfläche eine Vertiefung zeigen und von einem dickern Rand umgeben sind. Von der Kante gesehen
[* ]
(Fig.
a 2), erscheinen sie biskuitförmig, woraus ihre bikonkave Gestalt erkannt ist. Im mikroskopischen Präparat
findet man zahlreiche geldrollenähnliche Aggregate von Blutscheiben
[* ]
(Fig. a 3). In der Gestalt der roten Scheiben sind zwei
mechanische Grundformen repräsentiert, nämlich diejenige der Scheibe und die des Ringes. Letztere tritt uns in der Peripherie
entgegen. Diese Kombination ist die denkbar günstigste, um bei Anwendung einer möglichst geringen Masse
eine große Oberfläche und zugleich eine bedeutende Festigkeit zu erzielen.
Die roten Blutkörperchen sind im frischen Zustand außerordentlich geschmeidig und beweglich und deshalb im stande, schon
bei sehr mäßigem Druck Öffnungen zu passieren, welche geringern Durchmesser als sie selbst haben. So ist man z. B. nicht
im stande, die Blutscheiben durch Filtration mittels Fließpapiers von dem Plasma zu trennen; die frischen
Blutkörperchen vermögen vielmehr selbst die engen Poren des Papiers zu passieren. Hat man aber die Körperchen durch Glaubersalzlösung
gehärtet, so bleiben sie jetzt auf dem Filter zurück, und es fließt ein fast farbloses Filtrat ab. Neben der großen Geschmeidigkeit
kommt den frischen Blutkörperchen eine bedeutende Elastizität zu, vermöge deren sie sofort in ihre alte Form zurückkehren,
sobald sie durch Schleudern gegen die Gefäßwand oder beim Durchpressen durch die Kapillaren die absonderlichsten Gestalten
angenommen haben.
Die Blutscheiben enthalten einen roten Farbstoff, das Hämoglobin (s. d.), welcher für die Atmung von außerordentlicher
Bedeutung ist. Diesen Farbstoff vermag man von den Körperchen zu trennen; er tritt dabei in das Plasma über und färbt dieses
rot. Bei dieser Trennung verliert das Blut seine undurchsichtige Beschaffenheit, es hört auf, Deckfarbe zu sein, und wird durchsichtig
und lackfarbig. Eine derartige Beschaffenheit erhält das Blut beim Erwärmen auf 60°, beim öftern Gefrierenlassen
und Auftauen, beim Verdünnen mit Wasser, beim Versetzen mit Galle oder Gallensäuren, mit Äther, Alkohol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff
und auf zahlreiche andre Arten.
Der rote Farbstoff, das Hämoglobin, ist ein kristallisierbarer und eisenhaltiger Eiweißkörper, dessen Kristalle zu den prachtvollsten
Gebilden der organischen Chemie zählen. Sie sind in Wasser, leichter noch in schwach alkalischen Flüssigkeiten
löslich. Diese Lösungen zersetzen sich nach einigen Tagen, besonders in der Wärme, und erscheinen dann bei auffallendem Licht
schmutzig braunrot, bei durchfallendem Licht aber grün. Das Hämoglobin, dem überhaupt nur eine sehr geringe Beständigkeit
zukommt, zerfällt hierbei in Eiweißkörper und Hämatin, einen Farbstoff, dem man sehr häufig in alten
Blutextravasaten begegnet.
Das Hämoglobin verbindet sich mit Sauerstoff außerordentlich leicht (1 g Hämoglobin vermag 1,2-1,3 ccm Sauerstoff aufzunehmen)
und bildet Oxyhämoglobin, dessen Lösung zinnoberrot ist, während die des Hämoglobins dunkel kirschbraun erscheint. Die Verschiedenheiten
in der Farbe zwischen arteriell und venösem Blut sind auf einen größern Gehalt des erstern an Oxyhämoglobin
zurückzuführen. Die Aufnahme des Sauerstoffs ist innerhalb weiter Grenzen vom Luftdruck abhängig, denn erst bei einem Absinken
desselben jenseit 30 mm Quecksilber verliert
das Oxyhämoglobin merkliche Mengen von Sauerstoff. An leicht oxydierbare Körper
hingegen gibt es den Sauerstoff schnell ab.
Außer dem Hämoglobin enthalten die Blutscheiben noch Eiweißkörper, geringe Mengen von Lecithin und Cholesterin,
mineralische Bestandteile und Wasser. Hinsichtlich der Salze zeigt sich ein großer Unterschied zwischen Blutkörperchen und
Blutflüssigkeit. Während nämlich letztere sehr reich an Chlor und Natrium ist, kommen diese Stoffe den Blutscheiben kaum
zu, und man trifft in diesen große Quantitäten von Kalium und Phosphorsäure an, Stoffe, welche die Blutflüssigkeit
nur in sehr geringer Menge enthält.
Die farblosen Blutkörperchen (weiße Blutkörperchen, Lymphkörperchen, Wanderzellen, Leukocyten,
[* ]
Fig. f g) wurden 1770 von
Hewson entdeckt. Sie bestehen aus leicht beweglichen Protoplasmamassen, die in den verschiedensten Gestalten erscheinen,
und denen nur im Zustand starker Reizung oder nach dem Absterben eine bestimmte Form, die sphärische,
zugeschrieben werden kann. Die Gebilde sind ohne jede Umhüllungshaut und bergen in ihrem Innern einen, mitunter auch mehrere
Kerne und zahlreiche kleine, stark lichtbrechende Körnchen.
Ihre Größe schwankt innerhalb weiter Grenzen, doch sind sie im B. der Säugetiere fast stets größer als
die roten Blutscheiben. Ihre Menge ist nur gering, unter normalen Verhältnissen dürfte ein farbloses Körperchen auf 350-500
rote Scheiben kommen. Der chemische Bau und die Lebensthätigkeit der farblosen Blutkörperchen sind uns nur sehr mangelhaft
bekannt. Besonders in die Augen springend ist die Fähigkeit der Körperchen, ihre Gestalt zu verändern
und Bewegungen auszuführen. In passenden Nährflüssigkeiten und bei Temperaturen von 30 bis 40° kann man beobachten, wie
das Körperchen einen oder mehrere Fortsätze ausschickt, die allmählich an Umfang zunehmen und sich derartig flächenhaft
ausbreiten, daß sie nach einiger Zeit der übrigen Zellmasse an Umfang nicht nachstehen.
Bald erblickt man die ganze Zelle da, wo früher nur ein schmaler Fortsatz beobachtet wurde. Indem Protoplasmafäden
sich bald hier, bald dahin ausbreiten und den übrigen Körper nachfließen lassen, kommen Ortsveränderungen zu stande, welche
lebhaft an diejenigen der auf der niedersten Stufe der Lebensformen stehenden Amöben erinnern, und welche man deshalb als
die amöboiden Bewegungen der farblosen Blutkörperchen bezeichnet hat. Die Körperchen vermögen auch feste Partikelchen
ihrem Zellleib einzuverleiben, indem dieselben zunächst von Protoplasmafortsätzen umfaßt werden.
Kraft ihrer amöboiden Bewegungen vermögen die farblosen Blutkörperchen selbst die anscheinend ganz impermeabeln Wandungen
der feinsten Blutgefäße zu durchbohren, ein Vorgang, den man als Auswanderung der farblosen Blutkörperchen
bezeichnet hat, und der zuerst von Waller, später von Cohnheim beobachtet worden ist. Der nähere Vorgang bei dieser Auswanderung
(Diapedesis) gestaltet sich folgendermaßen: Die farblosen Blutkörperchen haben im allgemeinen die Eigentümlichkeit, sich
nicht im Achsenstrom fortzubewegen, sondern längs der Gefäßwandung in ruhigerer Bewegung dahinzugleiten;
oftmals sieht
man, wie ein farbloses Blutkörperchen gar nicht mehr vom Strom fortgerissen wird, sondern wie es sich
der Wandung des Gefäßes fest anlegt. Es verliert nun bald die bis dahin mehr oder weniger sphärische Gestalt und beginnt
aktive Bewegungen auszuführen.
Hat man die farblosen Blutkörperchen mit feinkörnigen Farbstoffen
mehr
(Zinnober) gefüttert, so sieht man nach einiger Zeit sehr deutlich, wie es den Protoplasmafortsätzen des Körperchens gelungen
ist, sich durch die Gefäßwand hindurchzubohren. Bald erscheint außerhalb des Gefäßes eine unregelmäßig gestaltete Protoplasmamasse,
welche nach und nach an Umfang zunimmt, während in demselben Verhältnis der im Innern des Gefäßes noch rotierende
Teil des Körperchens an Masse einbüßt. Schließlich ist innerhalb des Gefäßes nur noch ein kleiner, runder Punkt anzutreffen,
endlich wird auch dieser von dem außerhalb des Gefäßes liegenden Zellleib angezogen, und das Blutkörperchen liegt jetzt
außerhalb des Gefäßes in den Lymphspalten oder in den Maschen des Bindegewebes, um von hier aus weiter
zu wandern.
Welche Bedeutung die Diapedesis für die Physiologie hat, ob das farblose Blutkörperchen bei seiner Wanderung den Geweben Ergänzungs-
oder Nährmaterialien bestimmter Art zuträgt, oder ob es bei seiner Wanderung Funktionen andrer Art ausübt, ist noch völlig
dunkel. Wie die farblosen, so vermögen auch die roten Blutkörperchen die Gefäßwandung zu durchwandern;
indessen ist die Diapedesis dieser Gebilde innerhalb der physiologischen Grenzen nur unbedeutend. Übrigens wird die Diapedesis
der roten Blutkörperchen immer erst nach dem Austritt der farblosen angetroffen.
Blutplasma und Serum.
Die von den Blutkörperchen befreite Blutflüssigkeit bildet das Blutplasma. Die Gewinnung desselben hatte früher mit großen
Schwierigkeiten zu kämpfen, ist aber seit der Entdeckung, daß man durch Injektion kleiner Mengen von Pepton in die Blutbahnen
eines lebenden Tiers dem Blut seine Gerinnungsfähigkeit vorübergehend vollständig zu rauben vermag, außerordentlich einfach.
Sammelt man peptonhaltiges in Cylindergläsern auf, so senken sich die Blutkörperchen, und es sammelt sich oben
eine Schicht einer ganz klaren Flüssigkeit von mehr oder weniger bernsteingelber Farbe an, welche reines Plasma darstellt.
Dieses besitzt eine alkalische Reaktion und enthält ca. 90 Proz. Wasser, 7-9 Proz. Eiweißstoffe verschiedener Art, geringe
Mengen von Harnstoff, Kreatin und andre stickstoffhaltige Zersetzungsprodukte, Traubenzucker, Fett, Cholesterin, Lecithin und mineralische
Bestandteile. Unter letztern befindet sich besonders Natrium in Verbindung mit Chlor und Kohlensäure. Auf
anderm als auf dem eben beschriebenen Weg ist reines Plasma nur mühsam zu gewinnen wegen der schnell eintretenden Gerinnung
des Bluts.
Kurze Zeit nach dem Aufsammeln des Bluts erstarrt es nämlich zu einer weichen, roten Gallerte. Dieser Prozeß
beruht darauf, daß gewisse Eiweißkörper in den festen Zustand übergehen, wodurch das Fibrin (Faserstoff) gebildet wird.
Nach einiger Zeit beginnt das Gerinnsel sich zusammenzuziehen und fester zu werden, wobei es eine völlig klare Flüssigkeit,
das Blutwasser (Serum), austreibt. Der feste, rote Kuchen heißt Blutkuchen (placenta sanguinis), er besteht aus vielfach
sich durchkreuzenden, mikroskopisch seinen Fäden von Faserstoff (Fibrin), in dessen Zwischenräumen Nester von Blutkörperchen
angetroffen werden.
Reiner als auf diesem Weg erhält man das Fibrin durch Quirlen von frisch gelassenem Aderlaßblut mit einem Glas- oder Holzstäbchen
(Defibrination des Bluts); der Faserstoff scheidet sich hierbei in Form langer, elastischer Fäden aus,
die, von eingeschlossenen roten Blutscheiben durch längeres Auswaschen völlig befreit, weiß und im feuchten Zustand höchst
elastisch sind. Der Fibringehalt des Bluts ist überraschend gering; er beträgt höchstens 7, meistens
aber nur 2 pro Mille.
Die Schnelligkeit und Vollständigkeit der Gerinnung wird durch zahlreiche Einflüsse vielfach modifiziert.
Verzögern läßt sich die Gerinnung: durch Abkühlung des Bluts, Auspumpen des Sauerstoffs, Sättigung
des Bluts mit Kohlensäure, Zusatz gewisser Salze, wie schwefelsaures, borsaures und kohlensaures Natron, Chlornatrium, schwefelsaure Magnesia,
salpetersaures, essigsaures und kohlensaures Kali, Chlorkalium, weiter durch Zufügen geringer Mengen von kaustischem Kali oder
Ammoniak, durch schwaches Ansäuern mit Essig- oder Salpetersäure und durch Zusatz von Zuckerwasser oder
Gummilösung.
Völlig aufheben läßt sich die Gerinnung während des Lebens durch Injektion von Pepton in die Blutbahn, bei Aderlaßblut
durch genaues Neutralisieren des angesäuerten Bluts mit Ammoniak oder durch andauernde Einwirkung von Ozon. Beschleunigen läßt
sich die Gerinnung durch Erwärmen des Bluts über seine normale Temperatur hinaus. Eine eigentümliche
Modifikation im Vorgang der Blutgerinnung ist die Bildung der sogen. Speckhaut (crusta phlogistica, Entzündungshaut) im Aderlaßblut.
Wenn nämlich die Ausscheidung des Faserstoffs aus irgend welchen Gründen sehr verzögert wird, so haben die Blutkörperchen
Zeit, sich zu senken, bevor die Gerinnung eintritt. Erfolgt die letztere endlich, so wird die obere Schicht
des Faserstoffs keine Blutkörperchen einschließen, also weißgrau erscheinen und sich stärker zusammenzieht. Diese weißgraue,
über dem Cruor liegende Gerinnselschicht nennt man Speckhaut. Früher legte man der Erscheinung der Speckhaut große Bedeutung
bei, indem man sie als pathognomonisches Zeichen einer im Körper bestehenden Entzündung auffaßte und darin
eine Aufforderung sah, den Aderlaß vorzunehmen.
Neuerdings hat man sich allgemein davon überzeugt, daß die Speckhautbildung von gar keiner praktischen Bedeutung ist. In der
Schnelligkeit, mit der das den Gefäßen entnommene Blut bei den verschiedenen Säugetieren gerinnt, bestehen übrigens so große
Verschiedenheiten, daß z. B. beim Pferde die Bildung einer umfangreichen Crusta ein durchaus physiologischer
Vorgang ist. Hinsichtlich der Ursachen der Blutgerinnung hat erst die neuere Zeit ermittelt, daß der Faserstoff nicht als
solcher in dem zirkulierenden Blut vorhanden sei, sondern aus einem gelösten Eiweißkörper (Fibrinogen) hervorgeht sobald
ein zweiter Eiweißkörper, die fibrinoplastische Substanz, und ein dritter Körper, das Fibrinferment, zugegen
sind.
Die fibrinoplastische Substanz ist identisch mit dem Paraglobulin. Das Fibrinferment ist im lebenden Blut nicht enthalten, sondern
erst ein Produkt der abgestorbenen farblosen Blutkörperchen. Das seines Faserstoffs beraubte Plasma heißt Serum. Dieses läßt
sich sehr einfach aus defibriniertem Blut gewinnen, indem man nur nötig hat, das Senken seiner geformten
Bestandteile abzuwarten. Letzteres geschieht sehr schnell, wenn man die Flüssigkeit der Wirkung der Zentrifugalkraft aussetzt.
Das Serum enthält alle Stoffe des Plasmas mit Ausnahme des Fibrins. Es stellt eine alkalische Flüssigkeit dar, die bei nüchternen
Tieren völlig durchsichtig erscheint und schwach gelblich gefärbt ist. Nach reichlichem Fettgenuß nimmt das Serum
eine mehr oder weniger starke milchige Trübung an; es enthält alsdann zahlreiche feine Fettkörnchen, die sich bei ruhigem
Stehenlassen aus der Oberfläche in Form einer mehr oder weniger starken Rahmschicht absetzen. Von den gelösten Stoffen des
Serums sind die Eiweißkörper in erster Linie zu nennen. Wir kennen als solche: Serumalbumin,
mehr
Natronalbuminat (Serumkasein), Paraglobulin und Pepton. Das Serumalbumin ist der Quantität nach der erste Eiweißkörper des Serums,
da dieses 6-8 Proz. enthält. Erhitzt man Serum nach völliger Entfernung des in ihm enthaltenen Paraglobulins und Natronalbuminats,
nach vorherigem Verdünnen mit dem zehnfachen Volumen Wasser und nach mäßigem Ansäuern mit verdünnter Essigsäure auf
70-75°, so scheidet sich das Serumalbumin in dicken, weißen Flocken aus.
Bei der Gerinnung wird nur das Fibrinogen in seiner ganzen Menge ausgeschieden, während eine erhebliche Quantität von Paraglobulin
im Serum zurückbleibt. Pepton ist nur zur Zeit der lebhafteste Eiweißverdauung und auch dann nur in sehr kleiner Menge im
B. anwesend. Außerdem enthält das Serum Zucker (vorherrschend Traubenzucker oder Maltose) als durchaus
normalen Bestandteil des Bluts von Menschen und Säugetieren; selbst das Blut hungernder Tiere enthält Zucker.
Man war früher der Ansicht, daß der Blutzucker aus der Leber stamme und vom Glykogengehalt dieser abhängig sei; neuere Untersuchungen
konnten indessen die Lehre von der zuckerbildenden Funktion der Leber durchaus nicht bestätigen. Fett trifft
man in Form kleiner Körnchen zur Zeit der Fettresorption und einige Stunden später im Serum an. Lecithin und Cholesterin finden
sich unter den in Äther löslichen Bestandteilen des Serums. Ein nicht unerheblicher Teil der Phosphorsäure des Serums ist
an Lecithin gebunden. Weiter sind im Serum geringe Mengen von Harnstoff, Harnsäure, Kreatin, Kreatinin und Karbaminsäure angetroffen
worden, Körper, die ausnahmslos als Produkte der regressiven Metamorphose, als Schlacken des Stoffwechsels aufgefaßt werden
müssen.
Die mineralischen Bestandteile des Serums betragen ca. 0,75 Proz.; konstant werden angetroffen: Natrium, Calcium, Magnesium, Spuren
von Eisen, Chlor, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Kohlensäure, Kieselsäure. Magnesium und Eisen sind nur in
sehr geringen Mengen vertreten; reicher ist schon der Kalkgehalt, doch ist auch dieser im Hinblick auf die außerordentlich
große im Organismus vorhandene Kalkmenge sehr gering. Die durchaus dominierende Base ist das Natrium.
Hinsichtlich der natürlichen Verbindungsweise der verschiedenen mineralischen Bestandteile unterliegt
es keinem Zweifel, daß das Chlor, ein Teil der Phosphorsäure und der Kohlensäure fast ausschließlich an das Natrium gebunden
sind. Der Gehalt des Serums an Chlornatrium zeigt eine höchst überraschende Unveränderlichkeit. Gleichgültig, ob mit der
Nahrung viel oder wenig Kochsalz aufgenommen wurde, stets findet man im Serum annähernd 0,5 Proz. Chlornatrium.
Jeder Überschuß an Kochsalz, der dem Blut vom Darm aus zugeführt wird, gelangt schnell in den Harn, während bei mangelhafter
Zufuhr dieses Körpers das Blut seinen Kochsalzgehalt mit außerordentlicher Zähigkeit zu wahren sucht. Zur Würdigung dieser
Erscheinung sei bemerkt, daß das Chlornatrium im B. in einer Konzentration enthalten ist, in der es die
bedeutungsvolle Fähigkeit besitzt, sämtliche Formbestandteile des Körpers in ihrer natürlichen Gestalt zu erhalten.
Lösungen geringerer Stärke bewirken Quellung, solche größerer Konzentration aber Schrumpfung der Gewebe, Veränderungen,
die beide schwere Funktionsstörungen nach sich ziehen wurden. Entzieht man einem Frosch sein Blut bis auf den
letzten Tropfen, und ersetzt man dasselbe durch eine ½proz. Kochsalzlösung (Cohnheimsche Salzfrösche), so bewahrt der Organismus
längere Zeit hindurch noch vollständig seine Lebensfähigkeit. Selbstverständlich vermag
das Kochsalz hierbei den Geweben
die zur Kraftentfaltung nötigen Spannkräfte nicht zuzuführen, die Funktionen geschehen vielmehr auf Kosten der in den Organen
aufgespeicherten Spannkräfte und hören auf, wenn diese verzehrt sind.
Das Serum enthält auch Gase, welche unter der Luftpumpe entweichen und wesentlich aus Kohlensäure neben wenig Sauerstoff und
Stickstoff bestehen. Das Serum vermag fast das Doppelte seines Volumens an Kohlensäure zu absorbieren; dieses ist eine Funktion
des im Serum enthaltenen kohlensauren Natrons, und das Absorptionsvermögen ist um so größer, je reicher
an diesem Salz das Serum ist. Das kreisende Blut enthält in seinem Serum niemals das Maximum der absorbierbaren Kohlensäure, es
vermag vielmehr unter geeigneten Verhältnissen noch neue Mengen dieses Gases aufzunehmen.
Veränderung des Bluts auf seiner Wanderung.
Das in den Gefäßen kreisende Blut ändert ununterbrochen seine physikalischen und chemischen Eigenschaften.
Unaufhörlich sehen wir auf der einen Seite eine durch die Speisung der Gewebe bedingte Abgabe von Nährstoffen und eine Ausfuhr
unnützer Zerfallsprodukte, während uns auf der andern Seite eine ununterbrochene Zufuhr neuer Nährstoffe, aber auch eine
neue Aufnahme von Zerfallsprodukten aus den Geweben entgegentritt. Durch diese Veränderungen ist die Zusammensetzung
des Bluts so großen Schwankungen unterworfen, daß es kaum zwei Stellen im Organismus geben dürfte, an denen das Blut von genau
gleicher Beschaffenheit wäre.
Sieht man von den feinern Differenzen ab, so hat man wegen besonders großer Verschiedenheiten in der Beschaffenheit zwei Arten
von Blut zu unterscheiden, nämlich arterielles und venöses. Ersteres trifft man im linken Herzen, den gewöhnlichen Arterien
und den Lungenvenen, letzteres im rechten Herzen, den übrigen Venen und in der Lungenarterie an. Die gröbern Differenzen zwischen
den beiden Blutarten beziehen sich besonders auf Farbe, Gasgehalt, Gerinnungszeit und Temperatur.
Der Unterschied in der Farbe ist nicht so groß, wie man häufig angibt; es ist falsch, das arterielle
Blut als hellrot, das venöse als blauschwarz zu bezeichnen; in Wirklichkeit sind beide Blutarten kirschrot, doch
ist das venöse um einige Töne dunkler gefärbt als das arterielle. Bleibt übrigens venöses Blut einige Zeit an der
Luft stehen, so nimmt es durch Aufnahme von Sauerstoff bald eine hellere Farbe an. Hinsichtlich der Verschiedenheiten im Gasgehalt
ist festgestellt, daß arterielles Blut mehr Sauerstoff als venöses enthält, während letzteres ersteres im Kohlensäuregehalt
übertritt. 100 Volumen enthalten bei 0° und 7601 mm Luftdruck:
arterielles Blut
Venenblut
Kohlensäure
29.72 Vol.
35.74 Vol.
Sauerstoff
14.65 -
7.22 -
Stickstoff
1.61 -
1.34 -
45.98 Vol.
44.30 Vol.
Arterielles Blut gerinnt schneller als venöses, was auf die Differenzen im Gasgehalt zurückzuführen ist, denn man vermag
die Gerinnung arteriellen Bluts durch Zuführung von Kohlensäure zu verlangsamen, die des Venenbluts aber
durch Vermehrung seines Sauerstoffgehalts zu beschleunigen. Die Verschiedenheiten in der Temperatur der beiden Blutarten sind
viel weniger regelmäßig, denn während in Organen mit sehr lebhaftem Stoffwechsel (z. B. Drüsen und Muskeln) das abfließende
Blut wärmer ist als das eintretende, zeigen Organe mit nur unbedeutenden
mehr
Wärmebildungsvermögen (z. B. die äußere Haut) ein umgekehrtes Verhalten.
Die Blutmenge hat man auf sehr verschiedene Weise zu bestimmen gesucht, und je nach der in Anwendung gezogenen Methode sind
die Resultate sehr verschieden ausgefallen. Erst in der Neuzeit hat man durch vollkommnere Untersuchungsmethoden übereinstimmendere
Werte erhalten, und es wurde ermittelt, daß das Verhältnis des Bluts zu dem Körpergewicht beim Menschen
etwa 1:13 beträgt, beim Hund 1:11-1:18, bei der Katze 1:11-1:20, beim Kaninchen 1:12-1:22. Hungernde Tiere erleiden eine schnelle
Abnahme ihrer Blutmenge. Ganz junge Tiere besitzen relativ weniger Blut als ältere. In der ersten Hälfte der Schwangerschaft
sah man bei Tieren die Blutmenge nicht wesentlich verändert, während sie in der letzten Hälfte eine
bedeutende Zunahme erfuhr.
Selbst sehr große Blutverluste pflegt der Körper ohne dauernde Störungen zu ertragen, da sehr bald ein Wiederersatz des
verlornen Bluts stattfindet. Wie dieser Vorgang in seinen Einzelheiten erfolgt, ist uns noch unbekannt. Denn ist auch ein
Ersatz des Wassers, der Salze und der übrigen gelösten Bestandteile durch Resorption von der Darmhöhle aus leicht zu erklären,
so haben wir doch gar keine Vorstellung davon, wie die gesamten Bestandteile gebildet werden.
Auch die Entwickelungsgeschichte vermag uns hier keine sichere Auskunft zu geben. Zu einer bestimmten Zeit erscheinen bei
den Embryonen die ersten Blutscheiben, gruppenweise den Wandungen der Gefäße anliegend (Blutinseln) und später in das Innere
derselben eindringend. Nach der Vereinigung der Gefäße mit dem Herzen werden diese Gebilde, die auch jetzt noch zahlreiche
Vorsprünge und Auswüchse zeigen, weggeschwemmt. Diese Körperchen sind alle mit Kernen versehen, welche nach der
Geburt der Tiere sich nicht mehr vorfinden, und man beobachtet an ihnen zahlreiche auf Teilungsvorgänge zu beziehende Bilder.
Später treten diese Formen mehr in den Hintergrund, und es gelangen zahlreiche farblose Blutkörperchen in das Blut, aus denen
Kölliker farbige, kernhaltige Blutkörperchen hervorgehen läßt. Andre Beobachter wollen auch den Übergang der
farblosen in rote Blutkörperchen im B. entwickelter Tiere wahrgenommen haben. Bestätigt sich dieses Verhalten einer reichern
Erfahrung gegenüber, so würde die Frage nach dem Ursprung der roten Blutkörperchen untrennbar verknüpft sein mit der Entwickelungsgeschichte
der farblosen.
Hinsichtlich der letztern ist bis zur Stunde nichts Sicheres ermittelt. Buntzen hat die Zeit zu bestimmen
gesucht, welche zur Wiederherstellung des Bluts nach Aderlässen erforderlich ist. Nach Aderlässen bis zu 2 Proz. des Körpergewichts
fand er bereits nach 3-4 Stunden das alte Blutvolumen wieder vor, während zur Restitution der Formbestandteile ein Zeitraum
von 7 Tagen erforderlich war; nach maximalen Aderlässen (ca. 4 Proz. des Körpergewichts) war das Volumen
erst in 24-40 Stunden wieder das alte, während zur Herstellung der frühern Zusammensetzung der Zeitraum von 4-5 Wochen verstrich.
Vgl. Joh. Ranke, Das Blut (Münch. 1878);
Rollett, Physiologie des Bluts, in Hermanns »Handbuch der Physiologie«, Bd. 4 (Leipz.
1880).